HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

März 2012
13. Jahrgang
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Schrifttum

Artkämper, Heiko/Esders, Rudolf/Jakobs, Carola/Sotelsek, Marc: Praxiswissen Strafverfahren bei Tötungsdelikten, 1252 Seiten, 98,- €, ZAP-Verlag, Münster 2011.

In der Reihe "StRR-Schriften für die Strafrechtspraxis" aus dem ZAP-Verlag ist mit "Praxiswissen – Strafverfahren bei Tötungsdelikten" ein neues Buch erschienen, in dem sich sowohl erfahrene Staatsanwälte als auch ein Rechtsanwalt, der vor seiner Pensionierung als Vorsitzender Richter eines Schwurgerichts tätig war, mit den rechtlichen und tatsächlichen Aspekten speziell dieser bedeutenden und häufig schwierigen Verfahren auseinanderzusetzen.

Die Verfasser erörtern die materiellen Fragen des allgemeinen und besonderen Strafrechts bei Tötungsdelikten sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht. Dies umfasst sowohl die einzelnen Delikte (mit Abhandlung besonderer Fälle wie u.a. tödliche Schütteltraumata, ärztliche Kunstfehler, Arbeits- und Straßenverkehrsunfälle, Ehren- und Serienmorde) als auch Probleme von Täterschaft und Teilnahme, Unterlassen, Tatvorsatz, Fahrlässigkeit, Leichtfertigkeit sowie den jeweiligen Kombinationen und Rechtfertigungsgründen. Ein erheblicher Teil der Ausführungen entfällt aber ebenso – angesichts der Bedeutung in den meisten Verfahren, die Tötungsdelikte zum Gegenstand haben, völlig zu Recht – auf die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und die Voraussetzungen für Maßregeln der Besserung und Sicherung.

Desweiteren werden umfangreich und umfassend Ermittlungsmaßnahmen und kriminaltechnische Untersuchungsmöglichkeiten dargestellt, neben DNA-Spuren, Daktyloskopie, Blut- und Faserspuren, auch biometrische Vermessung, Bildverarbeitung, Gegenüberstellungen, Rekonstruktionen, Geruchspurenerkennung u.a.. Allein dieser Bereich wird unter 58 verschiedenen Stichpunkten abgehandelt und hat natürlich nicht nur Bedeutung für Verfahren bei Tötungsdelikten. Außerdem werden Aufgabe und Rolle von Rechtsmedizin und psychologischen und psychiatrischen Sachverständigen dargelegt.

Im weiteren erörtern die Verfasser Tötungsdelikte in den einzelnen Verfahrensstadien wie Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren und Hauptverfahren, u.a. mit den Besonderheiten bei der Vernehmung von "besonderen" Zeugen, wie z.B. jugendliche oder traumatisierte Zeugen oder Zeugen mit Migrationshintergrund mit den jeweils in Betracht kommenden Anträgen und Entscheidungen.

In diesem Buch fehlen aber ebenfalls nicht Ausführungen zu Rechtsmittel-/und Wiederaufnahmeverfahren, Vollstreckung, Verfassungsbeschwerde und Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Nebenklage, Adhäsionsverfahren und Schadensersatz und ein eigener Teil über ausländische Mitbürger als Beschuldigte mit den sich daraus ergebenden Fragen.

Es ist angesichts der Fülle von Themen bereits schwer in einer solchen Rezension den Inhalt stichpunktartig so darzustellen, dass es übersichtlich bleibt, dem umfassenden Behandeln des Verfahrens in Tötungsdelikten aber trotzdem gerecht wird. Möglicherweise haben die Verfasser den Anspruch auf Vollständigkeit auch teilweise zu hoch angesetzt, indem z.B. auf etwa 10 Seiten Grundsätze der Kommunikation dargestellt werden. Dies muss sicherlich an der Oberfläche bleiben. Teilweise erschöpfen sich die Darstellungen gerade im hinteren Bereich des Buches zum Teil in der Nennung des Gesetzestextes.

Dies kann allerdings die Qualität des Buches nicht schmälern, zumal es als Handbuch konzipiert ist. Es soll nach dem Vorwort einen schnellen Einstieg in die jeweilige Problemstellung auf Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Basis durch ein autarkes Handbuch gewährleisten. Diesem Anspruch wird das Werk in jeder

Hinsicht gerecht. Es ist wirklich beeindruckend, welche speziellen Konstellationen neben den allgemeinen Erörterungen abgehandelt werden, so dass weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick Fragen offen bleiben. In der Praxis werden zwar – wie häufig – sicher doch wieder Konstellationen entstehen, die sich letztlich nicht in dem Buch wiederfinden. Trotzdem ist es für den Unterzeichner, der selbst seit vielen Jahren Vorsitzender einer großen Strafkammer ist und zudem über Jahre als Beisitzer in auch als Schwurgericht tätigen großen Strafkammern war, nur schwer vorstellbar, dass ein Problem auftritt, dessen Lösung man mit Hilfe dieses Buches nicht zumindest sehr nahe kommt.

Den Verfassern ist es in der Tat gelungen ein umfassendes Handbuch zum Strafverfahren bei Tötungsdelikten vorzulegen, das jedem Praktiker, sei es Verteidiger, Staatsanwalt oder Richter eine ganz große Hilfe sein kann.

VorsRiLG Werner Richter, Münster