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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2011
12. Jahrgang
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1. Das abstrakte Gefährdungsdelikt § 265b StGB begründet eine Strafbarkeit im Vorfeld des Betruges auch ohne Eintritt eines Vermögensschadens. Er ist beschränkt auf Kredite „für einen Betrieb oder ein Unternehmen“. Dies erfordert, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung der Kreditnehmer ein (bereits existierendes oder als solches vorgetäuschtes) Unternehmen sein muss, das einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb hat (BGH wistra 2003, 343; vgl. auch BayObLG NJW 1990, 1677).
2. Es kann offen bleiben, ob auch in einem Fall der Täuschung über den Kreditzweck die Abgrenzung zu Privatkrediten, die nicht dem Anwendungsbereich des § 265b StGB unterfallen, danach erfolgen kann, wem der beantragte Kredit nach seiner tatsächlichen, „wahren“ Zweckbestimmung wirtschaftlich zugute kommen soll oder vielmehr darauf abzustellen ist, wer nach dem Darlehensvertrag rechtlich als Kreditnehmer anzusehen ist oder wäre.
3. Für die Prüfung des Betrugsvorsatzes nach einer Täuschung über die Kreditmittelverwendung und die persönliche Kreditwürdigkeit sind Feststellungen dazu erforderlich, welche Beträge tatsächlich von der Kreditgeberin ausgereicht und in welcher Höhe wie verwendet wurden (insbesondere an die Angeklagte zurückgeflossen sind oder hätten zurückfließen sollen), wie das Darlehen tatsächlich besichert war und welche Bedeutung der Vermögensaufstellung (und gegebenenfalls weiteren geforderten Sicherheiten) im Rahmen der Kreditgespräche für die Angeklagte erkennbar zukam.
4. Das voluntative Element des Betrugsvorsatzes muss sich (nur) auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen Schaden erstrecken, auf die Billigung eines Endschadens kommt es nicht an (vgl. BGH NJW 2009, 2390). Allein eine Hoffnung, das Darlehen könne aus anderen - im Einzelnen nicht festgestellten, ihrerseits aber mit einem Ausfallrisiko behafteten Quellen - zurückgezahlt werden, ließe einen Vorsatz nicht entfallen (vgl. BGH NJW 1979, 1512; BGH, Urteil vom 31. Mai 1980 - 1 StR 106/80).
Allein die Einbeziehung der Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Verurteilung bzw. hier des Strafbefehls wegen
eines Steuerdelikts in die nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen einer Nichtsteuerstraftat begründet nicht die Zuständigkeit des 1. Strafsenats aufgrund der dem 1. Strafsenat zugewiesenen Spezialzuständigkeit für Steuer- und Zollstrafsachen gemäß Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs 2010 (A. II. 1. Strafsenat Nr. 5).