Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2010
11. Jahrgang
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1. Wird ein Gesetz, das für besonders schwere Fälle strafschärfend Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vorsieht, nach Beendigung der Tat in der Weise geändert, dass die Regelbeispiele für besonders schwere Fälle in Qualifikationstatbestände umgewandelt werden, und hat der Täter nur den Grundtatbestand erfüllt, so ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB die Neufassung des Gesetzes anzuwenden, wenn auf deren Grundlage Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, weil die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht mehr nach § 78b Abs. 4 StGB zum Ruhen der Verjährung führen konnte. (BGHSt)
2. Zu den Anforderungen an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit und Ungeeignetheit des Beweismittels, wenn bei Auslandstaten oder Taten mit einem starken Auslandsbezug ein im Ausland ansässiger Entlastungszeuge nur zu einer kommissarischen oder audiovisuellen Vernehmung zur Verfügung steht. (BGHSt)
3. Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Bestandteile, besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke“ im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste zum Außenwirtschaftsgesetz (nur Hinweis). (BGHSt)
4. Wird zwischen Begehung und Aburteilung einer Tat die materielle Strafandrohung geändert und kann dies Einfluss auf die Länge der Verjährungsfrist haben oder das Ruhen der Verjährung nach sich ziehen, so beurteilt sich die Frage, welches Strafgesetz im Hinblick auf die Verfolgungsverjährung Anwendung findet, nach § 2 StGB, obwohl die Verjährungsvorschriften grundsätzlich dem Verfahrensrecht zuzuordnen sind. (Bearbeiter)
5. Die Verjährungsfrist berechnet sich daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB nach der Bestimmung, die bei einem Gesamtvergleich im konkreten Einzelfall die dem Täter günstigste Beurteilung zulässt. Ergibt dieser Gesamtvergleich, dass ein Gesetz den Eintritt der Verjährung zur Folge hat, so ist dieses Gesetz für den Täter günstiger und damit milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB. (Bearbeiter)
6. Es darf einem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen, wenn einem Verfahren eine Auslandstat zugrunde liegt oder die Tat jedenfalls einen starken Auslandsbezug aufweist und die Beweisführung im Wesentlichen auf ausländische Beweismittel zurückgreifen muss. Daher ist dem legitimen Anliegen eines Angeklagten, sich gegen aus dem Ausland stammende belastende Beweismittel durch die Benennung von im Ausland ansässigen Entlastungszeugen zu verteidigen, dadurch Rechnung zu tragen, dass an die Ablehnung eines solchen Beweisantrags strengere Maßstäbe anzulegen sind. (Bearbeiter)
1. Die auf den Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts. Den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben kann nicht durch Bezugnahmen auf Steuerbescheide oder Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte entsprochen werden. Das Tatgericht ist zwar nicht gehindert, sich Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings muss im Urteil zweifelsfrei erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige – weil ihm obliegende Rechtsanwendung – Steuerberechnung durchgeführt hat.
2. Existiert für Zigaretten einer ausländischen Marke in Deutschland kein regulärer legaler Kleinverkaufspreis auf der Grundlage versteuerter Zigaretten, kann das Gericht der Schätzung den durchschnittlichen Kleinverkaufspreis von Markenzigaretten des unteren Preissegments zugrunde legen (vgl. Senat, NStZ-RR 2009, 343, 344).
1. Der Einfuhrtatbestand ist erfüllt, wenn das Betäubungsmittel aus dem Ausland in den Geltungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes verbracht worden ist, es also die Grenze überschritten hat.
2. Der Versuch der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln beginnt frühestens mit Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen, das geschützte Rechtsgut somit unmittelbar gefährden. Bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln im Flugzeug beginnt der Versuch regelmäßig mit dem Einchecken des Reisegepäcks, in dem sich das Rauschgift befindet, sofern der Abflug zum deutschen Hoheitsgebiet demnächst erfolgen soll.
3. Sofern ein Kurier Betäubungsmittel im Handgepäck mitführt, um sie auf dem Luftwege in den Geltungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes zu bringen, kommt ein Versuchsbeginn frühestens mit dem Betreten der Maschine in Betracht.
1. Der gleichzeitige Besitz zum Eigenverbrauch bestimmter – auch verschiedenartiger – Betäubungsmittel verletzt das Gesetz nur einmal (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 2; BGH NStZ 2005, 228).
2. Erlangte Betäubungsmitteln unterliegen als Beziehungsgegenstände nur der Einziehung nach § 33 Abs. 2 BtMG, nicht aber dem Verfall. Damit scheidet auch die ersatzweise Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73 a StGB aus, die nur an Stelle des Verfalls in Betracht kommt (BGH NStZ-RR 2002, 118 f.; Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09).