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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2009
10. Jahrgang
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Von Dr. Marco Mansdörfer*, Freiburg i. Brsg.
Im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität verfolgt der deutsche Gesetzgeber in seltener Eintracht mit der übrigen Staatengemeinschaft das Ziel, die Organisierte Kriminalität zu isolieren und das von ihr auf kriminelle Weise gewonnene Vermögen praktisch verkehrsunfähig zu machen.[1] Wenn es tatsächlich gelingen sollte, das aus den Straftaten resultierende Vermögen zu isolieren, würde dieses Vermögen praktisch wertlos. Dem organisierten Verbrechen wären damit wesentliche Triebfedern seines Handelns genommen und die notwendigen Mühen zur Sicherung der Vorteile aus der Tat würden wesentlich erhöht.[2]
Der Tatbestand der Geldwäsche ahndet die unter Strafe gestellten Handlungen daher in erster Linie nicht deshalb, weil diesen Handlungen an sich ein spezifischer Unwert anhaftet, sondern weil die dahinter liegenden
kriminellen Strukturen getroffen werden sollen.[3] In - zumindest gefühlter[4] - Ermangelung wirksamer Mittel gegen die Krankheit "OK" selbst werden so zumindest Symptome behandelt. Die bloße Behandlung von Symptomen ist zweifelsohne suboptimal. Das eigentliche Übel wird damit kaum beseitigt, sondern allenfalls in seinen negativen Auswirkungen gelindert. Um wenigstens dieses Ziel zu erreichen, wird § 261 StGB nun schon seit fast zwei Jahrzehnten von Rechtsprechung und Gesetzgebung immer weiter ausgedehnt.[5] Inzwischen hat sich die Geldwäsche so zu einem "Breitbandantibiotikum im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität" entwickelt.
Die grundsätzliche Weite des Geldwäschetatbestands lässt sich nicht nur an dem Vortatenkatalog des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB ablesen. Auch der internationalstrafrechtliche Geltungsanspruch der Geldwäsche geht erheblich über den der anderen Delikte des 21. Abschnitts des Strafgesetzbuches hinaus.
So haben bereits verschiedene Anknüpfungstaten des Geldwäschetatbestandes ihrerseits einen erweiterten internationalstafrechtlichen Geltungsbereich. Konkret sind diese etwa die Bestechung gem. § 334 StGB i. V. m. Art. 2 § 1 und § 4 IntBestG, der Schmuggel gem. § 373 AO, die Abgabenhinterziehung gem. § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation und der Direktzahlungen, das Ein- und Durchschleusen von Ausländern gem. § 96 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit dem gem. § 96 Abs. 4 AufenthG erweiterten Anwendungsbereich sowie die Anknüpfung an Straftaten von Mitgliedern einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung über die in § 261 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 StGB aufgezählten Katalogtaten.
Zusätzlich erstreckt § 261 Abs. 8 StGB die Geldwäsche generell auf das Waschen von Geld oder anderen Gegenständen, die aus einer im Ausland begangenen Anknüpfungstat im Sinne von § 261 Abs. 1 StGB herrühren, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist.[6] Damit ist nicht nur das Waschen der direkten Erlöse dieser Gewinne aus ausländischen Straftaten gemeint; der Begriff "Herrühren" dehnt den Tatbestand über die direkten Gewinne aus einer Straftat auf die bei einer wirtschaftlichen Betrachtung aus den einzelnen Waschvorgängen resultierenden Ersatzgegenstände im Einflussbereich des Vortäters aus.[7]
Der potentielle internationalstrafrechtliche Geltungsanspruch des Geldwäschetatbestands führt die deutsche Strafrechtspflege bei konsequenter Beachtung des Legalitätsprinzips damit an die Grenzen ihrer tatsächlichen Möglichkeiten. Der darin ausformulierte Arbeitsauftrag beinhaltet angesichts der internationalen Verflechtungen der Tatbeteiligten zunächst einen immensen Ermittlungsaufwand. Da sich die deutsche Strafgewalt erheblich mit der ausländischen Strafgewalt überschneidet, wäre außerdem ein großer Koordinierungsaufwand mit den ausländischen Strafverfolgungsbehörden absehbar. Kurz: Die Mühen und Kosten der Rechtsdurchsetzung wären ernorm.
1. Soll der Tatbestand der Geldwäsche in der Praxis auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden und die rechtspraktische Durchsetzung des internationalstrafrechtlichen Geltungsanspruchs im Interesse der Rechtssicherheit einheitlich sein, sind Leitlinien notwendig, die den weit angelegten internationalstrafrechtlichen Geltungsanspruch durch eine restriktive Tatbestandsinterpretation sinnvoll einschränken.[8]
Die Ausübung der hoheitlichen Strafgewalt setzt grundsätzlich voraus, dass das verbotene Verhalten in irgendeiner Weise die Ordnungsaufgabe des betreffenden Staates berührt.[9] Dieser Grundsatz ergibt sich national aus der Verfassung[10] und zwischenstaatlich aus gesicherten völkerrechtlichen Standards.[11] Die Geldwäsche sollte daher nach den allgemeinen Grundsätzen des internationalen Strafrechts primär auf solche Verhaltensweisen konzentriert werden, die einen besonderen legitimierenden Inlandbezug im Einzelfall aufweisen.[12] Anhaltspunke dafür, wann ein solcher Inlandsbezug vorliegt, können den
allgemeinen Prinzipien des internationalen Strafrechts entnommen werden. Maßgebliche Bedeutung kommt deshalb dem Umstand zu, ob die Geldwäsche auf deutschem Hoheitsgebiet erfolgt (Territorialitätsprinzip), ob der Täter oder die Opfer einen hinreichenden Bezug zum Inland aufweisen (aktives und passives Personalitätsprinzip) oder ob sich die Bundesrepublik völkerrechtlich zur Übernahme einer stellvertretenden Strafrechtspflege verpflichtet hat (Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege).
Konkret mangelt es zum Beispiel an einem hinreichenden Inlandsbezug, wenn ein seit langem im Ausland lebender Deutscher im Ausland Geldwäschehandlungen vornimmt und das kriminell erlangte Vermögen ausschließlich in den ausländischen Wirtschaftskreislauf einführt. Ebenso kann ein hinreichender Bezug zur innerstaatlichen Ordnungsaufgabe fehlen, wenn ein ausländischer Bürger Gelder aus einer Auslandstat nur kurzfristig über in Deutschland geführte Bankkonten leitet. Zwar besteht mit der Kontoführung im Inland ein nationaler Bezug, angesichts der enormen Geldströme, die täglich im internationalen Finanztransfergeschäft über deutsche Konten abgewickelt werden, ginge es indessen ersichtlich zu weit, alle diese Finanzströme einer ernst gemeinten, strafrechtlichen Kontrolle über § 261 StGB unterziehen zu wollen. Augenscheinlich wird dies, wenn man sich die Folgen einer gegenteiligen Auffassung klar macht: Würde eine solche Kontrolle tatsächlich durchgeführt, käme dies faktisch einer Aufgabe des Finanzplatzes Deutschland im Rahmen des internationalen Finanzgeschäfts gleich.[13] Damit wäre dann aber international selbst vor dem Hintergrund einer gut gemeinten stellvertretenden Strafrechtspflege nichts gewonnen.
2. Eine wesentliche Einschränkung des internationalen Geltungsanspruchs der Geldwäsche ist auch in § 261 Abs. 9 S. 2 StGB angelegt. Danach wird "nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist". Als Konkurrenzregel kann diese Vorschrift im Rahmen des internationalen Strafrechts dahin verstanden werden, dass die deutsche Strafgewalt nicht eingreifen soll, wenn wegen der Vortat vorrangig eine andere, ausländische Strafgewalt zuständig ist und der dortigen Strafverfolgung keine unüberwindbaren Hindernisse entgegen stehen.
a. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichthofs soll für die Beurteilung der Vortatstrafbarkeit dagegen allein auf das nationale Recht abzustellen sein.[14] § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB diene der Vermeidung von Doppelbestrafungen in Fällen, in denen der Vortäter zugleich Geldwäschehandlungen vornehme.[15] Das Verbot der Doppelbestrafung beschränke sich gem. Art. 103 Abs. 3 GG jedoch auf mehrfache Verurteilungen des Täters im nationalen Recht und würde daher - soweit keine bi- oder multilateralen Übereinkommen bestünden - bei ausländischen Verurteilungen nicht gelten.[16] In der Sache behält sich die Rechtsprechung somit die Strafbarkeit einer an sich nicht von der deutschen Strafgewalt erfassten Auslandstat als nationale Geldwäsche vor.
Die restriktive Auslegung der Konkurrenzregelung ist freilich weitaus problematischer, als es die formale Argumentation der Rechtsprechung vermuten lässt. Art. 103 Abs. 3 GG enthält zwar in der Tat ein auf das nationale Recht beschränktes Verbot mehrfacher Strafverfolgung.[17] Es ist jedoch in sich widersprüchlich, aus dem rein nationalen Prinzip des ne bis in idem Gründe für eine restriktive Auslegung der Konkurrenzregel des § 261 Abs. 9 S. 2 StGB ableiten zu wollen. Die Rechtsprechung zieht Art. 103 Abs. 3 GG nämlich heran, um Aussagen zum internationalen Strafrecht zu gewinnen, die diese Norm gerade nicht trifft. Auf den Punkt gebracht: Der Rückgriff auf Art. 103 Abs. 3 GG ist an dieser Stelle schlicht verfehlt. Die Rechtsprechung hätte gleichfalls - nicht minder falsch - auf den Rechtsgedanken von § 51 Abs. 3 StGB zurückgreifen und zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangen können.
b. Die eigentliche Sachfrage, ob der Tatbestand der Geldwäsche in Fällen transnationaler Kriminalität vom deutschen Gesetzgeber auch gegenüber Beteiligten an einer nur nach ausländischem Recht strafbaren Vortat angewendet werden soll, ist also weiterhin offen. Da diese Frage nicht speziell geregelt ist, müssen insoweit die allgemeinen Grundsätze des internationalen Strafrechts herangezogen werden. Dabei finden sich hinreichende Anhaltpunkte und Vergleichsfälle, die durchaus für eine extensive Interpretation des Geltungsbereichs der Geldwäsche im Sinne der jüngsten Rechtsprechung streiten.[18]
Das stärkste Argument für eine extensive Anwendung des Geldwäschetatbestands folgt aus den Normen zum internationalen Strafrecht selbst. § 9 Abs. 2 S. 1 StGB begrenzt den Tatort nicht nur auf den Ort, an dem der Täter gehandelt hat, sondern dehnt diesen auf den Ort aus, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle eines Unterlassens hätte handeln müssen. In Verbindung mit dem in § 3 normierten Territorialitätsprinzip wird das deutsche Strafrecht damit nach seinem generellen Selbstverständnis ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit der Haupttat am Tatort auf die inländische Beihilfe ausgedehnt. Versteht man die Geldwäsche als Beihilfe zumindest in Form der auxilia post delictum könnte § 9 Abs. 2 S. 1 i. V. m. 3 StGB als internationalstrafrechtliche Spezialregelung zu § 261 Abs. 9 S. 2 StGB verstanden wer-
den. In diese Richtung könnten auch andere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gedeutet werden.[19]
c. Trotz dieser beachtlichen materiellen Gründe vermag die damit verbundene generelle Ausdehnung der deutschen Strafgewalt in der Sache nicht zu überzeugen.
§ 9 Abs. 2 S. 2 StGB gebietet nicht, die Haupttat und die daran anknüpfende Teilnahmehandlung so zu bewerten, als seien sie zu Lasten inländischer Rechtsgüter begangen worden.[20] Dies gilt erst recht, wenn ausländische Interessen nur im Falle einer inlandsähnlichen Selbstdefinition des Tatortstaats betroffen wären.[21] Das einschränkende Erfordernis eines legitimierenden Inlandbezugs im Einzelfall bleibt daher auch und erst Recht in den Fällen des § 9 Abs. 2 StGB von Bedeutung. Entscheidend bleibt somit, ob die Ordnungsfunktion des deutschen Staates eine strafrechtliche Verfolgung der Geldwäsche erfordert, wenn die Vortat als Auslandstat nicht der deutschen Strafgewalt unterliegt und ob sich eine deutsche Strafgewalt in diesen Fällen mit den Vorgaben des Völkerrechts vereinbaren lässt.
Dazu müssen mehrere Fallgruppen unterschieden werden:
aa. Besteht mit dem ausländischen Staat ein Abkommen, das ein Verbot der mehrfachen Strafverfolgung - etwa entsprechend der Regelung von Art. 54 SDÜ - enthält, würde eine Verurteilung des Geldwäschetäters nach § 261 StGB aufgrund des hier geltenden Tatbegriffs zu einer umfassenden Sperrwirkung der Strafgewalt des ausländischen Staates führen.[22] Beispielhaft könnte der in Deutschland wegen Geldwäsche verurteilte Zigarettenschmuggler vom Tatortstaat nicht mehr verfolgt werden, wenn die Geldwäsche und der Schmuggel als ein zusammengehöriges und in einem einheitlichen Sinnzusammenhang stehendes Verhalten verstanden werden könnten. Die Ausübung der deutschen Strafgewalt würde in diesem Fall faktisch zu einer Strafverhinderungsgewalt in Bezug auf die ausländische Sanktionierung des eigentlich strafwürdigen Verhaltens.
bb. Fehlt ein derartiges Übereinkommen mit dem ausländischen Staat, stehen einer Verurteilung des Täters wegen einer nach deutschem Strafrecht strafbaren Geldwäsche zunächst keine Hindernisse entgegen. Die Verurteilung nach deutschem Recht kann dann nur zu einem Verbrauch der Strafklage des anderen Staates führen, soweit der andere Staat dies - wie zum Beispiel die Niederlande[23] - in seinem nationalen Recht für sich anordnet.
Eine Kollision mit Prinzipien des Völkerrechts ist hier also nicht zu befürchten; das allein ist indessen noch keine positive Begründung für eine nationale Strafkompetenz. Es ist daher notwendig, die Ausübung der Strafgewalt zusätzlich positiv mit der nationalen Ordnungsaufgabe zu legitimieren. Inwieweit dies gelingt, hängt wesentlich vom Rechtsgut der Geldwäsche ab. Worin dieses Rechtsgut liegt, wurde von der Rechtsprechung bislang offen gelassen, sodass hier verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu überprüfen sind:[24]
Versteht man die Geldwäsche als Nachtatdelikt entsprechen sich das Rechtsgut der Geldwäsche und das der Vortat.[25] Eine deutsche Strafgewalt lässt sich hier insbesondere dann begründen, wenn Täter der Geldwäsche ein Deutscher ist, der als Deutscher zwar nicht an den ausländischen Staat ausgeliefert werden soll, der aber auch nicht gänzlich straffrei ausgehen soll. Ist der Täter ausländischer Staatsbürger, der durch seine Tat ein ausländisches Rechtsgut verletzt hat, steht einer Auslieferung nichts im Wege. Die Ausübung einer deutschen Strafgewalt wäre nur die Ausübung von Strafgewalt im Wege einer stellvertretenden Strafrechtspflege, die das Verhalten aber lediglich unter dem eingeengten Blickwinkel des § 261 StGB würdigen könnte. Ein solches Vorgehen ist indessen zumindest solange abzulehnen, wie dem ausländischen Staat noch grundsätzlich eine funktionierende Strafrechtspflege bescheinigt werden kann.
Begreift man den Tatbestand der Geldwäsche als Tatbestand zum Schutz des - von der deutschen Strafgewalt im Prinzip nur zu schützenden - nationalen Finanzkreislaufs[26], hängt die Strafbarkeit davon ab, in welcher Form das gewaschene Geld verwendet wurde. Eine deutsche Strafgewalt ist danach vor allem in den Fällen anzunehmen, in denen das Geld in deutsche Unternehmen oder in wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland investiert wurde. Eine Strafgewalt würde dagegen ausscheiden, wenn Geld lediglich über in Deutschland geführte Konten transferiert oder vorübergehend in Deutschland aufbewahrt würde. Ähnliche Erwägungen sind anzustellen, wenn das Rechtsgut der Geldwäsche in einem Schutz der inneren Sicherheit oder einem Schutz der Rechtspflege gesehen wird.[27]
d. Im Ergebnis liegt nach alledem eine differenzierende Lösung der Problematik nahe: Wenn der Täter der Geldwäsche sich zugleich an der Vortat beteiligt hat, sollte der internationalstafrechtliche Geltungsbereich auf Sachverhalte beschränkt werden, in denen einer Bestrafung des Täters nach ausländischem Recht dauerhafte Hindernisse entgegenstehen und ein hinreichender Inlandsbezug besteht. Im Fall der damit in der Sache abgelehnten jüngsten Entscheidung des BGH würde dieser differenzierende Ansatz überdies zu einer Harmonisierung des internationalstrafrechtlichen Geltungsanspruchs der
Geldwäsche mit dem der Bestechungsdelikte führen. Dort beschränkt das IntBestG die deutsche Strafgewalt auf die aktive Bestechung gem. § 334 StGB und erstreckt sie gerade nicht auf die Bestechlichkeit gem. § 332 StGB.
Der internationalstrafrechtliche Geltungsbereich des Geldwäschetatbestands ist angesichts der Katalogtaten des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB und des extensiven Verständnisses des Herrührens tauglicher Tatobjekte zu weit gespannt. Ein konsequenter Rückgriff auf die allgemeinen Regeln des internationalen Strafrechts, ein Aufgreifen des von der Rechtsprechung in anderen Bereichen herausgearbeiteten Erfordernisses eines besonderen Inlandsbezugs der Tat und eine vorsichtige Interpretation der Konkurrenzregel des § 261 Abs. 9 S. 2 StGB würde die Norm auf ein den Interessen der Bundesrepublik gerecht werdendes Maß beschneiden. Da der internationalstrafrechtliche Geltungsbereich der Geldwäsche in erster Linie im Rahmen der Auslegung des einfachen Rechts begrenzt werden muss, ist dies eine originäre Aufgabe der Rechtsprechung. In seiner jüngsten Entscheidung scheint der Bundesgerichtshof solche - schon in der eigenen Rechtsprechung angelegten - Grenzen trotz der gegenwärtigen Überforderung der Bewältigungskapazitäten der Strafrechtspflege nicht ziehen zu wollen. Eine tragfähige Begründung hierfür ist er allerdings schuldig geblieben.
* Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Abt. I, Prof. Dr. Wolfgang Frisch).
[1] Vgl. zu den Motiven des nationalen Gesetzgebers beim Erlass des Geldwäschetatbestands im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Formen der Organisierten Kriminalität (OrgKG vom 15. Juli 1992) BT-Drs. 12/989 S. 27, ähnlich die Begründung des Entwurfs des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (vom 1.10.1997 BT-Drs. 13/8651); zur internationalen Kooperation im Kampf gegen die Geldwäsche Fischer, StGB-Kommentar, 56. Aufl. (2009), § 261 Rn. 1c, 4 ff.
[2] In diesem Sinn auch die Begründung zum Entwurf eines 2. Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (2. OrgKG) BT.-Drs. 12/6784.
[3] Näher dazu Findeisen wistra 1997, 121, 121 ff.
[4] Die Hilflosigkeit gegenüber dem Phänomen "Organisierte Kriminalität" erscheint freilich oft auch dadurch besonders groß, dass der Begriff einzelne Erscheinungsformen nur sehr abstrakt erfasst. Beispielhaft zu konkreten Möglichkeiten etwa zur Bekämpfung des organisierten Zigarettenschmuggels in Großbritannien Wagner, in: FS f. Kohlmann, Köln (2003), S. 335, 348 f.
[5] Zur Gesetzgebungsgeschichte vgl. nur Fischer (Fn. 1), § 261 Rn. 1 ff. Letzter Akt der Erweiterung des Geldwäschetatbestands durch den Gesetzgeber ist das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz vom 13. August 2008 (BGBl. I 1690).
[6] Dazu nur Stree, in: Schönke-Schröder, StGB, 27. Aufl., München (2006), § 261 Rn. 6.
[7] BT-Drs. 507/92 S. 27 f.; Otto Jura 1993, 329, 330 f.; OLG Karlsruhe NJW 2005, 767, 769.
[8] Der internationalstrafrechtliche Anwendungsbereich einer Norm ist vorrangig im Wege der Tatbestandsinterpretation und erst nachrangig im Wege der Auslegung der §§ 3 ff. StGB zu ermitteln, vgl. BGHSt 22, 282, 284 f.
[9] Die Rechtsprechung betont insoweit gerade auch die Aufgabe des Strafrechts, als innerstaatliches Ordnungsrecht zu wirken, so z. B. BGHSt 21, 277, 280; 22, 282, 285.
[10] Werle/Jeßberger, Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Berlin, 2007, vor § 3 Rn. 19.
[11] Zur völkerrechtlichen Rechtslage stellvertretend Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 18 II; Frister, Strafrecht AT, 3. Aufl., München (2008), S. 56.
[12] Zu diesem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenfalls aufgestellten Kriterium BGHSt 45, 64, 68 f. = HRRS-Datenbank Rn. 10; NStZ 1999, 236; 1994, 232; StV 1999, 240; dazu kritisch Eser, in: Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, München (2000), S. 3, 26 ff.: "von vielen Zufälligkeiten abhängige Notbremse", der in der Sache aber ebenfalls für eine a priori restriktiver gefasste nationale Strafgewalt votiert.
[13] Ähnlich führt auch Fischer (Fn. 1), § 261 Rn. 4b a. E. und 4d den Spagat vor Augen, der bei der praktischen Umsetzung des kriminalpolitischen Konzepts des § 261 StGB zu vollziehen ist: "´Verkehrsunfähigkeit´ von kriminell kontaminiertem Vermögen müsste entweder zum Ende der Kriminalität oder zur Abschaffung des Geldes führen. (…) In der Praxis der Strafverfolgung wird das Konzept kaum umgesetzt."
[14] BGH vom 18. 02. 2009 Az. 1 StR 4/09 2. LS = HRRS 2009 Nr. 309 dazu die Bspr. von Rettenmaier NJW 2009, 1619 mit bes. Kritik der extensiven Interpretation der Merkmals des "Herrührens" in § 261 Abs. 1 StGB bzw. der restriktiven Auslegung der Konkurrenzregel des § 261 Abs. 9 S. 2 StGB.
[15] BGH vom 18.02.2009 Az. 1 StR 4/09 Rn. 8 = HRRS 2009 Nr. 309 Rn. 8.
[16] BGH vom 18.02.2009 Az. 1 StR 4/09 Rn. 8= HRRS 2009 Nr. 309 Rn. 8.
[17] So auch Mansdörfer, Das Prinzip des ne bis in idem im europäischen Strafrecht, Berlin (2004), S. 58 f.
[18] Für einen Überblick der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Internationalen Strafrecht Eser, a.a.O. (Fn. 12), S. 3 ff.
[19] Siehe etwa BGHSt 4, 333, 335; NJW 1999, 2683, 2684; NStZ 2000, 657, 660; Eser, in: Schönke-Schröder, StGB, 27. Aufl., München (2006), § 9 Rn. 11, 14 m. w. N.
[20] So explizit Hoyer, in: SK-StGB, 6. Aufl., München (1997), § 9 Rn. 13.
[21] So explizit Hoyer a.a.O. (Fn. 20), § 9 Rn. 13.
[22] Zum Tatbegriff des Art. 54 SDÜ überzeugend EuGH NJW 2006, 1781 = HRRS 2006 Nr. 300 (Van Esbroeck) m. Anm. Kühne JZ 2006, 1019, NJW 2007, 3412, 3414 (Kretzinger); insoweit im Wesentlichen übereinstimmend Mansdörfer Fn.17, S. 178 f.
[23] Art. 68 niederl. StGB aus dem Jahr 1995.
[24] So etwa in BGH NJW 1997, 3322 f.
[25] Dafür Salditt StraFo 1992, 121, 122 sowie große Teile der zivilrechtlichen Rechtsprechung (zu § 823 Abs. 2 BGB), wonach § 261 StGB auch den Schutz des durch die Vortat verletzten Rechtsguts bezweckt, vgl. etwa SchleswigHolst OLG SchlHA 2008, 50, 51; LG Köln MMR 2008, 259, 260.
[26] In diese Richtung gehen die Deutungsversuche von Lampe JZ 1994, 123, 125 oder Findeisen wistra 1997, 121, 121.
[27] Dafür etwa Stree, a.a.O. (Fn. 6), 2006, § 261 Rn. 1.