HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juni 2009
10. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH

I. Materielles Strafrecht - Allgemeiner Teil


Entscheidung

482. BGH 1 StR 518/08 - Urteil vom 29. April 2009 (LG Ellwangen)

Fahrlässige Tötung in Tateinheit mit vorsätzlichem Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch (eigenverantwortliche Selbstgefährdung und irrtümliche Selbstgefährdung; irrtümliches Überlassen von Heroin statt Kokain); privilegierende Spezialität.

§ 222 StGB; § 29 Abs. 1 Nr. 6 b 2. Alt. BtMG; § 25 StGB; § 26 StGB; § 27 StGB; § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG

1. Eigenverantwortlich gewollte, mithin zumindest in Kauf genommene Selbsttötungen, - verletzungen und -gefährdungen unterfallen nicht dem Tatbestand eines Tötungs- oder Körperverletzungsdelikts. Wer sich daran beteiligt, nimmt an einem Vorgang teil, der - soweit es um die Strafbarkeit wegen eines solchen Delikts geht - keine Tat im Sinne der §§ 25, 26, 27 Abs. 1 StGB darstellt. Der sich vorsätzlich Beteiligende kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs infolge-

dessen nicht als Anstifter oder Gehilfe bestraft werden. Wer das zumindest selbst gefährdende, eigenverantwortliche Verhalten eines anderen fahrlässig veranlasst, ermöglicht oder fördert, kann zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs nicht strafbar sein, wenn er sich im Falle vorsätzlichen Handelns nicht strafbar machen würde (grundlegend BGHSt 32, 262, 263 ff.; s. auch BGH NStZ 2001, 205).

2. Die Straflosigkeit eines Beteiligten infolge dieser Grundsätze setzt aber voraus, dass der andere sich "frei und eigenverantwortlich gewollt" selbst gefährdet (vgl. BGH NStZ 1985, 25, 26; NStZ 1985, 319). Die Freiverantwortlichkeit des Selbstgefährdungsentschlusses begrenzt die Strafbarkeit. An dieser fehlt es aber nicht nur, wenn ein autonomes Handeln beispielsweise infolge einer Intoxikationspsychose ausgeschlossen ist (BGH NStZ 1983, 72), sondern auch bei einem die Selbstverantwortlichkeit betreffenden Irrtum (vgl. BGH NStZ 1986, 266, 267).

3. Ein solcher Irrtum liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte einem Drogenkonsumenten auf Grund eines eigenen Irrtums eine andere als die gewünschte Droge überlässt, an der das sich selbst schädigende Opfer verstirbt. Dass den sich am illegalen Umgang mit Betäubungsmitteln beteiligenden Personen die Wirkstoffkonzentration und der Gehalt eventuell beigemengter Stoffe regelmäßig nicht bekannt sind und Konsumenten daher riskieren, nicht nur eine zu hohe Dosierung des von ihnen gewünschten Rauschgifts, sondern zusätzlich unbekannte, möglicherweise ebenfalls gesundheitsgefährdende Stoffe zu sich zu nehmen, hindert die Annahme eines strafbarkeitsbegründenden Irrtums nicht.

4. Heroin ist generell gefährlicher als Kokain, besonders wenn es "rein" ist.

5. Privilegierende Spezialität als besondere Form der Gesetzeskonkurrenz liegt vor, wenn ein Strafgesetz alle Merkmale einer anderen Strafvorschrift aufweist und sich nur dadurch von dieser unterscheidet, dass es wenigstens noch ein weiteres Merkmal enthält, das den in Frage kommenden Sachverhalt unter einem genaueren (spezielleren) Gesichtspunkt erfasst, und der Täter durch die Spezialvorschrift privilegiert werden soll. In diesem Fall ist ein Rückgriff auf das allgemeinere Delikt ausgeschlossen, da hierdurch die Privilegierung beseitigt würde. Ob die speziellere Vorschrift den Täter begünstigen soll, ist anhand des Zwecks dieser Vorschrift, des inneren Zusammenhangs der miteinander konkurrierenden Bestimmungen und des Willens des Gesetzgebers zu prüfen (BGHSt 49, 34, 37).


Entscheidung

499. BGH 2 StR 571/08 - Urteil vom 1. April 2009 (LG Hanau)

Rücktritt vom unbeendeten Tötungsversuch (vorübergehendes Innehalten); Mord (Heimtücke: Maßgeblichkeit der Arglosigkeit in der konkreten Tatsituation, latente Angst); Konkurrenzen bei den Tötungsdelikten (Tateinheit bei Taten gegen mehrere Personen).

§ 211 Abs. 2 StGB; § 212 StGB; § 24 StGB; § 52 StGB

1. Ein strafbefreiender Rücktritt vom unbeendeten Versuch liegt vor, wenn der Täter freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt (§ 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB). Das Aufgeben der Tat setzt den Entschluss voraus, auf deren Durchführung im Ganzen und endgültig zu verzichten (BGHSt 7, 296, 297; 35, 184, 187). Nicht aufgegeben ist die Tat dagegen, so lange der Täter mit dem Versuch ihrer Begehung lediglich vorübergehend innehält.

2. Heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGHSt 32, 382, 383 ff.; 39, 353, 368; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2; NStZ-RR 2005, 309). Maßgebend für die Beurteilung ist grundsätzlich der Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz 11 geführten Angriffs (BGHSt 32, 382, 384; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13; NStZ-RR 2001, 14). Zwar kann die Arglosigkeit beseitigt sein, wenn der Tat eine offene Auseinandersetzung mit von vorneherein feindseligem Verhalten des Täters vorausgeht, das Opfer also akuten Anlass hat, mit einem tätlichen Angriff zu rechnen. Eine auf längere Zeit zurückliegenden Aggressionen und einer feindseligen Atmosphäre beruhende latente Angst des Opfers vermag dessen Arglosigkeit dagegen nicht zu beseitigen (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 21; BGH NStZ-RR 2001, 14; 2004, 14, 15 f.). Es kommt vielmehr allein darauf an, ob das Opfer im Tatzeitpunkt mit Feindseligkeiten des Täters rechnet (BGHSt 39, 353, 368; NStZ-RR 2004, 14, 15 f.).

3. Für das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers genügt es, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 25, 26; NStZ 2005, 688, 689).

4. Zwar besteht grundsätzlich kein Anlass, in Fällen, in denen der Täter einzelne Menschen nacheinander angreift, um sie zu verletzen, diese Vorgänge zu einer Tat zusammenzufassen (vgl. BGHSt 2, 246, 247; 16, 397; BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit Entschluss, einheitlicher 9, 10; NStZ 2006, 284, 285 f.). Von diesem Grundsatz sind aber Ausnahmen in Fällen enger tatsächlicher Verflechtung der nacheinander vorgenommenen Angriffe auf verschiedene Geschädigte anerkannt (vgl. etwa BGH, Beschl. vom 13. Oktober 2004 – 3 StR 371/04). Überschneiden sich die tatbestandlichen Ausführungshandlungen der Tat ist in jedem Falle Tateinheit gegeben.


Entscheidung

508. BGH 4 StR 95/09 - Beschluss vom 28. April 2009 (LG Dortmund)

Anwendung des Zweifelsgrundsatzes auf die Verfolgungsverjährung; rechtsfehlerhafte Verneinung einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit bei Alko-

holkonsum ohne ausreichende aussagekräftige psychodiagnostische Beweisanzeichen bei Vergewaltigung.

§ 21 StGB; § 177 Abs. 2 StGB; § 78a StGB; § 78 StGB; § 261 StPO

Wenn von einem erheblichen Alkoholkonsum des Angeklagten auszugehen ist, bedarf der Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit aussagekräftiger psychodiagnostischer Beweisanzeichen. Als solche sind nur Umstände in Betracht zu ziehen, die Hinweise darauf geben können, dass das Steuerungsvermögen des Täters trotz der erheblichen Alkoholisierung nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt gewesen ist (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 35). Die Erzwingung von Geschlechtsverkehr als solche zählt nicht zu derartigen Umständen.


Entscheidung

543. BGH 5 StR 132/09 - Beschluss vom 5. Mai 2009 (LG Göttingen)

Rücktritt vom unbeendeten Versuch (fehlgeschlagener Versuch; weitere Handlungsmöglichkeiten außerhalb des ursprünglichen Tatplans); sexueller Missbrauch von Kindern.

§ 24 Abs. 1 StGB; § 176 Abs. 1 StGB

1. Der freiwillige Verzicht auf eine ohne weitere Zäsur als noch möglich erkannte Tatbestandsverwirklichung genügt zum strafbefreienden Rücktritt vom unbeendeten - dann nicht etwa fehlgeschlagenen - Versuch selbst dann, wenn die nicht umgesetzte weitere Handlungsmöglichkeit über den ursprünglichen Tatplan hinausgeht.

2. Für den Versuch des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) gilt insoweit nichts anderes. Auch hier ist ein strafbefreiender Rücktritt möglich, wenn der Täter seine Aufforderung zur Vornahme sexueller Handlungen unter Ausnutzung seiner vom Tatopfer anerkannten Autorität mit größerem Nachdruck hätte wiederholen können.

II. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil


Entscheidung

469. BGH 1 StR 105/09 - Beschluss vom 21. April 2009 (LG München I)

BGHSt; sexueller Missbrauch von Kindern (Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind: Live-Übertragung im Internet; exhibitionistische Handlungen); Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Teledienste.

§ 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB; § 184f StGB a.F.; § 184g Nr. 1 StGB)

Der Tatbestand des § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist auch dann erfüllt, wenn das Opfer die über das Internet übermittelten sexuellen Handlungen des Täters zeitgleich am Bildschirm mitverfolgt. (BGHSt)


Entscheidung

491. BGH 2 StR 59/09 - Urteil vom 29. April 2009 (LG Gera)

Begriff der Vergewaltigung (Indizwirkung des Regelbeispiels bei Analverkehr und Oralverkehr; Entkräftung; Vergewaltigung von Prostituierten); redaktioneller Hinweis.

§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB; § 46 StGB

1. Dem das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB einschränkenden Merkmal der „besonderen Erniedrigung“ kommt in Fällen des Oral- und Analverkehrs regelmäßig keine eigenständige Bedeutung zu, weil sich hierbei der erniedrigende Charakter der sexuellen Handlung im Regelfall von selbst versteht; der Gesetzgeber wollte neben dem Beischlaf als Regelbild besonders schwerer Fälle die orale und anale Penetration erfassen (BGH NJW 2000, 672, 673). Jedenfalls in den Fällen des Anal- und Oralverkehrs ist eine ausdrückliche Erörterung der besonders erniedrigenden Wirkung im tatrichterlichen Urteil entbehrlich (vgl. BGH NStZ 2000, 254, 255).

2. Die geringe Tiefe des Eindringens, dessen kurze Dauer sowie das Ausbleiben eines Samenergusses sind allein nicht geeignet, dem Tatgeschehen die erniedrigende Wirkung für das Tatopfer gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB zu nehmen.

3. Die der Entscheidung BGH NStZ 2001, 369 zugrunde liegende Rechtsauffassung des 4. Strafsenats teilt der 2. Senat weiterhin nicht.


Entscheidung

474. BGH 1 StR 73/09 - Beschluss vom 21. April 2009 (LG Hechingen)

Verdeckungsmord durch Unterlassen; beendeter Versuch und Rücktritt.

§ 211 Abs. 2 StGB; § 13 StGB; § 24 StGB

An einer für das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht erforderlichen „anderen“ Straftat fehlt es, wenn der Täter das Tatopfer zunächst mit (bedingtem) Tötungsvorsatz misshandelt und es anschließend unterlässt, zur Verdeckung dieses Geschehens Maßnahmen zur Rettung des überlebenden Opfers einzuleiten, selbst wenn zwischen dem Handlungs- und Unterlassensteil eine zeitliche Zäsur liegt (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Verdeckung 15; BGH StraFo 2007, 123, 124). Der 1. Strafsenat sieht keine durchgreifenden Gründe, um von dieser Rechtsprechung abzuweichen.


Entscheidung

515. BGH 4 StR 663/08 - Beschluss vom 7. April 2009 (LG Halle)

Entkräftung der Indizwirkung eines Regelbeispiels bei gewerbsmäßig begangenem Betrug (Erörterungsmangel).

§ 263 Abs. 3 StGB

Die Indizwirkung eines Regelbeispiels wie etwa der Gewerbsmäßigkeit des begangenen Betruges kann durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint (BGH wistra 2008, 474, 476 m.w.N.). Zur Erörterung besteht beim Betrug jedenfalls dann Anlass, wenn die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung und der Schaden in einer Reihe von Fällen unter 100 €, teilweise sogar unter 50 € liegen und eine Vielzahl weiterer, auch gewichtiger Strafmilderungsgründe aufzuführen sind.


Entscheidung

498. BGH 2 StR 554/08 - Urteil vom 25. Februar 2009 (LG Koblenz)

Rechtsfehlerhafte Annahme der Entkräftung des Regelbeispiels der Vergewaltigung und der gemeinschaftlichen Begehung (Strafzumessung; Revisibilität; Erörterungsmangel; spätes Geständnis; Tatbegehung durch drei Angeklagte).

§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 StGB; § 46 StGB

1. Die Nichtanwendung des Regelstrafrahmens des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB begegnet nur dann keinen rechtlichen 4Bedenken, wenn gewichtige Milderungsgründe vorliegen.

2. Bei sexuellen Nötigung ist es strafschärfend zu berücksichtigen, wenn sich drei Täter am Opfer vergangen haben, während das Regelbeispiel in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB schon beim Zusammenwirken zweier Beteiligter verwirklicht ist. Gleiches gilt für die lange Dauer der Ausführung der das Opfer schwer belastenden Tat sowie die dementsprechenden nachhaltigen Tatfolgen.

3. Es ist Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von Tat und Täter gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht bestimmte Strafzumessungsfaktoren oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 29, 319, 320). All dies gilt namentlich auch für die Strafrahmenwahl.

4. Die Entscheidung über die Annahme eines minder schweren Falles und - entsprechend - über das Absehen von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 StGB ist auf Grund einer Gesamtbetrachtung zu treffen, die alle Umstände einzubeziehen hat, die für die Wertung der Tat und des Täters bedeutsam sind, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (BGH, Urt. vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 275/08; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung 8). Hierbei ist eine Bewertung nur des engeren Tatgeschehens unzulässig (BGH, BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung 5; Gesamtwürdigung, unvollständige 10). Einen durchgreifenden Rechtsfehler stellt es dar, wenn der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) erkennbar außer Betracht lässt.


Entscheidung

517. BGH 3 StR 3/09 - Beschluss vom 10. Februar 2009 (LG Oldenburg)

Diebstahl (tatbestandliche Handlungseinheit bei der Wegnahme von Sachen mehrerer Eigentümer); Diebstahl in einem besonders schweren Fall (unbenannter besonders schwerer Fall; Tenor); Beihilfe.

§ 52 StGB; § 242 StGB; § 243 StGB; 27 StGB

Nehmen Diebe bei der Tatausführung mehrere Sachen eines oder verschiedener Eigentümer weg, liegt regelmäßig nur ein Diebstahl vor (vgl. BGHSt 22, 350, 351). Dasselbe gilt, wenn sie nur eine Sache wegnehmen und die Wegnahme weiterer Sachen versuchen.


Entscheidung

507. BGH 4 StR 88/09 - Beschluss vom 9. April 2009 (LG Halle)

Gewalt im Sinne der sexuellen Nötigung (Vergewaltigung).

§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Eine Nötigung mit Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert regelmäßig, dass der Täter durch eigene Kraftentfaltung das Opfer einem körperlich wirksamen Zwang aussetzt, um damit geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.


Entscheidung

525. BGH 3 StR 100/09 - Urteil vom 23. April 2009 (LG Wuppertal)

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit (fehlende Feststellung eines Eingangsmerkmals); Kindstötung; Totschlag (minder schwerer Fall).

§ 20 StGB; § 21 StGB; § 212 StGB; § 213 StGB; § 217 StGB a.F.

1. Zwar kann im Einzelfall offen bleiben, welchem der sich teilweise überschneidenden Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein die Schuldfähigkeit beeinträchtigender psychischer Zustand zuzurechnen ist. Dann muss jedoch zumindest feststehen, dass der Zustand einem der Merkmale unterfällt und dass deswegen die Schuldfähigkeit aufgehoben oder erheblich vermindert ist.

2. Bei Kindstötungen im Sinne des § 217 StGB a.F. kommt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit kaum in Betracht, wenn bei der Täterin außer der Belastung durch die Geburt keine schon unabhängig hiervon bestehenden geistig-seelischen Beeinträchtigungen festzustellen sind.


Entscheidung

477. BGH 1 StR 163/09 - Beschluss vom 21. April 2009 (LG Passau)

Erpresserischer Menschenraub (Bemächtigungslage); sexuelle Nötigung (Vergewaltigung; sexualbezogene

Handlung; kein Rücktritt bei Annahme einer erfolgreichen Penetration.

§ 239a StGB; § 177 Abs. 2 StGB; § 184g StGB; § 24 StGB

Dass die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eindeutig sexualbezogene Handlung vorrangig dazu dient, das Opfer zu verletzen, steht der Annahme einer sexuellen Handlung nicht entgegen.


Entscheidung

505. BGH 4 StR 531/08 - Beschluss vom 21. April 2009 (LG Saarbrücken)

Gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung durch den Einsatz sogenannter „K.O-Tropfen“ (Tenorierung).

§ 224 StGB; § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB

Der für die Tenorierung maßgebliche Begriff der Vergewaltigung umfasst nur die in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB genannten eigenen sexuellen Handlungen (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2008 2 - 2 StR 162/08; vgl. auch Fischer StGB 56. Aufl. § 177 Rdn. 75 m.w.N.).