HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juni 2009
10. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Herrschaft durch Nichtstun? Zur Beteiligung durch Unterlassen

Zugleich Anmerkung zum BGH Urt. v. 12.02.2009 - 4 StR 488/08 (HRRS 2009 Nr. 351)

Von Dr. Christian Becker, Wissenschaftlicher Mitarbeiter a.d. Bucerius Law School, Hamburg

I. Einleitung

Seit der Einführung des § 13 StGB durch das 2. StRG ist unzweifelhaft klar, dass die Deliktstatbestände des besonderen Teils nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch Unterlassen begehbar sind.[1] Nicht geklärt sind damit jedoch eine Reihe von Problemen, die ihren Ursprung in der unterschiedlichen ontologischen Struktur von Tun und Unterlassen haben sowie in der Tatsache, dass die Regelungen des StGB und zahlreiche strafrechtliche Grundbegriffe - vor allem im Allgemeinen Teil - sprachlich und zum Teil auch sachlich ausschließlich auf die Begehungsdelikte[2] abzielen.[3] Als Beispiele seien an dieser Stelle genannt die "Kausalität" des Unterlassens[4], die Problematik bei der Bestimmung des Versuchbeginns[5] und schließlich die hier behandelte Frage der Beteiligung des Garanten an fremden Vorsatztaten. Bevor das zuletzt genannte Problem im Rahmen dieses Beitrags aufgearbeitet wird, sind der Sachverhalt und die entscheidenden rechtlichen Erwägungen der BGH-Entscheidung kurz darzustellen, die den Anlass für die Untersuchung gegeben hat.

II. Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Der Sachverhalt der hier behandelten Entscheidung - soweit er aus den getroffenen Feststellungen ersichtlich ist - weckt Erinnerungen an die als "Foltermord von Siegburg" bekannt gewordene Tat, die seit kurzem, nach der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils[6] durch den BGH[7], vor dem LG Bonn neu verhandelt wird. Freilich kam das Opfer im vorliegenden Fall nicht zu Tode; es wurde aber von dem Angeklagten und einem weiteren Mithäftling "in einer ‚Atmosphäre der Gewalt' gequält und gedemütigt". Der Mithäftling wurde von dem Angeklagten und dem gesondert verfolgten weiteren Beteiligten u.a. gezwungen, "etwa 20 Purzelbäume" zu schlagen, eine große Menge einer Heringszubereitung, "obwohl er diese ‚zutiefst verabscheute'", bis zum Erbrechen zu sich zu nehmen, und er wurde auch sexuell genötigt. Soweit zur vom Gericht festgestellten "Atmosphäre der Gewalt".[8]

Bezüglich des aktuell entschiedenen Sachverhalts wurde der Angeklagte vom Landgericht freigesprochen. Dabei wurde am Mithäftling eine "simulierte Erhängung" vorgenommen und er wurde mit einer Plastiktüte auf dem Kopf an einen Stuhl gefesselt, bis er kurz vor dem Ersticken war. Die Vorinstanz hatte entschieden, dass der Angeklagte an diesen Misshandlungen nicht aktiv beteiligt gewesen sei, da sie ausschließlich von dem gesondert verfolgten Zellengenossen ausgeführt wurden. Eine Garantenpflicht lehnte das Gericht ab, so dass es keinen Anlass hatte, mögliche Fragen einer Beteiligung durch Unterlassen zu erörtern.

Dem ist der 4. Strafsenat nun entgegengetreten. Den Angeklagten hätte eine Garantenpflicht aus Ingerenz getroffen, denn er habe seinem aktiv handelnden Zellengenossen durch die vorangegangenen vielfältigen Misshandlungen des Mithäftlings "zu verstehen gegeben, dass dieser[Anm. d. Verf.: der aktiv handelnde Täter]sich bei weiteren Demütigungen und Misshandlungen vergleichbarer Art keine Hemmungen aufzuerlegen brauche, und die Gefahr weiterer Straftaten - zumal angesichts der Zellensituation - für das Opfer deutlich erhöht". Vor diesem Hintergrund habe das LG lediglich im Ergebnis rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Angeklagte nicht Mittäter der begangenen Nötigungen war. Unter Rückgriff

auf die vom BGH in ständiger Rechtsprechung vertretene Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme beim unechten Unterlassungsdelikt - eine Kombination aus subjektiver Theorie und Tatherrschaftslehre -, hielt es der 4. Strafsenat im entschiedenen Fall für naheliegend, lediglich eine (Unterlassungs-)Beteiligung als Gehilfe anzunehmen. Der Angeklagte sei nur "Randfigur" des Nötigungsgeschehens gewesen. Demgegenüber habe der aktiv handelnde Zelleninsasse "die Tatbestandsverwirklichung in Händen" gehalten und das Geschehen gesteuert, wenngleich der Angeklagte die weitere Tatbegehung "ohne weiteres beenden" habe können.[9] "Zudem" hätte das Landgericht "ein besonderes Tatinteresse oder einen Täterwillen beim Angeklagten nicht festgestellt".

Wie gleich zu zeigen sein wird, können die Erwägungen des BGH zur Beteiligungsdogmatik bei den unechten Unterlassungsdelikten nicht überzeugen.

III. Kritische Würdigung und eigene Stellungnahme

Im Zentrum dieses Beitrags steht die Frage, welche Kriterien für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme beim unechten Unterlassungsdelikt maßgeblich sind. Zunächst allerdings sind einige Anmerkungen zu der vom 4. Strafsenat bejahten Garantenpflicht aus Ingerenz erforderlich (1.), da deren Annahme nicht unproblematisch ist. Sodann wird unter Berücksichtigung der hier ergangenen Entscheidung bzw. der bisherigen Rechtsprechung und unter Auswertung der im Schrifttum vertretenen Auffassungen ein eigener Ansatz zur Beteiligungsproblematik entwickelt (2.), sofern dies im Rahmen eines kurzen Beitrags möglich ist.

1. Zur Garantenpflicht aus Ingerenz bei sog. "Weiterungstaten"

Der BGH hat es in der vorliegenden Entscheidung offenbar nicht für nötig befunden, die Garantenpflicht des Angeklagten ausführlicher zu begründen. Zwar wird mit dem "vorangegangenen Tun (Ingerenz)" der einzig mögliche Anknüpfungspunkt benannt.[10] Jedoch berührt die hier entschiedene Sachverhaltskonstellation die - vom 4. Strafsenat ignorierte - sehr problematische und bislang kaum geklärte Frage, ob bzw. inwieweit durch gefährliches Vorverhalten eine Pflicht zur Verhinderung freiverantwortlicher Vorsatztaten Dritter (sog. "Weiterungstaten") begründet werden kann.[11] Das Schweigen des Gerichts zu diesem Problemkreis befremdet umso mehr, als sich in der maßgeblichen Passage der Entscheidungsgründe eine Formulierung findet, die im Wortlaut mit den Ausführungen des 3. Strafsenats aus einer der bislang wenigen einschlägigen Entscheidungen nahezu übereinstimmt. Dort heißt es, der Angeklagte habe durch sein Vorverhalten dem späteren Begehungstäter gegenüber "zu verstehen gegeben", dass dieser sich bei weiteren Misshandlungen "keine Hemmungen aufzuerlegen brauche".[12] Hier hätte sich dem BGH die Möglichkeit geboten, in einem bislang wenig geklärten Feld zur Fortentwicklung der Dogmatik beizutragen.[13]

Da der vorliegende Beitrag primär auf die Erörterung der Beteiligungsproblematik abzielt, kann das Problem der Ingerenzgarantenpflichten zur Verhinderung freiverantwortlicher Vorsatztaten Dritter hier nicht erschöpfend behandelt werden, zumal dabei verschiedene Probleme der Zurechnungs-, Beteiligungs- und Unterlassungsdogmatik miteinander verknüpft sind. Von daher nur einige knappe Bemerkungen: Ob und inwieweit die (fahrlässige) Förderung fremder Vorsatztaten unter Zurechnungsgesichtspunkten eine täterschaftliche Verantwortung des Förderers für die Tat des freiverantwortlich handelnden Dritten begründen kann, ist seit jeher umstritten.[14] In welchem Umfang die insoweit maßgeblichen - im Einzelnen ohnehin in der Diskussion stehenden - Kriterien bei Garanten modifiziert werden müssen, ist bislang ebenfalls nicht abschließend geklärt.[15]

Es stellen sich bei der Annahme von Garantenpflichten der vorliegenden Art nicht zuletzt schwierige Fragen nach dem Verhältnis von Begehungs- und Unterlassungsbeteiligung. Insbesondere ergeben sich Abgrenzungsprobleme zur psychischen Beihilfe durch aktives Tun. Denn hätte der Angeklagte bei seinem Vorverhalten Vorsatz bzgl. der anschließenden Misshandlungen durch den anderen Beteiligten gehabt, so würde man ihn prinzipiell ohne weiteres wegen aktiver Beteiligung[16] an den entsprechenden Taten bestrafen können. Freilich fällt der Nachweis einer psychischen Beihilfe oft schwer.[17] Wenn nun aber entsprechende Verhaltensweisen über den Umweg einer Garantenstellung als Beteiligung durch Unterlassen bestraft werden, womöglich sogar gerade deshalb, um die benannten Nachweisprobleme zu umgehen, so ist dem mit Vorsicht zu begegnen.[18] In diesem Zusammenhang ist beachtenswert, dass der 4. Strafsenat in der vorliegenden Entscheidung von einer "psychischen Beihilfe (durch Unterlassen)" spricht. Eine solche würde streng genommen voraussetzen, dass der Angeklagte den

aktiv handelnden Täter durch sein Unterlassen in dessen Tatentschluss weiter bestärkt hätte. Es wäre also ein gerade hinsichtlich der Bestärkung des Tatentschlusses "quasi-kausales" Unterlassen notwendig, d.h. bei Hinzudenken der gebotenen Handlung hätte die bestärkende Wirkung entfallen müssen.[19] Ist aber schon die bestärkende Wirkung an sich kaum nachweisbar, so gilt dies für ihre hypothetische Beseitigung erst recht.

Das Gericht meint hier scheinbar auch nicht diese echte psychische Beihilfe durch Unterlassen, also die Nichtvornahme einer Handlung, die eine Bestärkung des Täters beseitigt hätte. Eine psychische Beeinflussung liegt vielmehr allein in dem aktiven Vorverhalten des Angeklagten, durch das dieser dazu beigetragen hat, eine "Atmosphäre der Gewalt" zu schaffen. Die mögliche Unterlassungsbeteiligung knüpft dann aber nicht daran an, dass diese "Atmosphäre der Gewalt" nicht wieder beseitigt wurde, sondern schlicht daran, dass die "aus dieser Atmosphäre heraus" verwirklichten Delikte nicht verhindert wurden. Dies mag man als Täterschaft oder Teilnahme durch Unterlassen auffassen. "Psychische Beihilfe (durch Unterlassen)", wie der Senat meint, ist es aber nicht, wie die vorstehenden Überlegungen gezeigt haben. Bei näherer Betrachtung wird hier ein allgemeines Problem der Garantenpflichten aus Ingerenz sichtbar, nämlich die Frage nach dem Verhältnis der aktiven Beteiligung durch eben dasjenige Vorverhalten, das anschließend zur Begründung der Garantenpflicht herangezogen wird, und der "anschließenden" Unterlassungsstrafbarkeit.[20] Diese Frage berührt jedoch nicht das Kernthema des vorliegenden Beitrags, weshalb sie an dieser Stelle nicht weiter vertieft behandelt werden kann.

Kehren wir also zum zentralen Aspekt dieses Beitrags zurück, der Beteiligungsproblematik. Unterstellt man die Annahme einer Garantenpflicht als richtig[21], so ist fraglich, ob der Angeklagte wegen Täterschaft oder wegen Beihilfe zu bestrafen gewesen wäre. Auch und gerade in diesem Zusammenhang überzeugen die Erwägungen des 4. Strafsenats nicht, und dies weder im Ergebnis noch in der Begründung.

2. Die Beteiligung des Garanten an fremden Vorsatztaten

Dass die Frage der Beteiligung eines Garanten an der Vorsatztat eines Dritten gegenüber der allgemeinen Beteiligungsdogmatik regelmäßig eine besondere Erörterung erfährt, liegt an dem bereits erwähnten Umstand, dass die für das Begehungsdelikt entwickelten Grundsätze auf die unechten Unterlassungsdelikte kaum zu übertragen sind. Vor diesem Hintergrund hat sich ein durchaus facettenreiches Meinungsbild entwickelt.[22]

a) Beteiligung durch Unterlassen in der Rechtsprechung

Die hier vorliegende Entscheidung liegt auf der bisherigen Linie der BGH-Rechtsprechung, die zwischen subjektiver Theorie und Tatherrschaftslehre "schwankt".[23] Anders als der Großteil der im Folgenden näher behandelten Auffassungen im Schrifttum, grenzt der BGH Täterschaft und Teilnahme demnach zumindest prinzipiell bei Begehen und Unterlassen einheitlich ab.[24] Doch selbst wenn man ein Streben nach Einheitlichkeit bei den Abgrenzungskriterien grundsätzlich für anerkennenswert hielte - wobei sich mindestens ebenso gut sagen ließe, die grundlegende Andersartigkeit von Tun und Unterlassen stehe einer solchen "Gleichschaltung" gerade entgegen -, so hätte es damit schon sein Bewenden mit möglichen Vorzügen dieser Auffassung.[25]

Kritikwürdig ist zunächst, dass die beiden in der Sache doch recht unterschiedlichen Kriterien teils alternativ, teils kumulativ angewendet werden, ohne dass dabei in irgendeiner Weise klar würde, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Dies gelangt in der vorliegenden Entscheidung recht pointiert zum Ausdruck, wenn es zunächst heißt, "für die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe durch Unterlassen zur Tat eines aktiv Handelnden" sei "die innere Haltung des Unterlassenden zur Tat bzw. dessen Tatherrschaft maßgebend".

Das (abgekürzte) Wort "beziehungsweise" soll offenbar ausreichen, um das Verhältnis der unterschiedlichen Abgrenzungskriterien zueinander zu kennzeichnen. Später, nach nur wenig konkretisierenden Ausführungen zum Inhalt des Merkmals "innere Haltung", heißt es dann noch: "Zum anderen kommt Mittäterschaft des Unterlassenden in Betracht, wenn dieser - neben dem aktiv Handelnden - ‚Herr des Geschehens' war, er also die Tatherrschaft hatte". Diese Formulierung scheint zum Ausdruck zu bringen, dass der Richter zwischen den Kriterien "innere Haltung" und "Tatherrschaft" frei wählen kann, ohne dass hierbei in irgendeiner Form verbindliche Vorgaben zu berücksichtigen wären. Dass dies in einem rechtsstaatlichen Strafrecht bei einem u.U. strafbarkeitsbegründenden, jedenfalls strafschärfenden Merkmal nur schwer hinzunehmen ist, bedarf keiner gesonderten Erwähnung. Der im Schrifttum erhobene Vorwurf der "Beliebigkeit"[26] ist nicht von der Hand zu weisen.

Darüber hinaus sind aber die beiden von der Rechtsprechung verwendeten Kriterien an sich bereits fragwürdig. Die Einwände gegen die subjektive Teilnahmelehre in ihren verschiedenen Gestalten sind - im Kontext des Begehungsdelikts - vielfach vorgetragen worden, worauf hier verwiesen sei.[27] Wenngleich man geneigt sein könnte, eine Abgrenzung nach der inneren Willensrichtung des Handelnden im Unterlassungsbereich deshalb für geeignet zu halten, weil dort das äußere Verhalten eine Unterscheidung nicht ermöglicht[28], bleiben die prinzipiellen Bedenken bestehen. Dass die "innere Haltung" des Täters tatrichterlich kaum fassbar ist, hat auch den BGH dazu bewogen, für ihre Feststellung beim aktiven Tun objektive Kriterien zu fordern, aus deren Vorliegen sich auf die innere Willensrichtung schließen lässt. Da solche äußeren Faktoren beim Unterlassen notwendig gerade nicht vorhanden sind, ist die richterliche Entscheidung nahezu unüberprüfbar.[29] Im Übrigen löst der alleinige Rückgriff auf subjektive Kriterien die täterschaftliche Strafbarkeit von den gesetzlichen Straftatbeständen, die im Geltungsbereich des Art. 103 Abs. 2 GG allein für ihre Begründung maßgeblich sein können.[30]

Doch auch gegen die Anwendung des Tatherrschaftskriteriums bestehen durchgreifende Bedenken. Die - unbeschadet einer Reihe umstrittener Einzelprobleme - weite Verbreitung in der Literatur[31] und die stetig wachsende Akzeptanz in der Rechtsprechung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die normativen Grundlagen der Tatherrschaftslehre auch im Bereich der Begehungsdelikte nicht unangreifbar sind.[32] Im Ergebnis erweist sich der Tatherrschaftsbegriff, der von Roxin, seinem eindringlichsten und bedeutendsten Verfechter, als "offener Begriff" charakterisiert wurde[33], als wenig konturiert und einer hinreichend in den gesetzlichen Tatbeständen verankerten objektiven Grundlage entbehrend.[34] Nicht umsonst wurde aus berufenem Munde geäußert, die Verbreitung des Tatherrschaftsgedankens in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hänge nicht zuletzt damit zusammen, dass dieser im Einzelfall ein bedeutendes Maß an argumentativer Flexibilität ermögliche.[35] Der dahinterstehende Gedanke der größtmöglichen Einzelfallgerechtigkeit - jenseits der mangelnden Bestimmtheit dieses Begriffs an sich - ist jedoch kein selbständiges Kriterium bei der Norminterpretation.[36] Dass das Streben nach argumentativer Flexibilität im Einzelfall sich notwendig zu Lasten einer vorhersehbaren Rechtsanwendung auswirken muss, bedarf ohnehin keiner besonderen Erwähnung.

Aber selbst wenn man mit der nach wie vor ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum, an der Tatherrschaft als entscheidendem Täterschaftskriterium für die Begehungsdelikte festhält, so bleibt sie doch für die unechten Unterlassungsdelikte untauglich. Zur Verdeutlichung lohnt ein Blick auf eine weitere Passage des Urteils, in der der 4. Strafsenat erläutert, weshalb der Angeklagte nicht als Unterlassungstäter anzusehen sei. Es heißt dort: "Maßgeblich gesteuert wurde das Nötigungsgeschehen indes[...] von[...], der die Tatbestandsverwirklichung in Händen hielt, während der Angeklagte diese bis zu seinem Eingreifen lediglich ablaufen ließ.". Wann aber "tut" jemand, der durch Unterlassen an der Tat eines Dritten beteiligt ist, jemals etwas anderes, als die Tatbestandsverwirklichung "ablaufen[zu]lassen", also, obwohl sich diese ereignet, untätig zu bleiben? Wer sonst sollte die Deliktsausführung "in den Händen halten", wenn nicht derjenige, der sie "eigenhändig" vornimmt, also der Begehungstäter? Die zur Ausfüllung des Tatherrschaftskriteriums herkömmlicher Weise verwendeten Begrifflichkeiten sind - unabhängig von ihrer generell eingeschränkten Subsumtionsfähigkeit - in sprachlicher und sachlicher Hinsicht eindeutig auf den Begehungstäter zugeschnitten. Wenn ein Gewalttäter auf einen Minderjährigen einschlägt, während dessen Vater tatenlos zusieht, dann bedarf es eines erheblichen Maßes an sprachlicher Akrobatik, den untätigen Vater als "Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens"[37] zu bezeichnen.[38] Dass der präsumtive Unterlassungstäter in das deliktische Handlungsgeschehen eingreifen könnte, dieses also stoppen könnte, ist ohnehin Voraussetzung jeder strafrechtlich relevanten Unterlassung (Handlungsmöglichkeit) und daher als Abgrenzungskriterium ungeeignet.

Da sich mithin die in der Rechtsprechung gebräuchlichen Beteiligungsmerkmale als unzureichend erwiesen haben, stellt sich die Frage, ob abweichende Konstruktionen im Schrifttum hier überzeugender sind.

b) Die unterschiedlichen Auffassungen im Schrifttum

Untersucht man die in der Literatur zum Problem der Beteiligung durch Unterlassen vertretenen Auffassungen, so können diese in solche unterteilt werden, die eine Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme beim unechten Unterlassen im Einklang mit der Rechtsprechung für möglich halten, und solche, die dies nicht tun.

Einige Autoren innerhalb der erstgenannten Gruppe halten die Tatherrschaft prinzipiell für geeignet, die Unterscheidung zu ermöglichen, sprechen modifizierend aber häufig von "potentieller Tatherrschaft".[39] Es soll hiernach vor allem darauf ankommen, wie leicht bzw. wie schwer es dem Unterlassenden möglich gewesen wäre, die Herrschaft über das Geschehen an sich zu reißen, mithin die Tatausführung durch den Begehungstäter zu stoppen. Eine ebenfalls prominent vertretene Ansicht unterscheidet die Beteiligungsformen im Wesentlichen nach der Art der Garantenstellung. Der Beschützergarant, der zur Abwehr sämtlicher Gefahren von dem ihm anvertrauten Rechtsgut verpflichtet ist, soll bei Unterlassen einer möglichen Erfolgsabwendung Täter sein. Der Überwachergarant, der alle von einer Gefahrenquelle ausgehenden Schädigungen zu verhindern hat, soll dagegen nur als Gehilfe strafbar sein können.[40] Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich im Wesentlichen darauf, dass zwischen den hiernach zu unterscheidenden Erfolgsabwendungspflichten ein qualitativer Unterschied bestünde, der die unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Schließlich wird noch, mit z.T. freilich deutlich differierenden Begründungen, danach unterschieden, ob der aktiv handelnde Beteiligte freiverantwortlich handelt oder diesbezüglich eingeschränkt ist.[41]

Unter denjenigen Autoren, die eine Unterscheidung der Beteiligungsformen beim unechten Unterlassungsdelikt ablehnen, wird allem Anschein nach diejenige Position stärker vertreten, die den Garanten stets als Täter begreift und dabei vor allem darauf abstellt, dass die auf das Begehungsdelikt zugeschnittene Unterscheidung der Beteiligungsformen beim unechten Unterlassen keine Entsprechung fände.[42] Beihilfe durch Unterlassen sei nur dort denkbar, wo der aktiv Handelnde ein eigenhändiges Delikt verwirklicht oder beim Garanten ein subjektives Tatbestandsmerkmal fehlt. Die entgegengesetzte Auffassung nimmt an, der Unterlassende sei im Verhältnis zum aktiven Beteiligten immer eine bloße Randfigur, weshalb er stets zwingend als Gehilfe einzuordnen sei.[43]

Im Folgenden wird unter Würdigung des skizzierten Meinungsstandes ein teilweise eigenständiger Ansatz entwickelt. Dieser ruht dogmatisch überwiegend auf dem Fundament der Pflichtdeliktstheorie, weist jedoch eine sachliche, in den Ergebnissen bedeutsame Abweichung auf.

c) Eigener Ansatz: Unterlassungstäterschaft als "tatbestandsunmittelbare Unterlassung"

Eine Lösung der unterlassungsspezifischen Beteiligungsproblematik muss zweierlei Anforderungen erfüllen. Sie muss zum einen der besonderen Struktur des unechten Unterlassungsdelikts gerecht werden und darf sich zum anderen nicht zu übergeordneten Prinzipien der straf-

rechtlichen Beteiligungslehre in Widerspruch setzen, soweit diese auf das Unterlassen übertragbar sind. Ein erster und naheliegender Ansatz bei der Analyse ist der Blick auf die gesetzlichen Beteiligungsregeln. Selbst wenn diese primär auf das Begehungsdelikt abzielen, ist nicht ausgeschlossen, dass die darin enthaltenen Vorgaben auch für die Beteiligung durch Unterlassen fruchtbar gemacht werden können.

Gemäß § 25 StGB setzt Täterschaft beim Begehungsdelikt voraus, dass ein Beteiligter durch sein aktives Verhalten dasjenige Geschehen verwirklicht, das in einem Tatbestand des besonderen Teils umschrieben ist (die "Begehung der Tat").[44] Kurz, aber präzise formuliert: Täterschaft ist Tatbestandsverwirklichung.[45] Der täterschaftsbegründende Bezug zum tatbestandsmäßigen Geschehen wird also durch das Verhalten des Täters hergestellt. Wenn A seinen Feind B erschießt, dann ist er Täter eines Tötungsdelikts, weil sein aktives Verhalten unter die Begriffe der §§ 211, 212 StGB subsumiert werden kann.[46] So weit, so naheliegend. Beim unechten Unterlassungsdelikt verhält es sich nun aber grundlegend anders. Das tatbestandsmäßige Geschehen bzw. der tatbestandsmäßige Erfolg wird unabhängig vom Zutun des Garanten verwirklicht. Selbst dann, wenn man den Begriff Verhalten als Oberbegriff von Tun und Unterlassen anerkennt[47], ist es doch nicht bzw. jedenfalls nicht allein das "Verhalten" des Garanten (sein Untätigbleiben), durch das seine Verantwortlichkeit für den tatbestandsmäßigen Erfolg bzw.

das tatbestandsmäßige Geschehen begründet wird. Vielmehr muss die normative (Garanten-) Pflicht zu dessen Verhinderung als notwendiges Moment hinzukommen. Diese beim Unterlassen täterschaftsbegründenden Merkmale sind aber im Gegensatz zum aktiven Tun prinzipiell weder geeignet, eine Differenzierung zwischen verschiedenen Täterschaftsformen i.S.v. § 25 StGB, noch eine solche zwischen unterschiedlichen Beteiligungsformen zu ermöglichen. Sie lassen schlicht und ergreifend keine Abstufungen bzw. Unterscheidungen zu. Entweder trifft den Beteiligten eine Pflicht zur Erfolgsabwendung, oder dies ist nicht der Fall. Entweder unterlässt der Garant die ihm mögliche Rettungshandlung, oder er nimmt diese vor. Für graduelle Differenzierungen ist hier kein Spielraum. Darin liegt der grundsätzlich[48] richtige Ansatz der Pflichtdeliktslehre.

Auch die oft vorgeschlagene kategorische Differenzierung zwischen "Naturkausalität" und freiverantwortlichem Verhalten Dritter überzeugt in dieser Allgemeinheit nicht. Zum einen vermischen sich beide Elemente häufig, zum anderen, und dieser Einwand wiegt schwerer, spielt die Art des erfolgskausalen Geschehens für die Verantwortung des Garanten so lange keine Rolle, wie es ihm möglich bleibt, dieses zu verhindern. Dies ergibt sich daraus, dass eben die Garantenpflicht und das Unterlassen der möglichen Rettungshandlung die allein normativ maßgeblichen Kriterien sind, die zu strafrechtlicher Verantwortung führen. Diese Verantwortung wird nicht dadurch "überlagert", dass der Erfolg durch einen frei verantwortlich handelnden Dritten vorsätzlich verursacht wird. § 25 Abs. 1 2. Var. StGB kann dagegen nicht ins Feld geführt werden.[49] Die Täterschaftsformen des § 25 StGB zielen auf unterschiedliche Phänotypen äußeren Verhaltens bei der Tatbestandsverwirklichung ab.[50] Sie finden beim strafbaren Unterlassen mit seinem soeben dargestellten normativen Fundament und seiner Seinsstruktur keine Entsprechung.

Die ausschließliche Maßgeblichkeit von Erfolgsabwendungspflicht und unterlassener Rettungshandlung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Garanten steht auch der Auffassung entgegen, die in den hier untersuchten Fällen stets eine Gehilfenstrafbarkeit annimmt. Soweit diese Auffassung damit begründet wird, der Garant sei bloß "Randfigur" des Geschehens, kann dies nicht überzeugen. Denn die Funktion bzw. Rolle eines Unterlassenden innerhalb irgendeines Geschehens ist schlicht ungeeignet, bei der Begründung seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit eine Rolle zu spielen.[51] Diese Verantwortlichkeit folgt ja gerade daraus, dass der Garant in ein Geschehen nicht eingreift, sich also - wenn man so wollte - auf die Rolle als "Randfigur" beschränkt. Die Begriffe "Zentralgestalt" bzw. "Randfigur" bezogen auf ein Handlungsgeschehen sind eben schlicht ungeeignet, die Unter-

lassungsbeteiligung adäquat zu erfassen.[52] Ebensowenig ergibt sich eine generelle Vergleichbarkeit zwischen Unterlassungsbeteiligung und Begehungsbeihilfe aus der vermeintlich in beiden Fällen ähnlichen Abhängigkeit vom Vorsatz des Haupttäters.[53] Denn gäbe es eine solche Abhängigkeit, so könnte der Garant ohnehin nicht strafbar sein. Er muss vielmehr gerade die Möglichkeit haben, unabhängig vom Willen und Wirken des Haupttäters den Erfolgseintritt zu verhindern. Schließlich geriete ein solcher Ansatz in Schwierigkeiten, wenn es zu begründen gilt, warum der Garant in Fällen von "Naturkausalität", in denen es ja an einer teilnahmefähigen Tat per se fehlt, als Täter zu bestrafen sein soll. Denn da Handlungsmöglichkeit und Erfolgsabwendungspflicht als maßgebliche Kriterien eine Differenzierung prinzipiell nicht zulassen, dürfte in diesen Fällen eigentlich nichts anderes gelten, als bei der Einbeziehung eines vorsätzlich handelnden Dritten in das erfolgskausale Geschehen.

Ferner muss nach dem Vorstehenden aber auch ein Ansatz zurückgewiesen werden, der die Beteiligungsformen anhand der Art der Garantenstellung abgrenzt. Dagegen spricht nicht nur, dass die Unterscheidung oft schwer vorzunehmen ist und sie zudem im Gesetz keine Stütze findet.[54] Entscheidend ist vielmehr, dass eine Differenzierung nach der Art der Garantenpflicht deshalb nicht überzeugen kann, weil es alleine darauf ankommt, ob ein Beteiligter "rechtlich dafür einzustehen hat", dass ein tatbestandsmäßiger Erfolg nicht eintritt, nicht warum. Besteht eine solche Pflicht, ist der Garant verantwortlich, wenn er eine mögliche Rettungshandlung unterlässt, andernfalls nicht. Eine Differenzierung nach Pflichten, die eine stärkere bzw. schwächere Verantwortung begründen, ist nicht möglich.

Damit scheint die Basis für eine Tätertheorie geschaffen zu sein. Doch muss das gefundene Ergebnis noch dahingehend überprüft werden, ob ihm allgemeine Grundsätze der Beteiligungslehre entgegenstehen, die trotz der prinzipiellen Andersartigkeit von Tun und Unterlassen berücksichtigt werden müssen. Dabei fällt der Blick auf den Grundsatz der Tatbestandsbezogenheit täterschaftlicher Strafbarkeit, dessen Prämisse von Rudolphi besonders prägnant wie folgt formuliert wurde: "Ausgangspunkt und Grundlage einer jeden Täterlehre haben die gesetzlichen Straftatbestände, d.h. die in ihnen enthaltenen Beschreibungen des strafbaren Verhaltens zu bilden".[55] Dieser Grundsatz ist von Verfassungsrang. Sein Fundament ist die "nullum crimen, nulla poena sine lege" Garantie des Art. 103 Abs. 2 GG, die gewährleistet, dass bei der Ausübung von Strafgewalt - wegen der außergewöhnlich hohen Eingriffsintensität - besondere rechtsstaatliche Garantien zugunsten des Bürgers greifen.[56] Eine Ausprägung dieses elementaren Grundprinzips eines rechtsstaatlichen Strafrechts besteht eben darin, dass die Strafbarkeit eines Verhaltens in einem parlamentarischen Gesetz bestimmt sein muss ("nullum crimen sine lege scripta").[57] Mithin ist es allein dem Gesetzgeber durch die Abfassung der Straftatbestände vorbehalten, die Grenzen des strafbaren Verhaltens zu bestimmen. Dieser streng zu beachtende Vorbehalt des Strafgesetzes[58] gewährleistet also, dass die Strafbarkeit von bestimmten Verhaltensweisen nur durch den Gesetzgeber als demokratisch legitimiertem Vertreter des Volkes festgelegt werden kann.[59]

Dieser Grundsatz muss angesichts seiner exponierten Bedeutung, soweit möglich, auch bei den Unterlassungsdelikten gelten, er muss funktionell übertragen werden.[60] Dies hat zur Folge, dass der Garant, um Täter eines durch das aktive Tun eines Dritten verwirklichten Straftatbestandes zu sein, im unmittelbaren Angesicht der Tatbestandsverwirklichung untätig bleiben muss (tatbestandsunmittelbares Unterlassen). Dagegen reicht ein Unterlassen im Vorfeld der Tatbestandsverwirklichung (Bsp.: Der Waffeninhaber unterlässt es, einen Dritten an der Mitnahme der Waffe aus seinem Haus zu hindern, woraufhin dieser mit der Waffe einige Stunden später ein Tötungsdelikt begeht)[61] nicht aus, selbst wenn der Garant dabei Vorsatz hinsichtlich der späteren Deliktsverwirklichung durch den Dritten aufweist. Würde man dies als Täterschaft bestrafen, so entspräche das beim Begehungsdelikt Fällen, in denen bei Gehilfenhandlungen im Vorfeld wegen des bloßen Haupttatvorsatzes Täterschaft angenommen würde. Dies liefe hinsichtlich der täterschaftlichen Bestrafung auf ein reines Gesinnungsstrafrecht hinaus. Der notwendige objektive Bezug zum gesetzlichen Tatbestand kann daher nur dadurch hergestellt werden, dass der Garant eine ihm mögliche Rettungshandlung zu einem Zeitpunkt unterlassen muss, in dem der aktiv handelnde Täter bereits die Schwelle zum Versuch überschritten hat.[62] Nur in diesem Fall, in dem der Garant in der Situation der unmittelbar bevorstehenden Tatbestandsverwirklichung durch den Vorsatztäter nicht handelt, ist eine Strafbarkeit wegen täterschaftlicher Begehung dieses Tatbestandes durch Unterlassen mit Art. 103 Abs. 2 GG in Einklang zu bringen. Liegt das Unterlassen dagegen, wie im oben angeführten Beispiel des Waffeninhabers, in einem Stadium, in dem sich die Vorsatztat des Dritten noch in der Phase der Vorberei-

tung befindet, kommt lediglich Beihilfe durch Unterlassen in Betracht.[63]

Auf diese Weise wird dem Gebot des Art. 103 Abs. 2 GG auch beim Unterlassen Rechnung getragen, soweit dies angesichts der Seinsstruktur des Unterlassens möglich ist. Dabei spielt neben der formellen Komponente, der rechtsstaatlich zwingend gebotenen Beschränkung der Täterschaft auf das tatbestandlich umschrieben Verhalten, auch ein materieller Aspekt eine Rolle. Denn im Hinblick auf den Unrechtsgehalt ist die hier als Beihilfe behandelte "Vorfeldunterlassung" durchaus mit typischen Beihilfehandlungen im Begehungsbereich vergleichbar. Paradigmatisch ist hier wieder das bereits bemühte Beispiel desjenigen, der dem Täter die Mordwaffe verschafft bzw. als Garant deren Benutzung durch den Täter nicht verhindert. Hier ist eine Gleichbehandlung auch unter dem Gesichtspunkt vergleichbarer Unrechtsgehalte geboten. So wird eben nicht nur der verfassungsrechtlich vorgegebene Grundsatz der Tatbestandsbezogenheit funktionell auf die Unterlassungsdelikte übertragen. Dies geschieht vielmehr auch hinsichtlich der Unterscheidung von Täterschaft und Beihilfe bzw. der darin zum Ausdruck kommenden Abstufung des jeweils verwirklichten Unrechts (Vgl. § 27 Abs. 2 StGB). Denn auch wenn die Unterscheidung zwischen verschiedenen Täterschaftsformen i.S.d. § 25 StGB oder die Unterscheidung zwischen "Begehen der Tat" und "Hilfeleisten" angesichts des ontologischen Wesens der Unterlassung nicht möglich ist, so kann man doch eine normative Unterscheidung nach dem Unrechtsgehalt vornehmen, die das funktionelle Äquivalent der in den §§ 25, 27 StGB zum Ausdruck kommenden Abstufung ist. Obwohl also das strafrechtliche Unterlassen an sich wegen seiner Seinsstruktur wie gezeigt wurde einer Differenzierung prinzipiell nicht zugänglich ist, ist eine solche aus übergeordneten normativen Erwägungen doch sinnvoll und richtig. Dieses ständige "Austarieren" von ontologischen und normativen Aspekten beim Unterlassen bleibt die große Herausforderung, die der Gesetzgeber Wissenschaft und Rechtsprechung überlassen hat, nachdem er zwar die grundsätzliche Strafbarkeit des Unterlassens zu Recht anerkannt, den ausschließlichen Zuschnitt des gesamten StGB auf Begehungsdelikte aber unberührt gelassen hat.

In dem Fall, den der 4. Strafsenat hier zu entscheiden hatte, blieb der Täter den Feststellungen zufolge "im Angesicht der Deliktsausführung" untätig, so dass bei Annahme einer Garantenstellung von Täterschaft auszugehen gewesen wäre.

IV. Fazit

Die hier besprochene Entscheidung trägt leider nicht dazu bei, die bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme durch Unterlassen "schwankende" Rechtsprechung "auf Kurs zu bringen". Sie ist vielmehr exemplarisch dafür, dass die beiden herangezogenen Kriterien zueinander in keinem erkennbaren systematischen Verhältnis stehen, was letztlich eine vorhersehbare Rechtsanwendung unmöglich macht. Zudem hat der BGH die Garantenpflicht zumindest vorschnell und ohne ausreichende Begründung bejaht. Hier wären nähere dogmatische Ausführungen zu der bislang ungeklärten Frage der Ingerenzpflichten zur Vermeidung fremder Vorsatztaten, die in diesem, auf die Beteiligungsdogmatik konzentrierten Beitrag nur gestreift wurde, wünschenswert gewesen.

Ferner hat die weitere Untersuchung gezeigt, dass die vom BGH verwendeten Abgrenzungskriterien - Tatherrschaft und innere Willensrichtung - auch für sich genommen nicht überzeugen. Richtigerweise ist die Nichthinderung fremder Vorsatztaten durch einen Garanten immer dann Unterlassungstäterschaft, wenn es sich um eine tatbestandsunmittelbare Unterlassung handelt, der Garant also zu einem Zeitpunkt eine ihm mögliche Rettungshandlung unterlässt, in dem der aktiv Handelnde bereits die Schwelle zum Versuch überschritten hat. Diesem Ansatz mag es an "argumentativer Flexibilität" fehlen. Man mag ihm auch entgegenhalten, dass die Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch ohnehin umstritten genug und daher wenig geeignet sei, auch noch in der Unterlassungs- bzw. Beteiligungsdogmatik eine Rolle zu spielen. Demgegenüber steht der entscheidende Vorzug der - für die in ihrer Seinsstruktur eigentümlichen Unterlassungsdelikte wohl größtmöglichen - Tatbestandsbezogenheit. Dadurch wird die täterschaftliche Strafbarkeit auch beim unechten Unterlassungsdelikt an das Kriterium gekoppelt, das aus verfassungsrechtlicher Perspektive dafür vorgesehen ist.


[1] Zur verfassungsrechtlichen Problematik vor der Existenz der gesetzlichen Regelung etwa Herzberg, Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip (1972), S. 251 ff.; vgl. ferner die Nachweise zur geschichtlichen Entwicklung bei Weigend, in: LK-StGB, 12. A. (2006), § 13 m. Fn. 2.

[2] Im Folgenden wird das Begriffspaar Begehungsdelikt/Unterlassungsdelikt verwendet, wenngleich das StGB selbst in der amtlichen Überschrift zu § 13 StGB von der "Begehung durch Unterlassen" spricht.

[3] So auch Roxin, AT Bd. II (2003), § 31 Rn. 1.

[4] Vgl. dazu Lackner/Kühl, StGB, 26. A. (2007), Vor § 13 Rn. 12 m.w.N.

[5] Nachweise zur Diskussion etwa bei Fischer, StGB, 56. A. (2009), § 22 Rn. 31 ff.

[6] LG Bonn Urt. v. 07.10.2007 - 8 KLs 16/07.

[7] Vgl. BGHSt 52, 316 ff. = NStZ 2008, 696 ff. = HRRS 2007 Nr. 1013; vgl. zum Ganzen Neubacher NStZ 2008, 361 ff.

[8] Die einzelnen Taten wurden gesondert abgeurteilt.

[9] Im ersten Fall des "simulierten Erhängens" war dies den Feststellungen zufolge auch geschehen, kurz bevor das Opfer ernsthaft in Todesgefahr geriet.

[10] Grundsätzlich krit. gegenüber Garantenpflichten aus Ingerenz allerdings etwa Seebode, in: FS f. Spendel (1992), S. 317, 342 ff.

[11] Vgl. dazu BGH JR 1993, 159 m. Anm. Neumann = BGH StV 1992, 415 m. Anm. Seelmann; Jakobs, in: BGH-Festgabe Bd. IV (2000), S. 29, 44 ff.; ferner Kühl, AT, 6. A. (2008), § 18 Rn. 104 m.w.N.

[12] Vgl. die identische Formulierung in BGH JR 1993, 159, 160 1. Absatz.

[13] Nach Jakobs (a.a.O.[Fn. 11], S. 44) fehlt es bislang sowohl in der Rechtsprechung als auch im Schrifttum an einem überzeugenden Lösungsansatz.

[14] Auf die mit dem Schlagwort "Regressverbot" zusammenhängende Diskussion sei hier lediglich verwiesen, vgl. dazu statt Vieler Roxin, in: FS f. Tröndle (1989), S. 177 ff.

[15] S. dazu Roxin, a.a.O. (Fn. 14), S. 198 ff.; Neumann JR 1993, 159, 161 f.; ferner Rudolphi, SK-StGB, 7., teilw. 8. A., 116. Lieferung (2008), Vor § 1 Rn. 72 a.E.; krit. zu solchen Garantenpflichten auch Otto, Grundkurs AT, 7. A. (2004), § 9 Rn. 75 ff.

[16] Und zwar eben wegen psychischer Beihilfe durch Bestärkung des Tatentschlusses, sofern dieser nicht erst durch das Vorverhalten hervorgerufen wird, so dass eine Anstiftung in Betracht käme.

[17] Fischer, a.a.O. (Fn. 5), § 27 Rn. 11 ff. m.w.N.

[18] Mit Recht krit. daher Neumann JR 1993, 159, 162.

[19] Zu denken wäre etwa daran, dass der Angeklagte dem Mithäftling (aktiv) zu verstehen gibt, weitere Misshandlungen nicht mehr zu unterstützen.

[20] Dabei geht es in der Sache darum, inwieweit ein Unterlassen, das auf eine aktive Beteiligungshandlung folgt, selbständiger Anknüpfungspunkt von strafrechtlicher Verantwortung sein kann bzw. als unselbständiger Teil des vorhergehenden aktiven Verstoßes aufgefasst werden muss. Das Problem wird bisher meist dann diskutiert, wenn bereits beim Vorverhalten Vorsatz bzgl. des späteren Erfolges vorliegt, dazu ausführlich Stein JR 1999, 265 ff.; zusf. Walter NStZ 2005, 240, 241 f. m.w.N. Wie Neumann (JR 1993, 159, 161 f.) jedoch mit Recht anmerkt, stellt sich das Problem auch bzw. womöglich sogar erst Recht bei unvorsätzlichem Vorverhalten. Denn wenn dieses "eigentlich" lediglich eine fahrlässige - in unserem Fall bei der Nötigung dann sogar straflose - aktive Beteiligung ist, dann muss mit großer Vorsicht geprüft werden, ob ein "anschließendes" Unterlassen mehr ist als der bloß unselbständige "Fortgang" dieses Vorverhaltens.

[21] Ausgeschlossen ist dieses Ergebnis trotz der dargestellten dogmatischen Unwägbarkeiten sicher nicht, was vor allem daran liegt, dass die Hilflosigkeit des Zellengenossen durch die Unmöglichkeit des Entkommens dramatisch gesteigert wurde. Ob diese Erwägungen letztlich die Begründung einer Garantenpflicht tragen, sei hier dahingestellt.

[22] Der Streitstand ist eines der von Hillenkamp aufbereiteten "32 Probleme" des Allgemeinen Teils, s. ders., 32 Probleme aus dem Strafrecht Allgemeiner Teil, 12. A. (2006), 20. Problem, S. 121 ff. mit umfangreichen Nachweisen. Monographisch ist das Problem von Schwab, Täterschaft und Teilnahme bei Unterlassungen (1996) und Sering, Beihilfe durch Unterlassen (2000) behandelt worden.

[23] So Roxin, AT II, § 31 n. 126 m.w.N. zur Rechtsprechungsauffassung in den Rn. 127 ff.

[24] Bekanntlich hat der BGH die ehemals rein subjektive Theorie mittlerweile zu Gunsten einer sog. "normativen Kombinationstheorie" (Roxin) aufgegeben, wonach der nach wie vor maßgebliche Täterwille insbesondere anhand des eigenen Tatinteresses, dem Umfang der Tatbeteiligung, der objektiven Tatherrschaft sowie dem Willen zu selbiger zu ermitteln ist. Aktuelle Nachweise bei Fischer, StGB, § 25 Rn. 12. Vgl. zum nach wie vor subjektiven Kern dieses Ansatzes Becker, Das gemeinschaftliche Begehen und die sogenannte additive Mittäterschaft (2009), S. 27 ff.

[25] Grds. dem BGH zustimmend aber Sering, a.a.O. (Fn. 22), S. 84 ff.

[26] Roxin, AT II, § 31 Rn. 132.

[27] S. dazu statt Vieler Schünemann, in LK-StGB, 12. A. (2006), § 25 Rn. 32 ff.

[28] Ein subjektiver Ansatz findet sich etwa bei Seelmann, StV 1992, 415, 416.

[29] Roxin, AT II, § 31 Rn. 139; Schwab, a.a.O. (Fn. 22), S. 84 f.; dass die animus- Formel, wie Schwab, a.a.O., S. 86 meint, von der Rechtsprechung "dazu benutzt wird, im Einzelfall wertend zu (in aller Regel) zutreffenden Ergebnissen zu kommen", mag stimmen, ist aber kaum geeignet, die Theorie dogmatisch zu stützen. Denn wenn dem Bürger lediglich die Hoffnung bzw. das Vertrauen in eine "gerechte" Einzelfallentscheidung bleibt, ist es mit der rechtsstaatlich gebotenen Vorhersehbarkeit und Überprüfbarkeit gerichtlicher Entscheidungen nicht weit her.

[30] S. dazu Rudolphi, in: FS f. Bockelmann (1979), S. 369 ff.; Becker, a.a.O (Fn. 24), S. 141 f. und unten unter c).

[31] Vgl. die ausführliche Zusammenstellung der Nachweise bei Schünemann, in: LK-StGB, § 25 Rn. 11.

[32] In jüngster Zeit Kritik u.a. bei Haas, Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen (2008), S. 9 ff.; ders., ZStW 119 (2007). 519 ff.; Lampe, ZStW 119 (2007), 471 ff.; Schlehofer, in: FS f. Herzberg (2008), S. 355, 360; Becker, a.a.O. (Fn. 24), S. 127 ff.

[33] Dazu Becker, a.a.O., (Fn. 24), S. 50 m.w.N.

[34] Oder, um an eine besonders zugespitzte Formulierung von Freund (AT, 2. A.[2009], § 10 Rn. 47) anzuknüpfen, als "Zauberhut, aus dem praktisch jedes beliebige Ergebnis herausgeholt werden kann". Eingehend zum Ganzen Becker, a.a.O. (Fn. 24), S. 127 ff.

[35] Fischer, in: FS f. Hamm (2008), S. 63, 78.

[36] Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3.  A. (1995), S. 168 ff.

[37] Vgl. zur insoweit teilweise uneinheitlichen Terminologie Becker, (a.a.O. Fn. 24), S. 128 f.

[38] Dies gilt auch für den "Kunstgriff", den Garanten als "Zentralgestalt" des Unterlassungstatbestandes zu bezeichnen. Denn beim Unterlassen fehlt es überhaupt an einem "Geschehen", dort "geschieht" bei ontologischer Betrachtung eben nichts. Dass der Garant durch seine Untätigkeit aus normativen Gründen dennoch Täter eines Straftatbestandes sein kann, steht dem nicht entgegen. Es führt aber nicht dazu, dass es so etwas wie ein "Unterlassungsgeschehen" gäbe, dessen Zentralgestalt der Garant sein könnte. Zentralgestalt eines Geschehens, dass begrifflich sinnvoll nur als Handlungsgeschehen gemeint sein kann, muss ein aktiv Handelnder sein. Alles andere ist begriffstheoretisch zwar konstruierbar, mit dem alltagssprachlichen Verständnis der Begriffe aber kaum zu vereinbaren. Eine Notwendigkeit für solche begrifflichen Verrenkungen besteht nicht, da - wie noch zu zeigen ist - ausreichende Kriterien vorhanden sind, um eine sachgerechte Differenzierung der Beteiligungsformen beim unechten Unterlassen zu ermöglichen.

[39] So etwa explizit Weigend, in: LK-StGB, § 13 Rn. 94. m.w.N.; ähnlich Joecks, in: MK-StGB, Bd. 1 (2003), § 25 Rn. 236.

[40] Eser/Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. A. (2006), Vorbem. §§ 25 ff. Rn. 101 ff.; Herzberg, a.a.O. (Fn. 1), S. 259 ff.; ähnlich auch noch Schünemann, Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte (1971), S. 377 f.; differenzierend ders., in: LK-StGB, § 25 Rn. 211 ("in der Regel").

[41] So in den Ergebnissen wohl nahestehend Bottke, in: FS f. Rudolphi (2004), S. 15, 35 ff., der sein Ergebnis unter dezidierter Kritik der Tätertheorie vor allem auf § 25 StGB stützt, wonach bei Mitwirkung eines aktiv Handelnden Dritten der Garant nur dann Täter sein soll, wenn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB vorliegen; Hoffmann-Holland, ZStW 118 (2006), 620, 630 ff., der allerdings zusätzlich - insoweit dem zuvor dargestellten Ansatz nahestehend - noch zwischen "situationsbezogenen" und "situationsunabhängigen" Pflichten unterscheidet und bei letzteren immer Täterschaft annehmen will.

[42] Häufig sog. Täter- oder Pflichtdeliktstheorie, so insbesondere Roxin, AT II, § 31 Rn. 140 ff.; ebenso Rudolphi, in: SK-StGB, Vor § 13 Rn. 37; Wohlers, in: NK-StGB, Bd. 1, 2. A. (2005), § 13 Rn. 26, - jew. m.w.N.; im Ergebnis ebenso (Einheitstäterschaft beim Unterlassungsdelikt) Armin Kaufmann, Die Dogmatik der unechten Unterlassungsdelikte (1959), S. 291 ff.; Grünwald, GA 1958, 110, 111 ff.

[43] So etwa Gallas, JZ 1952, 372; Ranft, ZStW 94 (1982), 815, 830 ff.; Kühl, AT, § 20 Rn. 230; einschränkend Schwab, a.a.O. (Fn. 22), S. 221 f., der die Abgrenzung anhand des § 13 StGB vornehmen will und so zu dem Ergebnis kommt, dass "in der Regel" Beihilfe vorliegen soll, in Ausnahmefällen jedoch auch Täterschaft in Betracht käme.

[44] Eingehende Auslegung des § 25 StGB bei Becker, a.a.O (Fn. 24), S. 117 ff., dort auch zur Unterscheidung zwischen Begehung der Tat, als zentralem Kriterium täterschaftlichen Handelns, und Begehung der Straftat, womit die strafbare Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestand unter Vorliegen sämtlicher weiterer Strafbarkeitsvoraussetzungen gemeint ist.

[45] Vgl. Roxin, AT II, § 31 Rn. 140.

[46] Handelte er darüber hinaus vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft, so hat er die "Straftat" i.S.v. § 25 StGB begangen und ist als Täter strafbar, vgl. oben (Fn. 44). Anhand des äußeren Verhaltens erfolgt auch die Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Täterschaftsformen, so wenn A den B nicht erschießt, sondern den geisteskranken G dazu veranlasst, ihn (B) zu erschlagen (mittelbare Täterschaft). Die unterschiedlichen Täterschaftsformen folgen dem jeweiligen Verhalten des Täters. Gleiches gilt für die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme. Wenn A den C auffordert, B zu töten bzw. dem bereits dazu entschlossenen C die Mordwaffe verschafft, dann liegt aufgrund dieses Verhaltens nicht Täterschaft, sondern Anstiftung bzw. Beihilfe vor. Aktives Tun bietet also hinreichende Differenzierungsmöglichkeiten zur Abgrenzung der Beteiligungsformen.

[47] Unterlassen und Tun sind aus ontologischer Perspektive kategorial unterschiedlich. Zu Recht weist Armin Kaufmann (a.a.O.[Fn. 42], S. 81 ff.) darauf hin, dass die Zusammenfassung unter einen Oberbegriff solche Unterschiede nicht nivellieren kann. Dennoch ist eine Gleichsetzung in bestimmten normativen Zusammenhängen gerechtfertigt, vgl. Roxin, AT II, § 31 Rn. 2 f., dort auch krit. zum Kaufmannschen "Umkehrprinzip", vgl. dazu schon Schünemann, a.a.O. (Fn. 40), S. 375 f. Zutr. zum Ganzen Weigend, in: LK-StGB, § 13 Rn. 2 f., der darauf hinweist, dass normative und ontologische Betrachtungsweisen in unterschiedlichen Argumentationszusammenhängen eine jeweils eigene Berechtigung haben.

[48] Im Folgenden wird noch zu zeigen sein, dass aufgrund einer übergeordneten Erwägung ausnahmsweise trotz Vorliegen der genannten Voraussetzungen keine Täterschaft angenommen werden kann, und zwar, wenn das Unterlassen sich im Vorfeld der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung abspielt.

[49] A.A. mit dezidierter Begründung aber Bottke, a.a.O. (Fn. 41), S. 35 ff.

[50] Vgl. dazu Becker, a.a.O. (Fn. 24), S. 115 f. und oben Fn. 46.

[51] Vgl. dazu bereits oben Fn. 38.

[52] Diese mangelnde Eignung gilt im Übrigen auch, wenngleich nicht im selben Ausmaß, für die Begehungsdelikte, was hier nicht vertieft werden muß.

[53] So aber dezidiert Ranft a.a.O. (Fn. 43), S. 830 ff.

[54] Eingehende Kritik bei Schwab, a.a.O. (Fn. 22), S. 106 ff.

[55] A.a.O. (Fn. 30), S. 369.

[56] Hinsichtlich der ratio des Art. 103 Abs. 2 GG besteht im Einzelnen durchaus Streit. In unterschiedlichen Variationen werden das Rechtsstattsprinzip, das Demokratieprinzip, der Gewaltenteilungsgrundsatz, die Menschenwürde, das Schuldprinzip sowie generalpräventive Erwägungen genannt. Nachweise zum Ganzen bei Dannecker, in: LK-StGB, 12. A. (2006), § 1 Rn. 51; eingehend Tiedemann, Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht (1969), S. 169 ff.

[57] Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, 2. A. (2008), Art. 103 II Rn. 28 m.w.N. aus der Rspr. des BVerfG.

[58] Vgl. nur BVerfGE 92, 1, 12.

[59] Statt Vieler BVerfGE 105, 135, 153.

[60] Eine unmittelbare bzw. direkte Anwendung scheidet freilich aus, denn das in den gesetzlichen Straftatbeständen umschriebene Verhalten ist ja gerade - zumindest jenseits der echten Unterlassungsdelikte - stets aktives Tun.

[61] Zu einem parallel gelagerten Beispiel vgl. Jakobs, AT, 2. A. (1991), 29/101.

[62] Diese Grenze gilt auch dort, wo der Versuch für den Begehungstäter nicht strafbar ist.

[63] Ähnlich Schünemann, in: LK-StGB, § 25 Rn. 211. Soweit dort behauptet wird, dass bei Obhutsgaranten "in der Regel" eine Unterlassung im Ausführungsstadium vorliegt, während der Überwachergarant "häufig" im Vorbereitungsstadium eine Rolle spielen soll, mag dies als eine Art "Faustformel" zutreffen. Es spielt jedoch dogmatisch - offenbar auch bei Schünemann - keine Rolle, zumal derselbe Autor auch prompt ein Gegenbeispiel präsentiert. Man kann diese Ausführungen daher womöglich als Reminiszenz an die ursprünglich von Schünemann bevorzugte Auffassung deuten, die er in der Sache aber aufgegeben hat.