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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2008
9. Jahrgang
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Von Richter Dr. André Graumann, Hamburg
Fünfundzwanzig Jahre nach Beginn der Diskussion über Absprachen im Strafverfahren[1], zehn Jahre nach der Grundsatzentscheidung des 4. Strafsenats des BGH[2] und zwei Jahre nach dem eindringlichen Appell des Großen Senats für Strafsachen, der Gesetzgeber möge eine rechtliche Grundlage für Verständigungen im Strafprozess schaffen[3], ist die Problematik im vergangenen Jahr auch im Deutschen Bundestag angelangt. Mit Beschluss vom 15.12.2006[4] hat der Bundesrat einen auf einer Bundesratsinitiative von Niedersachsen beruhenden "Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafverfahren"[5] beim Bundestag eingebracht. Dem wird in naher Zukunft eine vom Bundesjustizministerium erarbeitete Gesetzesvorlage der Bundesregierung folgen[6], die auf einem überarbeiteten Referentenentwurf des Ministeriums vom 18.05.2006 basiert[7].
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit einem ganz wesentlichen Aspekt der künftigen Regelung, der auch in der aktuellen Diskussion, die durch die verschiedenen Gesetzentwürfe ausgelöst wurde, vernachlässigt zu werden droht[8]. Bei der Normierung der strafprozessualen Absprachen ist ein besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten, welche Rechte eine Verständigung mit den Strafverfolgungsorganen für den Angeklagten zu begründen vermag. Dies stellt allerdings in dem – die Existenz von Verständigungen durch deren regelmäßiges "Funktionieren" überhaupt erst garantierenden, zahlenmäßig daher auch weit häufigeren – Fall der Umsetzung der Absprache durch alle Beteiligten kein Problem dar. Solange das Gericht keinen Grund sieht, von einer im Rahmen der Verständigung zugesagten Strafobergrenze abzuweichen, erhält der Angeklagte ja zumindest faktisch, was ihm als "Gegenleistung" für ein Geständnis zuvor in Aussicht gestellt wurde. Dass ein Gesetz über Absprachen im Strafverfahren jedoch auch eine Antwort auf die Frage geben muss, was der Angeklagte aus einer Verständigung über das Strafmaß rechtlich herleiten kann, wird niemand bestreiten. Praktisch relevant wird dies immer dann, wenn die Absprache scheitert bzw. fehlschlägt, weil das Gericht eine höhere als die angekündigte Strafe zu verhängen beabsichtigt. Solche Fälle haben auch den BGH schon mehrfach beschäftigt, angefangen mit der ersten in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidung zu den strafprozessualen Absprachen[9].
Der Große Senat für Strafsachen ist in seinem Beschluss vom 03.03.2005 auch auf diesen Aspekt eingegangen. Er hat insoweit verschiedene Fragen als regelungsbedürftig benannt[10] und dem Gesetzgeber mit auf den Weg gegeben, der zu einer gesetzlichen Regelung der Absprachen im Strafprozess führen soll: Ist das Gericht stets an die von ihm in Aussicht gestellte Strafobergrenze gebunden, wenn der Angeklagte daraufhin ein Geständnis ablegt? Unter welchen Voraussetzungen darf von der Absprache auch dann abgewichen werden, wenn das Gericht grundsätzlich an sie gebunden ist? Wenn das Gericht nicht an die Verständigung gebunden ist, darf dann das aufgrund der Absprache abgelegte Geständnis verwertet werden? Wie weit reicht eine eventuelle Bindungswirkung: Ist sie – nach Rechtsmitteleinlegung und gegebenenfalls einer
Zurückverweisung – auch von anderen Gerichten zu berücksichtigen?
Bereits in seiner ersten Entscheidung zur gescheiterten Absprache hat der BGH die Rechte des Angeklagten auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes gestützt[11]. Dieses Rechtsprinzip ist als Schutz des Bürgers gegen widersprüchliches Verhalten staatlicher Organe im Verfassungs- und Verwaltungsrecht seit Jahrzehnten Gegenstand intensiver Diskussion, während ihm im Strafverfahren bislang nur eine untergeordnete Rolle zugekommen ist. Der 4. Strafsenat des BGH hat den Vertrauensschutzgedanken später aber auch in seiner Grundsatzentscheidung aufgegriffen und eine sich aus der Verständigung ergebende Bindungswirkung damit begründet, die von dem Gericht geschaffene Vertrauenslage verbiete ihm, von seiner früheren Erklärung abzuweichen[12].
Damit findet der Umstand Berücksichtigung, dass der Angeklagte im Zusammenhang mit einer Urteilsabsprache in der Regel vereinbarungsgemäß ein Geständnis ablegt und sich auf diese Weise der wichtigen Verteidigungsmöglichkeit begibt, zu dem Anklagevorwurf zu schweigen. Der Angeklagte kann sich an derartigen Urteilsabsprachen nur beteiligen, indem er sich im Vertrauen auf die erfolgte Verständigung über das Verfahrensergebnis selbst belastet. Der BGH erkennt also zutreffend an, dass das "Vorleistungsrisiko" des an einer Absprache beteiligten Angeklagten nicht einfach diesem selbst aufgebürdet werden kann. Er muss vielmehr vor den Folgen eines gerichtlichen Abweichens von der Verständigung jedenfalls im Grundsatz geschützt werden.
Der BGH bringt dabei – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung in allen anderen Bereichen des Öffentlichen Rechts – deutlich zum Ausdruck, dass der Vertrauensschutz des Angeklagten im Zusammenhang mit einer Verständigung über das Strafmaß seine Begründung auf verfassungsrechtlicher Ebene findet. So benennt er als rechtliche Grundlage für den Schutz des Angeklagten den Grundsatz des fairen Verfahrens[13]. Das fair-trial-Prinzip wiederum ist nach der Rechtsprechung des BVerfG eine Prozessmaxime, die dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsrecht zu entnehmen ist, Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG[14]. Die verfassungsrechtliche Qualität des Vertrauensschutzes ist im Verfassungs- und Verwaltungsrecht schon lange unumstritten, auch wenn eine Vielzahl unterschiedlicher Auffassungen dazu existiert, welcher verfassungsrechtlichen Quelle der Vertrauensschutz zu entnehmen ist[15].
Der Vertrauensschutz des Bürgers gegenüber Änderungen im staatlichen Verhalten, insbesondere auch der Schutz des Angeklagten vor einer Abweichung des Gerichts von dem im Rahmen einer Absprache zugesagten Strafmaß, findet seine Rechtfertigung also im Grundgesetz. Es handelt sich nicht um eine bloße Wohltat, die der Gesetzgeber dem Bürger auf einfach-gesetzlicher Ebene einräumen, nach seinem Belieben aber auch wieder entziehen kann. Gesetzliche Normierungen des Vertrauensschutzes, z. B. in den §§ 48 und 49 VwVfG, stellen Konkretisierungen des verfassungsrechtlich ohnehin Gebotenen dar. Verfassungsrechtlich unbedenklich sind solche Vorschriften deshalb nur, wenn sie nicht hinter dem Umfang des Vertrauensschutzes zurückbleiben, der durch im Grundgesetz verankerte Garantien vorgegeben wird.
Bei der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren wird also zu berücksichtigen sein, dass der Vertrauensschutzgrundsatz bereits auf verfassungsrechtlicher Ebene subjektive Rechte des Angeklagten begründet, die durch die künftige Regelung gewährleistet werden müssen. Die Normierung der Absprachen ist insofern vom Grundgesetz vorgeprägt. Im vorliegenden Beitrag soll daher untersucht werden, inwiefern die beiden eingangs genannten Gesetzentwürfe den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatzes Rechnung tragen.
Als Ausgangspunkt werden dieser Bewertung die im Folgenden (unter IV.) noch kurz darzustellenden allgemeinen Kriterien des Vertrauensschutzes im Öffentlichen Recht zugrunde gelegt, die im Rahmen jahrzehntelanger Rechtsprechung und wissenschaftlicher Diskussion entwickelt wurden und im Verwaltungsrecht zum Teil in gesetzliche Regelungen eingeflossen sind. Auch der BGH hatte in der Entscheidung BGHSt 36, 210 zunächst an diese Kriterien angeknüpft.
Inzwischen hat der Rückgriff auf den in hohem Maße unbestimmten Grundsatz des fairen Verfahrens allerdings dazu geführt, dass sich die nähere Ausgestaltung des Vertrauensschutzes des Angeklagten – insbesondere hinsichtlich Begründung und Wegfall der Bindungswirkung – als bloße Rechtsfortbildung ohne dogmatische Absicherung darstellt. Dies verdeutlicht der nachfolgend (unter III.) kurz dargestellte Wandel in der Rechtsprechung des BGH zu den fehlgeschlagenen bzw. gescheiterten Absprachen.
Die Heranziehung des Vertrauensschutzgrundsatzes im Strafprozess und dessen Normierung in der StPO setzen voraus, dass der verfassungsrechtliche Hintergrund und seine Konsequenzen für Inhalt und Reichweite des Vertrauensschutzes speziell für das Strafverfahren dog-
matisch aufgearbeitet werden. Insofern wird auf eine an anderer Stelle erfolgte Untersuchung verwiesen[16]. Das Ziel dieses Beitrages ist eine Darstellung, inwieweit die aus den anderen Bereichen des Öffentlichen Rechts bekannten Kriterien des Vertrauensschutzes auch in der Situation der fehlgeschlagenen Urteilsabsprache zur Anwendung kommen und deshalb Eingang in die gesetzliche Regelung finden müssen.
Wie bereits erwähnt, wurde der Vertrauensschutzgedanke schon in einer Entscheidung im Jahre 1989 vom BGH für die Beurteilung der Folgen einer fehlgeschlagenen Verständigung herangezogen[17]. In dem Fall des 2. Strafsenats hatte der Vorsitzende erklärt, die Kammer gehe über Anträge der Staatsanwaltschaft üblicherweise nicht hinaus. Die Verteidigung verzichtete deshalb darauf, weitere Beweisanträge zu stellen oder Erklärungen abzugeben. Die Kammer verhängte dann aber höhere Strafen als von der Staatsanwaltschaft beantragt. Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, die Angeklagten und ihre Verteidiger hätten auf die Erklärung des Vorsitzenden vertrauen dürfen. Das Gericht habe daher nicht überraschend über die Anträge der Staatsanwaltschaft hinausgehen dürfen, sondern hätte aus Fairnessgründen zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen[18].
Zur Situation der Urteilsabsprache – Geständnisablegung nach Strafmaßankündigung – bemerkte der Senat in einer weiteren Entscheidung, dass das Gericht an seine eigene, auf der Grundlage einer Zwischenberatung abgegebene Strafmaßmitteilung nicht gebunden sei[19]. Eine von dieser Mitteilung abweichende Verurteilung verstoße selbst dann nicht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn der Angeklagte daraufhin ein Geständnis abgelegt hatte. Auch der Verwertbarkeit des Geständnisses stünde nichts entgegen. Der Angeklagte sei nur auf die Abweichung von der Strafmaßankündigung hinzuweisen.
Die Handhabung des Vertrauensschutzgedankens durch den BGH veränderte sich grundlegend mit der Entscheidung BGHSt 43, 195, die zusammen mit der darauf basierenden weiteren Rechtsprechung des BGH die Grundlage für die Gesetzentwürfe bildet. Der BGH geht seit dieser Grundsatzentscheidung davon aus, dass das Gericht an die im Rahmen einer Urteilsabsprache erfolgte Strafmaßmitteilung gebunden ist und nur ausnahmsweise davon abweichen darf. Der Grundsatz des fairen Verfahrens verbiete es dem Gericht, von einer Erklärung abzuweichen, auf die ein Verfahrensbeteiligter vertraut[20]. Die unzulässige Überschreitung des angegebenen Strafmaßes kann mit der Revision gerügt werden[21].
Allerdings setzt dieser Vertrauensschutz des an der Absprache beteiligten Angeklagten nach der BGH-Rechtsprechung zweierlei voraus: Die Bindungswirkung entsteht nur dann, wenn die Verständigung in der vom BGH für zulässig erachteten Weise zustande gekommen ist. Zudem kann die Bindungswirkung nachträglich entfallen, wenn die Überschreitung des angekündigten Strafmaßes aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderlich ist.
Der 2. Strafsenat hatte in BGHSt 36, 210 die Zulässigkeit der Absprache noch als nicht entscheidend für den Vertrauensschutz eingestuft und deshalb die Zulässigkeitskriterien auch nicht näher bestimmt: Das Vertrauen des Angeklagten auf Erklärungen des Gerichts oder des Vorsitzenden sei nur bei einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Inhalts der Zusage oder einer Kompetenzüberschreitung nicht schutzwürdig[22].
Demgegenüber knüpft der BGH nunmehr den Vertrauensschutz an die Einhaltung aller Voraussetzungen, die sich aus der von ihm geschaffenen "Verfahrensordnung" für Absprachen ergeben. Zwar hat der Große Senat auch diesen Punkt ausdrücklich als eine durch den Gesetzgeber zu regelnde Frage bezeichnet und damit jedenfalls angedeutet, dass eine abweichende Normierung in Betracht kommt[23]. Nach der aktuellen Rechtsprechung wird der Angeklagte aber nur dann geschützt, wenn in der Hauptverhandlung "unter Einbeziehung aller Beteiligter"[24] die gerichtliche Zusage protokolliert worden ist[25], bei Ablegung eines Geständnisses eine bestimmte Strafobergrenze nicht zu überschreiten. Erklärungen außerhalb der Hauptverhandlung, insbesondere im Rahmen von Gesprächen mit dem Vorsitzenden, unter Ausschluss der Schöffen oder ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft, begründen demnach keinen Vertrauenstatbestand[26]. In solchen Fällen "unverbindlicher Vorgespräche"[27] ist das Gericht an eine Erklärung zum Strafmaß nicht gebunden. Darüber hinaus ist nicht nur das auf die Erklärung hin abgelegte Geständnis verwertbar[28], der
Angeklagte ist noch nicht einmal auf die beabsichtigte Überschreitung des vom Vorsitzenden oder Gericht in Aussicht genommenen Strafmaßes hinzuweisen[29].
Auch bei einer zulässigen Absprache kann ausnahmsweise die Bindung des Gerichts an die Strafmaßzusage entfallen. Ein Abweichen von der Verständigung hielt der 4. Strafsenat allerdings nur dann für zulässig, wenn später schwerwiegende neue Umstände bekannt werden, etwa erhebliche Vorstrafen oder den Verbrechenscharakter begründende Tatsachen oder Beweismittel[30]. In diesem Fall sei dann lediglich ein – zu protokollierender – Hinweis zu erteilen, dass das angekündigte Strafmaß voraussichtlich überschritten werde. Der Große Senat für Strafsachen hat inzwischen klargestellt, dass auch tatsächliche oder rechtliche Umstände, die zum Zeitpunkt der Absprache bereits vorhanden waren und vom Gericht übersehen wurden, eine Abweichung von der Strafmaßzusage rechtfertigen[31]. Zudem setzt er – unter Betonung von § 261 StPO – lediglich für die Urteilsfindung "relevante" Umstände voraus und scheint damit von dem einschränkenden Kriterium "schwerwiegend" abzurücken. Im Ergebnis ermöglicht dann jeder für die Strafzumessung nicht ganz unerhebliche tatsächliche[32] oder rechtliche Aspekt[33] eine Überschreitung des angekündigten Strafmaßes. Die Bindungswirkung entfällt ebenfalls, wenn der Angeklagte mit seinem Geständnis keine absprachegemäße "Leistung" erbringt, dieses etwa nicht glaubhaft[34] oder im Hinblick auf den Anklagevorwurf nicht umfassend ist[35].
Damit lässt sich die neuere Rechtsprechung des BGH zum Vertrauensschutz des Angeklagten, der aufgrund einer gerichtlichen Strafmaßmitteilung ein Geständnis ablegt, wie folgt zusammenfassen:
Allein der Angeklagte trägt das Risiko,
- dass die Verständigung den Vorgaben der BGH-Rechtsprechung nicht entspricht,
- dass das Gericht bei seiner Strafmaßeinschätzung rechtliche oder tatsächliche Aspekte übersehen hat,
- dass dem Gericht nachträglich neue strafzumessungsrelevante Umstände bekannt werden.
Der Angeklagte wird über eine Bindung des Gerichts an dessen Zusage in seinem Vertrauen nur dann geschützt,
- wenn die Verfahrensbeteiligten – insbesondere das für die Ausgestaltung der Verständigungsgespräche maßgeblich verantwortliche Gericht – bei der Absprache sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen beachtet haben
- und keine Veränderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eine Überschreitung der angegebenen Strafobergrenze erforderlich macht.
Er wird damit letztlich nur davor geschützt, dass das Gericht bei unveränderter Sach- und Rechtslage kraft "besserer Einsicht"[36] zu einer höheren Strafe gelangt. Dem Gericht ist es also untersagt, von seinem Spielraum bei der Gewichtung der Strafzumessungstatsachen in abweichender Weise Gebrauch zu machen.
Im Öffentlichen Recht haben sich in Rechtsprechung und Literatur folgende Voraussetzungen eines verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes herausgebildet[37]:
Erforderlich ist demnach zunächst eine Vertrauensgrundlage (teilweise auch Vertrauenstatbestand genannt). Dies meint ein Verhalten eines staatlichen Organs, das geeignet ist, beim Bürger bestimmte Erwartungen hinsichtlich des künftigen staatlichen Handelns zu wecken. Entscheidend kommt es darauf an, dass dem Verhalten aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ein entsprechender Bedeutungsgehalt zukommt[38]. An einer ausreichenden Vertrauensgrundlage kann es fehlen, wenn das staatliche Organ seine Erklärung mit einem Vorbehalt, etwa dem einer späteren endgültigen Entscheidung, versieht. Allerdings kommt auch in einem solchen Fall das Vorliegen einer Vertrauensgrundlage in Betracht, wenn der Behörde bekannt ist, dass der Bürger bereits auf der Grundlage dieser vorläufigen Erklärung Dispositionen tätigen muss. Dass ein staatliches Verhalten rechtswidrig ist, steht dessen Eignung als Vertrauensgrundlage nicht entgegen. Dies macht insbesondere auch die Regelung des § 48 VwVfG deutlich, in der rechtswidrige Verwaltungsakte die Basis für den Vertrauensschutz des Bürgers bilden.
Neben der Existenz einer solchen objektiven Vertrauensgrundlage wird vorausgesetzt, dass der Bürger subjektiv auf das staatliche Handeln vertraut. Dazu muss er Kenntnis von der Vertrauensgrundlage haben und aufgrund dessen tatsächlich die entsprechenden Erwartungen an das künftige staatliche Verhalten hegen.
Des Weiteren ist eine so genannte Vertrauensbetätigung durch den Bürger erforderlich, mit der er sein Vertrauen "ins Werk" setzt. Es handelt sich dabei um Disposi-
tionen, die auf der Grundlage der durch das staatliche Verhalten ausgelösten Erwartungen getätigt werden.
Schließlich muss das Vertrauen des Bürgers auch schutzwürdig sein. Ein Vertrauensschutz wird nur gewährleistet, wenn eine normative Beurteilung ergibt, dass der Bürger auf das staatliche Verhalten vertrauen durfte. So fehlt es an seiner Schutzwürdigkeit, wenn die Vertrauensgrundlage fehlerhaft war und der Bürger diesen Umstand kannte oder jedenfalls kennen musste, vgl. etwa § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 VwVfG. Ist das Vertrauen grundsätzlich schutzwürdig, folgt noch eine Abwägung des privaten Vertrauensinteresses mit dem öffentlichen Interesse an der Abweichung von einem früheren staatlichen Verhalten bzw. einer Erklärung.
Auf der Rechtsfolgenseite kann der Vertrauensschutz auf unterschiedliche Art und Weise verwirklicht werden[39], wobei hier auch das öffentliche Interesse eine wichtige Rolle spielen kann. So kommt nicht nur die Bindung des Staates an sein früheres Verhalten bzw. frühere Erklärungen in Betracht (Bestandsschutz). Einem solchen Abweichungsverbot kann z. B. das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entgegenstehen. Eine Alternative zu der Bindung des Staates an die von ihm geschaffene Vertrauensgrundlage stellt der Ausgleich von Nachteilen dar, die durch die Vertrauensbetätigung entstanden sind (Dispositionsschutz).
Nach dieser kurzen Darstellung der Voraussetzungen des Vertrauensschutzes sollen nun der Gesetzentwurf des Bundesrates und der Entwurf des Bundesjustizministeriums daraufhin untersucht werden, inwiefern sie dem auch vom BGH benannten Erfordernis[40] Rechnung tragen, das Vertrauen des Angeklagten auf gerichtliche Erklärungen nicht zu enttäuschen. Dabei sind vorliegend die zwei im Folgenden wiedergegebenen Regelungen von Bedeutung, die den Kern der jeweiligen Normierung bilden[41]. Hinsichtlich des Entwurfes des Bundesjustizministeriums wird der Referentenentwurf vom 18.05.2006 zugrunde gelegt, der in Anmerkungen um die Änderungen ergänzt wird, die die Bundesjustizministerin für den Gesetzentwurf der Bundesregierung angekündigt hat[42].
§ 243a StPO-BR (Gesetzentwurf des Bundesrates)
(1) In der Hauptverhandlung kann das Gericht auch ohne Antrag des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft zu jedem Zeitpunkt den Stand des Verfahrens einschließlich einer vorläufigen Beurteilung des Verfahrensergebnisses mit dem Ziel einer verfahrensbeendenden Absprache erörtern. Hinsichtlich der Anträge gilt § 212 und für Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung gelten § 212 Satz 2 und § 243 Abs. 4 entsprechend.
(2) Mit dem Ziel einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ist nur eine Verständigung über die Rechtsfolgen mit Ausnahme der Maßregeln der Besserung und Sicherung zulässig. Gegenstand der Verständigung können weder der Schuldspruch, ein Rechtsmittelverzicht oder Umstände sein, die das Vollstreckungsverfahren betreffen. Die Regelungen in den §§ 154, 154a bleiben unberührt; das gilt auch in Bezug auf andere Verfahren gegen den Angeklagten, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bei dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft anhängig sind.
(3) In Erwartung eines das Verfahren verkürzenden oder beendenden Geständnisses kann das Gericht unter freier Würdigung sämtlicher Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen einen Strafrahmen durch Mitteilung einer Strafunter- und einer Strafobergrenze angeben. Der mitgeteilte Strafrahmen steht unter dem Vorbehalt eines der Nachprüfung zugänglichen und zur Überzeugung des Gerichts der Wahrheit entsprechenden Geständnisses.
(4) Der nach Absatz 3 mitgeteilte Strafrahmen ist einschließlich der diesen stützenden wesentlichen Erwägungen in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen. Im Anschluss erhalten die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte, der Verteidiger und in den Fällen des § 395 die Nebenklage Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Urteilsabsprache kommt zustande, wenn die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und der Verteidiger ihre Zustimmung erklären. Die Erklärungen und das Ergebnis sind im Hauptverhandlungsprotokoll festzuhalten. Erhebt die Nebenklage gegen den mitgeteilten Strafrahmen Bedenken, gibt die Staatsanwaltschaft dazu eine Erklärung ab, die sich mit den geäußerten Vorbehalten der Nebenklage befasst.
(5) Stimmen die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte oder der Verteidiger dem mitgeteilten Strafrahmen nicht zu, ist das Gericht nicht an die bisherige Bewertung gebunden. Dasselbe gilt, wenn sich im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung eine wesentliche Änderung der Bewer-
tung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht ergibt. Die Bindung des Gerichts an die mitgeteilte Bewertung sowie der Verfahrensbeteiligten an ihre Erklärungen nach Absatz 4 ist auf den jeweiligen Rechtszug beschränkt.
(6) Der Angeklagte ist über die Bedeutung und die Auswirkungen einer fehlenden Zustimmung der in Absatz 4 Satz 3 genannten Verfahrensbeteiligten ausdrücklich zu belehren. Ebenso ist er auf die Folgen eines nicht zur Überzeugungsbildung des Gerichts genügenden Geständnisses und einer wesentlichen Änderung der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht sowie die eingeschränkten Rechtsmittelmöglichkeiten einschließlich der auf das an der Verständigung beteiligte Gericht beschränkten Absprachebindung hinzuweisen. Ein danach abgelegtes Geständnis bleibt auch im Falle einer nach Absatz 3 Satz 2 mangelnden oder nach Absatz 5 Satz 2 weggefallenen Bindung des Gerichts verwertbar.
(7) Das Gericht weist die Verfahrensbeteiligten auf eine die Bindungswirkung nicht begründende oder entfallen lassende Bewertung hin. § 265 gilt entsprechend. Im Falle des wirksamen Zustandekommens der Absprache ist das erkennende Gericht an den mitgeteilten Strafrahmen gebunden.
§ 257c StPO-BMJ (Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums)
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen in der Hauptverhandlung mit den Verfahrensbeteiligten über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zu Grunde liegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Das Gericht kann dabei mit Zustimmung des Angeklagten unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Ankündigung, auf Rechtsmittel zu verzichten oder ein Rechtsmittel nicht einzulegen, sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft nicht widersprechen.
Anmerkung: Der künftige Gesetzentwurf der Bundesregierung soll abweichend für ein Zustandekommen der Verständigung voraussetzen, dass "Angeklagter und Staatsanwaltschaft beide zustimmen".
(4) Das Gericht darf von einer Verständigung (Absatz 3 Satz 2) nur abweichen, wenn sich seine Bewertung der Sach- oder Rechtslage im Verlauf der Hauptverhandlung ändert oder das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Diese Abweichung steht der Verwertung einer Aussage des Angeklagten nicht grundsätzlich entgegen. Das Gericht hat eine Abweichung nach Satz 1 unverzüglich mitzuteilen.
Anmerkung: Der künftige Gesetzentwurf der Bundesregierung soll abweichend vorsehen, dass ein Geständnis, welches nach einer Verständigung abgegeben wurde, immer dann unverwertbar ist, "wenn die Bindung des Gerichts an die Verständigung entfällt".
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 Satz 1, 2 zu belehren. Ist diese Belehrung unterblieben, darf die Aussage des Angeklagten nur mit dessen Einverständnis verwertet werden.
Anmerkung: siehe Anmerkung zu Absatz 4.
Die Gesetzesvorlage des Bundesrats und der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sehen als Folge einer Verständigung über das Verfahrensergebnis die Bindung des Gerichts an seine Strafmaßmitteilung vor, welche nach beiden Entwürfen in der Angabe eines Strafrahmens zu erfolgen hat (Mitteilung einer Strafober- und einer Strafuntergrenze, § 243a Abs. 3 Satz 1 StPO-BR und § 257c Abs. 2 Satz 2 StPO-BMJ). Grundsätzlich wird ein Vertrauensschutz des Angeklagten also entsprechend der Rechtsprechung seit BGHSt 43, 195 durch ein Verbot des Abweichens von der gerichtlichen Erklärung gewährleistet. Eine Vertrauensenttäuschung wird dadurch verhindert, dass der Inhalt des Urteils der Erwartung des Angeklagten entspricht, die der Ablegung eines Geständnisses zugrunde lag.
Jedoch wird dieser Vertrauensschutz in den Entwürfen unter verschiedenen Aspekten eingeschränkt. Es werden Voraussetzungen für die Entstehung der Bindungswirkung benannt (1.), an bestimmte Umstände wird der Wegfall der Bindungswirkung geknüpft (2.) und die Reichweite der Bindung wird auf das an der Verständigung beteiligte Gericht beschränkt (3.). Im Folgenden wird darauf eingegangen, ob diese Einschränkungen des Vertrauensschutzes mit den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatzes zu vereinbaren sind.
Die Bindungswirkung tritt nach den Entwürfen nicht als Folge einer jeden gerichtlichen Mitteilung hinsichtlich des zu erwartenden Verfahrensergebnisses ein. Das Gericht ist vielmehr nur dann an den angegebenen Strafrahmen gebunden, wenn eine Absprache wirksam zustande gekommen ist (§ 243a Abs. 7 Satz 3 StPO-BR und § 257c Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 StPO-BMJ). Das Zustandekommen der Urteilsabsprache (Terminologie der Bundesratsvorlage) bzw. Verständigung (Terminologie des Referentenentwurfs) setzt wiederum einen Konsens der Verfahrensbeteiligten hinsichtlich des vom Gericht mitgeteilten Strafrahmens voraus. Beide Entwürfe machen inzwischen die Wirksamkeit von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten abhängig (vgl. § 243a Abs. 4 Satz 3 StPO-BR), nachdem der
Referentenentwurf ursprünglich bereits den fehlenden Widerspruch genügen ließ. Fehlt es mangels Zustimmung an einem Konsens der Verfahrensbeteiligten, ist das Gericht an seine Bewertung, die in der Strafrahmenmitteilung zum Ausdruck gekommen ist, nicht gebunden (§ 243a Abs. 5 Satz 1 StPO-BR und § 257c Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 StPO-BMJ). Legt der Angeklagte trotz fehlender Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach der Strafmaßmitteilung ein Geständnis ab, so ist dieses grundsätzlich verwertbar (vgl. § 257c Abs. 4 Satz 2 StPO-BMJ und § 243a Abs. 6 StPO-BR, wo die Verwertbarkeit aber wohl von einer Belehrung über das Zustimmungserfordernis abhängig gemacht wird[43]).
Ausdrücklich wird das Zustandekommen der Verständigung in beiden Entwürfen nur an den Konsens der Beteiligten geknüpft (§ 243a Abs. 4 Satz 3 StPO-BR und § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO-BMJ). Die Entwürfe lassen aber nicht erkennen, dass die jeweiligen Regelungen von der bisherigen Rechtsprechung des BGH abweichen sollen, wonach eine Bindungswirkung nur bei Einhaltung aller Voraussetzungen für eine zulässige Absprache entstehen kann[44]. Vielmehr ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, dass über den Konsens der Beteiligten hinaus auch alle weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sein müssen, damit eine wirksame Verständigung, die zu einer grundsätzlichen Bindung des Gerichts führt, zustande kommt.
Die Systematik der Gesetzesentwürfe, die verschiedene formelle Aspekte einer zulässigen Verständigung regeln, spricht dafür, dass eine wirksame Verständigung im Sinne der gesetzlichen Regelung nur dann vorliegt, wenn die Übereinstimmung der Verfahrensbeteiligten auf diese Weise zustande gekommen ist. Nur eine Strafmaßmitteilung, die unter Beachtung aller gesetzlichen Anforderungen erfolgt ist, kann demnach taugliche Grundlage des Konsenses der Verfahrensbeteiligten sein. Zu diesen formellen Voraussetzungen zählt insbesondere, dass die gerichtliche Mitteilung anschließend zu protokollieren ist, wenn die Erörterung des Verfahrensergebnisses in der Hauptverhandlung stattgefunden hat (§ 243a Abs. 4 Satz 1 StPO-BR und § 273 Abs.1a StPO-BMJ). Haben Verständigungsgespräche außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden, so ist dies vom Vorsitzenden in der Hauptverhandlung mitzuteilen, Inhalt und Ergebnis der Gespräche sind in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen (§ 243 Abs. 3a StPO-BR und § 243 Abs. 4 StPO-BMJ).
Ein Schutz des Angeklagten, der auf die gerichtliche Erklärung zum Strafmaß vertraut, ist also in den Entwürfen nur für den Fall vorgesehen, dass die Staatsanwaltschaft dem mitgeteilten Strafrahmen zustimmt und sämtliche formellen Anforderungen an das Zustandekommen der Verständigung eingehalten wurden[45]. Allein in diesem Fall ist das Gericht an seine Mitteilung zum Strafmaß gebunden.
Das Entstehen einer Bindungswirkung scheidet nach beiden Entwürfen demnach in der folgenden Konstellation aus: Im Rahmen von Verständigungsgesprächen stellt das Gericht in der Hauptverhandlung für den Fall eines umfassenden Geständnisses einen Strafrahmen von 1 Jahr und 9 Monaten bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe in Aussicht. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärt daraufhin, diesem Strafrahmen nicht zustimmen zu können, da er in jedem Fall eine Freiheitsstrafe von über 2 Jahren für angemessen halte. Es kommt zu keiner "gelungenen Verständigung", weil das Gericht bei seiner Vorstellung bleibt. Der Angeklagte hat nun deutlich vor Augen, dass ihm ohne ein frühzeitiges Geständnis eine Freiheitsstrafe droht, deren Aussetzung zur Bewährung nicht möglich ist. Er gibt daher nach Rücksprache mit seinem Verteidiger eine geständige Einlassung ab und die Beweisaufnahme kann sehr schnell geschlossen werden.
In dieser Situation trägt der Angeklagte nach den Entwürfen das Risiko, dass es – sogar ohne einen vorherigen Hinweis – zu einer von der gerichtlichen Erklärung abweichenden Verurteilung kommt, das Gericht also trotz des umfassenden Geständnisses z. B. zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten gelangt.
Mit Blick auf die Voraussetzungen des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes stellt sich die Frage, ob die gerichtliche Erklärung zum Strafmaß nur dann eine taugliche Vertrauensgrundlage und einen Anknüpfungspunkt für schutzwürdiges Vertrauen des Angeklagten darstellt, wenn die Staatsanwaltschaft mit dem angegebenen Strafrahmen einverstanden ist 45a .
Dies ist zu verneinen, weil die Umsetzung der Verständigung im Urteil auch nach den Entwürfen immer noch davon abhängig ist, dass das Gericht in der Urteilsberatung keine veränderte bzw. wesentlich veränderte Bewertung der Sach- und Rechtslage vornimmt (§ 257c Abs. 4 Satz 1 StPO-BMJ und § 243a Abs. 5 Satz 2 StPO-BR). Entscheidend für den Strafausspruch im Urteil ist also auch künftig die abschließende Bewertung der Strafzumessungstatsachen durch das Gericht – und nicht etwa das Einverständnis der Verfahrensbeteiligten mit dieser Strafe. Zu den für die Strafzumessung relevanten Faktoren zählt u. a. das Geständnis des Angeklagten, in keinem Fall aber die zustimmende oder ablehnende Haltung der
Staatsanwaltschaft. Dass die Staatsanwaltschaft mit der Einschätzung des Gerichts zum Strafrahmen nicht einverstanden ist, hat damit nicht zur Folge, dass das Gericht später ohne weiteres von seiner eigenen Bewertung abrücken dürfte. Vielmehr setzt eine solche Abweichung in jedem Fall einen sachlichen Grund – auf der Ebene der Strafzumessung – voraus, der eine höhere Strafe zu rechtfertigen vermag, also
- einen neuen oder ursprünglich übersehenen tatsächlichen Umstand
- eine als unzutreffend erkannte bisherige Einschätzung der Rechtslage
- oder eine abweichende Gewichtung der Strafzumessungstatsachen bei unveränderter Sach- und Rechtslage ("bessere Einsicht").
Wenn aber die ablehnende Haltung der Staatsanwaltschaft sich als solche nicht auf das Strafmaß auswirkt, dann muss der Angeklagte auch nicht aufgrund der fehlenden Zustimmung damit rechnen, dass das Gericht von seiner eigenen Ankündigung für den Fall eines Geständnisses abweichen wird. Die Mitteilung eines Strafrahmens aufgrund einer aktuellen Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht löst unabhängig von einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Erwartung des Angeklagten aus, das Strafmaß werde sich bei Ablegung eines Geständnisses innerhalb des angegebenen Strafrahmens bewegen.
Entscheidend für die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Angeklagten kann dann aber nur sein, ob er mit einer abweichenden Verurteilung gerade aufgrund desjenigen – strafzumessungsrechtlichen – Umstandes rechnen musste, der später die Verhängung eines höheren Strafmaßes notwendig macht (insbesondere wenn er einen nachträglich bekannt gewordenen tatsächlichen Umstand bereits bei Ablegung des Geständnisses gekannt hatte)[46].
Die in den Entwürfen vorgesehene Verknüpfung des Vertrauensschutzes mit der Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist hingegen verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Eine Vertrauensgrundlage ist ein staatliches Handeln, das bestimmte Erwartungen des Bürgers hinsichtlich des künftigen Verhaltens staatlicher Organe auslöst. Tätigt ein staatliches Organ Aussagen bezüglich eines eigenen künftigen Verhaltens, für das es die Entscheidungskompetenz besitzt, ist aus objektiver Sicht die Erwartungshaltung gerechtfertigt, das spätere Verhalten werde der Ankündigung entsprechen[47]. Demgegenüber ist es für die Erwartung des Bürgers und dessen Schutzwürdigkeit unerheblich, wie sich ein anderes staatliches Organ zu der Ankündigung verhält, welches die spätere Entscheidung gerade nicht zu treffen hat.
Der Verfahrensrolle der Staatsanwaltschaft wird dadurch in ausreichendem Maße Rechnung getragen, dass ihr rechtliches Gehör zu der Strafmaßeinschätzung des Gerichts zu gewähren ist. Zudem muss die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit haben, nach einer aus ihrer Sicht nicht zustimmungsfähigen Absprache gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.
Die Vertrauensgrundlage in Form der gerichtlichen Mitteilung eines Strafrahmens kann auch nicht dadurch beseitigt werden, dass das Gericht – wie in § 243a Abs. 6 Satz 1 StPO-BR vorgesehen – den Angeklagten darüber informiert, dass es nur bei einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft an seine Erklärung gebunden ist. Nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates greift wohl – nur – im Falle des Unterbleibens einer solchen Belehrung ein Verwertungsverbot für ein daraufhin abgelegtes Geständnis ein, wodurch dann über einen Dispositionsschutz dem Vertrauen des Angeklagten Rechnung getragen wird[48]. Der Referentenentwurf sieht eine Belehrungspflicht hinsichtlich der Bedeutung einer fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft hingegen gar nicht erst vor.
Dass die Vertrauensgrundlage, also die gerichtliche Strafrahmeneinschätzung, auch durch eine solche Belehrung nicht einfach beseitigt werden kann, ergibt sich für den Fall, dass eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, bereits aus der fehlenden strafzumessungsrechtlichen Relevanz einer solchen Zustimmung. Der Angeklagte muss seinem eigenen Verteidigungsverhalten weiterhin die gerichtliche Mitteilung zugrunde legen. Denn er darf damit rechnen, dass das Gericht nur aus einem der vorstehend im Text genannten sachlichen Gründe seine eigene Bewertung ändert und nicht allein deshalb, weil die Staatsanwaltschaft der Bewertung nicht zustimmen konnte.
Es lässt sich aber über diese Situation hinaus allgemein festhalten, dass eine Strafmaßmitteilung des Gerichts trotz eines fehlenden "Bindungswillens" und eines Hinweises auf die Unverbindlichkeit der Mitteilung stets eine taugliche Grundlage schutzwürdigen Vertrauens des Angeklagten darstellt. Dies könnte künftig vor allem dann Bedeutung erlangen, wenn es in der gerichtlichen Praxis zu einer Differenzierung zwischen den gesetzlich geregelten, rechtsverbindlichen Absprachen einerseits und informellen Gesprächen andererseits kommen sollte. Angesichts der bisherigen Rechtsprechung ist damit zu rechnen, dass bei Strafmaßprognosen ein Vertrauensschutz des Angeklagten zum Teil mit der Begründung abgelehnt wird, die Erklärung des Gerichts oder des Vorsitzenden habe nicht "dem Ziel einer verfahrensbeendenden Absprache" (§ 243a Abs. 1 Satz 1 StPO-BR) gedient, sondern nur der Information der Beteiligten über eine vorläufige und unverbindliche Einschätzung[49].
Der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz des Angeklagten nach einer Strafmaßeinschätzung des Gerichts hängt aber in keiner Weise von einem "Bindungswillen" des Gerichts ab, der zu dessen eigener Disposition stünde. Die Bindung des Gerichts an seine eigene Erklärung zum Strafmaß ist nicht Voraussetzung für einen Vertrauensschutz, sondern dessen Folge. Wird die Verbindlichkeit der gerichtlichen Erklärung als Voraussetzung dafür eingestuft, dass der Angeklagte auf diese vertraut bzw. vertrauen darf, erliegt man einem Zirkelschluss, da die Bindungswirkung ihrerseits das berechtigte Vertrauen des Angeklagten voraussetzt.
Dies verdeutlichen die grundlegenden Ausführungen in BGHSt 43, 195, mit denen der BGH die Bindungswirkung von Urteilsabsprachen begründet hat. Der Grundsatz des fairen Verfahrens verbiete es, dass das Gericht sich in Widerspruch zu eigenen Erklärungen setzt, auf die ein Beteiligter vertraut[50]. Das heißt aber, die Bindungswirkung folgt gerade nicht aus einer quasi-vertraglichen Vereinbarung, sondern aus dem (verfassungsrechtlichen) Grundsatz, das Gericht dürfe sich nicht widersprüchlich verhalten und auf diese Weise dem Vertrauen des Angeklagten zuwider handeln. Es gibt also nach dieser Konzeption keine Bindung kraft eines Konsenses der Absprachebeteiligten, sondern ein verfassungsrechtlich verankertes Verbot, von der eigenen Erklärung abzuweichen, die zur Grundlage des Verteidigungsverhaltens des Angeklagten geworden ist[51]. Die Verankerung der Bindungswirkung mittels eines "Umweges" über die Verfassung ist nach geltendem Recht auch schon deshalb notwendig, weil de lege lata jeder Selbstbindung des Gerichts vor der Urteilsberatung auf einfach-gesetzlicher Ebene § 261 StPO entgegensteht. Dies hat auch der Große Senat für Strafsachen inzwischen deutlich zum Ausdruck gebracht[52].
Nach den allgemeinen Vertrauensschutzkriterien kann zwar einer behördlichen Erklärung die Qualität einer Vertrauensgrundlage abzusprechen sein, wenn sie mit dem Vorbehalt einer abschließenden Entscheidung versehen wird. Der Staat kann sich durch Änderungsvorbehalte aber nicht in jedem Fall der Verantwortung für seine früheren Erklärungen entziehen. So wird es in aller Regel dem alleinigen Risiko des Antragstellers eines Leistungsbescheides zuzurechnen sein, wenn er auf die Auskunft eines Beamten, es könne in der abschließenden Entscheidung mit einem positiven Bescheid gerechnet werden, unmittelbar entsprechende Dispositionen tätigt, ohne den Abschluss des förmlichen Verwaltungsverfahrens abzuwarten[53].
Anders sind die Auswirkungen eines Vorbehaltes aber insbesondere dann zu beurteilen, wenn die Erklärung des staatlichen Organs den Bürger in eine Zwangslage bringt und auf diesen Druck ausgeübt wird, schon vor der späteren Entscheidung Dispositionen zu tätigen, etwa weil diese eine notwendige Gegenleistung für die in Aussicht gestellte positive Entscheidung darstellen[54]. Es liefe rechtsstaatlichen Grundsätzen fundamental zuwider, wenn der Staat sich ohne weiteres in Widerspruch zu seiner eigenen Erklärung setzen könnte, nachdem der Bürger solche Dispositionen im Hinblick auf die Ankündigung erbracht hat. Der Staat darf nicht auf der einen Seite Druck auf den Bürger ausüben und auf der anderen Seite unter Hinweis auf einen Vorbehalt jeden Vertrauensschutz für die zu tätigenden Dispositionen ablehnen. Vielmehr ist der Bürger in einer solchen Situation besonders schutzbedürftig, weil er zu u. U. weit reichenden Dispositionen genötigt ist und noch nicht einmal in der Gewissheit handeln kann, sein Handlungsziel damit zu erreichen.
Der Angeklagte, dem eine gerichtliche Einschätzung zum Strafrahmen mitgeteilt wurde, befindet sich aber in eben einer solchen Situation. Der 4. Strafsenat des BGH hat dies in einer Entscheidung anschaulich beschrieben und sich damit auseinandergesetzt, auf welche Weise der mit einer Absprache verbundene Druck auf den Angeklagten überhaupt gerechtfertigt werden kann[55]:
"Zwar gerät ein Angeklagter, dem das Gericht eine Verständigung vorschlägt, zwangsläufig in den Konflikt, sein Verhalten den Wünschen des Gerichts anzupassen oder - im Falle eines Schuldspruchs - die Möglichkeit einer deutlich höheren Strafe in Kauf zu nehmen. Dies ist jedoch hinzunehmen, sofern die Verständigung geeignet ist, anerkannten strafprozessualen Zwecken zu dienen; so kann durch ein Geständnis des Angeklagten eine langwierige Beweisaufnahme vermieden und damit dem verfahrensrechtlichen Beschleunigungsgebot Rechnung getragen, bei Gewaltdelikten zudem eine die Opfer belastende Zeugenvernehmung vermieden werden. Dagegen ist der latente Druck, der mit jedem Absprachevorschlag des Gerichts auf den Angeklagten ausgeübt wird, dann nicht hinzunehmen, wenn das dem Angeklagten angesonnene Verhalten ersichtlich vordergründig einem Zweck dient, der mit der angeklagten Tat und dem Gang der Hauptverhandlung in keinem inneren Zusammenhang steht".
Dieser Druck auf den Angeklagten wird doch aber in keiner Weise geringer, nur weil das Gericht ihn darauf hinweist, eine Bindung an die Absprache bestehe nicht. Hat der Angeklagte keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Umstandes, der aus strafzumessungsrechtlichen Gründen zu einer Bewertungsänderung durch das Gericht führen könnte, steht für ihn im Beispiel unter b) zu befürchten, dass ohne ein – alsbald abzulegendes, "eine langwierige Beweisaufnahme vermeidendes" – Geständnis eine Freiheitsstrafe verhängt werden wird, die zwei Jahre überschreitet. Die Ansicht, der Angeklagte handele doch eigenverantwortlich, wenn er um die fehlende Verbindlichkeit einer gerichtlichen Strafmaßerklärung wisse, berücksichtigt nicht, dass mit jeglicher Mit-
teilung zum Strafmaß bei geständiger Einlassung konkludent die Ankündigung einer höheren Strafe für den Fall verbunden ist, dass der Angeklagte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht. Der Verantwortung für diese Konfliktsituation und ihre mögliche Folge, die Ablegung eines Geständnisses, darf sich der Staat, der die Druckausübung auf den Angeklagten mit einer Abkürzung des Verfahrens rechtfertigt, nicht vollständig entziehen.
Im Hinblick auf die erwähnten informellen Gespräche und Informationen über die Strafmaßvorstellungen des Gerichts bietet sich angesichts der Zielsetzung der Gesetzentwürfe ein ausdrückliches Verbot an. Es besteht nach einer gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren kein Bedürfnis mehr für "unverbindliche" Strafmaßmitteilungen, die außerhalb des im Gesetz vorgesehenen Verfahrens erfolgen.
Schließlich ergibt eine Auslegung der Regelungen in den Entwürfen, dass dem Angeklagten – wie schon in der aktuellen Rechtsprechung – ein Vertrauensschutz versagt wird, wenn bei der Absprache die formellen Anforderungen nicht gewahrt wurden. So wird der Angeklagte etwa aus einer nicht offen gelegten Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung nichts herleiten können.
Dass dem Angeklagten bei unzulässigen Verständigungen gar kein Vertrauensschutz eingeräumt werden soll, ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes erlangt gerade bei rechtswidrigem staatlichen Handeln große Bedeutung und bildet in diesem Bereich den Gegenpart zum öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns. Ein Beispiel ist § 48 VwVfG, der speziell den Vertrauensschutz gegenüber der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes regelt. Die Rechtswidrigkeit steht gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG der Schutzwürdigkeit des Vertrauens nur dann entgegen, wenn der durch den Verwaltungsakt Begünstigte sie kannte oder grob fahrlässig nicht kannte.
Es ist aus rechtsstaatlichen Gründen nicht hinnehmbar, wenn staatliche Organe – von denen jeder Bürger von Verfassungs wegen gesetz- und rechtmäßiges Handeln erwarten darf, vgl. Art. 20 Abs. 3 GG – durch rechtswidriges Handeln Dispositionen des Bürgers veranlassen und diesem dann anschließend unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit die Folgen aufbürden. Eine Verantwortung des Bürgers lässt sich nur für den Fall begründen, dass er positiv von der Rechtswidrigkeit wusste oder diese evident und damit auch für ihn erkennbar war. Dies dürfte im Zusammenhang mit strafprozessualen Absprachen aber kaum einmal der Fall sein, soweit es sich bei dem Angeklagten um einen juristischen Laien handelt. Kenntnis und Kennenmüssen seines Verteidigers können dem Angeklagten wie auch sonst im Strafverfahren nicht zugerechnet werden[56].
Nun heißt dies nicht, dass eine künftige Regelung der Absprachen an jede Strafmaßmitteilung eines Gerichtes oder Vorsitzenden gegenüber dem Angeklagten eine Bindungswirkung knüpfen müsste. Ein ausreichender Vertrauensschutz kann auch auf andere Weise gewährleistet werden, insbesondere in Form eines Dispositionsschutzes durch ein Verwertungsverbot hinsichtlich des Geständnisses, das aufgrund einer unzulässigen Erklärung zum Strafmaß abgelegt wurde.
In einigen Entscheidungen des BGH finden sich auch schon Ansatzpunkte, in den Fällen unzulässiger Absprachen auf § 136a StPO zurückzugreifen[57]. Bei einer Anwendung dieser Vorschrift und des daraus resultierenden Verwertungsverbotes würde dann der verfassungsrechtlich erforderliche Vertrauensschutz auf einfach-gesetzlicher Ebene umgesetzt. Dies liegt auch durchaus nahe, wenn man sich noch einmal die Ausführungen des BGH in der Entscheidung BGHSt 49, 84 vor Augen hält[58]: Auf den Angeklagten wird mit einer Absprache latenter Druck ausgeübt, ein Geständnis abzulegen, um die Möglichkeit einer deutlich höheren Strafe auszuschließen. Es handelt sich mit anderen Worten also um einen Geständniszwang, der nach Ansicht des BGH nur mit den verfahrensfördernden Auswirkungen eines Geständnisses zu rechtfertigen ist. Dann muss aber die unzulässige, weil die gesetzlichen Formen nicht wahrende Ausübung eines solchen Drucks die Unverwertbarkeit des dadurch hervorgerufenen Geständnisses nach sich ziehen. Insbesondere dürfte § 136a Abs. 1 Satz 3 1. Alt. StPO verwirklicht sein, weil in unzulässiger Weise mindestens konkludent mit der Verhängung einer höheren Strafe für den Fall der Nicht-Ablegung eines Geständnisses gedroht wird.
Sinnvoll wäre es aufgrund des engen Zusammenhangs allerdings, die Unverwertbarkeit des Geständnisses im Fall einer Strafmaßmitteilung des Gerichts oder des Vorsitzenden, bei der die dafür vorgesehenen gesetzlichen Zulässigkeitsregelungen nicht gewahrt wurden, ausdrücklich in die neue Regelung mit aufzunehmen.
Beide Entwürfe enthalten Regelungen dahingehend, unter welchen Voraussetzungen eine zunächst entstandene Bindungswirkung nachträglich entfällt. Der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht einen Wegfall der Bindung in § 243a Abs. 5 S. 2 StPO-BR dann vor, wenn sich eine wesentliche Änderung der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht ergibt. Das aufgrund der Verständigung abgelegte Geständnis bleibt auch nach dem Wegfall der Bindung verwertbar, wenn der Angeklagte vor der Absprache auf die Folgen einer Bewertungsänderung hingewiesen wurde, § 243a Abs. 6 S. 2 und 3 StPO-BR.
Der Entwurf des Bundesjustizministeriums sieht eine Abweichungsmöglichkeit weitergehend immer dann vor, wenn sich die Bewertung der Sach- und Rechtslage ändert, § 257c Abs. 4 S. 1 StPO-BMJ[59]. Während die Regelung zur Verwertbarkeit des Geständnisses ursprünglich aber dem Bundesratsentwurf entsprach (§ 257c Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 StPO-BMJ), soll der künftige Gesetzentwurf der Bundesregierung davon abweichend ein Verwertungsverbot enthalten, das immer dann eingreift, wenn die Bindung des Gerichts an die Verständigung entfällt[60].
Mit der Beschränkung auf "wesentliche" Änderungen knüpft die Vorlage des Bundesrates an die Rechtsprechung auf der Grundlage von BGHSt 43, 195 an, während die Aufgabe einer solchen Beschränkung im Referentenentwurf der Linie des Großen Senats für Strafsachen entspricht[61]. Durch den in beiden Entwürfen verwendeten Begriff der Bewertungsänderung wird im Sinne der Entscheidung des Großen Senats klargestellt, dass sowohl anfänglich übersehene als auch nachträglich bekannt gewordene Umstände eine Abweichung von der Verständigung rechtfertigen.
Zu erwägen ist, ob die Abweichungsmöglichkeit des Gerichts mit dem Begriff der Bewertungsänderung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung nicht sogar noch ausgeweitet wird. Bisher setzte der Wegfall der Bindung voraus, dass tatsächliche oder rechtliche Umstände übersehen wurden oder neu bekannt werden. Eine Bindungswirkung besteht demnach jedenfalls insofern, als die veränderte Gewichtung der unveränderten Strafzumessungstatsachen, also "bessere Einsicht", nicht zu einem Abweichen von der Verständigung führen darf[62]. Eine solche abweichende Gewichtung der Strafzumessungsfaktoren kann dem Wortlaut nach aber durchaus eine "veränderte Bewertung" der Sachlage darstellen.
Dennoch ergibt die Auslegung der Regelungsentwürfe, dass dem Gericht eine "bessere Einsicht" bei der Abwägung gemäß § 46 Abs. 1 StGB nach erfolgter Absprache auch künftig verschlossen ist[63]. Die Entwürfe knüpfen nämlich unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich eine "Bindungswirkung" an die Urteilsabsprache (vgl. § 243a Abs. 7 S. 1 StPO-BR) bzw. stufen die Abweichung von der Verständigung als besonders begründungsbedürftige Ausnahme ein (vgl. § 257c Abs. 4 S. 1 und Abs. 5 S. 1 StPO-BMJ). In diesen Regelungen kommt hinreichend zum Ausdruck, dass sich die Verbindlichkeit der Verständigung nicht allein in der Selbstverständlichkeit erschöpft, dass das Gericht von seiner Strafrahmenprognose nicht einfach ohne einen sachlichen Grund aus bloßer Willkür abweichen darf. Vielmehr soll das Gericht durch die Normierung einer Bindungswirkung bei der Strafzumessung in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt werden. Eine solche Einschränkung muss dann aber mindestens im Fall der "besseren Einsicht" ansetzen, so dass dem Gericht bei unveränderter Sach- und Rechtslage auch keine veränderte Bewertung mehr möglich ist.
Während sich die beiden Entwürfe also bei der Frage nach den Voraussetzungen für einen Wegfall der Bindungswirkung nur durch das Kriterium der "Wesentlichkeit" der Bewertungsänderung in dem Bundesratsentwurf unterscheiden, wird das Problem der anschließenden Verwertbarkeit des Geständnisses gegensätzlich gelöst. Dieser Aspekt stellt den bedeutendsten Unterschied der Entwürfe im Bereich des Vertrauensschutzes dar.
Auf der Grundlage des Bundesratsentwurfs trägt der Angeklagte das Risiko von Bewertungsänderungen weitgehend allein. Dabei wird nicht danach differenziert, ob rechtliche oder tatsächliche Gründe das Gericht veranlassen, von seiner Strafrahmenprognose abzurücken. Ebenso ist es unerheblich, ob diese Umstände erst nach der Verständigung für das Gericht erkennbar sind, oder ob das Gericht sie zuvor schlicht übersehen hatte. Das Gericht muss dann den Angeklagten nur auf die beabsichtigte Überschreitung des angegebenen Strafrahmens hinweisen und ist auch an einer Verwertung des aufgrund der Absprache abgelegten Geständnisses nicht gehindert, sofern es den Angeklagten vor der Verständigung über die Folgen einer späteren – wesentlichen – Bewertungsänderung belehrt hatte.
Demgegenüber wird die von der Bundesjustizministerin angekündigte Gesetzesvorlage der Bundesregierung unabhängig von dem Grund für die Bewertungsänderung in allen Fällen einer gerichtlichen Abweichung von der Verständigung einen Vertrauensschutz des Angeklagten gewährleisten. Die Folgen seiner Disposition in Form eines Geständnisses werden durch dessen Unverwertbarkeit rückgängig gemacht.
Beide Entwürfe sehen also eine pauschale Lösung des bei einem Wegfall der Bindungswirkung entstehenden Interessenkonflikts vor. Dies ist mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes problematisch. Ein wesentliches Element dieser Grundsätze ist die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, welches stets Voraussetzung eines Vertrauensschutzes ist. Schutzwürdiges Vertrauen hat gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Änderung des staatlichen Handelns zurückzutreten, wenn dieses im Rahmen einer Abwägung als gewichtiger eingestuft wird, vgl. § 48 Abs. 2 und 3 VwVfG. Die Regelungen in den Entwürfen nehmen aber jede Abwägung der widerstreitenden Interessen ohne Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Angeklagten im Einzelfall vorweg.
Der Bundesratsentwurf räumt bei einer wesentlichen Bewertungsänderung ohne weitere Differenzierung dem öffentlichen Interesse einseitig den Vorrang ein. Der Vertrauensschutz des Angeklagten wird nach dem Gesagten auf den Fall beschränkt, dass das Gericht allein aufgrund "besserer Einsicht" die unveränderten Strafzumessungstatsachen anders gewichtet. Damit wird das Vertrauen nur gegen eine subjektive Bewertungsänderung geschützt.
Ein Vertrauensschutz, der diesen Namen verdient, kann aber nicht dort enden, wo sich objektive Gründe für ein Abweichen von der Strafrahmenprognose ergeben. Der daraus resultierende Interessenwiderstreit macht vielmehr den eigentlichen Anwendungsbereich des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes aus. Während im Verwaltungsrecht das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dem Interesse des Bürgers an einer sicheren Handlungs- und Dispositionsgrundlage gegenübersteht, ist es vorliegend das Gebot tat- und schuldangemessenen Strafens, das in einen Konflikt mit diesem Interesse gerät, wenn es objektive Gründe für eine höhere als die in Aussicht gestellte Strafe gibt. Diesen Konflikt ohne jede Differenzierung pauschal und einseitig zu Gunsten des öffentlichen Interesses aufzulösen, wird der verfassungsrechtlichen Qualität des Vertrauensschutzes nicht gerecht.
Auch die in der Vorlage des Bundesrates in § 243a Abs. 5 S. 2 StPO-BR vorgenommene Differenzierung nach der Wesentlichkeit der Bewertungsänderung führt nicht zu dem erforderlichen Ausgleich der widerstreitenden Interessen. Erst die wesentliche und damit erhebliche Änderung der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht begründet doch überhaupt ein gewichtiges Interesse des Angeklagten, in seinem Vertrauen in die Strafrahmenmitteilung geschützt zu werden. Mit dieser Differenzierung wird das Vertrauensschutzinteresse geradezu auf den Kopf gestellt.
Vor ganz unwesentlichen Abweichungen von der Verständigung, etwa der Überschreitung einer zugesagten Strafobergrenze von vier Jahren um einen Monat, wird der Angeklagte pauschal geschützt[64]. Dabei wird sein Interesse, das einer solchen geringen Abweichung entgegensteht, regelmäßig genauso gering sein wie das öffentliche Interesse an der Verhängung einer Freiheitsstrafe, die einen Monat höher ausfällt. Ist hingegen eine wesentliche Abweichung beabsichtigt, wozu etwa die Überschreitung einer Strafobergrenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe um einige Monate zählen dürfte, soll dem öffentlichen Interesse uneingeschränkt der Vorrang zukommen, obwohl doch das Interesse des Angeklagten an einer "Einhaltung" der Absprache in vergleichbarer Weise an Gewicht gewinnt. Bei einer Überschreitung der mitgeteilten Strafobergrenze ist damit ein paralleler Anstieg der Gewichtigkeit der widerstreitenden Interessen zu verzeichnen, so dass sich eine pauschale Lösung verbietet.
Auch darf an dieser Stelle wiederum nicht unberücksichtigt bleiben, dass – wie der BGH völlig zutreffend ausgeführt hat – mit dem Überlassen der Wahl zwischen der Ablegung eines Geständnisses oder der Inkaufnahme einer Strafe, welche die mitgeteilte Strafobergrenze deutlich überschreitet, auf den Angeklagten ein latenter Druck ausgeübt wird[65]. Diese Ausübung von Druck, ein Geständnis abzulegen, ist nach Auffassung des BGH nur mit den verfahrensfördernden Zwecken eines Geständnisses zu rechtfertigen. Es ist doch aber ein bemerkenswertes Vorgehen, mit einem Absprachenvorschlag einen durch öffentliche Interessen legitimierten Geständnisdruck auf den Angeklagten auszuüben und ihm dann bei einem aus einer Bewertungsänderung resultierenden Fehlschlagen der Absprache jeglichen Schutz zu versagen. Denn die Pflicht des Gerichts, auf die beabsichtigte Abweichung hinzuweisen (§ 243a Abs. 7 Satz 1 und 2 StPO-BR), bewirkt keinen Schutz des mit der Ablegung eines Geständnisses bereits ins Werk gesetzten Vertrauens.
Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, ist daher ein Differenzierungskriterium zu wählen, mit dem das öffentliche Interesse und der erforderliche Vertrauensschutz in einen sachgerechten Ausgleich gebracht werden können. In § 48 Abs. 2 und 3 VwVfG wird danach differenziert, ob das Vertrauen des durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten in Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Diese Regelungen, in denen allgemeine Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes umgesetzt werden, geben Anhaltspunkte dafür, wie auch vorliegend ein Ausgleich zwischen berechtigtem Vertrauen und legitimen öffentlichen Interessen herbeigeführt werden kann. Besonders bedeutsam sind dabei die Konkretisierungen dieser Abwägung in § 48 Abs. 2 S. 2 und S. 3 Nr. 3 VwVfG: Das Vertrauen ist demnach in der Regel schutzwürdig, wenn der Bürger auf der Grundlage des rechtswidrigen Verwaltungsaktes irreparable Dispositionen getroffen hat. Hingegen scheidet ein Vertrauensschutz aus, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Die Ablegung eines Geständnisses ist eine irreparable Disposition, weil der bloße Widerruf seiner Verwertbarkeit nicht entgegensteht. Aus diesem Grunde ist der Angeklagte grundsätzlich als schutzwürdig einzustufen, wobei der beschriebene Geständnisdruck die Schutzwürdigkeit – im Vergleich zu vielen behördlichen Maßnahmen im Verwaltungsrecht – sogar noch steigert.
Das Versagen eines Vertrauensschutzes ist in der Situation der fehlgeschlagenen Urteilsabsprache daher nur möglich, wenn der Angeklagte bösgläubig ist. Dies wiederum ist der Fall, wenn er von dem Umstand, der zu der Bewertungsänderung durch das Gericht führt, bei Able-
gung des Geständnisses Kenntnis hatte oder jedenfalls haben musste. Unter dieser Voraussetzung trägt der Angeklagte für sein Geständnis und die möglichen Folgen eines Fehlschlagens der Absprache selbst die Verantwortung, weil er mit einer Überschreitung der mitgeteilten Strafobergrenze rechnen musste.
Eine solche Bösgläubigkeit dürfte allerdings bei einer veränderten Bewertung der Rechtslage nicht in Betracht kommen[66], da von dem Angeklagten keine überlegenen Rechtskenntnisse erwartet werden können. Bei einer veränderten Sachlage kommt es auf den Einzelfall an. Allerdings wird sich eine Bösgläubigkeit des Angeklagten kaum annehmen lassen, wenn das Gericht bei seiner Strafrahmenmitteilung einen bereits aktenkundigen Strafzumessungsfaktor übersehen hatte[67]. Kenntnis oder Kennenmüssen liegen eher im Fall der neu bekannt gewordenen Umstände nahe, etwa wenn bislang eine Gewaltanwendung durch den Angeklagten noch gar nicht bekannt gewesen und die Tat daher als Diebstahl und nicht als Raub angeklagt worden ist. Aber auch in diesem Bereich ist nicht zwangsläufig eine Bösgläubigkeit des Angeklagten gegeben, z. B. wenn er von der erst nach der Verständigung bekannt gewordenen Höhe des eingetretenen Schadens selbst gar keine Kenntnis hatte.
Ist das Vertrauen des Angeklagten schutzwürdig, steht dies einer gesetzlich vorgesehenen Abweichungsmöglichkeit des Gerichts aber nicht zwingend entgegen. Der Gesetzgeber kann sich mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer tat- und schuldangemessenen Strafe gegen einen Bestandsschutz entscheiden. Der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz muss dann jedoch in Form eines Dispositionsschutzes gewährleistet werden.
Wird also in der gesetzlichen Regelung an eine (wesentliche) Bewertungsänderung des Gerichts generell der Wegfall der Bindungswirkung geknüpft, muss für diejenigen Fälle, in denen der Angeklagte in seinem Vertrauen schutzwürdig ist, ein Verwertungsverbot hinsichtlich des Geständnisses normiert werden.
Daraus ergeben sich aber auch Bedenken gegen die geplante Gesetzesvorlage der Bundesregierung: Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es mangels Schutzwürdigkeit nicht erforderlich, den Angeklagten nach einem Scheitern der Verständigung mit einem Verwertungsverbot zu schützen, wenn er von dem Umstand, der später zu einer Bewertungsänderung führt, bei Ablegung des Geständnisses Kenntnis hatte oder haben musste. Bei der Normierung ist zu berücksichtigen, dass die Unverwertbarkeit des Geständnisses das öffentliche Strafverfolgungsinteresse beeinträchtigt, welchem ebenfalls Verfassungsrang zukommt. Eine Entscheidung zu Lasten des öffentlichen Interesses ist nicht gerechtfertigt, wenn ihm kein normativ schutzwürdiges Interesse des Angeklagten gegenübersteht.
Vorzuziehen ist daher die differenzierende Lösung, nach der ein Verwertungsverbot an die Gutgläubigkeit des Angeklagten bei Ablegung des Geständnisses zu knüpfen ist.
Beide Entwürfe begrenzen schließlich von vornherein die Reichweite der durch eine wirksame Verständigung entstandenen Bindungswirkung. Der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht vor, dass die Bindung des Gerichts "auf den jeweiligen Rechtszug beschränkt" wird (§ 243a Abs. 5 S. 3 StPO-BR). Allein das an der Absprache beteiligte Gericht soll an diese gebunden sein (§ 243a Abs. 6 S. 2 und Abs. 7 S. 3 StPO-BR). In dem Entwurf des Bundesjustizministeriums ist eine solche ausdrückliche Regelung nicht enthalten. In der Begründung zu dem Referentenentwurf wird aber ausgeführt, dass die Bindungswirkung nur für das Tatsachengericht gilt, welches die Prognose im Rahmen der Verständigung abgegeben hat[68]. Ausdrücklich wird eine Bindung des Berufungs- oder Revisionsgerichts oder des neuen Tatgerichts nach Zurückverweisung verneint.
Diese Begrenzung des Vertrauensschutzes des Angeklagten ist weder mit allgemeinen Vertrauensschutzgrundsätzen noch mit der Herleitung der Bindungswirkung durch den BGH zu vereinbaren.
Der BGH verankert den Vertrauensschutz im Grundsatz des fairen Verfahrens, der verfassungsrechtliche Qualität hat[69]. Die Abweichung von der Absprache, die zu einem Geständnis des Angeklagten geführt hat, stellt demnach grundsätzlich einen verfassungswidrigen Fairnessverstoß dar. Eine solche Verletzung des Fairnessgebotes kann aber nicht allein dadurch geheilt werden, dass die Sache in eine neue Instanz geht oder an ein anderes Tatgericht zurückverwiesen wird. Vielmehr wird im Ergebnis jeder Vertrauensschutz versagt, wenn das neue Gericht die ursprüngliche Strafrahmenobergrenze unter Verwertung des im Rahmen der Absprache abgelegten Geständnisses überschreiten darf.
Man stelle sich folgendes Beispiel vor: In der ersten Instanz kommt es zu einer Verständigung im Sinne der – künftigen – gesetzlichen Vorschriften, der Angeklagte legt auf dieser Grundlage ein Geständnis ab. In seinem Urteil geht das Gericht über den mitgeteilten Strafrahmen hinaus, ohne dass die Voraussetzungen für eine solche Abweichung gegeben sind[70]. Der Angeklagte legt gegen das Urteil aufgrund des unzulässigen Bruchs der Verständigung Revision ein. Das Revisionsgericht hebt das den fair-trial-Grundsatz verletzende Urteil auf und
verweist die Sache zurück. Das neue Tatgericht verurteilt den Angeklagten nun zu dem Strafmaß, welches auch das an der Verständigung beteiligte Gericht – unter Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens – ausgesprochen hatte. Die Verurteilung wird maßgeblich auf das Geständnis des Angeklagten gestützt, das dieser nicht mehr wiederholt hat, welches aber durch die Vernehmung eines Beteiligten des ersten Verfahrens eingeführt worden ist[71].
Vielleicht erscheint auf der Grundlage der Entwürfe sogar noch diese Variante denkbar: Das Revisionsgericht erstreckt den Anwendungsbereich des § 354 Abs. 1a S. 1 StPO auch auf das unzulässige Abweichen von einer Absprache – schließlich wirkt sich diese Gesetzesverletzung bei der Strafzumessung aus[72]. Es erklärt auf der Grundlage des vollständigen Strafzumessungssachverhalts die verhängte Strafe, mit der die angekündigte Strafobergrenze überschritten wurde, für angemessen und sieht von einer Aufhebung des Urteils ab. Das Revisionsgericht ist nach den Entwürfen schließlich nicht an die Verständigung gebunden.
Den Entwürfen liegt möglicherweise der Gedanke zugrunde, dass es ja nicht dieses Gericht war, welches das Vertrauen des Angeklagten hervorgerufen hat. Die Verständigung als Grundlage der Bindungswirkung wird offenbar als eine quasi-vertragliche Vereinbarung eingestuft, die nur die "vertragsschließenden Parteien" zu binden vermag. Damit wird aber verkannt, dass die Bindung des Gerichts an die Absprache auch nach der Rechtsprechung des BGH ein verfassungsrechtliches Gebot ist und gerade nicht einer Vertragsautonomie der Verfahrensbeteiligten entspringt. Eine solche Autonomie der Strafverfolgungsorgane gibt es nicht. Sie wird auch nicht durch die in den Gesetzesentwürfen vorgesehenen Regelungen geschaffen. Die Entwürfe zielen auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung darauf ab, die Urteilsabsprachen in das geltende Strafverfahrensrecht zu integrieren. Sie gestalten aber keinesfalls grundlegend den Charakter des Strafprozesses um, etwa durch Einführung der Dispositionsmaxime.
Den verfassungsrechtlichen Hintergrund des Schutzbedürfnisses eines Angeklagten, der im Vertrauen auf eine Strafrahmenankündigung ein Geständnis ablegt, muss der Gesetzgeber auch bei der Reichweite der Bindungswirkung berücksichtigen. Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, zu dem auch das Strafprozessrecht zählt, ist im Verhältnis des Bürgers zum Staat zu gewährleisten und nicht gegenüber bestimmten Amtsträgern. Der Vertrauensschutzgrundsatz steht nicht dem widersprüchlichen Verhalten eines einzelnen Amtsträgers als solchem entgegen, dessen Person unerheblich ist, sondern einem widersprüchlichen Handeln staatlicher Organe, welches sich der Staat zurechnen lassen muss.
Verankert man wie der BGH die Bindungswirkung der Absprache im Grundsatz des fairen Verfahrens, wird ebenfalls deutlich, dass es bei der Frage des Vertrauensschutzes nicht auf den einzelnen Amtsträger ankommt, der Rechte des Angeklagten beeinträchtigt: Der fair-trial-Grundsatz gewährleistet nämlich – wie schon die Bezeichnung dieses Rechtsprinzips verdeutlicht – die Fairness des Verfahrens, er ist kein Disziplinierungs- oder Bestrafungsinstrument hinsichtlich einzelner Amtsträger oder Kollegialorgane. Nur weil dem Angeklagten nach der Zurückverweisung andere Richter gegenüberstehen als bei der Absprache, stellt sich das Verfahren – die absprachewidrige Verurteilung bei gleichzeitiger Verwertung des Geständnisses – nicht plötzlich als fair dar[73].
Knüpft man an die Grundvoraussetzungen des Vertrauensschutzprinzips an[74], ergibt sich, dass der Angeklagte in einer anderen Instanz oder nach einer Zurückverweisung genauso schutzwürdig ist wie vor dem Tatrichter, der an der Verständigung beteiligt war. Die Person des Richters spielt für die Schutzwürdigkeit keine Rolle. Dies hat zur Folge, dass für das Rechtsmittelgericht und das neue Tatgericht im Bereich des Wegfalls der Bindungswirkung dieselben Grundsätze gelten müssen wie für das an der Verständigung unmittelbar beteiligte Gericht (siehe dazu vorstehend unter 2.). Soweit man Bedenken gegen einen Vertrauensschutz in Form einer Bindungswirkung hat, weil der neue Tatrichter bei der Strafzumessung in keiner Weise an die Beurteilung eines anderen Gerichts gebunden sein soll, muss der verfassungsrechtlich erforderliche Vertrauensschutz in anderer Weise umgesetzt werden. So kommt auch hier insbesondere ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Geständnisses in Betracht, wenn das neue Tatgericht ebenfalls über die Strafrahmenmitteilung hinauszugehen beabsichtigt, die den Angeklagten zu dem Geständnis veranlasst hat. Dadurch wird die ursprüngliche Verfahrenssituation vor der Absprache wiederhergestellt.
Die gesetzliche Regelung der Absprachen im Strafverfahren muss dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung tragen, den der BGH in dem Gebot des fairen Verfahrens verankert. Soll der Vertrauensschutz im Gesetz in Form eines Bestandsschutzes (im Unterschied zum Dispositionsschutz) umgesetzt werden, darf das Gericht daher in seinem Urteil grundsätzlich nicht von einer Strafmaßerklärung abweichen, auf die der Angeklagte bei der Ablegung eines Geständnisses vertraut hat. Eine Bewertung der Gesetzentwürfe des Bundesrates und des Bundesjustizministeriums auf der Grundlage der allgemeinen Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes führt zu folgendem Ergebnis:
1. Die Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu der Strafrahmenangabe des Gerichts darf keine Voraussetzung für die Bindung des Gerichts an seine Erklärung sein. Das Zustimmungserfordernis muss aus den Entwürfen gestrichen werden. Stattdessen sollte eine Regelung aufgenommen werden, wonach die Bindungswirkung eintritt, wenn der Angeklagte im Anschluss an eine solche gerichtliche Erklärung ein inhaltlich entsprechendes, glaubhaftes Geständnis ablegt.
2. Der Vertrauensschutz des Angeklagten ist nicht von einem Bindungswillen des Gerichts abhängig, da die Bindung Rechtsfolge und nicht Voraussetzung dieses Schutzes ist. Vertrauensschutz – z. B. in Form eines Verwertungsverbotes hinsichtlich des Geständnisses – muss grundsätzlich bei jeder Mitteilung des Gerichts oder des Vorsitzenden zum Strafmaß gewährleistet werden, auch wenn dabei zum Ausdruck gebracht wird, es solle sich bloß um eine vorläufige Einschätzung handeln, die nicht zur Grundlage der gesetzlich geregelten Verständigung werden könne. Für die gesetzliche Regelung bietet sich deshalb ein ausdrückliches Verbot von Strafmaßmitteilungen jeglicher Art an, die außerhalb des normierten Verfahrens für Absprachen erfolgen. Damit wird verhindert, dass die gesetzlich geregelten Schutzinstrumente durch informelle Verhaltensweisen unterlaufen werden.
3. Die Rechtmäßigkeit einer Verständigung ist keine Voraussetzung für den Vertrauensschutz des Angeklagten. Die Folgen einer unzulässigen Absprache sollten unbedingt in die gesetzliche Regelung mit aufgenommen werden. Als Rechtsfolge bietet sich die Unverwertbarkeit des im Rahmen einer solchen Absprache abgelegten Geständnisses an.
4. In der Situation einer Bewertungsänderung der Sach- oder Rechtslage durch das Gericht muss der Angeklagte in seinem Vertrauen geschützt werden, wenn er insoweit schutzwürdig ist. Dies hängt davon ab, ob er bei Ablegung des Geständnisses von dem Umstand, der später zu der Bewertungsänderung führt, Kenntnis hatte oder haben musste. Bei Gutgläubigkeit des Angeklagten muss eine Abweichungsmöglichkeit des Gerichts mit einem Verwertungsverbot hinsichtlich des Geständnisses verknüpft werden.
5. Vertrauensschutz ist entsprechend diesen Kriterien auch in der Rechtsmittelinstanz oder nach Zurückverweisung vor einem neuen Tatgericht zu gewährleisten. Wenn die gesetzliche Regelung die Bindungswirkung auf das an der Absprache beteiligte Gericht beschränkt, muss daher ein Verwertungsverbot auch für den Fall normiert werden, dass ein Rechtsmittelgericht oder ein neues Tatgericht die im Rahmen der Verständigung angegebene Strafrahmenobergrenze überschreitet .
[1] Vgl. dazu insbesondere die Beiträge von Weider (unter dem Pseudonym "Detlev Deal aus Mauschelhausen"), StV 1982, 545 und Schmidt-Hieber NJW 1982, 1017.
[3] BGHSt 50, 40 (64).
[4] Plenarprotokoll 829.
[5] BT-Drs. 16/4197 vom 31.01.2007.
[6] So die Ankündigung von Bundesjustizministerin Zypries in einer am 12.07.2007 an der Leibniz-Universität Hannover gehaltenen Rede, die auf www.bundesjustizministerium.de unter Service/Pressestelle/Reden abzurufen ist. Vgl. auch die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drs. 16/4197, S. 12.
[7] Der Referentenentwurf ist auf www.bundesjustizministerium.de unter Themen/Rechtspflege/Strafverfahren abzurufen. Weitere Gesetzentwürfe: Entwurf der BRAK, ZRP 2005, 235; Eckpunktepapier der Generalstaatsanwälte, NJW 2006, Sonderdruck "Der Deal im Strafverfahren", S. 9ff.; Entwurf des DAV in der Stellungnahme Nr. 46/2006 (abrufbar unter www.anwaltverein.de).
[8] Etwas ausführlicher äußern sich insofern nur Landau/Bünger ZRP 2005, 268 (271f.); Meyer-Goßner StV 2006, 485 (488f.); Gieg GA 2007, 469 (479f.).
[10] BGHSt 50, 40 (51f.).
[11] Der 2. Senat hat damals aus dem Vertrauensschutzgrundsatz allerdings nur eine gerichtliche Hinweispflicht abgeleitet, BGHSt 36, 210 (212 und 216); vgl. auch BGHSt 38, 102 (104f.).
[12] BGHSt 43, 195 (210).
[13] BGHSt 36, 210 (216); 43, 195 (210); 49, 84 (87); NStZ 2004, 342 (343); StV 2004, 471 (472).
[14] BVerfGE 57, 250 (274); 78, 123 (126); 101, 397 (404); Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Juni 2007- 2 BvR 1447/05 und 2 BvR 136/05.
[15] Vgl. aus der Literatur statt aller Blanke Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht (2000), S. 12ff.; vgl. auch BVerfGE 13, 261 (270ff.); 59, 128 (152); 80, 137 (153); 87, 48 (61); NVwZ 2007, 441 (443); BVerwG, Beschluss vom 13.12.2006 – 2 B 70/06.
[16] Graumann, Vertrauensschutz und strafprozessuale Absprachen (2006); vgl. auch zum Vertrauensschutz des Angeklagten nach fehlerhaften Zusagen und Auskünften der Strafverfolgungsorgane F. Meyer, Willensmängel beim Rechtsmittelverzicht des Angeklagten im Strafverfahren (2003), S. 104 ff.; zu Ansätzen, den Vertrauensschutz strafprozessspezifisch über die Verteidigungsrechte und das faire Verfahren zu begründen, vgl. Gaede, Fairness als Teilhabe – Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteitigung gemäß Art. 6 EMRK (2007), S. 405 f., 606 f., 629.
[17] Vgl. BGHSt 36, 210.
[18] BGHSt 36, 210 (212 und 216).
[20] BGHSt 43, 195 (210).
[21] BGHSt 45, 227 (228); BGH StV 2004, 471f.
[22] BGHSt 36, 210 (215); vgl. auch noch BGH NStZ 2002, 219f., wo eine gerichtliche Hinweispflicht trotz Unzulässigkeit der gescheiterten Verständigung bejaht wird.
[23] Vgl. BGHSt 50, 40 (51f.).
[24] BGHSt 43, 195 (210); 49, 84 (88).
[25] BGH NJW 2005, 445 (446); HRRS 2007 Nr. 365; HRRS 2007 Nr. 587.
[26] Vgl. BGH HRRS 2006 Nr. 963 und HRRS 2007 Nr. 60. Vgl. auch BGH NStZ 2006, 708, wo ein Vertrauenstatbestand sogar bei Bekanntgabe von Strafobergrenzen in der Hauptverhandlung verneint wird.
[27] BGH NStZ 2006, 464 (465).
[28] BGH StV 2003, 481. Die Unverwertbarkeit des Geständnisses kommt bei einer unzulässigen Absprache nach der Rechtsprechung des BGH nur dann in Betracht, wenn das rechtswidrige Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden eine verbotene Vernehmungsmethode i. S. d. § 136a StPO darstellt, vgl. BGH NStZ 2004, 493 (494); StV 2004, 471 (472); vgl. auch BGH StV 2005, 201 und dazu BVerfG StV 2006, 57.
[29] Vgl. BGHR StPO vor § 1/faires Verhalten/Vereinbarung 14.
[30] BGHSt 43, 195 (210).
[31] BGHSt 50, 40 (50).
[32] Vgl. BGH NStZ 2004, 493: Das Gericht hatte eine Vorstrafe übersehen, obwohl diese von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift mitgeteilt worden war.
[33] Vgl. BGH StV 2004, 471f.: Die in Aussicht gestellte Gesamtstrafenbildung war nicht mit § 55 Abs. 1 StGB zu vereinbaren.
[34] BGH StV 2003, 268; 2004, 417.
[35] BGH NStZ 2006, 586.
[36] So die Formulierung in BGHSt 38, 102 (105), wo allerdings auch dies noch ausdrücklich als Grund benannt wurde, von einer vorherigen Erklärung zum Strafmaß abzuweichen.
[37] Vgl. zum Folgenden Weber-Dürler Vertrauensschutz im öffentlichen Recht (1983), S. 79ff.; Muckel Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen (1989), S. 80ff.; Geurts Der Grundsatz des Vertrauensschutzes bei der Aufhebung von Verwaltungsakten (1997), S. 29ff.; Schwarz Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip (2002), 295ff.
[38] Vgl. OVG Münster NVwZ-RR 1990, 435f.
[39] Vgl. Blanke (Fn. 15), S. 181; Weber-Dürler (Fn. 37), S. 128.
[40] BGHSt 43, 195 (210).
[41] Zu den vollständigen Gesetzentwürfen vgl. die Nachweise in den Fn. 5 und 7.
[42] Vgl. dazu den Nachweis in Fn. 6.
[43] Allerdings ist die Belehrung als Voraussetzung für die Verwertbarkeit des Geständnisses in § 243a Abs. 6 Satz 3 StPO-BR für den Fall einer fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich normiert. Die Regelung bezieht sich merkwürdigerweise nur auf eine mangelnde bzw. weggefallene Bindung, die auf ein unzureichendes Geständnis oder eine wesentliche Änderung der Bewertung durch das Gericht zurückgeht. Sie müsste sich konsequent aber auch auf eine nach Abs. 5 Satz 1 mangelnde Bindung erstrecken, über die der Angeklagte gemäß Abs. 6 Satz 1 zu belehren ist.
[44] Siehe dazu oben III.
[45] Ansonsten greift wohl nur nach dem Bundesratsentwurf noch ein Schutz in Form eines Beweisverwertungsverbotes ein, wenn das Gericht den Angeklagten nicht über die Bedeutung der fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft belehrt hatte, siehe dazu schon vorstehend im Text.
45a In BGH StV 2006, 626 wurde offen gelassen, ob die "Wirksamkeit" einer Verständigung von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft abhängt; vgl. auch BGH HRRS 2007 Nr. 60.
[46] Vgl. dazu nachstehend 2. c).
[47] Womit nicht ausgeschlossen ist, dass darüber hinausgehend sogar bei kompetenzwidrigen Zusagen ein Vertrauensschutz erforderlich sein kann.
[48] Vgl. bereits oben Fn. 43.
[49] Vgl. BGH NStZ 2007, 355: Das Landgericht führte in der Begründung eines Beschlusses aus, "es habe keine Verständigung, sondern lediglich einen Austausch über die Straferwartungen der Verfahrensbeteiligten im Rahmen eines Rechtsgesprächs gegeben"; BGH NStZ 2005, 395f.: Es habe keine Absprache stattgefunden. Das Landgericht habe lediglich als Ergebnis einer Zwischenberatung mitgeteilt, dass im Falle eines Geständnisses eine bestimmte Strafobergrenze nicht überschritten werde, ohne dass dies dem Angeklagten zuvor ausdrücklich mitgeteilt werden würde; BGH StV 2006, 626f.: Die Mitteilung einer Strafobergrenze auf der Grundlage einer Zwischenberatung sei nur ein Vorschlag für eine mögliche Verständigung gewesen.
[50] BGHSt 43, 195 (210).
[51] Anders wohl aber BGH StV 2007, 618 und BGH NStZ 2006, 464 (465): "Infolge des überwiegend informellen Vorgehens fehlte es gleichwohl noch an einer von allen Beteiligten verbindlich gewollten verfahrensbeendenden Absprache"; vgl. auch BGH HRRS 2006 Nr. 963.
[52] BGHSt 50, 40 (51).
[53] Vgl. z. B. BGH (Zivilsenat) NJW 1992, 1230ff.
[54] BVerwG NVwZ-RR 1993, 643f.; Weber-Dürler (Fn. 37), S. 82; vgl. auch Gaede (Fn. 16), S. 405 f., 629 f.
[55] BGHSt 49, 84 (88).
[56] Vgl. aber BGH HRRS 2006 Nr. 963, wo auf die Vorstellung des "verteidigten Angeklagten" abgestellt wird.
[57] Vgl. BGH NStZ 2004, 493 (494); StV 2004, 471 (472). Zur Anwendbarkeit von § 136a StPO bei Drohung mit einer "Sanktionsschere" vgl. BGH HRRS 2007 Nr. 485 und 944.
[58] Siehe dazu vorstehend unter c).
[59] Unproblematisch ist der weitere in dieser Regelung enthaltene Fall, in dem das Prozessverhalten des Angeklagten – z. B. also dessen Einlassung – nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose zugrunde gelegt wurde, vgl. auch § 243a Abs. 3 S. 2 StPO-BR.
[60] Vgl. dazu den Nachweis in Fn. 6.
[61] Siehe dazu oben III.
[62] Siehe dazu oben III.
[63] Anders war dies noch bei dem Vorläufer des Referentenentwurfs, dem so genannten Diskussionsentwurf aus dem Jahre 2004 (StV 2004, 228ff.). Dort stand der Wortlaut jeder Annahme einer Bindungswirkung von vornherein entgegen, vgl. dazu Graumann (Fn. 16), S. 483f.; Meyer-Goßner ZRP 2004, 187 (189).
[64] Oder ist die Änderung der Bewertung durch das Gericht vielleicht sogar nur dann unwesentlich, wenn sie überhaupt nicht zu einer Überschreitung der mitgeteilten Strafobergrenze führt? Bei einem solchen Verständnis der Regelung ergibt sich gar kein Unterschied zu § 257c Abs. 4 S. 1 StPO-BMJ.
[65] Vgl. BGHSt 49, 84 (88).
[66] Vgl. das Beispiel in Fn. 33.
[67] Vgl. das Beispiel in Fn. 32.
[68] Referentenwurf (Fn. 7), S. 25; abgestellt wird dabei auf "entsprechende allgemeine Grundsätze", die aber leider nicht genauer benannt werden.
[69] Siehe dazu oben II.
[70] Vgl. dazu die vorstehenden Ausführungen unter 2.
[71] Einer solchen Verwertung steht ja auch nicht etwa § 243a Abs. 5 S. 3 StPO-BR entgegen, der allerdings auch die "Bindung" des Angeklagten auf den jeweiligen Rechtszug beschränkt. Was auch immer mit einer solchen Bindung gemeint sein soll (etwa eine vertragliche Verpflichtung des Angeklagten zur Ablegung eines Geständnisses?), die "Wirksamkeit" des einmal abgelegten Geständnisses wird dadurch ausweislich der Regelung in Abs. 6 Satz 3 nicht in Frage gestellt.
[72] Vgl. BGHSt 51, 84, wo § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO im Fall einer Urteilsabsprache angewendet wird, die eine unzulässige Zusage einer "Punktstrafe" zum Gegenstand hatte; vgl. auch BGH HRRS 2007 Nr. 587. Vgl. allerdings auch BVerfG HRRS 2007 Nr. 647 m. Anm. Gaede HRRS 2007, 292 f. zu Beschränkungen des Anwendungsbereichs der Norm.
[73] Vgl. insoweit auch zu der nach der Rechtsprechung des EGMR stets nötigen Gesamtbetrachtung eines jeden Verfahrens gemäß Art. 6 EMRK, die an die Heilung eines Verfahrensverstoßes spezifische Bedingungen stellt, m.w.N. Gaede (Fn. 16), S. 427 ff., 436 ff., 451 ff., siehe auch 816 f. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf eine Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH (StV 2004, 471), in der eine bindende Wirkung der Verständigung – wenn auch etwas versteckt – schon nach geltendem Recht auf das neue Tatgericht erstreckt wird. Der BGH bildet in diesem Fall eines fairnesswidrigen Abweichens von einer Absprache in analoger Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst eine neue Gesamtfreiheitsstrafe. Das fehlende Erfordernis einer Zurückverweisung wird mit der ohnehin gegebenen Einschränkung des "tatgerichtlichen Ermessens" begründet. Vgl. zu dieser Entscheidung Graumann (Fn. 16), S. 47 und 57ff.
[74] Siehe dazu oben IV.