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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2007
8. Jahrgang
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1. Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB können im Einzelfall auch vorliegen, wenn einer Gesamtfreiheitsstrafe neben Nichtkatalogtaten mehrere Katalogtaten zugrunde liegen. Ergibt die Zusammenziehung der in der Gesamtstrafe enthaltenen, auf Katalogtaten beruhenden Einzelfreiheitsstrafen zwingend eine Gesamtfreiheitsstrafe in der von § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB vorausgesetzten Höhe, so ist der Fall nicht anders zu beurteilen, als wenn von Vornherein eine allein auf Katalogtaten beruhende Gesamtstrafe als Vorverurteilung vorgelegen hätte.
2. Der Senat kann offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gesamtstrafe auch dann als Vorverurteilung im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genügt, wenn aus den auf Katalogtaten beruhenden Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren zwar in vertretbarer Weise gebildet werden könnte, aber nicht zwingend hervorgeht.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einem eine Straftat leugnenden Angeklagten unbenommen, sich damit zu verteidigen, dass er anderen die Schuld an der Tat zuschiebt; auch dann, wenn sich diese Anschuldigungen als haltlos erweisen, darf eine belastende Zurechnung bei der Strafzumessung grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 4, 5, 10).
2. Anders kann es sich allerdings verhalten - und dann eine Strafschärfung rechtfertigen - wenn Umstände im Rahmen einer Falschbelastung hinzukommen, nach denen sich das Verteidigungsverhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung darstellt (BGH aaO). Ein solcher Umstand kann auch darin gesehen werden, dass der die Tat leugnende Angeklagte einen völlig Unschuldigen der Tatbegehung bezichtigt (vgl. BGH StV 1995, 633, 634). Bei der Entscheidung darüber, ob im Einzelfall ein Verteidigungsvorbringen die Grenzen angemessener Verteidigung überschreitet, ist dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen.
1. Wird eine tatrichterliche Entscheidung im Strafausspruch wegen einer im Revisionsrechtszug eingetretenen Verletzung des Beschleunigungsgebots aufgehoben, so gebietet das Verschlechterungsverbot dem neuen Tatrichter nicht, das Ausmaß der Kompensation für die Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK im Vergleich zu der bisherigen Strafe des früheren Tatrichters zu bestimmen.
2. Der neue Tatrichter hat vielmehr die an sich - ohne die Verletzung des Beschleunigungsgebotes - verwirkte Strafe in einem neuen, eigenständigen Strafzumessungsvorgang zu ermitteln. An die Höhe der früheren Strafe ist er dabei nicht gebunden. Diese bildet erst die Obergrenze für die um das Ausmaß der Kompensation reduzierte, letztlich verhängte Strafe.
Das Gericht darf die Strafe nicht entgegen der vorhandenen Schuld so zumessen, dass es faktisch anstelle der sonst hierzu berufenen Strafvollstreckungskammer selbst eine Entscheidung gemäß § 57 Abs. 2 StGB trifft.
Wie die Strafzumessung, so ist auch die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätzlich Sache des Tatrichters (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ 2001, 366, 367; 2002, 312). Gelangt dieser auf Grund der Besonderheiten des Falles bei der nach § 56 Abs. 2 StGB gebotenen Gesamtschau von Tat und Täterpersönlichkeit (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung 5, 6) zu der Überzeugung, dass eine Strafaussetzung nicht in Betracht kommt, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen, auch wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre.