HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Januar 2007
8. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH

I. Materielles Strafrecht

1. Schwerpunkt Allgemeiner Teil des StGB


Entscheidung

50. BGH 4 StR 374/06 - Beschluss vom 14. November 2006 (LG Paderborn)

Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung; Rücktritt vom Versuch bei der Beteiligung mehrer (ernsthaftes Bemühen in Form der List).

§ 27 StGB; § 255 StGB; § 253 StGB; § 22 StGB; § 24 Abs. 2 StGB

1. Die Beihilfe erfordert einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag. Zwar kann auch das bloße Dabeisein die Tat eines anderen im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern (BGH StV 1982, 517; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 13, 14, 18 m.w.N.). Es bedarf aber bei solchen Fallgestaltungen sorgfältiger und genauer Feststellungen dazu, dass und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 12, 15).

2. Ein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, kann auch in einer List erblickt werden. Ein solches Bemühen würde auch dann zur Strafbefreiung führen, wenn die Tat nicht dadurch, sondern wegen der energischen Abwehr des Opfers nicht vollendet wurde.


Entscheidung

11. BGH 2 StR 430/06 - Beschluss vom 22. November 2006

Verminderte Schuldfähigkeit (Einsichtsfähigkeit; Unrechtseinsicht im konkreten Fall); Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

§ 63 StGB; § 20 StGB; § 21 StGB

1. Eine lediglich verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht auch tatsächlich zur Folge hat. Der Täter, der trotz generell verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall die Einsicht in das Unrecht seiner Tat gehabt hat, ist - sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert ist - voll schuldfähig.

2. Fehlt bei der konkreten Tat die Unrechtseinsicht infolge generell verminderter Einsichtsfähigkeit, so ist für § 21 StGB nur Raum, wenn dies dem Täter vorzuwerfen ist. Der Täter handelt hingegen unter diesen Umständen ohne Schuld (§ 20 StGB), wenn ihm das Fehlen der Unrechtseinsicht nicht vorzuwerfen ist.

3. Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlasst.

2. Schwerpunkt Besonderer Teil des StGB


Entscheidung

1. BGH 5 StR 181/06 - Urteil vom 15. Dezember 2006 (LG Berlin)

BGHSt; Betrug durch manipulierte Fußballwetten (konkludente Täuschung; Aufklärungspflicht; Vermögensschaden bei Sportwetten: Eingehungsbetrug, schadensgleiche Vermögensgefährdung, Kausalität, Schädigung ausländischer Wettanbieter, Quotenschaden, Schadensrealisierung, Vermögensbegriff; besonders schwerer Fall der Gewerbsmäßigkeit: Gesamtwürdigung und Täterbezogenheit; Beihilfe); Strafzumessung und angemessene Rechtsfolge beim Betrug durch manipulierte Sportwetten; redaktioneller Hinweis.

§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB; § 27 StGB; § 28 Abs. 2 StGB analog; § 3 StGB; § 9 StGB; § 46 StGB; § 354 Abs. 1a StPO

1. Dem Angebot auf Abschluss eines Sportwettenvertrages ist in aller Regel die konkludente Erklärung zu entnehmen, dass der in Bezug genommene Vertragsgegenstand nicht vorsätzlich zum eigenen Vorteil manipuliert ist (im Anschluss an BGHSt 29, 165). (BGHSt)

2. Zur Schadensfeststellung beim Sportwettenbetrug. (BGHSt)

3. Dass der Wettanbieter bei einer Manipulation des Sportereignisses nicht an den Wettvertrag gebunden bleibt, ergibt sich schon aus der gravierenden Verletzung vertraglicher Nebenpflichten durch den Wettenden. Bei einer arglistigen Manipulation der Vertragsgrundlage bedarf es keiner AGB, um ein Ablehnungs- oder Anfechtungsrecht des Wettanbieters zu statuieren. Dies ergibt sich bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. (Bearbeiter)

4. Die allgemeine Erwartung, der andere werde sich redlich verhalten, reicht für die Annahme entsprechender konkludenter Erklärungen nicht aus. Die Erwartung, dass keine vorsätzliche sittenwidrige Manipulation des Vertragsgegenstandes durch einen Vertragspartner in Rede steht, ist aber unverzichtbare Grundlage jeden Geschäftsverkehrs und deshalb zugleich miterklärter Inhalt entsprechender rechtsgeschäftlicher Erklärungen. Dem Angebot auf Abschluss eines Vertrages ist demnach in aller Regel die konkludente Erklärung zu entnehmen, dass der in Bezug genommene Vertragsgegenstand nicht vorsätzlich zum eigenen Vorteil manipuliert wird. (Bearbeiter)

5. Die Erklärung der Manipulationsfreiheit muss sich nicht auf eine bereits endgültig durchgeführte, sondern kann sich auch auf eine beabsichtigte Manipulation beziehen. Eine Täuschung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn zu dem konkreten Plan der Manipulation des zukünftigen Sportereignisses die konkrete Einflussnahme tritt, etwa durch die vorherigen Abreden mit Teilnehmern an dem Sportereignis, die ihre Manipulationsbereitschaft zugesagt haben. (Bearbeiter)

6. Die für übliche Austauschgeschäfte entwickelte Rechtsprechung zum Vermögensschaden beim Eingehungsbetrug bedarf bei Sportwetten, bei denen zur Eingehung der vertraglichen Verpflichtungen der Austausch von Einsatz und Wettschein hinzukommt, der Anpassung: Bei so genannten Oddset-Wetten stellt die angesichts der Manipulation anzunehmende "Quotendifferenz" bereits bei jedem Wettvertragsabschluss einen nicht unerheblichen Vermögensschaden dar. Dieser ähnelt infolge des für Wetten typischen Zusammenhangs zwischen Wettchance und realisiertem Wettrisiko der schadensgleichen Vermögensgefährdung. (Bearbeiter)

7. Ein derartiger Quotenschaden muss nicht beziffert werden. Es reicht aus, wenn die insoweit relevanten Risikofaktoren gesehen und bewertet werden. Kommt es zur Auszahlung von Wettgewinnen auf manipulierte Spiele, schlägt das mit dem Eingehungsbetrug verbundene erhöhte Verlustrisiko in einen endgültigen Vermögensverlust der jeweiligen Wettanbieter in Höhe der Differenz zwischen Wetteinsatz und Wettgewinn um. Der Quotenschaden stellt dann einen erheblichen Teil des beabsichtigten endgültigen Schadens bei dem Wettanbieter dar. (Bearbeiter)

8. Ein Gefährdungsschaden ist für die Strafzumessung nicht mit dem darüber hinaus erstrebten endgültigen Schaden gleichzusetzen (vgl. BGH wistra 1999, 185, 187). Es ist aber strafschärfend zu berücksichtigen, wenn sich der Vorsatz über den durch Eingehung der Wetten bereits vollendeten Schadenseintritt hinaus auf eine ganz erhebliche Gewinnsumme bezog und damit das vom Vorsatz umfasste Handlungsziel den als "Durchgangsschaden" erfassten Quotenschaden des Wettanbieters jeweils ganz erheblich überstieg (vgl. auch BGHSt 43, 270, 276; BGH NStZ 2000, 38, 39). (Bearbeiter)

9. In der Strafzumessung wegen Betruges, der zulasten eines Wettanbieters durch die Manipulation eines Fußballspiels begangen worden ist, kann strafschärfend berücksichtigt werden, dass die Beteiligten vorsätzlich durch die Tat auch einer Vielzahl Unbeteiligter ganz erhebliche Schäden zugefügt haben (den Mannschaften und Zuschauern entgangenes faires Spiel, wirtschaftliche Schäden für unterlegene Mannschaften und [entlassene] Trainer, Rufschaden für den gesamten professionellen Fußballsport, etc.). (Bearbeiter)

10. Bei der besonders pflichtwidrigen Ausnutzung der Stellung als unparteiische Schiedsrichter liegt die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls nach § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB auf der Hand. (Bearbeiter)


Entscheidung

2. BGH 2 StR 499/05 - Urteil vom 18. Oktober 2006 (LG Wiesbaden)

BGHSt; CDU-Parteispenden-Skandal (schwarze Kasse; "jüdische Vermächtnisse"; "Fall Kanther"; Parteienge-

setz 1994); Untreue (Gefährdungsschaden; konkrete Möglichkeit des endgültigen Vermögensverlusts; bedingter Vorsatz; Billigung des tatsächlichen Schadenseintritts; Vorverlagerung der Strafbarkeit); Beweisantizipation; Befangenheit des Richters (unmittelbare Betroffenheit; Mitgliedschaft in geschädigter Partei); Tateinheit (natürliche Handlungseinheit; wiederholtes Verschweigen).

§ 266 StGB; § 244 Abs. 3 StPO; § 22 Nr. 1 StPO; § 16 StGB; § 52 StGB; PartG 1994

1. Ein Richter ist nicht deshalb als Verletzter einer Untreue gemäß § 22 Nr. 1 StPO von der Entscheidung ausgeschlossen, weil die angeklagte Vermögensstraftat sich gegen eine als nichtrechtsfähiger Verein organisierte politische Partei richtete, deren Mitglied er ist. (BGHSt)

2. Das pflichtwidrige Entziehen und Vorenthalten erheblicher Vermögenswerte unter Einrichtung einer treuhänderisch verwalteten "schwarzen Kasse" durch Verantwortliche einer politischen Partei führt auch dann zu einem Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB, wenn durch Einsatz der vorenthaltenen Mittel unter Umgehung der satzungsgemäßen Organe politische oder sonstige Zwecke der Partei nach dem Gutdünken des Täters gefördert werden sollen (im Anschluss an BGHSt 40, 287). (BGHSt)

3. Zu den Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes eines Gefährdungsschadens bei der Untreue. (BGHSt)

4. Der Tatbestand der Untreue ist in Fällen, in denen der Nachteil lediglich in einer schadensgleichen Vermögengefährdung besteht, im subjektiven Bereich dahingehend zu begrenzen, dass der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens nicht nur die Kenntnis des Täters von der konkreten Möglichkeit eines Schadenseintritts und das Inkaufnehmen dieser konkreten Gefahr voraussetzt, sondern darüber hinaus eine Billigung der Realisierung dieser Gefahr, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des ihm unerwünschten Erfolgs abfindet. (Bearbeiter)

5. Der Ausschluss eines Richters von der Mitwirkung gemäß § 22 Nr. 1 StPO setzt voraus, dass er durch die Straftat, die Gegenstand des Verfahrens ist, persönlich unmittelbar in seinen Rechten betroffen ist (BGHSt 1, 298; BGHR StPO § 22 Verletzter 1). Die Vorschrift ist eng auszulegen. (Bearbeiter)


Entscheidung

57. BGH 5 StR 182/06 - Urteil vom 15. Dezember 2006 (LG Berlin)

Beihilfe zum Betrug (manipulierte Sportwetten: Zusage des Sichzurückhaltens durch Fußballspieler; besonders schwerer Fall der Gewerbsmäßigkeit: Gesamtwürdigung und Täterbezogenheit); angemessene Rechtsfolge.

§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB; § 27 StGB; § 28 Abs. 2 StGB analog; § 46 StGB; § 354 Abs. 1a StPO

1. Der Wettabschluss unter Verschweigen eigener Beteiligung an einer Manipulation des Wettgegenstandes stellt einen Betrug gegenüber dem Wettanbieter dar. Zu diesem Betrug wird Beihilfe geleistet, wenn ein Fußballspieler mit Blick auf eine Spielwette zusagt, sich zurückzuhalten und er den Wettenden so zum betrügerischen Abschluss des Wettvertrages veranlasst.

2. Das täterbezogene Merkmal der Gewerbsmäßigkeit kann nur demjenigen Tatbeteiligten angelastet werden kann, der dieses Merkmal selbst aufweist.

3. In der Strafzumessung wegen Beihilfe zum Betrug, der zulasten eines Wettanbieters durch die Manipulation eines Fußballspiels begangen worden ist, kann strafschärfend berücksichtigt werden, dass der Angeklagte durch seine pflichtwidrige Spielzurückhaltung nicht nur zum Betrug der Wettanbieter Beihilfe geleistet, sondern auch die zahlenden Zuschauer und seinen eigenen Verein um ein faires Fußballspiel gebracht und dem professionellen Fußballsport insgesamt einen erheblichen Rufschaden beigebracht hat.


Entscheidung

64. BGH 5 StR 457/06 - Beschluss vom 11. Dezember 2006 (LG Leipzig)

Totschlag (mehrfache Strafrahmenverschiebung bei Provokation: kein Ausschluss bei mehraktigen Geschehen; Beleidigung; minder schwerer Fall: vorschnelle Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes der verminderten Schuldfähigkeit).

§ 212 StGB; § 213 1. Alt. StGB; § 49 Abs. 1 StGB; § 21 StGB; § 50 StGB

Liegen die Voraussetzungen des § 213 1. Alt. StGB vor, ist die Strafmilderung nach dieser Vorschrift zwingend und unabhängig davon geboten, ob die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war (BGHR StGB § 213 Alt. 1 Misshandlung 4). § 50 StGB steht dann einer weiteren Milderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht prinzipiell entgegen. Allerdings hängt die auf einer krankhaften seelischen Störung des Angeklagten beruhende hochgradige affektive Erregung mit dem Ausmaß der zur Tatbegehung eingesetzten massiven Gewalt eng zusammen. Unter diesen Voraussetzungen wäre eine weitere im tatrichterlichen Ermessen stehende Strafrahmenverschiebung nicht zwingend (vgl. BGHR StGB § 213 Alt. 1 Beleidigung 5 und 8).


Entscheidung

65. BGH 5 StR 468/06 - Beschluss vom 11. Dezember 2006 (LG Hamburg)

Heimtückemord (erforderliche Feststellungen zur Arglosigkeit und der darauf beruhenden Wehrlosigkeit; Ausnutzungsbewusstsein bei vorheriger Ankündigung).

§ 211 Abs. 2 StGB

Kündigt der Angeklagte den gewalttätigen Übergriff unmittelbar zuvor an und führt er ihn entsprechend aus, bedarf die Annahme des notwendigen Ausnutzungsbewusstseins ganz besonderer Umstände.


Entscheidung

66. BGH 4 StR 393/06 - Beschluss vom 19. Oktober 2006 (LG Paderborn)

Mangelnde Feststellungen zur Mitgliedschaft in einer Bande (Verbindungen; schwerer Bandendiebstahl; be-

sonderes persönliches Merkmal); Tateinheit und Tatmehrheit bei der Beihilfe.

§ 244a Abs. 1 StGB; § 244 StGB; § 242 StGB; § 28 Abs. 2 StGB; § 27 StGB; § 52 StGB; § 53 StGB

Da das Tatbestandsmerkmal "als Mitglied einer Bande" als ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB zu betrachten ist, findet der qualifizierte Tatbestand des § 244 a Abs. 1 StGB auf einen Tatbeteiligten, der nicht als Bandenmitglied gehandelt hat, keine Anwendung (vgl. BGHSt 46, 120, 128). Ein Tatbeteiligter, der ein strafschärfendes persönliches Merkmal nicht aufweist ist nur der Beteiligung an dem Grunddelikt schuldig zu sprechen (vgl. BGH StV 1994, 17; BGHR StGB § 28 Abs. 2 Merkmal 1).


Entscheidung

52. BGH 4 StR 446/06 - Beschluss vom 14. November 2006 (LG Bamberg)

Tateinheit zwischen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (Schädigungsvorsatz; natürliche Handlungseinheit).

§ 315 c Abs. 1 StGB; § 315 b Abs. 1 StGB; § 52 StGB

Zwar wird § 315 c Abs. 1 StGB bei gleichzeitiger Verwirklichung beider Straftatbestände grundsätzlich von § 315 b Abs. 1 StGB verdrängt. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Tatgeschehen als natürliche Handlungseinheit aufzufassen ist und einzelne der Teilakte nur den Tatbestand des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllen, nicht aber auch - wie das Zufahren auf den Polizeibeamten mit Schädigungsvorsatz und das Rammen eines Fahrzeugs, um es beiseite zu schieben (vgl. BGHSt 48, 233, 236/237) - den des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Dies ist insbesondere gegeben, wenn der Angeklagte sein Kraftfahrzeug in Teilen der Fahrt lediglich als Fluchtmittel zu "Verkehrszwecken" und damit nicht bewusst zweckwidrig in verkehrsfeindlicher Einstellung eingesetzt hat und mithin insoweit nicht in der Absicht handelte, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in die Sicherheit des Straßenverkehrs zu "pervertieren" (vgl. BGH aaO S. 237).


Entscheidung

53. BGH 4 StR 459/06 - Beschluss vom 21. November 2006 (LG Hamburg)

Gefährdung des Straßenverkehrs (Gefahrverwirklichungszusammenhang bei unübersichtlichen Stellen bzw. Straßeneinmündungen).

§ 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. d StGB

Nach dem Tatbestandsaufbau des § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. d StGB muss die herbeigeführte Gefahr in einem inneren Zusammenhang mit den Risiken stehen, die bei dieser Tatbestandsalternative u.a. von unübersichtlichen Stellen bzw. Straßeneinmündungen typischerweise ausgehen. Dass der Gefahrerfolg nur gelegentlich des zu schnellen Fahrens eintritt, reicht damit nicht aus. Einen solchen Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der Situation an der Einmündung hat das Landgericht jedoch gerade nicht festgestellt.


Entscheidung

48. BGH 4 StR 354/06 - Beschluss vom 26. Oktober 2006 (LG Bielefeld)

Vollendete besonders schwere sexuelle Nötigung; Aufhebungsumfang bei Feststellungsmängeln; Rücktritt (keine Forderung sittlich billigenswerter Motive).

§ 177 Abs. 1 StGB; § 24 Abs. 1 StGB; § 353 StPO

Der Tatbestand des § 177 Abs. 1 StGB erfasst nur sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten "am" Opfer bzw. solche, die das Opfer "am" Täter oder einem Dritten vornimmt, was jeweils einen unmittelbaren Körperkontakt voraussetzt (vgl. BGH NStZ 1992, 433 m.w.N.; NStZ 1996, 31, 32). Dass der Angeklagte während der Nötigungshandlung den Nacken der Nebenklägerin umfasst hielt, reicht zur Tatbestandsverwirklichung nicht aus, wenn und weil das Festhalten, auch in Verbindung mit dem weiteren Verhalten des Angeklagten, nicht die sexuelle Handlung, sondern lediglich das Mittel zu deren Vornahme ist (vgl. BGH NStZ 1992, 433).