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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 799

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 84/21, Urteil v. 01.07.2021, HRRS 2021 Nr. 799


BGH 3 StR 84/21 - Urteil vom 1. Juli 2021 (LG Osnabrück)

Anstiftung (doppelter Anstiftervorsatz; Konkretisierung der Haupttat; omnimodo facturus; Beihilfe (Zeitpunkt; Beendigung; Gehilfenvorsatz); gerichtliche Kognitionspflicht.

§ 26 StGB; § 27 StGB; § 264 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Als Anstifter strafbar macht sich gemäß § 26 StGB derjenige, der einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. Vorsatz des Anstifters setzt dabei voraus, dass der Anstifter die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst (sog. doppelter Anstiftervorsatz) zumindest für möglich hält (kognitives Element) und billigend in Kauf nimmt (voluntatives Element). Anstifter kann auch sein, wer kein ideelles oder materielles Interesse am Taterfolg hat. Auf seine Motivation kommt es grundsätzlich nicht an.

2. Bezugsgegenstand der Anstiftung ist eine konkret-individualisierte Tat. Welche zur Tatindividualisierung tauglichen Merkmale jeweils erforderlich sind, entzieht sich dabei einer abstrakt-generellen Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden.

3. Ein zu einer konkreten Tat fest Entschlossener kann nicht mehr zu ihr bestimmt werden (omnimodo facturus); denn in diesem Fall fehlt es an der erforderlichen Kausalität der Anstiftungshandlung. Bis zum Tatentschluss bleibt allerdings ein Bestimmen zu einer konkreten Tat selbst dann noch möglich, wenn der Haupttäter bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war und diese Bereitschaft auch aufgezeigt oder sogar selbst die Initiative zu den Taten ergriffen hat.

4. Ein Gehilfenvorsatz setzt voraus, dass der Gehilfe in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Nach Beendigung der Haupttat ist Beihilfe zu dieser nicht mehr möglich.

5. Die sich aus § 264 StPO ergebende Kognitionspflicht erfordert, dass der - durch die zugelassene Anklage abgegrenzte - Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird. Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte Bewertung ausgeschöpft werden, soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Fehlt es daran, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 26. Oktober 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben

hinsichtlich der 1. Tat (unter II. 1. der Urteilsgründe) mit den zugehörigen Feststellungen und

im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die insoweit getroffenen Feststellungen aufrechterhalten; seine weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der jeweiligen Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen sowie Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision gegen die Verurteilung.

Das zu seinen Lasten eingelegte, vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft macht ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts geltend und beanstandet, dass eine mittäterschaftliche Zurechnung und die Einziehung des Wertes von Taterträgen unterblieben sind. Während die Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt durchgreift, hat diejenige des Angeklagten lediglich in Bezug auf eine Tat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Ein Bekannter des Angeklagten schloss sich in der Türkei mit anderen Personen zusammen, um fortdauernd Betrugsstraftaten in Deutschland zu begehen und sich hieraus bis auf weiteres eine erhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Nach der Planung sollten älteren Personen durch Telefonanrufe Vermögensgefährdungen suggeriert und sie so dazu gebracht werden, Gegenstände an vermeintliche Polizeibeamte zu übergeben. Eingeweihte ?Logistiker? sollten in Zusammenarbeit mit den in der Türkei ansässigen Hinterleuten die Abholung koordinieren. Rekrutierte ?Abholer? sollten sich als Polizeibeamte unter falschen Identitäten vorstellen und die Gegenstände zum Transfer in die Türkei in Empfang nehmen.

Der Angeklagte lehnte es ab, für seinen Bekannten bei Privatpersonen Geldbeträge - angeblich für verschiedene deutsche Unternehmen - abzuholen, fand aber aus freundschaftlicher Verbundenheit einen anderen Bekannten, der dazu bereit und dem der betrügerische Hintergrund klar war. Zudem erklärte sich der Angeklagte einverstanden, sich für diesen zu verbürgen, den Kontakt zwischen den beiden anderen während der Fahrten zu vermitteln und sich auf kurzfristige Anforderung bereitzuhalten. Dass er eine Gegenleistung für seine Tätigkeit erhielt, hat die Strafkammer nicht feststellen können.

Dementsprechend forderte der Angeklagte am 4. September 2019 aufgrund der Vorgaben des Hintermannes den von ihm angeworbenen Beteiligten auf, bei einer ?Kundin? einen Umschlag abzuholen und sich dabei unter falschem Namen vorzustellen. Während der Anfahrt übermittelte der Angeklagte Informationen zwischen dem Hintermann und dem von ihm Aufgeforderten, der insgesamt 19.000 € bei der Geschädigten entgegennahm. Dieser setzte anschließend den Angeklagten in Kenntnis, der die Nachricht und später ein das Bargeld zeigendes Lichtbild an den Hintermann weiterleitete. ?Gleichwohl nahm? der Angeklagte ?dieses Vorgehen und die Schädigung des Tatopfers in Kauf? und gab dem Abholer die Kontaktdaten für einen Treffpunkt zur Übergabe des Geldes an einen Dritten in seinem Beisein. ?Spätestens während der Übergabe erkannte der Angeklagte, dass es sich bei dem Geschehensablauf um einen organisierten Betrug zum Nachteil älterer Menschen handelte, um diese durch falsche Angaben zu täuschen und damit zur Übergabe von hohen Geldbeträgen an die eingesetzten Kuriere zu veranlassen? (1. Tat).

Im Folgenden leitete der Angeklagte jeweils Anweisungen des Hintermannes an den von ihm Angesprochenen weiter. Dieser holte sodann am 1. Oktober 2019 einen Umschlag mit 9.000 € aus einem präparierten Briefkasten ab, an den eine weitere Geschädigte das Geld gesendet hatte (2. Tat). Nachdem sie erneut angerufen und ihr nunmehr eine angeblich bevorstehende polizeiliche Großaktion vorgespiegelt worden war, nahm er am 4. Oktober 2019 auf einem Parkplatz 10.000 € entgegen (3. Tat). Beide Male übergab er im Anschluss die Geldbeträge im Büro des Angeklagten in dessen Beisein an einen nicht identifizierten Mann und erhielt dafür, ebenso wie bereits bei der ersten Tat, Anteile aus der Beute.

In zwei weiteren Fällen blieben die Bemühungen vergeblich, da der Abholer in einem Fall aus Furcht vor Entdeckung floh (4. Tat) und im letzten Fall nach einer fingierten Übergabe festgenommen wurde (5. Tat).

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist insgesamt begründet.

1. Die Verurteilung des Angeklagten allein wegen Beihilfe zum - teils versuchten - Betrug unterliegt zu Lasten des Angeklagten der Aufhebung, weil das Landgericht die angeklagten Taten im verfahrensrechtlichen Sinn nicht erschöpfend abgeurteilt hat und insoweit seiner Kognitionspflicht (§ 264 StPO) nicht in vollem Umfang nachgekommen ist; denn es hat eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Anstiftung zu den Betrugstaten nicht in den Blick genommen.

Die sich aus § 264 StPO ergebende Kognitionspflicht erfordert, dass der - durch die zugelassene Anklage abgegrenzte - Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird. Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte Bewertung ausgeschöpft werden, soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Fehlt es daran, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (s. BGH, Urteil vom 20. September 2018 - 3 StR 195/18, juris Rn. 35 mwN).

Diesen Maßstäben wird das Urteil nicht gerecht, weil eine etwaige Strafbarkeit des Angeklagten wegen Anstiftung zum (versuchten) Betrug (§§ 263, 26, 22, 23 Abs. 1 StGB) nicht geprüft worden ist, obschon dazu Anlass bestanden hat.

a) Als Anstifter strafbar macht sich gemäß § 26 StGB derjenige, der einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. Vorsatz des Anstifters setzt dabei voraus, dass der Anstifter die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst (sog. doppelter Anstiftervorsatz) zumindest für möglich hält (kognitives Element) und billigend in Kauf nimmt (voluntatives Element, s. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2020 - 1 StR 350/20, NStZRR 2021, 49, 50 mwN). Anstifter kann auch sein, wer kein ideelles oder materielles Interesse am Taterfolg hat. Auf seine Motivation kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2000 - 3 StR 10/00, BGHR StGB § 26 Bestimmen 4).

Bezugsgegenstand der Anstiftung ist eine konkret-individualisierte Tat. Welche zur Tatindividualisierung tauglichen Merkmale jeweils erforderlich sind, entzieht sich dabei einer abstrakt-generellen Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Ein zu einer konkreten Tat fest Entschlossener kann nicht mehr zu ihr bestimmt werden (omnimodo facturus); denn in diesem Fall fehlt es an der erforderlichen Kausalität der Anstiftungshandlung. Bis zum Tatentschluss bleibt allerdings ein Bestimmen zu einer konkreten Tat selbst dann noch möglich, wenn der Haupttäter bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war und diese Bereitschaft auch aufgezeigt oder sogar selbst die Initiative zu den Taten ergriffen hat (s. BGH, Urteil vom 7. Februar 2017 - 1 StR 231/16, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Anstiftung 1 Rn. 24 mwN).

b) Demgemäß kommt nach den bislang getroffenen Feststellungen eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Anstiftung in Betracht, falls nicht nach den Gesamtumständen eine mittäterschaftliche Begehungsweise (§ 25 Abs. 2 StGB) anzunehmen ist.

aa) Ausweislich der Urteilsgründe veranlasste jeweils der Angeklagte den von ihm angesprochenen Abholer dazu, Bargeld in Empfang zu nehmen oder sich um eine entsprechende Entgegennahme zu bemühen. Ohne die Kommunikation zwischen beiden hätte der Angesprochene die konkrete Tat demnach nicht begangen, da er auf die Information angewiesen war, wo und zu welcher Zeit er Geld abholen sollte. Dafür ist nicht entscheidend, dass er sich zuvor allgemein bereiterklärt hatte, zukünftig auf Abruf für verschiedene Fahrten zur Verfügung zu stehen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. November 2017 - 1 StR 195/17, StV 2018, 519 Rn. 10); denn zu der konkreten Tat hatte er sich gerade noch nicht entschlossen.

Der eigene Tatbeitrag des Angesprochenen stellt sich, ohne dass das Landgericht dies erörtert hat, nach den bisherigen Feststellungen als Mittäterschaft dar (vgl. etwa BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 - 1 StR 651/17, juris Rn. 15 f.; vom 29. April 2021 - 5 StR 476/20, juris Rn. 1 ff., 18). Mithin scheidet eine Strafbarkeit wegen Anstiftung nicht von vornherein deshalb aus, weil sich die Anstiftungshandlung lediglich auf einen Gehilfen bezöge und daher selbst als Beihilfe zu werten wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 5 StR 345/08, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 29 Rn. 6; Urteil vom 27. Januar 1955 - StE 22/54, BGHSt 7, 234, 237).

bb) Nach dem Urteilszusammenhang liegt eine Kenntnis des Angeklagten davon nahe, dass er als einziger direkten Kontakt zu dem Abholenden hatte und dieser mithin allein aufgrund seiner Vorgaben tätig werden konnte. Zudem wusste er jedenfalls nach der ersten Tat, dass das Vorgehen zum Ziel hatte, ältere Menschen durch falsche Angaben zu täuschen und so zur Geldübergabe zu veranlassen.

cc) Eine vor diesem Hintergrund zu bedenkende Anstiftung ist selbst bei der ersten Tat nicht auszuschließen, weil es insoweit an widerspruchsfreien Feststellungen zu dem Zeitpunkt fehlt, in dem der Angeklagte das Betrugsgeschehen erkannte.

Die Urteilsgründe legen zunächst dar, der Angeklagte habe ?die Schädigung des Tatopfers billigend in Kauf genommen?, als er die Kontaktdaten zur Übergabe des Geldes an die Hinterleute weiterleitete. Im Folgenden heißt es dann, er habe den Betrug ?spätestens während der Übergabe? erkannt. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer schließlich in Bezug auf alle Taten ausgeführt, der Angeklagte habe ?sich zur fortgesetzten Unterstützung einer unbestimmten Anzahl künftiger Betrugstaten? bereiterklärt. Ihm sei ?die strukturelle Vorgehensweise des Tatplans in den wesentlichen Zügen bekannt? gewesen. Danach ist letztlich unklar, wann genau er von dem auf Täuschung angelegten Konzept erfuhr. Angesichts der Widersprüche ist zumindest nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen, dass er bereits Kenntnis hatte, als er die Daten der ersten Geschädigten weiterleitete.

2. Die zu Unrecht unterbliebene Erörterung einer etwaigen Strafbarkeit wegen Anstiftung hat die Aufhebung des gesamten Urteils mit den Feststellungen zur Folge. Eine eigene Sachentscheidung des Senats scheidet mit Blick auf die unklaren Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten und § 265 StPO aus. Der Umfang und die Verschränkung der durch den Rechtsfehler betroffenen Feststellungen stehen entgegen, solche aufrechtzuerhalten (§ 353 Abs. 2 StPO).

Demnach sind hier Ausführungen zu der Einziehung von Wertersatz entbehrlich, die eine - sich für den Angeklagten bislang nicht ergebende - faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsmacht des jeweiligen Tatbeteiligten voraussetzt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 15. Juli 2020 - 2 StR 46/20, NStZ 2021, 37 Rn. 14; vom 12. Juli 2018 - 3 StR 144/18, juris Rn. 10 mwN). Ebenso wenig bedarf näherer Erörterung, dass es nach den aus der Urteilsurkunde ersichtlichen Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen sachlich-rechtlichen Fehler darstellt, nicht auch eine kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 2 StGB in Betracht gezogen zu haben (vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen und zu einem aufgrund der dortigen konkreten Feststellungen abweichenden Ergebnis BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21).

Das zur weiteren Entscheidung nunmehr berufene Tatgericht wird je nach den künftigen Feststellungen erneut eine Strafbarkeit des Angeklagten als Mittäter zu erwägen haben.

3. Dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft gemäß § 301 StPO ebenfalls zugunsten des Angeklagten wirkt und wegen ihn belastender Rechtsfehler auch zu einer teilweisen Aufhebung zu seinen Gunsten führt, bedarf angesichts der von ihm selbst eingelegten Revision (vgl. sogleich unter III.) keiner weiteren Erörterung.

III.

Die Revision des Angeklagten hat lediglich insoweit Erfolg, als die Feststellungen eine Verurteilung in Bezug auf die erste Tat nicht tragen.

1. Aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nicht, dass der Angeklagte bei der ersten Tat vorsätzlich im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB Hilfeleistungen für einen Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) erbrachte.

a) Ein Gehilfenvorsatz setzt voraus, dass der Gehilfe in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern (s. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 - 1 StR 467/20, juris Rn. 12 mwN). Nach Beendigung der Haupttat ist Beihilfe zu dieser nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2013 - 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82 Rn. 4 mwN).

b) Soweit bei der ersten Tat fördernde Handlungen ersichtlich sind, ist für diesen Zeitraum ein Vorsatz des Angeklagten nicht sicher festgestellt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Strafkammer jedenfalls einen Vorsatz angenommen hat, sind keine Beihilfehandlungen erkennbar.

Es ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht, dass der Angeklagte von der Haupttat - zumindest nach ihren wesentlichen Merkmalen - wusste (s. zu den Anforderungen etwa BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - 1 StR 454/14, NStZ-RR 2015, 75, 76 mwN), als er handelte, bevor die Geschädigte das Geld aushändigte. Soweit er im Folgenden das Betrugsgeschehen erfasste, genügen die konkret getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht, um eine vorsätzliche (sukzessive) Beihilfe zum Betrug anzunehmen.

Wie bereits dargelegt, ist der genaue Zeitpunkt unklar, zu dem der Angeklagte den Sachverhalt durchschaute. Während er einerseits schon bei Weiterleitung der Informationen zum Treffpunkt Vorsatz gehabt haben soll, soll er andererseits spätestens während der Ãœbergabe vom Abholer an ein anderes Bandenmitglied die Abläufe erkannt haben. Nach diesem letzten Zeitpunkt sind keine auf die erste Tat bezogenen Handlungen des Angeklagten mehr gegeben. Selbst wenn auf den früheren Zeitpunkt abgestellt würde, wäre eine Beihilfe zum Betrug nicht belegt; denn eine vorangegangene Beendigung der Haupttat liegt nach den Urteilsfeststellungen nahe. Die Geschädigte hatte den Umschlag mit dem Geld bereits übergeben und der Abholer sich damit zumindest zu seinem Fahrzeug begeben (s. zur Tatbeendigung etwa BGH, Beschlüsse vom 28. November 2017 - 3 StR 266/17, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Beendigung 2 Rn. 16 ff.; vom 16. April 2014 - 2 StR 435/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Beendigung 1 Rn. 5).

c) Der Schuld- und Strafausspruch ist infolge des aufgezeigten Rechtsfehlers in Bezug auf die erste Tat mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

2. Die weitere Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung des Angeklagten hat keinen sonstigen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

Dies gilt auch, soweit das Landgericht die zweifache Schädigung derselben Person als zwei selbständige Taten im Sinne des § 53 Abs. 1 StGB gewertet hat. Unabhängig davon, dass die Täter jeweils dieselbe Legende nutzten, liegt der späteren Geldübergabe eine auf einem neuen Tatentschluss beruhende weitere Täuschung der Geschädigten zugrunde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2020 - 3 StR 558/19, juris Rn. 10 mwN). Es handelt sich jeweils um mehrere Tage auseinanderliegende gesonderte Taten, für die sowohl die Haupttäter als auch der Angeklagte individuelle Beiträge erbrachten.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 799

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2021, 273

Bearbeiter: Christian Becker