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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2024
25. Jahrgang
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1. Gestattet ein Zeuge trotz Ausübung seines Zeugnisverweigerungsrechts aus § 52 Abs. 1 StPO die Verwertung früherer Aussagen, so kann er dies nicht auf einzelne Vernehmungen beschränken. Ein Teilverzicht führt vielmehr dazu, dass sämtliche früheren Angaben – mit Ausnahme richterlicher Vernehmungen nach Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht – unverwertbar sind. (BGHSt)
2. Der Zeuge kann entscheiden, ob er sich als Beweismittel zur Verfügung stellen will oder nicht. Darüber hinaus hat er kein schützenswertes Interesse daran, den Umfang der Verwertbarkeit der von ihm bereits vorliegenden Angaben zu bestimmen, weshalb insoweit im Interesse des Angeklagten und der Allgemeinheit an der Wahrheitserforschung seinem Einfluss auf das Strafverfahren Grenzen zu ziehen sind. (Bearbeiter)
Antragsberechtigt im Adhäsionsverfahren ist auch, wer einen fremden Anspruch im eigenen Namen im Wege sogenannter gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht. (BGH)
Zur ordnungsgemäßen Begründung einer Inbegriffsrüge ist darzutun, dass das Beweismittel weder ausweislich des Sitzungsprotokolls noch in sonst zulässiger Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, etwa durch – nicht protokollierungsbedürftigen – Vorhalt. Etwas anderes gilt regelmäßig nur, wenn – etwa bei der wörtlichen Zitierung einer mehrseitigen Urkunde in den Urteilsgründen – ausgeschlossen werden kann, dass die Urkunden durch Vorhalt eingeführt worden waren.
1. Die gerichtliche Kognitionspflicht (§ 264 StPO) gebietet, den durch die zugelassene Anklage abgegrenzten Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs zu erschöpfen. Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte konkurrenzrechtliche Bewertung ausgeschöpft werden, soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen.
2. Führt ein Drogenkurier noch Betäubungsmitteleinheiten aus einer vorangegangenen Fahrt mit sich und werden die nunmehr übrig bleibenden Einheiten wiederum erst im Rahmen der nachfolgenden Fahrt verkauft, ergeben sich zusätzliche, zu Tateinheit führende Überschneidungen zwischen den aufeinander folgenden Fahrten. Denn die Mitnahme solcherart zusammengesetzter Sortimente begründet jeweils einen Besitz an den aus der vorausgegangenen Fahrt verbliebenen und den neu übernommenen Einheiten, der über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt.
Werden weitere Tatvorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschieden, ist deren Berücksichtigung im Rahmen der Beweiswürdigung erforderlich, sofern der Grund für die Nichtverfolgung dieser Taten einen Einfluss auf die Gesamtwürdigung der Beweise zum verbleibenden Vorwurf haben kann.
1. Falls das Tatgericht eine Frage, für deren Beantwortung es sachverständige Hilfe für erforderlich gehalten hat, im Widerspruch zu dem Gutachten beantwortet, muss es die Gründe hierfür in einer Weise darlegen, die dem Revisionsgericht die Nachprüfung erlaubt, ob es die Darlegungen des Sachverständigen zutreffend gewürdigt und aus ihnen rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat. Hierzu bedarf es einer umfassenden Auseinandersetzung mit dessen Ausführungen, insbesondere zu den Gesichtspunkten, auf welche das Gericht seine abweichende Auffassung stützt.
2. Soweit eine regelmäßig erforderliche Gesamtbewertung aller Beweisanzeichen mit dem ihnen jeweils zukommenden Beweiswert vorzunehmen ist, kann die Annahme des Tatgerichts in den Urteilsgründen, dass ein einzelnes Indiz „für sich betrachtet“ keinen Tatbezug aufgewiesen habe, die Sorge begründen, dass es die an anderer Stelle genannte Gesamtschau lediglich formelhaft erwähnt und nicht die gebotene Gesamtbewertung vorgenommen hat.
1. Die Zeit der Hemmung (hier: nach § 10 EGStPO a. F.) ist entsprechend § 209 BGB zu bestimmen. Sie beginnt daher mit dem Tag, an dem der Hemmungsgrund eingetreten ist, und endet mit dem Tag seines Wegfalls. Beide Tage gehören zur Hemmungszeit und werden nicht in den Unterbrechungszeitraum eingerechnet.
2. Nach § 64 Satz 1 StGB darf eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur noch angeordnet werden, wenn die ihr zugrundeliegenden Taten „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen. Durch die Schärfung des Kausalitätserfordernisses zwischen „Hang“ und „Anlasstat“ soll erreicht werden, dass Personen, bei denen die Straffälligkeit nicht überwiegend auf den Hang, sondern (auch) auf andere Ursachen zurückzuführen ist, künftig nicht mehr die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 64 StGB erfüllen. Die Mitursächlichkeit des Hangs muss quantitativ andere Ursachen übertreffen, somit mehr als diese für die Begehung der Tat ausschlaggebend sein.
3. § 64 Satz 2 StGB setzt nunmehr voraus, dass der Behandlungserfolg „aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten“ ist. Durch die Neufassung der Vorschrift sind die Anforderungen an eine günstige Behandlungsprognose „moderat angehoben“ worden, indem jetzt „eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ vorausgesetzt wird; im Übrigen bleibt es dabei, dass die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände vorzunehmen ist.