HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 67
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 431/23, Beschluss v. 12.12.2023, HRRS 2024 Nr. 67
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 1. November 2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Auf die Revision des Verurteilten hat der Senat das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. April 2023 mit Beschluss vom 1. November 2023 im Adhäsionsausspruch aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen hat er die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 21. November 2023 hat der Verurteilte hiergegen Anhörungsrüge erhoben.
Der zulässige Rechtsbehelf ist unbegründet; eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) liegt nicht vor. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen er nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Dass er den Rechtsansichten der Verteidigung im Ergebnis nicht gefolgt ist, genügt hierfür nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2021 - 6 StR 334/20). Eine Gehörsverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht begründet hat. § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des Verwerfungsbeschlusses vor; das gilt auch dann, wenn eine Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts abgegeben worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - 6 StR 421/20 mwN).
Soweit der Senat mit Blick auf die in der Beweiswürdigung des landgerichtlichen Urteils nicht näher erörterte Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO keinen durchgreifenden Erörterungsmangel gesehen hat, ist er den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift gefolgt. Der Entscheidung stand weder die eigene Rechtsprechung noch diejenige anderer Senate entgegen; der Senat war daher - entgegen der Ansicht des Verurteilten - nicht zu einer Vorlage der Sache an den Großen Senat für Strafsachen verpflichtet.
Werden weitere Tatvorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschieden, ist deren Berücksichtigung im Rahmen der Beweiswürdigung erforderlich, sofern der Grund für die Nichtverfolgung dieser Taten einen Einfluss auf die Gesamtwürdigung der Beweise zum verbleibenden Vorwurf haben kann (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 26. November 2019 - 2 StR 300/19, Rn. 14; vom 13. Februar 2018 - 4 StR 346/17). Dies hat der Senat nach der konkret gegebenen Beweissituation ausschließen können, denn aus der Beweiswürdigung ergibt sich, dass es zahlreiche gleichförmige Übergriffe des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin gab und das Landgericht in keiner Weise an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben gezweifelt hat. Mit Blick auf die insgesamt sehr sorgfältige Beweiswürdigung sowie die zahlreichen dargelegten Realkennzeichen konnte der Senat insbesondere ausschließen, dass Gründe für die Einstellung eine Rolle gespielt haben, denen für die entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin Beweisbedeutung zukommen kann. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den insoweit einen Erörterungsmangel annehmenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153; Beschlüsse vom 2. November 2022 - 6 StR 281/22; vom 24. Januar 2008 - 5 StR 585/07).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 67
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede