Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2022
23. Jahrgang
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1. Das Rücktrittsprivileg bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf.
2. Das Vorliegen von vertypten Milderungsgründen kann zur Annahme eines minderschweren Falls führen. Bei einer Verurteilung wegen eines im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangenen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist daher bei der Erörterung der Frage, ob ein minderschwerer Fall im Sinne des § 315b Abs. 3 2. Fall StGB vorliegt – neben den allgemeinen Milderungsgründen – auch der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB in die Erwägungen einzubeziehen.
Ohne Bedeutung für die Frage der Arglosigkeit ist, ob das Opfer gerade einen Angriff gegen das Leben erwartet oder es die Gefährlichkeit des drohenden Angriffs in ihrer vollen Tragweite überblickt. Besorgt das Opfer einen gewichtigen Angriff auf seine körperliche Integrität, ist es vielmehr selbst dann nicht arglos, wenn es etwa wegen fehlender Kenntnis von der Bewaffnung des Täters die Gefährlichkeit des erwarteten Angriffs unterschätzt.
Ohne eigene Schuld im Sinne des § 213 Alt. 1 StGB handelt ein Täter, wenn er für die Provokation seitens des Tatopfers keine genügende Veranlassung gegeben und selbst zur Verschärfung der Situation nicht beigetragen hat. Hierbei sind im Rahmen einer wertenden Gesamtwürdigung alle dafür maßgeblichen Umstände einzubeziehen, wobei nicht allein auf mögliche Konflikte im kriminellen Drogenmilieu abzustellen, sondern vielmehr
auch die unmittelbar tatauslösende Situation in den Blick zu nehmen ist.
Der zeitgleiche Besitz von verbreiteten oder öffentlich zugänglich gemachten und darüberhinausgehenden kinderpornografischen Schriften verknüpft den unerlaubten Besitz kinderpornografischer Schriften mit jeder Verbreitungshandlung zu einer einheitlichen Tat. Da es sich bei der Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB um eine dem Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 und Var. 2 StGB gleichgestellte Tatbestandsvariante handelt, kann insoweit nichts anderes gelten.
1. Zwar tritt der Besitz kinderpornographischer Schriften als Auffangtatbestand regelmäßig hinter dem Herstellen zurück. Steht jedoch der Verfolgbarkeit des verdrängenden Tatbestands das Verfahrenshindernis der Verjährung entgegen, so lebt der subsidiäre Besitztatbestand wieder auf und der Angeklagte ist aus diesem zu bestrafen.
2. Das Dauerdelikt des Besitzes kinderpornographischer Schriften verklammert mit Blick auf dessen geringeren Unwertgehalt tatmehrheitlich begangene Taten des (schweren) sexuellen Missbrauchs nicht zur Tateinheit.