Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2021
22. Jahrgang
PDF-Download
1. Ein abweichendes Sexualverhalten kann nicht ohne Weiteres einer schweren Persönlichkeitsstörung und dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung i.S.d. § 20 StGB gleichgesetzt werden. Die Diagnose einer Pädophilie hat insofern für sich genommen kaum Aussagekraft für das Vorliegen des vierten Eingangsmerkmals von § 20 StGB und erst recht nicht für die Überzeugung von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit.
2. Steht für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eine von der Norm abweichende sexuelle Präferenz im Vordergrund, muss diese den Täter im Wesen seiner Persönlichkeit so verändert haben, dass er zur Bekämpfung seiner Triebe nicht die erforderlichen Hemmungen aufbringt, sondern bei der Begehung der Sexualtaten aus einem starken, mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus handelt. Die Steuerungsfähigkeit kann demzufolge etwa dann beeinträchtigt sein, wenn die abweichenden Sexualpraktiken zu einer eingeschliffenen Verhaltensschablone geworden sind, die sich durch abnehmende Befriedigung, zunehmende Frequenz, durch Ausbau von Raffinements und durch gedankliche Einengung auf diese Praktiken auszeichnet.
3. Ob die sexuelle Devianz in Form einer Pädophilie einen solchen Ausprägungsgrad erreicht, der dem Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Störung zugeordnet werden kann, ist aufgrund einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und seiner Taten zu beurteilen. Dabei kommt es darauf an, ob die sexuellen Neigungen die Persönlichkeit des Täters so verändert haben, dass er nicht die zur Bekämpfung seiner Triebe erforderlichen Hemmungen aufzubringen vermag.
4. Ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag.
5. Das Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB hat das Tatgericht unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände darzulegen. Diese Würdigung bedarf in den Fällen von § 66 Abs. 2, 3 Satz 2 StGB, bei denen Vortaten und Vorverbüßungen fehlen, besonderer Sorgfalt. In die Würdigung ist gegebenenfalls auch einzubeziehen, dass sich der Täter über längere Zeiträume straflos verhalten hat
1. Ob ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Zeitpunkt des Urteils vorliegt, hat das Tatgericht aufgrund einer umfassenden Vergangenheitsbetrachtung – nach sachverständiger Beratung – unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände in eigener Verantwortung zu bewerten. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den Taten des Angeklagten, dem Gutachteninhalt und den wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise. Zeitnah aufeinanderfolgende Taten können in ihrer Häufung insoweit Ausdruck eines eingeschliffenen inneren Zustands des Täters sein, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt.
2. Für die Beurteilung, ob von einem Angeklagten künftig infolge eines Hanges erhebliche Straftaten zu erwarten sind, namentlich solche, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, und
er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist, bedarf es einer Prognose auf der Grundlage einer umfassenden Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Verurteilten und aller individuellen protektiven und der für die bisherige Delinquenz bedeutsamen Faktoren. Dem Hang kommt dabei eine wesentliche, auf eine Gefährlichkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB hinweisende Bedeutung als prognostisch ungünstiger Gesichtspunkt zu.
3. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Indizienbeweises darf der errechnete Höchstwert der Blutalkoholkonzentration nicht isoliert nach dem Zweifelssatz bewertet werden, wenn andere Beweisanzeichen, die Aufschluss über die Schuldfähigkeit des Angeklagten geben können, vorliegen. Er muss vielmehr in eine Gesamtwürdigung aller Beweistatsachen eingebracht werden, die darüber entscheidet, welche Bedeutung ihm neben den sonstigen Beweisanzeichen im Einzelfall zukommt.
4. Den errechneten Blutalkoholwerten kann eine geringere Beweisbedeutung beizumessen sein, wenn diese über einen sehr langen Rückrechnungszeitraum – hier: etwa zehn Stunden – ermittelt worden sind. Eine solche Rückrechnung stellt eine mit zahlreichen Fehlerquellen behaftete Schätzung dar, die vom Tatgericht zwar dann nach dem Zweifelssatz zugrunde zu legen ist, wenn es über andere zuverlässige Beweisanzeichen nicht verfügt, deren geringerer Beweiswert aber bei der Abwägung mit sonstigen Beweisanzeichen zu würdigen ist.
1. Die strafschärfende Berücksichtigung dessen, dass der Angeklagte bei Tatbegehung unter Bewährung stand, erweist sich als rechtfehlerhaft, wenn der Angeklagte die Taten begangen hat, als die Bewährungszeit bereits abgelaufen war und lediglich der Beschluss über den Erlass der Strafe noch ausstand.
2. Eine erlittene Untersuchungshaft ist im Vollstreckungsverfahren (§ 51 StGB) auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorweg zu vollstreckenden Teil der Strafe anzurechnen.
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Nachverfahren gemäß § 66a Abs. 3 Satz 2 StGB setzt im Rahmen der Prüfung der Gefährlichkeit des Verurteilten nicht voraus, dass substantiell neue Tatsachen in dem strengen Sinne, wie sie von der Rechtsprechung für die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung im Rahmen des § 66b StGB aF verlangt wurden, festgestellt worden sind. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gefährlichkeitsprognose unter Einbeziehung neu hinzutretender prognoserelevanter Umstände seit Anordnung des Vorbehalts der Maßregel nunmehr eindeutig positiv begründet werden kann.
2. Die mit Fortschreiten des Lebensalters eintretenden Haltungsänderungen sowie etwaige Erkrankungen sind im Hinblick auf ihre Aussagekraft für eine künftige Legalbewährung zu bewerten und in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Ferner sind die Wirkungen des Strafvollzugs und mögliche Verhaltensänderungen des Verurteilten bis zur Entscheidung des Gerichts im Nachverfahren besonders in den Blick zu nehmen. Die Wirkungen des (langjährigen) Strafvollzugs sind regelmäßig unter Einbeziehung der Frage, ob und inwieweit der Verurteilte von den besonderen Behandlungsangeboten zu profitieren vermochte, in die Gesamtwürdigung einzustellen. Schließlich ist auch die konkrete Entlassungssituation des Verurteilten in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob eine fortbestehende Gefährlichkeit durch flankierende Maßnahmen wie Auflagen und Weisungen, Therapiemaßnahmen oder durch die Unterbringung in einer betreuten Wohneinrichtung auf ein vertretbares Maß reduziert werden kann. Zu dieser umfassenden Würdigung ist allein das Tatgericht berufen, dem dabei ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist.
3. Die Erwägungen, auf die das Gericht seine Gefährlichkeitsprognose stützt, sind in den Urteilsgründen so vollständig und genau darzulegen, dass diese für das Revisionsgericht nachzuvollziehen ist. Wurde beim Ausspruch des Vorbehalts bereits die Gefährlichkeit mit hinreichender Sicherheit festgestellt, reicht es für die Anordnung der zunächst vorbehaltenen Sicherungsverwahrung aus, dass sich diese Überzeugung auch in der nachfolgenden Gesamtwürdigung, die auch die Entwicklung der verurteilten Person im Vollzug einbezieht, bestätigt, also jedenfalls nicht abschwächt. Hielt das Gericht hingegen in der Ausgangsverurteilung – wie hier – eine Gefährlichkeit lediglich für wahrscheinlich, erfordert die Anordnung der Sicherungsverwahrung, dass sich diese Wahrscheinlichkeit aufgrund der neuen, auch hier die Entwicklung des Täters seit der Aburteilung einbeziehenden Gesamtwürdigung nunmehr zur Überzeugung des Gerichts zur hinreichenden Sicherheit verfestigt hat.
4. In einem solchen Fall hat das Tatgericht in den Urteilsgründen im Einzelnen vollständig, lückenlos und nachvollziehbar darzulegen, dass und aufgrund welcher zusätzlichen Tatsachen es nunmehr zu der positiven Feststellung gelangt ist, dass der Verurteilte für die Allgemeinheit gefährlich ist. Dabei sind insbesondere die Ergebnisse einer therapeutischen Behandlung des Verurteilten im Strafvollzug als neue Prognosetatsachen zu berücksichtigen. Es genügt regelmäßig nicht, lediglich die schon im Ausgangsverfahren bekannten Tatsachen neu zu bewerten.
1. Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet das Tatgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände; insoweit steht dem Tatgericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Im Rahmen seiner Ermessensausübung hat das Tatgericht im Ausgangspunkt Bedacht darauf zu nehmen, dass auf Grund der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Schuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist. Um dem Prinzip zu genügen, dass die Strafe das Maß der Schuld nicht überschreiten darf, erfordert die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB deshalb schulderhöhende Umstände, die diese Schuldmilderung kompensieren.
2. Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf einer selbst zu verantwortenden Trunkenheit, kann dies allein zwar die Versagung einer Strafrahmenverschiebung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Fall selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung stets zu versagen ist. Vielmehr obliegt es dem Tatgericht zu bewerten, ob das Gewicht dieses Umstandes im konkreten Einzelfall hoch genug ist, um die aufgrund der erheblich verminderten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verringerte Tatschuld aufzuwiegen.
3. Ein Hang im Sinne von § 64 StGB liegt vor bei einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit oder aufgrund einer eingewurzelten, auf psychische Disposition zurückzuführenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Ein solcher Hang muss sicher festgestellt sein, nicht ausreichend ist, dass sein Vorliegen möglich oder nur nicht auszuschließen ist.
4. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB und deren voraussichtlicher Dauer ist der Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung. Liegen die den Eignungsmangel ausweisenden Taten geraume Zeit zurück und ist der Täter seither nicht mehr nachteilig aufgefallen, so kann darin ein Grund liegen, der die Beurteilung rechtfertigt, dass der ursprünglich vorhandene Mangel nicht mehr besteht.
5. Wird lediglich die Verletzung sachlichen Rechts gerügt, so unterliegt die Frage, ob ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK vorliegt, nur dann der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sich entweder die Verfahrensverzögerung aus den Urteilsgründen – gegebenenfalls unter Heranziehung der vom Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmenden Verfahrenstatsachen – ergibt oder aber die Urteilsgründe jedenfalls ausreichende Anhaltspunkte enthalten, die das Tatgericht zur Prüfung einer Kompensation drängen mussten, so dass ein Erörterungsmangel gegeben ist.
1. Die fehlende Beherrschung der deutschen Sprache kann die Annahme nahelegen, eine Behandlung nach § 64 StGB habe keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht.
2. Durch die Umwandlung des § 64 StGB in eine Soll-Vorschrift, ist diese keine Ermessensvorschrift im engeren Sinne geworden. Ein Absehen von einer Maßregelanordnung kommt – bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen – nur in Ausnahmefällen in Betracht.
3. Nach dem Zweck des § 64 StGB kann bei ausreisepflichtigen sprachunkundigen Ausländern von einer Unterbringung abgesehen werden.
1. Werden Betäubungsmittel vollständig sichergestellt, handelt es sich – jedenfalls in Bezug auf solche Betäubungsmittel, die zum Weiterverkauf bestimmt sind – wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist.
2. Eine Überschreitung der „nicht geringen Menge“ lediglich im Bagatellbereich darf nicht strafschärfend berücksichtigt werden. Das Tatgericht hat die Bagatellgrenze jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzulegen. Eine solche Einordnung liegt bei dem 2,16-fachen der nicht geringen Menge – also einem Überschreiten um das 1,16-fache – nicht auf der Hand.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 63 StGB kann im Rahmen der Gefahrenprognose berücksichtigt werden, dass bestimmte psychotische Störungen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mit einem erhöhten Gewaltrisiko einhergehen. Jedoch darf die Erwartung erheblicher rechtswidriger Taten nicht nur auf diesen einen statistischen Gesichtspunkt gestützt werden; vielmehr müssen darüber hinaus stets konkrete Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden.
1. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber sicherzustellen, dass die einen Täter treffenden Folgen einer strafbaren Handlung – zu denen auch die Wirkung eines ausländischen Strafverfahrens und eine etwaige Verurteilung im Ausland zählen – zur Schwere der Rechtsgutsverletzung und der individuellen Schuld insgesamt noch in einem gerechten Verhältnis stehen. In Fällen einer vollzogenen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund eines ausländischen Straferkenntnisses sind deshalb die ausländischen Vollzugszeiten in die Gefährlichkeitsprognose einzustellen. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn die Zeiten der Unterbringung die nach § 67d Abs. 6 Satz 2 StGB maßgebliche 6-Jahresgrenze faktisch insgesamt überschritten haben.
2. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB kommt es für die Anwendung deutschen Strafrechts grundsätzlich nicht auf die verfahrensrechtliche Verfolgbarkeit im Tatortstaat an.
1. Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägungen im Urteil ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen. Eine erschöpfende Aufzählung aller für die Strafzumessungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte ist dagegen weder gesetzlich vorgeschrieben noch in der Praxis möglich. Auswahl und Gewichtung der Strafzumessungsgesichtspunkte obliegt grundsätzlich dem Tatgericht. Es hat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden, welchen Umstand es als bestimmenden Strafzumessungsgrund ansieht. Hat das Tatgericht bei seiner Zumessungsentscheidung einen Gesichtspunkt, der nach den Gegebenheiten des Einzelfalls als bestimmender Strafzumessungsgrund in Betracht kommt, nicht erkennbar erwogen, ist die Strafzumessung in sachlich-rechtlicher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
2. Bestimmende Umstände in diesem Sinne sind wesentliche Tatsachen und Erwägungen, die für die Strafartwahl oder die Strafhöhenbestimmung von einigem Gewicht sein können und deren Erörterung sich nach den Umständen des einzelnen Falls aufdrängt. Inhaltlich werden sie durch das materielle Strafrecht, insbesondere den Katalog der Strafzumessungsgründe (§§ 46 ff. StGB) vorgegeben. Die aus § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB folgende Pflicht des Tatrichters, bei der Strafzumessung die Wirkungen in den Blick zu nehmen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, erstreckt sich danach grundsätzlich auch auf rechtliche Folgen, die außerhalb der strafgerichtlichen Verurteilung als solcher liegen, also an diese anknüpfen. Wann derartige rechtliche Folgen das Gewicht eines bestimmenden Strafzumessungsgrundes im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO erlangen können und der Tatrichter demzufolge im Urteil erkennen lassen muss, dass er diese bedacht hat, lässt sich mit Blick auf das unterschiedliche Gewicht der in Betracht kommenden Umstände nicht einheitlich beantworten.
3. In ständiger Rechtsprechung differenziert der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang regelmäßig zwischen – eher gewichtigen – Folgen, die sich rechtlich zwingend aus der strafgerichtlichen Verurteilung ergeben, etwa dem bei Rechtskraft des Strafurteils kraft Gesetzes eintretenden Verlust der Beamtenstellung und solchen eher minderen Gewichts, die nur als (abstrakt) mögliche Konsequenz aus dem Strafurteil drohen, vor allem dann, wenn ihr Eintreten von einer weiteren, nicht in die Kompetenz des Tatrichters fallenden gerichtlichen (Ermessens-)Entscheidung abhängt. So hat er hinsichtlich der Berücksichtigung ausländerrechtlicher Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung angenommen, dass diese als bestimmender Strafzumessungsgrund regelmäßig dann in Betracht kommen, wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zwingend zu erfolgen hat und besondere Umstände hinzukommen, die für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten.
4. Treten Nebenfolgen einer strafrechtlichen Verurteilung nicht zwingend ein, sind aber zumindest (abstrakt) möglich, so kann der Tatrichter im Einzelfall gehalten sein, diese möglichen Nebenfolgen mit dem ihnen jeweils
zukommendem Gewicht als bestimmenden Strafzumessungsgrund in den Blick zu nehmen. Dabei hat der Tatrichter jedoch auch zu bedenken, dass nachteilige Folgen für den Täter nicht schlechthin strafmildernd sind. Wer bei einer Tat bestimmte Nachteile für sich selbst (zwar nicht gewollt, aber) bewusst auf sich genommen hat, verdient in der Regel keine – schon gar nicht mit besonderem Gewicht eingestellte – strafmildernde Berücksichtigung solcher Folgen.
5. Im Fall des drohenden Widerrufs der Strafaussetzung in anderer Sache gilt dieser Maßstab ebenso. Ein (möglicher) Bewährungswiderruf als Folge eines bewussten Bewährungsbruchs durch den Täter ist regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen strafmildernd zu berücksichtigen. Im Fall des drohenden Widerrufs kommt zudem hinzu, dass der Widerruf keine zwingende gesetzliche Folge darstellt. Die abschließende Entscheidung darüber ist dem Tatrichter entzogen. Schon deswegen ist er nicht verpflichtet, die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Widerrufs im Rahmen der Strafzumessung näher zu prognostizieren. Daraus folgt, dass der Umstand eines bloß möglichen Bewährungswiderrufs – anders als zwingend an eine strafgerichtliche Verurteilung knüpfende Folgen – von vornherein nur ein geringeres Gewicht hat.
6. Im Hinblick auf § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB und den Strafzweck der Resozialisierung wird indes der Umstand drohenden Bewährungswiderrufs regelmäßig dann an Gewicht gewinnen und zu erörtern sein, wenn auf Grund eines möglichen Widerrufs die gesamte Länge der zu verbüßenden Haft diejenige der neu verhängten Strafe beträchtlich übersteigt; die Dauer der zu erwartenden Gesamtvollstreckung wäre dann im Rahmen der Strafzumessung in den Blick zu nehmen. Eine Erörterung oder gar strafmildernde Bewertung eines möglicherweise drohenden Bewährungswiderrufs im Einzelfall kann freilich dann unterbleiben, wenn ein übermäßiges Gesamtvollstreckungsübel namentlich aus spezialpräventiven Gründen nicht naheliegt, etwa bei Intensiv- oder Serientätern, bei hoher Rückfallgeschwindigkeit oder bei einer Tat kurz nach der Haftentlassung, nachdem die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
1. Sinkt die Hemmschwelle eines Täters bei einer über mehrere Jahre andauernden Tatserie von Missbrauchstaten, kann dies genauso wie das zunehmende Alter eines Tatopfers den Unrechtsgehalt einer Tat verringern und deshalb bei der Strafbemessung zu Gunsten eines Angeklagten in den Blick zu nehmen sein.
2. Hinsichtlich der Abfassung der Urteilsgründe weist der Senat darauf hin, dass diese nicht dazu dienen, all das zu dokumentieren, was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben wurde. Sie sollen nicht das vom Gesetzgeber abgeschaffte Protokoll über den Inhalt von Angeklagten- und Zeugenäußerungen ersetzen, sondern vielmehr das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der Entscheidung ermöglichen. Eine umfängliche Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten sowie von Zeugenaussagen ohne Bezug zu Einzelheiten einer späteren Beweiswürdigung ist deshalb regelmäßig verfehlt. Die Mitteilung von zahlreichen nebensächlichen Details ohne erkennbare Entscheidungserheblichkeit macht die Urteilsgründe unübersichtlich, fehleranfällig und führt zu unnötiger Schreib- und Lesearbeit. Die Urteilsgründe sollen alles Wesentliche enthalten, aber nicht mehr als dies.
Hat ein Angeklagter durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich zur Aufdeckung einer Tat nach den §§ 29 bis 30a BtMG beigetragen, liegen die Voraussetzungen für eine Strafmilderung nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG für alle Taten des Angeklagten vor, die mit der aufgedeckten Tat im Zusammenhang stehen, ohne dass es darauf ankommt, ob auch bezüglich dieser Taten ein wesentlicher Aufklärungserfolg bewirkt worden ist
Ein minder schwerer Fall liegt nicht erst bei einem „seltenen Ausnahmefall“ oder bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände vor, sondern dann, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
Hat der Angeklagte nicht schuldhaft gehandelt, lässt sich die Einziehung eines Tatmittels (hier: eines Messers) nicht auf § 74 Abs. 1 StGB stützen, sondern könnte nur Gegenstand einer selbstständigen Einziehung gemäß § 76a StGB iVm § 74b Abs. 1 Nr. 1 StGB sein. Eine solche ist jedoch nicht im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO zulässig, in dem nur Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet werden können. Vielmehr kommt die selbständige Einziehung eines Gegenstands nur im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 435 Abs. 1 StPO in Betracht.
Hat das Landgericht, obwohl es den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt hat, zu einer Maßregelanordnung nach § 69, § 69a StGB keine Ausführungen gemacht, stellt dies einen Erörterungsmangel dar. Nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB begründet die Begehung einer Straftat nach § 316 StGB eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB mit der Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis oder, wenn der Täter keine Fahrerlaubnis hat, einer isolierten Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB.
1. Es genügt für das Erlangen im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB, dass ein Tatbeteiligter in irgendeiner Phase der Tatbestandsverwirklichung die faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über das Erlangte innehat.
2. Bei Betäubungsmittelgeschäften ist es daher nicht erforderlich, dass der Tatbeteiligte an der Übergabe des Kaufpreises für die gehandelten Drogen selbst beteiligt ist. Ausreichend ist, wenn er anschließend ungehinderten Zugriff auf das übergebene Geld nehmen kann. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen.