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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2020
21. Jahrgang
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1. Bei der Ermittlung der Verkürzungsbeträge bei der Steuerhinterziehung zu Gunsten eines Unternehmens sind „schwarz“ gezahlte Löhne im Rahmen der Betriebskosten zu Gunsten des Angeklagten in Ansatz zu bringen. Danach sind gezahlten Schwarzlöhne zumindest im Rahmen der Strafzumessung zugunsten der Angeklagten gewinnmindernd zu berücksichtigen (st. Rspr.). Eine andere Bewertung liefe darauf hinaus, Schwarzlöhne insofern Schmiergeldzahlungen gleichzustellen. Eine § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG entsprechende Regelung existiert für Schwarzlöhne aber nicht.
2. Fällt die Abgabe von Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammen, liegen im Grundsatz mehrere Taten (§ 53 StGB) vor. Der einheitlichen oder getrennten Versendung der Erklärung und deren Eingang bei der Behörde kommt für die tatbestandliche Handlung der Steuerhinterziehung als auf Steuerarten und Veranlagungszeiträume bezogenes Erklärungsdelikt keine Bedeutung zu. Es mangelt daher an einer Teilidentität der Ausführungshandlungen selbst bei Übermittlung mehrerer Erklärungen durch einen einheitlichen äußeren Akt. Das Geschehen erschöpft sich insoweit in einem bloßen zeitlichen Zusammenfallen, das nicht anders als die Tatbegehung gelegentlich der Ausführung einer anderen Tat die Voraussetzungen einer Tateinheit nicht begründet (vgl. BGH NZWiSt 2019, 28).
1. Der die Verhältnisse unrichtig darstellende Jahresabschluss einer Tochtergesellschaft fließt in den Konzernabschluss ihrer Muttergesellschaft ein, der daher die Verhältnisse ebenfalls unrichtig wiedergibt. Die rechtliche und tatsächliche Verknüpfung zwischen Jahresabschluss und Konzernabschluss zieht daher bei einem Konzernunternehmen im Falle der Tatbestandsverwirklichung des § 331 Nr. 1 HGB typischerweise diejenige des § 331 Nr. 2 HGB nach sich, weshalb beide Delikte unter diesen Umständen regelmäßig als eine Tat im Rechtssinne (§ 52 StGB) zu werten sind.
2. Werden die Verhältnisse in einem Abschluss unrichtig dargestellt, um diesen als Tatmittel für die Begehung eines Kreditbetrugs zu verwenden, können die Vergehen nach § 331 HGB und nach § 265b StGB zueinander im Verhältnis der Tateinheit stehen. Der einheitliche Wille des Täters zur Begehung der beiden final miteinander verknüpften Delikte verbindet diese zu einer natürlichen Handlungseinheit jedenfalls dann, wenn ein räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen unrichtiger Darstellung nach § 331 HGB und der Täuschungshandlung des § 265b StGB besteht.
1. Veräußerung im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG ist das Abgeben von Betäubungsmitteln gegen Entgelt aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung, wobei der Veräußerer jedoch nicht eigennützig handeln darf. In Abgrenzung hierzu setzt das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln eigennütziges Handeln voraus. Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird, oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird.
2. Der tateinheitliche unerlaubte Erwerb zum Eigenkonsum weist, ebenso wie der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zum Eigenkonsum, wegen der damit verbundenen Selbstgefährdung eine geringere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit auf als das Handeltreiben. Dies gilt indes nicht, wenn die Strafkammer zur Ermittlung des Schuldumfangs des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht die gesamte Ankaufsmenge, sondern lediglich die zum Weiterverkauf bestimmte Handelsmenge und zur Ermittlung des Schuldumfangs des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln lediglich die Eigenkonsummenge in den Blick genommen hat. Denn in diesem Fall ist ausgeschlossen, dass sie dem jeweils verwirklichten Delikt einen zu großen Schuldumfang beigemessen hat.
Das bloße Feilbieten von Betäubungsmitteln an Minderjährige stellt noch kein unmittelbares Ansetzen zur Abgabe von Betäubungsmitteln dar. Abgabe im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG setzt eine Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln auf einen Minderjährigen zu dessen freier Verfügung voraus. Das Tatbestandsmerkmal der Abgabe knüpft demnach – im Unterschied zum weiter gefassten Begriff des Handeltreibens – an die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht an.
Selbst ohne eine für alle Umsatzgeschäfte teilidentische Ausführungshandlung verbinden sich mehrere Handelsgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit, wenn es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung zuvor „auf Kommission“ erhaltener Rauschgiftmengen kommt (vgl. BGHSt 63, 1 Rn. 28).
1. Der Verhängung einer Jugendstrafe steht nicht entgegen, dass bei dem Angeklagten ein Erziehungsbedarf nicht mehr festgestellt werden kann. Auf die Möglichkeit der Bestrafung schwerer Straftaten durch Verhängung einer Jugendstrafe kann auch in Fällen nicht verzichtet werden, in denen ein Jugendlicher oder Heranwachsender nicht erziehungsbedürftig oder erziehungsfähig ist.
2. Bei der Jugendstrafe bildet das Ausmaß der individuellen Schuld wegen des hier ebenfalls geltenden verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatzes den Rahmen, innerhalb dessen die erzieherisch erforderliche Strafe gefunden werden muss. Das Mindestmaß der Jugendstrafe muss schuldangemessen sein, ihr Höchstmaß darf auch bei Berücksichtigung des Erziehungszwecks nicht über das Maß der Tatschuld des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden hinausgehen.
3. Ob dem Erziehungsgedanken bei einem zur Tatzeit jugendlichen oder heranwachsenden Straftäter, der im Zeitpunkt seiner Verurteilung das 21. Lebensjahr bereits vollendet hat, allenfalls geringes Gewicht zukommt, wie die Strafkammer meint, ob ihm ein mit dem Fortschreiten des Lebensalters lediglich abnehmendes Gewicht beizumessen ist oder ob er insgesamt kein taugliches Strafzumessungskriterium sein kann (was der 3. Strafsenat erwogen, aber auch nicht tragend entschieden hat), bedarf keiner Entscheidung. Denn das Landgericht hat in einer Gesamtwürdigung und ausgehend von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Werdegang des zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 22-jährigen Angeklagten angenommen, dass bei diesem ein Erziehungsbedarf nicht mehr bestehe.
4. Maßgeblich für die Frage, ob ein Erziehungsbedarf besteht, sind allein die jeweiligen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Urteils des erkennenden Gerichts.
5. Der Schuldgehalt der Tat bei der Deliktsbegehung durch jugendliche und heranwachsende Täter ist jugendspezifisch zu bestimmen. Die „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat und das Tatbild sind jedoch insofern von Belang, als hieraus Schlüsse auf die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit und die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden gezogen werden können; entscheidend ist, ob und in welchem Umfang sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Täters vorwerfbar in der Tat manifestiert haben. Dies gilt in gleicher Weise bei einem
jugendlichen Täter, der zum Zeitpunkt seiner Verurteilung bereits junger Erwachsener ist und bei dem ein Erziehungsbedarf nicht mehr festgestellt werden kann. Letzteres hat zwar Einfluss auf die Frage, wie auf die festgestellte Gesetzesverletzung nunmehr zu reagieren ist, wirkt sich aber nicht auf die Prüfung aus, welches Unrecht der damalige Jugendliche mit der von ihm begangenen Tat verwirklicht und welche Schuld er damals auf sich geladen hat.
6. Auch im Jugendstrafrecht kann der Ausgleich für eine überlange Verfahrensdauer jedenfalls bei einer auf die Schwere der Schuld gestützten Verhängung von Jugendstrafe in Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten „Vollstreckungslösung“ vorgenommen werden.