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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2017
18. Jahrgang
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Von Wiss. Mit. Henning Lorenz, Halle
Der 3. Strafsenat des BGH musste sich im vorliegenden Beschluss erneut mit der Figur der "Fortwirkung von Gewalt als Drohung" auseinandersetzen. Kennzeichnend für diese ist zunächst, dass der Täter ohne Wegnahme- bzw. Erpressungsvorsatz Gewalt gegen das Opfer verübt. Nach abgeschlossener Gewaltausübung entschließt er sich sodann zur Wegnahme bzw. Erpressung, wobei er bewusst die Angst des Opfers vor erneuter Gewalt ausnutzt. Insoweit soll die Gewalt als Drohung "fortwirken". Mitunter wurde in einigen Entscheidungen zusätzlich auf das Fortwirken vergangener Drohungen abgestellt. In diesem Sinne verurteilte das LG im vorliegenden Fall den Täter unter anderem wegen räuberischer Erpressung, weil er vom Opfer Geld gefordert hatte und ihm dabei bewusst war, dass dieses noch "unter dem Eindruck der zuvor geäußerten Drohungen und Schläge" stand.[1] Dem ist der entscheidende Senat entgegengetreten und hat den Schuldspruch wegen räuberischer Erpressung aufgehoben. Nicht ausreichend für eine (konkludente) Drohung sei das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung. Erforderlich sei "vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht."[2] Damit bekräftigt er die aktuelle Rspr. des BGH. Die Figur der "Fortwirkung von Gewalt als Drohung" kann daher inzwischen endgültig als überholt angesehen werden.[3] Dies ist erfreulich, litt sie doch an einigen, noch zu erörternden Mängeln und war mit den Tatbestandsvoraussetzungen des Raubes und der räuberischen Erpressung nicht in Einklang zu bringen. Anders hatte dies im Jahr 2012 noch der 4. Strafsenat beurteilt. Für die Erfüllung des Raubtatbestandes sollte es ausreichen, dass "Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahme noch andauert oder als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und der Täter diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt, dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute wegzunehmen".[4] Auch der 3. Strafsenat hatte diese Fortwirkungs-Rspr. bspw. noch im Jahr 2004 in einem Fall vertreten.[5] Während in Zukunft also von den Tatgerichten das Vorliegen eines bestimmten Verhaltens, das den Anforderungen einer Drohung genügt, festzustellen ist, bleibt die Frage, wie sich die Fortwirkungs-Rspr. in der Vergangenheit überhaupt entwickeln konnte. Der folgende Beitrag soll zunächst dieser Frage nachgehen (II.). Anschließend geht er auf ihre Defizite ein (III.). Danach soll, im Anschluss an die vom BGH entschiedenen sog. Fesselungsfälle, untersucht werden, ob die Fortwirkungs-Rspr. zumindest im Ergebnis mittels eines Unterlassungsansatzes begründet werden kann (IV.), bevor ein Fazit zu ziehen ist (V.).
Ausgangspunkt für die Entwicklung der Fortwirkungs-Rspr. ist BGHSt 20, 32 – der sog. "Armbanduhr-Fall" – aus dem Jahr 1964.[6] Auf der Grundlage von Rspr.[7] und h.L.[8], die beim Raub zwischen Nötigung und Wegnahme aus Sicht des Täters eine finale Verknüpfung fordern, hatte der 1. Strafsenat des BGH zu entscheiden, ob ein Raub vorliegt, wenn die zu anderen – in casu unsittlichen – Zwecken begonnene, noch "fortdauernde Gewaltan-
wendung" (Festhalten) bewusst dazu benutzt wird, eine fremde, bewegliche Sache wegzunehmen. Dies bejahte er und begründete damit die Figur der sog. fortdauernden bzw. andauernden Gewaltanwendung, die seitdem einhellig anerkannt wird.[9]
Gleichzeitig wurde dadurch insgesamt die Diskussion über das Verhältnis von Gewaltanwendung und Wegnahme beim Raub angeregt. Eser nahm das Urteil zum Anlass, einige "typische Fallgestaltungen", u.a. die sog. Fesselungsfälle zu erörtern, auf die später noch zurückzukommen sein wird. Insbesondere hat er aber auch in terminologischer Hinsicht dargetan, dass es Fälle geben könne, "in denen die Gewaltanwendung oder Drohung zwar ohne Wegnahmeabsicht begonnen[hat], der Täter sich jedoch noch unter Fortwirkung der Gewalt zur Wegnahme entschließt."[10] Begrifflich war damit für die "Fortwirkung von Gewalt als Drohung" ein erster Schritt getan. Inhaltlich ging er dabei zwar nicht auf die Möglichkeit einer solchen Figur ein. Insbesondere fasste er die später vom BGH gelöste Fallgestaltung nicht ins Auge. Allerdings stellte er sich damit gegen die damalige, vereinzelt etwa von Maurach zu dem Thema geäußerte Auffassung, dass gerade nicht ausreiche, "wenn der Täter ohne dieses Ziel (d.h. ohne Wegnahmeabsicht) zu Gewalt oder Drohung greift, hinterher aber Wehrlosigkeit oder Einschüchterung des Opfers zum Zwecke der Wegnahme ausnützt"[11]. Auch wenn Maurachs These in dieser Form und vor dem Hintergrund der Fesselungsfälle zu pauschal und möglicherweise weitreichend ist,[12] markierte sie eine terminologische Grenze. Das Ausnutzen von abgeschlossener, aber fortwirkender Drohung und Gewalt konnte danach nie für die Annahme eines Raubes ausreichen. Indem diese Grenze in Frage gestellt wurde, war auch der Weg für die Figur der "Fortwirkung von Gewalt als Drohung" eröffnet.
Bereits kurze Zeit nach dem "Armbanduhr-Fall" hatte der 2. Strafsenat des BGH einen Fall zu entscheiden, in dem sich ihm die Frage der Fortwirkung von Gewalt stellte.[13] Die zwei Angeklagten und das spätere Opfer hatten in dessen Wohnung gemeinsam Karten gespielt und gezecht. Zum Abschied begleitete das Opfer die Angeklagten noch zur Straße, woraufhin einer davon ihm unvermittelt ins Gesicht schlug. Es flüchtete, kam allerdings alsbald zu Fall und wurde von den zwei Angeklagten gestellt, die inzwischen den Entschluss gefasst hatten, ihm unter Ausnutzung der soeben angewandten Gewalt die Geldbörse abzunehmen. Das verängstigte Opfer ließ dies ohne Gegenwehr geschehen. Das Landgericht verurteilte unter Berufung auf BGHSt 20, 32 wegen Raubes, weil die Gewalt in Form des Schlages noch "fortgedauert" habe, was auch bewusst zur Wegnahme ausgenutzt wurde. Der 2. Strafsenat hingegen wies darauf hin, dass die Strafkammer BGHSt 20, 32 missverstanden habe. Danach sei der Raubtatbestand nur erfüllt, wenn die Gewalt selbst, bspw. durch das weitere Festhalten am Arm, fortdauert. Das sei aber nicht der Fall, wenn – hier wird die Terminologie in der Rspr. erstmals verwendet – nur seine Folgen in Gestalt der Einschüchterung des Verletzten fortwirken.
Damit erteilte der 2. Strafsenat der Möglichkeit einer Fortwirkung von (abgeschlossenem) Gewaltverhalten, zu dessen Zeitpunkt kein Wegnahmevorsatz bestand, zur Begründung eines Raubes eine Absage. Gleichzeitig wies er jedoch auf ein kurz zuvor ergangenes Urteil des 5. Strafsenats hin.[14] Auch dort wurde, in Übereinstimmung mit der landgerichtlichen Entscheidung, BGHSt 20, 32 so gedeutet, dass für einen Raub "die Wegnahme von Geld unter bewusster Ausnutzung der Wirkung des aus Wut zugefügten Schlages und der auf Vollziehung des Beischlafs gerichteten – unmittelbar voraufgegangen – Gewaltanwendung" ausreiche. Bindungswirkung entfaltete diese Entscheidung für den 2. Strafsenat jedoch nicht, weil sie nicht auf dieser Rechtsauffassung beruhte. Deshalb unterblieb damals bedauerlicherweise eine Klärung durch den Großen Senat für Strafsachen.
Die Weichen für die Weiterentwicklung waren damit gestellt. Die Terminologie und die inhaltliche Anerkennung der Fortwirkung von Gewalt hatten, wenngleich noch umstritten, in der Rspr. Einzug gehalten. In den darauffolgenden Jahren ergingen einige Entscheidungen um diese Problematik. Allerdings gab es keine wirkliche Entwicklung, weil die Frage nach der Anerkennung der Fortwirkung von Gewalt in den entschiedenen Fällen entweder nicht entscheidungserheblich war[15] oder in den Entscheidungen zumindest unklar blieb, ob ohnehin fortdauernde Gewalt vorlag, die für die Annahme eines Raubes einhellig genügte[16].
Hervorzuheben ist eine Entscheidung des 1. Strafsenats aus dem Jahr 1976.[17] Zwar gab auch dieser Fall Anlass zur Diskussion über die Annahme der Fortwirkung von Gewalt. Allerdings konnte der 1. Strafsenat offenlassen, ob er die o.g. Auffassung des 5. Strafsenats teilte. Die für eine räuberische Erpressung erforderliche (konkludente) Drohung lag nämlich vor. Zur Begründung führte er aus: "[…]aus jedem ernstgemeinten Verlangen des Angeklagten sprach für sein Opfer die Drohung neuer Gewaltanwendung."[18] Damit konnte statt auf "das in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene, wenn auch psychisch fortwirkende Tun des Angeklagten", auf "dessen fortdauernde Drohung" abgestellt werden.[19] Insoweit ist
eine Besonderheit angesprochen, die für die Entwicklung der Fortwirkungs-Rspr. nicht unterschätzt werden darf. Der 1. Strafsenat wies darauf hin, dass zur Begründung einer räuberischen Erpressung eben nicht Bezug auf abgeschlossene, fortwirkende Gewalt genommen werden muss, sondern in der Aufforderung der Übergabe von Vermögenswerten eine – zumindest konkludente – aktuelle Drohung der Fortsetzung der Gewaltanwendung gesehen werden kann.[20]
Damit nahm er zum einen die zutreffende Differenzierung der Anknüpfungspunkte – abgeschlossene Gewalt und aktuelle Drohung – für die Begründung von Raub bzw. räuberischer Erpressung vor, welche in der späteren Entwicklung der Fortwirkungs-Rspr. zunehmend verloren ging. Zum anderen wird ein Unterschied zwischen den typischen Erscheinungsformen von Raub und räuberischer Erpressung deutlich. Die räuberische Erpressung stellt sich regelmäßig, ganz im Einklang mit der in der Rspr. vorherrschenden Abgrenzungsdoktrin nach dem äußeren Erscheinungsbild,[21] durch einen Gebensakt dar.[22] Diesem wird aber zumeist eine Aufforderung vorangehen, in der, bei entsprechenden vorangegangenen Gewalthandlungen, eine konkludente Drohung enthalten sein kann. Bei einem Raub wird es hingegen regelmäßig an einer Äußerung des Täters unmittelbar vor dem Wegnahmeakt fehlen, sodass einer konkludenten Drohung dieser Anknüpfungspunkt fehlt.
Die vom 1. Strafsenat herausgestellte terminologische Differenzierung von abgeschlossener Gewalt und (aktueller) Drohung wurde erstmals 1982 vom 4. Strafsenat aufgehoben.[23] Zunächst stimmte der 4. Strafsenat zwar der o.g. Entscheidung des 2. Strafsenats zu, in der die Annahme der Fortwirkung von Gewalt noch abgelehnt wurde. Hierzu führte er aus: "Faßt der Täter den Wegnahmeentschluß also erst zu einem Zeitpunkt, in dem die aus anderen Gründen verübte Gewaltanwendung selbst nicht mehr andauert, sondern nur noch in der Weise fortwirkt, daß sich das Opfer im Zustand der allgemeinen Einschüchterung[...]oder aber der Bewußtlosigkeit[...]befindet, scheidet die Anwendung des § 249 StGB aus." Anschließend führt er allerdings aus: "Anders kann es nur sein, wenn die zuvor verübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung weiterwirkt. Ist hier wie auch bei anderen Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben das Opfer zum Zeitpunkt, in dem der Täter den Wegnahmeentschluß faßt, noch derart eingeschüchtert, daß es sich der Wegnahmehandlung nicht zu widersetzen wagt, kommt eine Verurteilung wegen Raubes in Betracht, wenn der Täter diese Situation erkennt und bewußt zum Zwecke der Wegnahme ausnutzt[...]." Zum Beleg dieser Sichtweise führte der 4. Strafsenat die bereits dargestellten Entscheidungen des 1. Strafsenats und den Aufsatz Esers an. Dass darin diese These keine Stütze findet, ist aus den bisherigen Ausführungen deutlich geworden.
Der Senat hat damit, unter Berufung auf lediglich scheinbare Unterstützung in der Sache, die Figur der "Fortwirkung von Gewalt als Drohung" begründet. Der Umstand, dass terminologisch noch vom "Weiterwirken" der Gewalt gesprochen wird, ist dabei sachlich unerheblich. In Folgeentscheidungen wurde ohne nähere Ausführungen hierzu auf den Begriff des Fortwirkens abgestellt.[24] Diese Entscheidung stellte sich damit als der letzte und wichtigste Schritt zu der Fortwirkungs-Rspr., wie sie bis vor wenigen Jahren noch vom BGH vertreten wurde, dar.
Dabei ist zweifelhaft, ob das Gericht einen vollständigen Verzicht auf Feststellungen zum Drohungsverhalten und das reine Ausnutzen der Einschüchterung – wie es in der Fortwirkungs-Rspr. fortan getan wurde – als ausreichend für die Annahme eines Raubes erachtet hat. Immerhin führt es aus, dass dann "eine Verurteilung wegen Raubes in Betracht[kommt]", demnach nicht zwingend sei.[25] Es ist auch zu berücksichtigen, dass das Urteil zur Begründung seiner Auffassung auf das Urteil des 1. Strafsenats von 1976 verweist. Dort stand aber eine Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung im Raum. Die Annahme einer (konkludenten) Drohung konnte in diesem Kontext jedoch auf ein aktives Tun, das Herausgabeverlangen gestützt werden, woran es beim Raub regelmäßig, wie im entschiedenen Fall fehlt. Schließlich spricht auch die Subsumtion im konkreten Fall dafür: "Er[das Opfer] wurde vom Angeklagten weder geschlagen noch getreten oder mit weiteren Mißhandlungen bedroht, als dieser die Geldbörse aufhob, öffnete und sich jetzt zur Wegnahme des gesamten Geldbetrages entschloß.[...] Das Urteil kann deshalb keinen Bestand haben."[26] Insofern reichte die vorangegangene Gewalt in Form von Schlägen und Tritten und das anschließende Ausnutzen der geschaffenen Lage ersichtlich, auch nach den im Urteil neu eingeführten Maßstäben, nicht allein zur Begründung der Strafbarkeit aus. Nichtsdestotrotz entwickelte sich die Fortwirkungs-Rspr. in eben diese Richtung und es ergingen zahlreiche dies anerkennende Entscheidungen.[27]
Ein Beispiel hierfür ist ein vom 3. Strafsenat im Jahr 1992 entschiedener Fall.[28] Dort hatte der Täter das Opfer in einer Verkaufsstelle mit einem Messer bedroht, sich Geld aus einem Tresor herausgeben lassen und es unter Gewaltanwendung dazu gezwungen, am Boden liegen zu bleiben. Beim Verlassen der Räumlichkeiten sah er zufällig im Büro eine Tasche liegen, der er zuvor noch Geld entnahm. Der Senat hatte den Schuldspruch der landgerichtlichen Verurteilung wegen des tatmehrheitlich begangenen Diebstahls am Geld dahingehend abgeändert, dass es sich hierbei um einen tateinheitlich begangenen schweren Raub handelt. Dazu hatte er festgestellt, dass es ausreiche, wenn der Täter nach der Nötigungshandlung den Wegnahmeentschluss unter bewusster Ausnutzung der fortdauernden Zwangslage gefasst habe, weil in diesem Fall "die zuvor verübte Gewalt als aktuelle Drohung weiter[-wirke]".[29] Ersichtlich wird hier auf das Darlegen eines finalen Nötigungsverhaltens in Form von Drohung und Gewalt vollends verzichtet und das reine Ausnutzen von selbst geschaffener Nötigungswirkung als ausreichend für eine Raubstrafbarkeit erachtet.[30]
Ein Umbruch deutete sich erst im Jahr 2012 an. Der 3. Strafsenat hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Angeklagte mit zwei weiteren Personen gemeinsam eine Person zusammenschlug.[31] Als das spätere Opfer, ein Bekannter eben jener Person, die Gruppe aufforderte von diesem abzulassen, schlug der Angeklagte unvermittelt mit einem Schlagwerkzeug auf dessen Kopf und forderte ihn anschließend auf, seine Geldbörse herauszugeben. Das Opfer erklärte, keine bei sich zu haben und floh. Während das Landgericht noch eine Strafbarkeit wegen versuchten schweren Raubes annahm,[32] ging der BGH davon aus, dass dies einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Bei der Prüfung der Finalität konstatierte er, dass weder ein Wegnahmeentschluss zum Zeitpunkt der Gewalt in Form des Schlages festgestellt wurde, noch, "dass er[der Täter]dem Zeugen nach dem geführten Schlag – gegebenenfalls durch schlüssiges Verhalten – mit weiteren Gewalthandlungen drohte, um die Wegnahme zu ermöglichen."[33]
Damit kehrte der 3. Strafsenat wieder zu einer differenzierenden Betrachtung zwischen abgeschlossener Gewalt und aktueller Drohung zurück. Für die Drohung verlangte er ein bestimmtes, schlüssiges Verhalten, mit dem weitere Gewaltanwendungen angedroht werden. Die Möglichkeit, dass die Gewalt als Drohung fortwirken könnte, indem das Opfer noch derart eingeschüchtert ist, dass es sich der Wegnahmehandlung nicht zu widersetzen wagt und der Täter diese Situation erkennt und bewusst zum Zwecke der Wegnahme ausnutzt, wurde gar nicht mehr, obwohl doch naheliegend, erörtert.
Auch in einem kurze Zeit später entschiedenen Fall urteilte der 3. Strafsenat so und hob das landgerichtliche Urteil wegen schwerer räuberischer Erpressung auf.[34] Hinsichtlich der abgeschlossenen Gewalthandlungen ließen die Schilderungen der Vorgeschichte nach dessen Auffassung den Schluss zu, dass sie zur Bestrafung des Opfers und nicht zur Herausgabe von Vermögenswerten erfolgten. Eine spätere, zumindest konkludente Drohung mit weiterer Gewalt für den Fall, dass der Forderung zur Herausgabe von Vermögenswerten nicht nachgekommen wird, war von der Strafkammer nicht festgestellt worden. Allein "das bloße Ausnutzen einer vorangegangenen Nötigung" am verängstigten Opfer sollte zur Annahme eines Raubes nicht ausreichen, "wenn nicht die Nötigungslage bei Hinzutreten der Bereicherungsabsicht wenigstens aktualisiert aufrechterhalten wird[…]."[35]
Hier stellte der 3. Strafsenat explizit heraus, dass gerade ein bestimmtes Verhalten festgestellt werden muss, welches als Drohung zu qualifizieren ist. Nur das Ausnutzen der Wirkung vorangegangener Nötigung sollte hingegen nicht mehr ausreichen.
Während demnach in der Sache bereits eine Abkehr von der Fortwirkungs-Rspr. stattgefunden hatte, stellte sich erst der 2. Strafsenat im Jahr 2013 deutlich gegen die
Fortwirkungs-Rspr.[36] In dem zu entscheidenden Fall hatte der Täter zunächst aus sexuellen Beweggründen Gewalt gegen das Opfer angewandt. Nachdem er seine Bedürfnisse befriedigt hatte, fielen ihm drei goldene Ringe an den Händen des Opfers auf, die er nun entwendete. Das Opfer duldete dies aus Angst vor erneuten Gewalthandlungen. Während das Landgericht den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Raub und Körperverletzung verurteilt hatte, sah der 2. Strafsenat den Raubtatbestand den bisherigen Feststellung nach nicht als erfüllt an. Hinsichtlich der anfänglichen Gewalthandlungen des Täters gegen das Opfer stellte er fest, dass es zu diesem Zeitpunkt am Wegnahmevorsatz und damit der Finalität des Handelns fehlte. Zwar könne Gewalt, wie im Armbanduhr-Fall fortdauern, wenn sie zum Zeitpunkt des Fassens des Wegnahmvorsatzes fortgesetzt wird, bspw. durch weiteres Festhalten des Opfers. Das war vorliegend jedoch nicht der Fall. Auch eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben konnte der Senat den landgerichtlichen Feststellungen nicht entnehmen. Dazu führte er aus: "Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält für sich genommen noch keine Drohung. Zwar kann eine Drohung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Erforderlich ist dafür jedoch, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es genügt nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen[...]. Das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers mag sich als das Ausnutzen einer hilflosen Lage darstellen, die vom Gesetzgeber indes ausschließlich in § 177 Abs. 1 StGB neben Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu einem selbständigen tatbestandlichen Nötigungsmittel erhoben wurde."[37]
Damit war das Ende der Fortwirkungs-Rspr. besiegelt. Diesen Ausführungen schloss sich der 3. Strafsenat unter Verweis auf das Urteil kurz darauf in einem Beschluss an, wobei er sie sogar als st. Rspr. auswies.[38] Mit dem vorliegenden Beschluss geht er diesen Weg weiter. Auch der 4. und 5. Strafsenat folgen dieser Auffassung inzwischen.[39]
Der größte Kritikpunkt der Fortwirkungs-Rspr., sozusagen ihr "Geburtsfehler", lag in der terminologischen Verbindung zwischen abgeschlossener Gewalt und aktueller Drohung. Allein das Ausnutzen der fortdauernden Wirkung abgeschlossener Gewalt zur Wegnahme wurde bereits 1976 ganz zutreffend vom 2. Strafsenat als unzureichend für die Begründung eines Raubes angesehen.[40] Dies ist st. Rspr. geworden und auch in der Literatur anerkannt.[41] Auf die abgeschlossene Gewaltanwendung, zu deren Zeitpunkt kein Wegnahme- bzw. Erpressungsvorsatz vorlag, kann daher nicht abgestellt werden. Gleichzeitig wies der Senat jedoch darauf hin, dass das Verhalten vor der Wegnahme eine konkludente Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des Opfers sein könnte (in casu: bedrohliches Aufbauen vor dem zuvor geschlagenem Opfer).[42] Auch das ist zutreffend. Der 2. Strafsenat zieht demnach die Möglichkeit eines Raubes mittels Drohung in Betracht. Hierfür ist aber das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende zumindest vorgibt Einfluss zu haben, erforderlich.[43] Im Bereich aktiven Tuns ist daher eine ausdrückliche oder konkludente Äußerung notwendig.[44] Dies fordern inzwischen auch die Strafsenate des BGH wieder; ein "bestimmtes Verhalten". Durch die unbegründete These, abgeschlossene Gewalt könne als aktuelle Drohung fortwirken, erforderlich sei nur, dass deren Wirkung vom Täter bewusst zum Zwecke der Wegnahme ausgenutzt wird, hat der 4. Strafsenat diesen Umstand 1982 kaschiert und darauf die Fortwirkungs-Rspr. gegründet.[45] Die begriffliche Verknüpfung der beiden Tathandlungsalternativen macht es jedoch nicht entbehrlich darzulegen, dass deren Voraussetzungen im konkreten Fall vorlagen. Fehlt es daher an Feststellungen zu einem bestimmten Verhalten, dass als Drohung einzuordnen ist, muss deren Annahme ausscheiden.[46] Es ist allerdings nicht verwunderlich, dass der Generalbundesanwalt in seinem, dem vorliegenden Beschluss des 3. Strafsenats zugrundeliegenden Revisionsantrag die Auffassung vertreten hat, "die Aktualisierung der Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten des Täters" sei entbehrlich.[47] Lange Zeit galt dies unter der Fortwirkungs-Rspr. des BGH. Auch dürfte diese Sichtweise, wie der Umstand der Aufhebung entsprechend entschiedener Fälle durch den BGH zeigt, bei den Tatgerichten noch weit verbreitet sein. Überzeugend ist weiterhin auch das vom 3. Strafsenat im vorliegenden Beschluss hiergegen angeführte systematische Argument, das Ausnutzen einer schutzlosen Lage in § 177 I Nr. 3 StGB a.F. bzw. § 177 V Nr. 3 StGB n.F. eigenständiges, tatbestandliches Nötigungsmittel.[48] Schließlich obliegt es dem Gesetzgeber, die dort für ent-
sprechende Fälle mit dem 33. StÄG im Jahr 1997 geschlossene und für Raub und räuberische Erpressung weiterhin bestehende Strafbarkeitslücke ebenfalls zu schließen.[49] Des Weiteren ist noch auf den Wertungswiderspruch hinzuweisen, der durch die Fortwirkungs-Rspr. entsteht. Bei besonders massiver Gewaltanwendung in denen das Opfer hilflos (bspw. bewusstlos, widerstandsunfähig) wird, kann diese nicht "als Drohung fortwirken". Es kommt dann allein ein Diebstahl in Betracht, während bei moderater Gewaltanwendung ein Raub anzunehmen wäre.[50]
Ergibt sich nach alldem, dass über die Grundsätze der Fortwirkungs-Rspr. eine Drohung durch aktives Tun nicht begründet werden kann, erscheint bedenkenswert, ob sie auf einen Unterlassungsansatz gestützt werden kann.
Für das Nötigungsmittel der Gewalt ist diese Vorgehensweise in der Literatur bereits früh diskutiert worden. Auch der BGH hatte sich mit diesem Ansatz später in zwei Fällen auseinanderzusetzen, was die Diskussion noch einmal vorantrieb.
Anlass hierzu gab in der Rspr. ein Fall aus dem Jahr 1983, den der 4. Strafsenat zu entscheiden hatte. Mehrere Täter hatten einen Hotelportier in ihrem Zimmer gefesselt, um das Hotel um die Übernachtungskosten prellen zu können.[51] Beim Verlassen des Hotels entschlossen sie sich anschließend, auch noch Geld aus der von diesem verwahrten Kasse an der Rezeption zu entwenden. Im Einklang mit dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts ist der 4. Strafsenat davon ausgegangen, dass diesbezüglich nur ein Diebstahl vorliege. Dies liege daran, dass bei der Wegnahme des Geldes die Nötigungshandlung bereits "abgeschlossen war und lediglich die Nötigungswirkungen noch fortdauerten[…]."[52] Der 4. Strafsenat ging damit zwar nicht explizit auf die Möglichkeit von Gewalt durch Unterlassen ein, entschied sich in der Sache mit der Verurteilung wegen Diebstahls jedoch dagegen. In der Literatur wurde ein Unterlassungsansatz für den Fall demgegenüber diskutiert und z.T. befürwortet.[53]
Anders positionierte sich die Rspr., namentlich der 2. Strafsenat des BGH, 20 Jahre später in einem Urteil.[54] Der angeklagte Obdachlose hatte in einer fremden Jagdhütte übernachtet. Als das spätere Opfer diese am nächsten Morgen aufsuchte, sprühte der Angeklagte ihm beim Öffnen der Tür Flüssigkeit ins Gesicht und schlug ihn zu Boden. Anschließend warf er sich auf ihn und zerschlug eine mitgebrachte Sprudelflasche auf dem Kopf des Opfers. Hiernach warf er noch einen 8 kg schweren Feldstein auf dessen Kopf. Durch das Wegdrehen des Opfers traf er den Kopf nur seitlich, wobei der Schädel brach. Nach alldem fesselte der Angeklagte das Opfer an einen Stuhl in der Jagdhütte. Spätestens hiernach entschloss er sich dazu, den Landrover des Opfers und andere Sachen wegzunehmen. Sodann ergriff er die Taschen des Opfers, schloss die Jagdhütte ab und fuhr mit dem Wagen davon.
Der 2. Strafsenat legte zunächst die bis dato geltenden und bereits oben dargestellten Grundsätze dar, die galten, wenn eine Nötigung zunächst ohne Wegnahme- oder Erpressungsvorsatz vorgenommen wurde: "Hingegen ist auch bei einer zunächst mit anderer Zielrichtung erfolgten Nötigung, die der Täter zur Wegnahme ausnutzt, der Raubtatbestand erfüllt, wenn die Gewalt noch andauert oder als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und dieses dazu veranlaßt, die Wegnahmehandlung zu dulden[…]."[55] Er erkannte, dass durchaus problematisch ist, ob von andauernder Gewalt ausgegangen werden kann, wenn das Opfer gefesselt wurde. Nun stellte er die bereits von Eser im o.g. Beitrag vertretene Lösung dar, wonach in diesen Fällen als Nötigungsmittel auf die auf Ingerenz beruhende pflichtwidrige Nichtbeendigung der Gewaltsituation abgestellt werden könne. Darauffolgend wurde in Grundzügen das Für und Wider des Unterlassungsansatzes abgewogen und der Lösungsansatz für gangbar erklärt – jedenfalls bei engem räumlich zeitlichem Zusammenhang zwischen Gewaltanwendung und Ausnutzen deren Wirkung.[56] Gleichwohl positionierte er sich nicht entscheidend, weil er die Fortdauer der körperlichen Zwangswirkung als Gewalt-Handlung qualifiziert und damit (auch) von aktivem Tun ausgeht, das den Tatbestand erfüllt.
Diese Annahme ist irrig. Denn auch beim Dauerdelikt der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), welches durch die Fesselung verwirklicht wird, wird nicht die Tat-/Gewalthandlung fortwährend wiederholt.[57] Es ist nur der Taterfolg der bis zur Beendigung der Tat immer wie-
der von neuem eintritt.[58] Es bestand daher kein aktives Tun als Anknüpfungspunkt für eine Raubstrafbarkeit. Der 2. Strafsenat hätte demnach, ebenso wie der 4. Strafsenat 20 Jahre zuvor, Stellung beziehen und in der Sache entscheiden müssen, ob das Unterlassen der Nichtbeendigung einer Gewaltsituation den Tatbestand des § 249 StGB erfüllen kann. Weil er vorliegend die Strafbarkeit des Angeklagten wegen Raubes annahm, welche nur über den Unterlassungsansatz begründbar wäre, hätte er einen Anfragebeschluss nach § 132 III 1 GVG an den 4. Strafsenat richten müssen, um von dessen gegenläufiger Rspr. abweichen zu können.[59]
Gesetzt den Fall dieser hätte daran festgehalten, wäre die Frage mittels eines Vorlagebeschlusses der – dann wohl argumentativ tiefergehenden – Entscheidung durch den Großen Senat für Strafsachen zugeführt worden – eine vertane Chance. Nach der hier vertretenen Ansicht, hätte eine solche Entscheidung im Grundsatz zugunsten des Unterlassungsansatzes ausgehen müssen. In casu wäre ein Raub gleichwohl abzulehnen gewesen.
Die gegen den Unterlassungsansatz ins Feld geführten Argumente setzen an unterschiedlichen Punkten an, die hier im Wesentlichen dargelegt werden sollen.[60]
In Bezug auf den "Gewalt"-Begriff wird etwa darauf verwiesen, dass Gewalt nicht einen Erfolg beschreibe, welchen man durch Tun oder Unterlassen herbeiführen könne. Vielmehr sei es die Eigenschaft eines positiven Tuns, des "gewaltsamen Handelns".[61] Bereits anlässlich des 1983 ergangenen Urteils des 4. Strafsenats hat Jakobs diese Sichtweise ob ihrer naturalistischen Enge widerlegt.[62] Auch die heute h.M. in Lit. und Rspr. erkennt bei der Nötigung nach § 240 StGB die Möglichkeit von Gewalt durch Unterlassen an.[63]
Ein weiterer von Küper vorgebrachter Einwand lautet, der Unterlassungsansatz verselbstständige das Ausnutzen bzw. Nichtbeenden einer Zwangslage zu einer eigenständigen (passiven) Gewaltanwendung und verwische damit die Trennung zwischen finalem Gewalteinsatz und bloßer Ausnutzung der Wehrlosigkeit.[64] Dieses Argument wurde bereits oben als solches gegen die Fortwirkungs-Rspr. benannt, ist das Ausnutzen der Wehrlosigkeit vom Gesetzgeber doch nur bei § 177 StGB als eigenes tatbestandliches Nötigungsmittel vorgesehen.[65] Gleichwohl überzeugt das Argument im Hinblick auf den Unterlassungsansatz nicht. Zutreffend weist Gössel darauf hin, dass der von Küper dargelegte Befund schlicht aus dem Charakter unechter Unterlassungsdelikte folgt.[66] Diese behandeln den Täter als habe er den Erfolg aktiv herbeigeführt und bedrohen ihn (nur) mit Strafe, wenn er einen Erfolg, trotz bestehender Abwendungsmöglichkeit nicht verhindert.[67] Dieses Vorgehen ist auch nicht "recht problematisch"[68] und verwischt eine "Trennung" bzw. Grenze i.S.e. gesetzgeberischen Strafbarkeitsentscheidung. Der Unterlassungsansatz setzt eine Garantenstellung voraus und greift daher – anders als § 177 StGB – nicht in Fällen, in denen es hieran fehlt und zugleich eine Zwangslage ausgenutzt wird.[69] Die durch § 13 I StGB vom Gesetzgeber markierte Grenze der Strafbarkeit bleibt insofern unangetastet.
Auch der Einwand, die ratio des Raubtatbestandes liege darin, dass ein Täter sich durch die Zueignungsabsicht zu Aggressionstaten – also aktivem Tun bewegen – lasse,[70] überzeugt nicht. Im Speziellen hat Jakobs diese Argumentation, die auf das allgemeine Problem der Auslegung nach der ratio legis[71] zurückzuführen ist, als petitio principii enttarnt.[72] Problemlos ließe sich ebenso behaupten, die ratio sei in einem weiteren Sinne zu verstehen, namentlich dass ein Täter sich durch die Zueignungsabsicht bewegen lässt, körperliche Zwangswirkung – sei es aktiv oder durch Unterlassen – einzusetzen.[73] Ohne weitere
Sachgründe kommt diesem Einwand demnach kein Gewicht zu.[74]
Des Weiteren spricht auch eine spezielle Voraussetzung der unechten Unterlassungsdelikte, die Modalitätenäquivalenz, die in § 13 I Hs. 2 StGB in der Entsprechensklausel zum Ausdruck kommt, nicht gegen den Unterlassungsansatz.[75] Die Behauptung, der Raub sei in psychischer Hinsicht und seinem Unrechtsgehalt nach durch die aktive Gewaltanwendung zum Zweck der Wegnahme geprägt, woran ein Entsprechen bei Gewalt durch Unterlassen scheitere, ist wiederum dem Vorwurf des Zirkelschlusses ausgesetzt. Von den gängigen Auslegungsmethoden wird dieses Ergebnis jedenfalls nicht getragen.[76]
Schließlich überzeugt auch der kriminalpolitische Einwand Küpers nicht, es sei ein Anlass zur Skepsis, dass nach dem Unterlassungsansatz der besonders brutal vorgehende Täter, der die Zwangswirkung nicht mehr beseitigen könne, nicht wegen Raubes zu bestrafen sei.[77] Dies ist z.B. der Fall, wenn der Täter sein Opfer in eine temporäre, für ihn nicht zu behebende Bewusstlosigkeit versetzt hat.[78] Zwar ist der Befund Küpers zutreffend, der weniger brutal agierende Täter, der die Zwangslage noch aufzuheben vermag, könne nach dem Unterlassungsansatz wegen Raubes und damit härter bestraft werden. Dies ist jedoch lediglich Ausfluss der Dogmatik der unechten Unterlassungsdelikte[79] und mit deren Normierung in § 13 I StGB vom Gesetzgeber anerkannt.[80] Empfindet man dieses Ergebnis gleichwohl als unbefriedigend, liegt dies an der Ausgestaltung des § 249 I StGB, der Finalität zwischen Nötigungsverhalten – aktiv oder passiv – und Wegnahme fordert.[81]
Jakobs hat in jüngerer Vergangenheit wiederholt Kritik an dieser Ausgestaltung geäußert.[82] Das geltende Recht stelle sich als eine Mischform zweier Raubbegriffe, dem als qualifiziertem Eigentumsdelikt und dem als qualifiziertem Freiheitsdelikt dar.[83] Damit seien allerdings – worauf er zutreffend hinweist –"missliche Konsequenzen" verbunden.[84] Eine davon sei gerade die soeben genannte, dass derjenige nicht wegen Raubes bestraft werden könne, der nicht mehr in der Lage ist, den Zwang zurückzunehmen. Obgleich Jakobs dafür plädiert, die Finalität als Ausfluss des Verständnisses des Raubs als Freiheitsdelikts "ersatzlos zu verabschieden" und dies auch de lege lata als mit dem Wortlaut des § 249 StGB vereinbar sieht, erblickt er in der Ausgestaltung der Qualifikationen aus § 250, 251 StGB einen Hinderungsgrund, diese Konsequenz zu "glätten".[85] Damit schließt er wohl eine entsprechende Auslegung aus und fasst eine Umgestaltung de lege ferenda ins Auge.[86] Entsprechend seines Verständnisses müsse Raub als qualifiziertes Eigentumsdelikt "Wegnahme bei gegebener Garantenzuständigkeit für ein die Wegnahme ermöglichendes Defizit an höchstpersönlichem Abwehrpotential" sein.[87]
Im Bereich des Sexualstrafrechts existiert ein vergleichbar weitreichendes Schutzkonzept. Fälle, in denen der Täter zur Erreichung seines Ziels ausnutzt, dass das Opfer nicht in der Lage ist, sich einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern (vgl. § 179 I Nr.1, 2 StGB a.F. bzw. seit dessen Reform Ende 2016 § 177 II Nr. 1 StGB n.F.).[88] Erfasst ist damit etwa der o. g. Fall des Ausnutzens von Bewusstlosigkeit, wiewohl es auf eine Garantenzuständigkeit freilich nicht ankommt. Für die Fälle, in denen der Täter lediglich die schutzlose Lage des Opfers ausnutzt, um sein Ziel zu erreichen, namentlich in Fällen der Fortwirkungs-Rspr. greift § 177 I Nr. 3 StGB a.F. bzw. § 177 V Nr. 3 StGB n.F. ein. Auch hier kommt es auf eine Garantenzuständigkeit nicht an. Der Vermögensschutz des StGB bleibt hinter diesem weitreichenden Schutzkonzept de lege lata zurück.
Nach alldem ist festzuhalten, dass keine überzeugenden Gründe gegen den Unterlassungsansatz streiten. Vielmehr hat sich gezeigt, dass nach allgemeinen dogmatischen Grundsätzen Gewalt durch Unterlassen beim Raub möglich ist.[89] Während deshalb nun von einigen Stimmen in der Literatur umfassend eine Raubstrafbarkeit bei garantenpflichtwidriger Nichtbeendigung der Zwangslage angenommen wird,[90] hat Walter eine einschränkende, "vermittelnde Lösung" vorgeschlagen.[91] Er weist darauf hin, dass der Finalzusammenhang voraussetzt, dass die Wegnahme Zweck der Gewalt sei. Zwar lasse die h.M. auch zu, dass mehrere Motive nebeneinander bestehen. Allerdings darf auch der Wegnahmevorsatz nicht von anderen Motiven "dominiert" werden, also vollends in den Hintergrund treten.[92] Im Regelfall, in dem die Anwendung des Unterlassungsansatzes denkbar erscheint, wird für den Täter zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Wegnahme aus guten Gründen (Entdeckungs- und Verfolgungsgefahr) jedoch ohnehin überhaupt nicht in Betracht kommen, die Zwangslage des Opfers (Fesselung, Einsperrung etc.) zu beenden.[93] Motivatorisch spielt der Wegnahmeentschluss dann nur eine untergeordnete, kaum ins Gewicht fallende Rolle für die Nichtbeendigung der Zwangslage. Da aber genau diese motivatorische Verknüpfung, die Finalität, nach h.M. das Unrecht des Raubes charakterisiert und die Strafschärfung ggü. dem Diebstahl begründet,[94] weist Walter überzeugend darauf hin, dass in diesen Konstellationen die Anwendung des Raubtatbestandes nicht gerechtfertigt ist.[95] Für den eingangs erwähnten Jagdhütten-Fall des 2. Strafsenats bedeutet dies, dass nach überzeugender Auffassung allein Diebstahl in besonders schwerem Fall (§ 243 Abs. 1 Nr. 6 StGB), Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährliche Körperverletzung verwirklicht wurden. Insgesamt verbleibt nach diesen Vorgaben für den grundsätzlich möglichen Unterlassungsansatz nur noch ein verschwindend kleiner, auf sehr seltene Fälle beschränkter Anwendungsbereich.[96] Erscheint dies i.E. wiederum unbillig, muss an dieser Stelle erneut auf eine denkbare Umgestaltung des Raubtatbestandes in Anlehnung an das Sexualstrafrecht verwiesen werden.
Abschließend ist festzuhalten, dass der Unterlassungsansatz für die relevanten Fallkonstellationen demnach an der Subsumtion unter die allgemeine Dogmatik scheitert und nicht an dieser selbst. Vor diesem Ergebnis lassen sich jedoch auch die dogmatischen Einwände seiner Gegner besser einordnen. Wer aufgrund der ratio oder der Entsprechensklausel für den Raub eine aktive Gewaltanwendung fordert, irrt zwar in der Wahl der Argumente. Das gefundene Ergebnis entspricht aber weitestgehend der zutreffenden Intuition, dass in den allermeisten Fällen das (garantenpflichtwidrige) Ausnutzen einer Zwangslage kein Raubunrecht ist.
Schließlich könnten die Überlegungen zum Unterlassungsansatz hinsichtlich des Nötigungsmittels Gewalt auch auf die Drohung übertragbar sein. Die Parallelität wird augenfällig, wenn man sich erneut die Voraussetzungen der Fortwirkungs-Rspr. ins Gedächtnis ruft. Danach war erforderlich, dass "Gewalt[…]als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und der Täter diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt, dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute wegzunehmen".[97] Hier wie dort geht es um das Ausnutzen der fortdauernden Wirkung aktiven Nötigungsverhaltens zur Wegnahme, welches zunächst ohne Wegnahme- bzw. Erpressungsvorsatz vorgenommen wurde. Hier geht es um die psychische Zwangswirkung (Einschüchterung), dort um die körperliche Zwangswirkung (Fesselung, Einsperren etc.) des aktiven Nötigungsverhaltens.
Gleichwohl ließen sich bereits generell Einwände gegen eine Drohung durch Unterlassen erheben. Anders als bei Gewalt, erfährt die Modalität der Drohung durch Unterlassen bereits sub specie § 240 StGB deutlich weniger Zuspruch. Ein Teil in der Literatur, z.T. Autoren die bereits Gewalt durch Unterlassen ablehnen, lehnt diese
Möglichkeit kategorisch ab.[98] Zutreffend ist hingegen die Gegenansicht, die im garantenpflichtwidrigen Unterlassen der Korrektur des Eindrucks beim Opfer bedroht zu sein, eine tatbestandliche Drohung durch Unterlassen sieht.[99] Als Beispielsfall wird zwar regelmäßig nur angeführt, dass jemand lediglich fahrlässig den Eindruck eines Drohungsverhaltens erwecke und später, nachdem ihm dies klar wird, vorsätzlich diese Drohwirkung trotz Garantenstellung aus Ingerenz nicht beseitige, um sein Ziel zu erreichen.[100] Allerdings wurde auch die Gewalt durch Unterlassen anfangs immer anhand solcher Fahrlässigkeits-Vorsatz-Beispiele erörtert (z.B. versehentliches Einsperren). Genau wie bei der Gewalt schadet allerdings nicht, dass die Zwangswirkung bereits vorsätzlich herbeigeführt wurde (zur Ingerenz, vgl. oben). Auch der Begriff der Drohung setzt wie die Gewalt nicht zwingend ein aktives Tun voraus.[101] Schließlich kann durch die Annahme der Möglichkeit von Gewalt und Drohung durch Unterlassen ein Gleichlauf beider Nötigungsmittel geschaffen werden.
Folgt man dem, müssten Vertreter des "reinen" Unterlassungsansatzes bei Gewalt konsequenterweise auch die Möglichkeit der Drohung durch Unterlassen beim Raub anerkennen.[102] Damit wäre auch der o.g. Einwand gegen die Fortwirkungs-Rspr. aus der Welt geschafft,[103] es sei ungerecht, dass bei besonders massiver Gewaltanwendung, die bspw. zur Bewusstlosigkeit führe, die Gewalt nicht "als Drohung fortwirken" könne. Dieser Umstand folgt, wie gezeigt, lediglich aus den Anforderungen an das unechte Unterlassungsdelikt.[104] Die Fortwirkungs-Rspr. ließe sich damit auf ein dogmatisches Fundament stellen.[105] Nach der hier favorisierten "vermittelnden Lösung" Walters hingegen, scheidet die Annahme eines Raubes trotz der grundsätzlichen Möglichkeit jedoch in aller Regel aus. Zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Wegnahme kommt für den Täter doch allgemein überhaupt nicht in Betracht, eine Korrektur der von ihm erzeugten Drohwirkung vorzunehmen. Der Wegnahmeentschluss spielt daher auch keine Rolle für das Unterlassen der Korrektur der Drohwirkung, weil dies ohnehin keine Handlungsoption nach verübter Gewalt ist. Entsprechend den Worten Walters zur Finalität der Raubgewalt durch Unterlassen, liegt daher i.d.R. keine Finalität vorher, weil "der Unterlassende (Garant ist und)[auch]ohne den Entschluss zur Wegnahme[nicht]gehandelt und den anderen befreit haben würde."[106] Ein konstruierter Ausnahmefall läge allenfalls vor, wenn der Täter zunächst Gewalt gegen das Opfer ausübt, um es einzuschüchtern, anschließend jedoch vorhat, es zu beruhigen und ihm die akute Angst vor erneuter Gewaltanwendung zu nehmen. Bevor er es beruhigt, fällt ihm jedoch ein Gegenstand auf, den er nun unter Ausnutzung der Angst des Opfers an sich nimmt. Hier motiviert tatsächlich der Wegnahmeentschluss zum Unterlassen der andernfalls vorgesehenen Korrektur der Drohwirkung. Es bestünde ein Finalzusammenhang. Abseitig solcher Gedankenspiele, scheidet ein Raub durch Drohung durch Unterlassen nach der hier vertretenen Auffassung allerdings aus. Die Fortwirkungs-Rspr. kann daher nicht auf einen Unterlassungsansatz gestützt werden.
Der vorliegende Beschluss des 3. Strafsenats führt die begrüßenswerte Abkehr der jüngeren Rspr. von der sog. Fortwirkungs-Rspr. fort. Diese hatte sich ausgehend von BGHSt 20, 32, dem sog. "Armbanduhr-Fall" aus dem Jahr 1964 entwickelt. Trotz berechtigter Zweifel und teilweiser Ablehnung in der Rspr., konnte sich schließlich dennoch mit der Entscheidung des 4. Strafsenats aus dem Jahr 1982 die darin aufgestellte, unbegründete These etablieren, Gewalt könne als aktuelle Drohung fortwirken, erforderlich
sei nur, dass deren Wirkung vom Täter bewusst zum Zwecke der Wegnahme ausgenutzt wird. Diese terminologische Verbindung zwischen abgeschlossener Gewalt und aktueller Drohung vermag jedoch nicht darüber hinwegzuhelfen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 249 StGB erfüllt sein müssen. Für die Gewalt durch aktives Tun scheitert dies an der Finalität. Für die Drohung durch aktives Tun scheitert dies daran, dass ein "bestimmtes Verhalten" festgestellt werden muss, durch das eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben in Aussicht gestellt wird. Das Ausnutzen der Wirkung vorangegangen Nötigungsverhaltens genügt diesen Anforderungen nicht. Denkbar erscheint allenfalls eine Drohung durch Unterlassen anzunehmen. Für die sog. Fesselungsfälle wird in Rspr. und Lit. ein Unterlassungsansatz für Raubgewalt diskutiert. Entgegen verbreiteter Sicht, sprechen keine grundsätzlichen dogmatischen Bedenken gegen diesen Ansatz. Pflichtet man dem bei, drängt sich jedoch die Frage auf, ob auch ein Raub mit Drohung durch Unterlassen möglich ist. In beiden Konstellationen werden die Wirkungen früheren Nötigungsverhaltens ausgenutzt. Auch sprechen keine spezifischen Gründe gegen eine Ungleichbehandlung von Gewalt und Drohung in diesem Kontext. Deshalb liegt es für diejenigen Autoren, die den Unterlassungsansatz bzgl. Gewalt anwenden und damit zur Raubstrafbarkeit in den Fesselungsfällen gelangen, nur nahe, in den Fällen der Fortwirkungs-Rspr. einen Raub durch Drohung durch Unterlassen anzunehmen. Nach der hier vertretenen "vermittelnden Lösung" Walters hingegen scheidet im ganz überwiegenden Teil aller Fälle ein Raub sowohl bei Gewalt als auch bei Drohung durch Unterlassen aus. Der Wegnahmeentschluss erreicht nicht die motivatorische Bedeutung für das Unterlassen, die vonnöten wäre, um Finalität und damit Raubunrecht zu begründen. Im Ergebnis fügt sich die Abkehr von der Fortwirkungs-Rspr. daher auch stimmig in die übrige Raubdogmatik.
[1] BGH 3 StR 174/16, Beschluss v. 20. September 2016 = NStZ 2017, 92.
[2] BGH 3 StR 174/16, Beschluss v. 20. September 2016 = NStZ 2017, 92, 93.
[3] S. dazu unten Fn. 27.
[4] BGH 4 StR 174/12, Urteil v. 25. Oktober 2012 = NStZ 2013, 471, 472 = HRRS 2012 Nr. 1098.
[5] BGH 3 StR 51/04, Beschluss v. 03. März 2004 = NStZ 2004, 556 = HRRS 2004 Nr. 372.
[6] BGH 1 StR 267/64, Urteil v. 15. September 1964 = BGHSt 20, 32.
[7] Zu dieser st. Rspr. vgl. statt aller und m.w.N. BGH 1 StR 398/15, Urteil vom 20. Januar 2016 = NStZ 2016, 472 = HRRS 2016 Nr. 571.
[8] Statt aller und zur abw. objektiv-kausalen Zusammenhangsbestimmung Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 29. Aufl. (2014), § 249 Rn. 6, 7.
[9] Vgl. Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 8), § 249 Rn. 6a; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil, Band I, 3. Aufl. (2015), Rn. 325 ff.
[10] Eser NJW 1965, 377, 379.
[11] Maurach , Deutsches Strafrecht Besonderer Teil, 4. Aufl. (1964), S. 240.
[12] Vgl. hierzu unten unter IV. 1.
[13] BGH 2 StR 234/67, Urteil v. 12. Juli 1967 = MDR 1967, 17.
[14] BGH 5 StR 118/67, Urteil v. 14. April 1967.
[15] BGH 1 StR 422/73, Urteil v. 2. Oktober 1973; BGH 5 StR 7/74, Urteil v. 26. Februar 1974.
[16] BGH 1 StR 272/74, Urteil v. 8. Oktober 1974; BGH 1 StR 63/75, Urteil v. 25. März 1975.
[17] BGH 1 StR 393/76, Urteil v. 9. November 1976.
[18] BGH 1 StR 393/76, Urteil v. 9. November 1976.
[19] BGH 1 StR 393/76, Urteil v. 9. November 1976.
[20] Ein ähnlicher Fall BGH 3 StR 51/04, Beschluss v. 03. März 2004 = NStZ 2004, 556 = HRRS 2004 Nr. 372.
[21] Zust. und m.w.N. zu dieser st. Rspr. Kudlich, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Strafgesetzbuch Kommentar, 3. Aufl. (2016), Vor §§ 249 ff. Rn. 7, 8, 11.
[22] Eine Ausnahme liegt nach der Rspr. nur dann vor, wenn der Raub als lex specialis ausscheidet und daher auf die räuberische Erpressung als lex generalis zurückgegriffen werden muss. Vgl. zur fehlenden rechtswidrigen Zueignungsabsicht und dem sog. "Taxifall", BGH 5 StR 80/60, Urteil v. 5. Juli 1960 = BGHSt 14, 386.
[23] BGH 4 StR 181/82, Urteil v. 27. Mai 1982 = NStZ 1982, 380.
[24] Bspw. in BGH 4 StR 544/94, Urteil v. 27. Oktober 1994 = StV 1995, 340 f.
[25] BGH NStZ 1982, 380, 381.
[26] BGH NStZ 1982, 380, 381. Die Kursivsetzung ist eine Hervorhebung des Autors.
[27] 1. Strafsenat: BGH 1 StR 417/99, Urteil v. 12. Oktober 1999 = NStZ 2000, 87. 2. Strafsenat: BGH 2 StR 431/94, Urteil v. 7. September 1994 = StV 1995, 416; BGH 2 StR 153/02, Urteil v. 2. Oktober 2002 = NStZ-RR 2003, 42; BGH 2 StR 283/03, Urteil v. 15. Oktober 2003 = BGHSt 48, 365. 3. Strafsenat: BGH 3 StR 358/92, Urteil v. 12. August 1992 = NStZ 1993, 77; BGH 3 StR 51/04, Beschluss v. 03. März 2004 = NStZ 2004, 556 = HRRS 2004 Nr. 372. 4. Strafsenat: BGH 4 StR 544/94, Urteil v. 27. Oktober 1994 = StV 1995, 340; BGH 4 StR 752/95, Urteil v. 8. Februar 1996 = NStZ 1996, 331; BGH 4 StR 42/08, Urteil v. 15. April 2008 = JuS 2008, 741 = HRRS 2008 Nr. 526; BGH 4 StR 260/10, Beschluss v. 24. Juni 2010 = NStZ 2010, 570 = HRRS 2010 Nr. 730; BGH 4 StR 174/12, Urteil v. 25. Oktober 2012 = NStZ 2013, 471 = HRRS 2012 Nr. 1098. 5. Strafsenat: BGH 5 StR 197/04, Urteil v. 17. August 2004 = NStZ-RR 2004, 333 = HRRS 2004 Nr. 862.
[28] BGH 3 StR 358/92, Urteil v. 12. August 1992 = NStZ 1993, 77.
[29] BGH NStZ 1993, 77, 78.
[30] Zutr. weist hierauf Ingelfinger, in: Hettinger et al. (Hrsg.), Festschrift für Wilfried Küper zum 70. Geburtstag (2007) S. 197, 200 f. hin. Nicht verständlich ist, was der 3. Strafsenat damit meint, der entschiedene Fall würde sich von Sachverhalten unterscheiden, "in denen die Gewaltanwendung nicht mehr andauert, sondern nur noch in der Weise fortwirkt, daß sich das Opfer im Zustand der allgemeinen Einschüchterung befindet[…].", vgl. BGH NStZ 1993, 77, 78. Die Gewaltanwendung dauerte eben gerade nicht mehr an, sondern nur noch deren Wirkung bzw. die der Drohung mittels des Messers. Es handelte sich auch hier um einen Fall der verfehlten Fortwirkungs-Rspr.
[31] BGH 3 StR 232/12, Beschluss v. 31. Juli 2012 = NStZ-RR 2012, 342 = HRRS 2012 Nr. 892.
[32] Richtig wäre es auf Grundlage der Abgrenzung der Rspr. nach dem äußeren Erscheinungsbild ohnehin, wegen des Tatentschlusses hinsichtlich eines Gebensakts, eine versuchte räuberische Erpressung in dem Verhalten zu erblicken. Hierauf weist der 3. Strafsenat auch zutreffend hin.
[33] BGH 3 StR 232/12, Beschluss v. 31. Juli 2012 = NStZ-RR 2012, 342 = HRRS 2012 Nr. 892.
[34] BGH 3 StR 400/12, Beschluss v. 13. November 2012 = HRRS 2013, Nr. 110.
[35] HRRS 2013, Nr. 110 Rn. 5.
[36] BGH 2 StR 558/12, Urteil v. 8. Mai 2013 = NStZ 2013, 648 = HRRS 2013 Nr. 628; erneut bestätigt in BGH 2 StR 323/14, Urteil v. 11. März 2015 = NStZ 2015, 461 = HRRS 2015 Nr. 433.
[37] BGH NStZ 2013, 648.
[38] BGH 3 StR 261/13, Beschluss v. 26. November 2013 = NStZ-RR 2014, 110.
[39] BGH 5 StR 41/14, Beschluss v. 18. Februar 2014 = NStZ 2015, 156 = HRRS 2013 Nr. 332; BGH 4 StR 544/13, Beschluss v. 25.2.2014 = NStZ 2013, 269 = HRRS 2014 Nr. 409.
[40] BGH 2 StR 234/67, Urteil v. 12. Juli 1967 = MDR 1967, 17.
[41] Vgl. nur Fischer, Strafgesetzbuch, 64. Aufl. 2017, § 249 Rn. 10 und Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 8), § 249 Rn. 6 ff. m.w.N.
[42] BGH 2 StR 234/67, Urteil v. 12. Juli 1967 = MDR 1967, 17.
[43] Fischer (Fn. 41), § 240 Rn. 31.
[44] Fischer (Fn. 41), § 240 Rn. 31.
[45] BGH 4 StR 181/82, Urteil v. 27. Mai 1982 = NStZ 1982, 380.
[46] Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 14a; Vogel, in: Leipziger Kommentar, Band 8, 12. Aufl. (2010), § 249 Rn. 48.
[47] BGH 3 StR 174/16, Beschluss v. 20. September 2016 = NStZ 2017, 92, 93.
[48] Vorher bereits in BGH 2 StR 558/12, Urteil v. 8. Mai 2013 = NStZ 2013, 648 = HRRS 2013 Nr. 628.
[49] Für ein gesetzgeberisches Tätigwerden Otto JZ 2004, 364, 365; dagegen Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 206 ff.
[50] Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 15. Krit. dazu Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 48.
[51] BGH 4 StR 376/83, Urteil v. 22. September 1983 = BGHSt 32, 88.
[52] BGHSt 32, 88, 92.
[53] Biletzki JA 1997, 385, 387 f.; Jakobs JR 1984, 385, 386; Schünemann, JA 1980, 349, 352 f.
[54] BGH 2 StR 283/03, Urteil v. 15. Oktober 2003 = BGHSt 48, 365.
[55] BGHSt 48, 365, 368.
[56] Zutr. krit. zu diesem Zusatz Walter NStZ 2004, 623, 624. Ebenso krit. Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 205. Letztlich wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass in diesen Fällen wohl häufig ein Wegnahmevorsatz bereits zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung vorlag, jedoch nicht nachgewiesen werden kann. Krit. zum behaupteten Unterschied dieses Falls zur früheren Entscheidung des 4. Strafsenats auch, Gössel JR 2004, 254, 255; Otto JZ 2004, 364, 365; Rengier Strafrecht Besonderer Teil, Band I, 19. Aufl. (2017), § 7 Rn. 33.
[57] Zutr. m.w.N. Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 12b.
[58] Auf diese Differenzierung wies bereits Küper JZ 1981, 568, 571 hin.; Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 202 f.; Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 12b; Walter NStZ 2004, 623 f.
[59] Zutr. Walter NStZ 2004, 623 f; ders. NStZ 2005, 240, 241.
[60] Umfassend und mit hier unerörterten Argumenten Walter NStZ 2005, 240, 241.
[61] Joerden JuS 1985, 20, 27; Keller, Strafrechtlicher Gewaltbegriff und Staatsgewalt (1982), S. 259 f.; Sinn, Die Nötigung im System des heutigen Strafrechts (2000), S. 214. I.E. zwar für Gewalt durch Unterlassen, aber gegen eine Nötigung durch Unterlassen Bergmann, Das Unrecht der Nötigung (1983), S. 61 ff., 124.
[62] Jakobs JR 1984, 385, 386. Zust. auch BGH 2 StR 283/03, Urteil v. 15. Oktober 2003 = BGHSt 48, 365. So auch Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 204 mit dem zusätzlichen Verweis auf § 125 StGB, der im Unterschied zu "Gewalt" mit "Gewalttätigkeit" eindeutig und nach h.M. auf ein aktives Tun abstelle. Ebenso Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 25.
[63] BayObLG NJW 1963, 1261; OLG Koblenz, MDR 1975, 243; Altvater, in: Leipziger Kommentar, Band 7/2, 12. Aufl. (2015), § 240 Rn. 52 ff.; Eidam, in: Matt/Renzikowski, Kommentar StGB (2013), § 240 Rn. 31; Eser NJW 1965, 377, 380; Eser/Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 8), § 240 Rn. 8; Fischer (Fn. 41), § 240 Rn. 22; Geppert Jura 2006, 31 (36); Herzberg, Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip (1972), S. 150 ff.; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, 25. Aufl. (2014), § 240 Rn. 9a; Schluckebier, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier (Fn. 21), § 240 Rn. 11.
[64] Küper JZ 1981, 568, 571 f.
[65] S. o. unter III.
[66] Gössel JR 2004, 254, 255.
[67] Eser NJW 1965, 377, 380; Gössel JR 2004, 254, 255; Herzberg, (Fn. 63), S. 154; Jakobs JR 1984, 385, 387.
[68] Küper JZ 1981, 568, 571.
[69] Zutr. Walter NStZ 2005, 240, 241. Herzberg, (Fn. 63), S. 154. Gegen die Annahme einer Garantenstellung aus Ingerenz bei vorsätzlicher Herbeiführung der Freiheitsberaubung allerdings grds. Otto JZ 2004, 364, 365 m.w.N. Zutreffend hiergegen wiederum allerdings Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197 (204); Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 25. Allgemein hierzu H. Schneider NStZ 2004, 91, 92.
[70] Samson , in: SK-StGB, § 249 Rn. 26.
[71] Allgemein hierzu Herzberg JuS 2005, 1 ff.
[72] Jakobs JR 1984, 385, 386.
[73] Zutr. Walter NStZ 2005, 240, 241.
[74] Jakobs , in: Arnold et al. (Hrsg.), Menschengerechtes Strafrecht: Festschrift für Albin Eser zum 70. Geburtstag (2005), S. 323, 327.
[75] A.A. Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 205 f.; Küper JZ 1981, 568, 571 f.; Rengier, (Fn. 56), § 7 Rn. 32; Baier JA 2004, 431, 433; Krey/Hellmann/Heinrich, Strafrecht Besonderer Teil, Band II, 17. Aufl. (2015), Rn. 273.
[76] Ebenso Walter NStZ 2005, 240, 241, der überdies die Bedeutung der Entsprechensklausel allgemein in Frage stellt.
[77] Küper JZ 1981, 568, 572. Teilweise wird sogar davon gesprochen, der besonders brutale Täter werde "privilegiert", "honoriert" oder "begünstigt", vgl. Eser NJW 1965, 377, 380; Graul Jura 2000, 204, 205; Herzberg, (Fn. 63), S. 154; Otto JZ 2004, 364, 365; Rengier, (Fn. 56), § 7 Rn. 32. Krit. zu dieser Sichtweise Walter NStZ 2005, 240, 242.
[78] Ein solcher Sachverhalt lag bspw. BGH StV 1995, 416 zugrunde. Zutreffend hatte der BGH hier das landgerichtliche Urteil wegen versuchten Raubes im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
[79] Hierauf hat Gössel hingewiesen, siehe hierzu bereits oben Fn. 66.
[80] Hierzu bereits Eser NJW 1965, 377, 380; Herzberg, (Fn. 63), S. 154; Jakobs JR 1984, 385, 387; Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 49.
[81] Hierzu bereits Eser NJW 1965, 377, 380: Dies ist "wohl eine zwingende Konsequenz der Tatbestandsfassung des § 249 StGB[…]."Herzberg, (Fn. 63), S. 154. Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 207 f. bspw. hält dieses Ergebnis hingegen für gerechtfertigt, weil das Verhalten des Täters, der sein Opfer bewusstlos schlägt und ihm anschließend etwas wegnimmt, letztlich durch ein "Moment der Verführung" gekennzeichnet sei und dieser "maßgeblich von der ‚günstigen Gelegenheit‘ verleite[t]" werde.
[82] Jakobs , (Fn. 74), S. 323. Bereits früher hierzu ders. JR 1984, 385, 387.
[83] Jakobs , (Fn. 74), S. 323, 331.
[84] Jakobs , (Fn. 74), S. 323, 332.
[85] Jakobs, (Fn. 74), S. 323, 332.
[86] Hierfür spricht eindeutig, dass er i. R. d. § 177 StGB die Anwendung der Gewaltvariante nach Nr. 1 a.F. im Fall der Herbeiführung von Bewusstlosigkeit durch Gewalt ablehnt, weil diese "an sich richtige Behandlung der Tat[…]vom Regelungsziel der genannten Qualifizierungen[§ 177Abs. 3, 4 StGB a.F.]" ausgeschlossen sei (a.a.O., S. 333). Überdies spricht er eingangs auch davon, dass "zu untersuchen[bleibt], wie eine bessere Tatbestandsfassung auszusehen hätte." (a.a.O., S. 328). Krit. Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 44. Ebenfalls gegen eine Änderung de lege ferenda, Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 207, der in den Ausnutzungsfällen den "Unrechtsgehalt zwischen § 243 und § 249 StGB" sieht, weil der Täter sich in diesen Fällen "maßgeblich von einer ‚günstigen Gelegenheit‘ leiten[lasse]". Letztlich handelt es sich auch hierbei um eine petitio principii, wenn Ingelfinger gerade in der Kumulation der Beeinträchtigung von Freiheit und Eigentum den maßgeblichen Umstand für den Unrechtsgehalt sieht. Einen entscheidenden Sachgrund, warum Ausnutzen der günstigen – aber gerade dem Täter zurechenbaren – Gelegenheit kein Raub, finale Gewaltanwendung hingegen Raub sein soll, ist dadurch nicht dargetan.
[87] Jakobs , (Fn. 74), S. 323, 328.
[88] Vgl. krit. Fischer (Fn. 41), § 177 Rn. 21 ff. zur Neugestaltung des § 177 StGB.
[89] Ebenso Walter NStZ 2005, 240, 242, der zutr. darauf hinweist, dass diese "dogmatische Klarheit" des Unterlassungsansatzes als Plus gegenüber der ablehnenden Meinung ist.
[90] BGHSt 48, 365 ff.; Eser NJW 1965, 377, 380; Geppert Jura 2006, 31, 36; ders. JK § 249/9; Gössel JR 2004, 254 f.; Jakobs JR 1984, 385, 386 f.; ders., (Fn. 74), S. 323 ff.; Schünemann JA 1980, 349, 353.
[91] Walter NStZ 2005, 240, 243.
[92] Statt aller Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 49.
[93] Walter NStZ 2005, 240, 243. Zust. Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 49. Ebenfalls zust., aber aus anderen Gründen gegen den Unterlassungsansatz Ingelfinger, a.a.O. (Fn. 30), S. 197, 204.
[94] Eser /Bosch, in: Schönke/Schröder (Fn. 8), § 249 Rn. 1 m.w.N.
[95] Walter NStZ 2005, 240, 243. Zust. Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 12c.
[96] Zu einem Beispielsfall Walter NStZ 2005, 240, 243.
[97] BGH 4 StR 174/12, Urteil v. 25. Oktober 2012 = NStZ 2013, 471 (472) = HRRS 2012 Nr. 1098.
[98] Bergmann , (Fn. 61), S. 61 ff. (zumindest gegen Nötigung durch Unterlassen); Sinn, (Fn. 61), S. 293 f.; ders., in: Münchener Kommentar StGB, Band 4, 2. Aufl. (2012), § 240 Rn. 95 f., 31. Nur gegen Drohung durch Unterlassen Herzberg, (Fn. 63), S. 150; krit. auch Geppert Jura 2006, 31, 37.
[99] Eser /Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 8), Vor § 234 Rn. 35; Kindhäuser, Strafrecht Besonderer Teil, Band I, 7. Aufl. (2015), § 12 Rn. 41; Timpe, Die Nötigung (1989), S. 92 Anm. 42; Toepel , in: Nomos Kommentar StGB, Band 3, 3. Aufl. 2013, § 240 Rn. 96.
[100] Vgl. nur Toepel, in: Nomos Kommentar StGB (Fn. 99), § 240 Rn. 96.
[101] A.A. Herzberg, (Fn. 63), S. 150. Wenn dieser allerdings auf die gängige Definition verweist, die das in Aussicht stellen eines künftigen Übels durch menschliches Verhalten verlangt, überzeugt das nicht. Diese Definition ist ersichtlich auf aktives Tun zugeschnitten und berücksichtigt die Modalität des Unterlassens von vorneherein nicht.
[102] In diese Richtung deutet auch die Raubdefinition Jakobs, (Fn. 74), S. 323, 328: "Raub ist Wegnahme bei gegebener Garantenzuständigkeit für ein die Wegnahme ermöglichendes Defizit an höchstpersönlichem Abwehrpotential." Zwar kann man diese Definition ob ihres Verzichts auf den Finalzusammenhang kritisieren und sie ist mit der Rechtslage de lege lata nicht vereinbar ist. Das hat aber nur zur Folge, dass deshalb die Fälle der fehlenden Abwendbarkeit der Zwangswirkung momentan nicht erfasst sind. Raubgewalt durch Unterlassen soll nach Jakobs i.Ü. trotzdem schon de lege lata möglich sein. Dann drängt sich aber auf, dass ein Raub auch bei einer Wegnahme vorliegt, bei der ein die Wegnahme ermöglichendes Defizit an höchstpersönlichem Abwehrpotential (Schutzlosigkeit durch Einschüchterungswirkung, d.h. Drohung durch Unterlassen, vgl. oben) bei gegebener Garantenzuständigkeit (Ingerenz) besteht und es – entsprechend der Rechtslage de lege lata – in finaler Weise ausgenutzt wird.
[103] Vgl. hierzu Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 15.
[104] Insoweit hat Vogel, in: Leipziger Kommentar (Fn. 46), § 249 Rn. 48 recht, wenn er Fischers Argument des Wertungswiderspruchs eher als Kritik an der Ausgestaltung des Gesetzes und nicht an dessen Anwendung versteht. Wie sogleich noch zu zeigen sein wird, greift auch nach dem Unterlassungsansatz der Raubtatbestand bei Fällen der Fortwirkungs-Rspr. i.d.R. nicht ein, sodass diese Kritik i.E. nach der hier vertretenen Auffassung auch mglw. berechtigt sein mag. Die Ausgestaltung ermöglicht allerdings im Grundsatz einen Raub durch Drohung durch Unterlassen. Bei einer anderen Subsumtion der Finalität entspr. den Lösungen zur Gewalt durch Unterlassen beim Raub wäre die Ausgestaltung des Gesetzes allerdings nicht zu kritisieren und ein Raub anzunehmen (hierzu sogleich).
[105] Auch der Einwand von Fischer (Fn. 41), § 249 Rn. 15 gegen die Fortwirkungs-Rspr., dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Furcht des Opfers berechtigt ist oder überhaupt Gewalthandlungen des Täters vorangegangen sind, überzeugt dann nicht mehr. Beides ist erforderlich, um eine notwendige Garantenstellung aus Ingerenz zu begründen.
[106] Walter NStZ 2005, 240, 243. Einfügung und Hervorheben sind vom Autor.