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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2015
16. Jahrgang
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1. Wird durch Anwendung eines vertypten Strafmilderungsgrundes, der die Untergrenze des Strafrahmens einer Strafnorm, welche nur Freiheitsstrafe mit erhöhter Mindeststrafe androht, auf das gesetzliche Mindestmaß abgesenkt, ist wahlweise auch Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen möglich. (BGHSt)
2. Die Entscheidung über die Strafart liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. (Bearbeiter)
3. Der Senat neigt zu der Ansicht, dass für die Frage, ob eine Strafandrohung ohne erhöhtes Mindestmaß vorliegt, stets der im konkreten Fall anzuwendende Strafrahmen maßgeblich ist. (Bearbeiter)
4. Nur wenn der Täter durch einen unvorhergesehenen Umstand psychisch daran gehindert wird weiter zu handeln, liegt kein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vor (vgl. BGH NStZ 1994, 428, 429). Entscheidend ist dabei nicht, wie der Beweggrund für den Rücktritt sittlich zu bewerten ist, sondern nur, ob es sich für den Täter um ein zwingendes Hindernis für einen freien Willensentschluss gehandelt hat (vgl. BGHSt 35, 184, 186). (Bearbeiter)
1. Die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einem Heim für Kinder oder Jugendliche hat nicht allein deshalb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, weil sie aus Anlass des Umstandes erfolgte, dass die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren. (BGHSt)
2. Dies ist vielmehr nur der Fall wenn sie nach der ihr erkennbar innewohnenden Zweckbestimmung zumindest auch darauf abzielte, eine politische intendierte Benachteiligung herbeizuführen. (Bearbeiter)
3. Eine die angegriffene Entscheidung aufhebende und den Betroffenen rehabilitierende Entscheidung kann nur ergehen, wenn im Einzelfall festzustellen ist, dass hin-
sichtlich der konkret in Rede stehenden Entscheidung die materiellen Rehabilitierungsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht zu Lasten des Antragstellers; der strafprozessuale Zweifelssatz findet keine Anwendung. (Bearbeiter)
1. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Insoweit ist er bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt und kann daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen, die nicht Gegenstand der Anklage bzw. nach § 154 StPO eingestellt worden sind, soweit diese für die Persönlichkeit eines Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf dessen Tatschuld gestatten. Allerdings müssen solche Taten - wie jeder für die Strafzumessung erhebliche Umstand - prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden und zur Überzeugung des Tatrichters feststehen.
2. Diesen Anforderungen genügen die Urteilsgründe nicht, wenn das Tatgericht erheblich zulasten des Angeklagten wertet, dass es sich „hier nicht um einzelne 'Ausrutscher' bzw. um Einzeltaten handelte“, denn der Angeklagte habe „über einen Zeitraum von circa 20 Jahren hinweg den Willen seiner Frau seinen eigenen sexuellen Bedürfnissen“ untergeordnet. Hier bleibt schon offen, ob, welche und wie viele Straftaten der Angeklagte über die hier abgeurteilten Taten hinaus noch begangen haben soll. Dies lässt eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten besorgen.
1. Die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit bei Tatbegehung aufgrund einer festgestellten Störung im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war, ist tatsachengestützt zu begründen. Dies erfordert es, sowohl konkrete Feststellungen zum Ausmaß der vorhandenen Störung zu treffen als auch ihre Auswirkungen auf die Tat darzulegen. Geboten ist insbesondere eine Auseinandersetzung damit, ob in der Person des Angeklagten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervortreten, die sich im Rahmen dessen halten, was bei voll schuldfähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist.
2. Richten sich Straftaten, aufgrund derer die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wird, nur gegen eine bestimmte Person oder haben sie in der Beziehung zu dieser Person ihre alleinige Ursache, so bedarf die Annahme, dass der Täter für die Allgemeinheit gefährlich ist, genauer Prüfung und Darlegung aufgrund konkreter tatsächlicher Feststellungen (vgl. BGH NZV 1990, 77).
§ 56 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 StGB ermöglicht es dem Gericht, bei Vorliegen einer günstigen Sozialprognose und besonderer, in der Tat oder der Persönlichkeit des Angeklagten liegender Umstände auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen. Dabei sind die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 stets vorrangig zu prüfen. Dies gilt schon deshalb, weil zu den nach § 56 Abs. 2 zu berücksichtigenden Faktoren auch solche gehören, die schon für die Prognose nach Abs. 1 von Belang sind (vgl. BGH NJW 2014, 3797 f.).