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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2014
15. Jahrgang
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1. Angaben eines Immobilienvermittlers über die Finanzierungskosten, die monatlich zu leistenden Zahlungen und andere mit dem Kaufobjekt zusammenhängende tatsächliche Umstände wie Mieteinnahmen und Steuervorteile sind als objektiv nachprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen einzuordnen. Lediglich wenn nur pauschale Angaben – etwa zur gewinnbringenden Wiederverkäuflichkeit von Eigentumswohnungen – getätigt werden, die sich letztlich allein als bloße werbende Anpreisungen darstellen, liegen keine Tatsachenbehauptungen vor.
2. Dies gilt konkret für die Aussage, die Aufwendungen für den Kaufpreis einer Eigentumswohnung würden (bis auf eine näher bezeichnete monatliche Zuzahlung) durch Steuervorteile und Mieteinnahmen ausgeglichen.
3. Ob im Verschweigen einer hohen Innenprovision in einer Größenordnung von 20 bis 25 Prozent der Kaufpreissumme eine weitere tatbestandsmäßige Täuschung der Käufer liegen könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
4. Bei einer Äußerung zu zukünftigen Entwicklungen, mithin einer Prognose, hängt die Frage, ob diese tauglicher Täuschungsgegenstand i.S.v. § 263 StGB ist, davon ab, ob sie Behauptungen über konkrete gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse enthält oder nicht. In einer Prognose kann daher trotz ihres Zukunftsbezuges bzw. des mit ihr verbundenen Werturteils eine Täuschung über Tatsachen liegen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Täter seine eigene Überzeugung vom Eintritt dieser Prognose vorspiegelt; denn dann täuscht er über eine gegenwärtige innere Tatsache. Gleiches gilt, wenn die Prognose eine hinreichend bestimmte Behauptung über gegenwärtige tatsächliche Bedingungen ihres Eintritts enthält. Täuscht der Täter über von ihm zugrunde gelegte gegenwärtige Prognosegrundlagen, so täuscht er daher ebenfalls über Tatsachen.
5. Die Bewertung des Vermögens und des Vermögensschadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BGHSt 57, 95, 115). Die Vorschrift des § 263 StGB schützt dabei weder das bloße Affektionsinteresse noch die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit, noch die Wahrheit im Geschäftsverkehr, sondern allein das Vermögen. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens zwar eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen. Dementsprechend sind Leistung und Gegenleistung zunächst nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu vergleichen. Auf die subjektive Einschätzung, ob der irrtumsbedingt Verfügende sich geschädigt fühlt, kommt es ebensowenig an wie auf die Frage, wie hoch der Verfügende subjektiv den Wert der Gegenleistung taxiert (st. Rspr.).
6. Die in BGHSt 58, 205 vertretene Auffassung, der „von den Parteien – auf der Grundlage übereinstimmender, von Willens- und Wissensmängeln nicht beeinflusster Vorstellungen über Art und Güte des Vertragsgegenstandes – bestimmte Wert“ habe „grundsätzlich auch die Basis der Schadensfeststellung im Rahmen des Betruges zu sein“, ist nicht auf jeden Fall anwendbar. Dies gilt insbesondere, wenn die Angeklagten – wie hier – nicht über ihre Leistungswilligkeit täuschten, sondern über wirtschaftlich bedeutsame Tatsachen, die für die Kaufentscheidung der Erwerber wesentlich waren. Demgemäß war für den Schadensumfang nicht die Werthaltigkeit eines Zahlungsanspruchs maßgeblich, sondern der Vergleich der objektiven Werte von Leistung und Gegenleistung des Wohnungsverkaufs. Für die Bestimmung des objektiven Werts einer Immobilie ist dann die Feststellung von deren Verkehrswert der zutreffende Ansatz.
7. Für die Verwirklichung des Betruges bedarf es keiner „Stoffgleichheit“ zwischen dem Gegenstand der Täuschung und dem entstandenen Vermögensschaden. Das Erfordernis der Stoffgleichheit bezieht sich allein auf das Verhältnis des durch die Tathandlung verursachten Vermögensschadens und des vom Täter erstrebten Vermögensvorteils, sie müssen einander entsprechen. Der Vorteil muss somit die Kehrseite des Schadens, d.h. unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sein und dem Täter direkt aus dem geschädigten Vermögen zufließen.
8. Der Tatbestand des Betruges ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Angeklagten nicht über die Umstände getäuscht haben, welche die versprochene Leistung (hier: Immobilien) minderwertig machten. Es genügt, dass die Tatsachen, über die getäuscht wurde, jeweils einen Bezug zum Kaufobjekt aufwiesen und für die Kaufentscheidung der Erwerber ausschlaggebend waren. Die sich aus dem im Verhältnis zum Kaufpreis geringeren Wert der Wohnungen ergebenden Schäden hätten allenfalls dann nicht zugerechnet werden können, wenn sich die Käufer beim Erwerb der Immobilie dieses Minderwerts bewusst gewesen wären und somit ein Selbstschädigungsbewusstsein gehabt hätten.
§ 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG in der Variante des Bestimmens eines Minderjährigen zum Fördern einer der dort genannten Kataloghandlungen erfordert, dass der Minderjährige neben den objektiven auch die subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfehandlung im Sinne des § 27 StGB verwirklicht. Dies folgt vor allem aus systematischen Gründen sowie Sinn und Zweck der Regelung, wie sie sich unter Beachtung des den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Willens des Gesetzgebers ergeben.
Täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln setzt die Feststellung voraus, dass der Handelnde selbst eigennützige Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will (vgl. BGHSt 34, 124, 125 f.).