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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2014
15. Jahrgang
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1. Schuldunfähigkeit kann sowohl auf fehlender Einsichtsfähigkeit beruhen als auch auf fehlender Steuerungsfähigkeit. Zwar liegen gerade in Fällen, in denen im Ergebnis Schuldunfähigkeit angenommen ist, die für die Unterscheidung maßgeblichen Kriterien nicht stets klar auf der Hand. Dennoch kann nach ständiger Rechtsprechung gerade dann nicht auf eine präzise Feststellung verzichtet werden, wenn eine Unterbringung gemäß § 63 StGB im Raum steht.
2. Bei der Entscheidung über eine Unterbringung ist vom erkennenden Gericht allein auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung abzustellen. Prognosen über künftige Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer über eine mögliche Aufhebung der Maßregel können nicht Teil der Entscheidungsgrundlage des erkennenden Gerichts über eine Unterbringungsanordnung sein.
Ist die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aber auf ein Zusammenwirken zwischen Persönlichkeitsstörung und Alkoholkonsum zurückzuführen, kann ein die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigender Zustand nur angenommen werden, wenn der Angeklagte an einer krankhaften Alkoholsucht leidet, in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist oder an einer länger andauernden geistigen-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (siehe nur BGHSt 44, 369, 374 ff.; BGH NStZ-RR 2010, 170).
1. Ein sachlich-rechtlicher Erörterungsmangel liegt vor, wenn nach den Urteilsfeststellungen und den dort
geschilderten Umständen des Einzelfalls ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines rechtlich beachtlichen Umstands bestehen, so dass sich dessen Erörterung aufdrängt, dies jedoch unterblieben ist (vgl. BGHSt 49, 342, 344).
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die Abhängigkeit von Drogen für sich gesehen keine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit (vgl. BGH NStZ 2013, 519). Deshalb liegt regelmäßig kein Erörterungsmangel vor, wenn bei Straftaten von Drogenabhängigen die Voraussetzungen von § 21 StGB nicht erörtert werden.
3. Eine rechtlich erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit ist bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise gegeben, etwa wenn langjähriger Betäubungsmittelmissbrauch zu schwersten Persönlichkeitsänderungen geführt hat, der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und durch sie dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, oder unter Umständen, wenn er die Tat im Zustand eines akuten Rauschs verübt. In Ausnahmefällen kann auch die Angst vor unmittelbar bevorstehenden Entzugserscheinungen, die der Angeklagte schon einmal als äußerst unangenehm erlitten hat, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führen (vgl. BGH NStZ 2013, 53, 54 f. Rn. 27, 36 mwN). Nur wenn solche besonderen Umstände vorliegen, drängt sich die Erörterung der Voraussetzungen von § 21 StGB auf, so dass ein Erörterungsmangel vorliegen kann, wenn solche Erwägungen unterbleiben.
Ausländische Strafen sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in deren Vollstreckbarkeit zwar nicht gesamtstrafenfähig; liegen aber ansonsten die Voraussetzungen einer Gesamtstrafenbildung vor, muss der Tatrichter regelmäßig einen Härteausgleich vornehmen, dies insbesondere dann, wenn es in der Addition beider Strafen zu einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenzen kommt (vgl. BGH StV 2000, 196).
Grundsätzlich stellt es einen gewichtigen und deshalb erörterungsbedürftigen Strafmilderungsgrund dar, wenn die Betäubungsmittel sichergestellt werden und es deshalb nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen kann (st. Rspr.).