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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2014
15. Jahrgang
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1. Regelt der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens durch eine Blankettstrafnorm, die auf eine außergesetzliche Bestimmung Bezug nimmt, so muss die vorrangige Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers erhalten bleiben. Dies ist bei der Bezugnahme von § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AMG a.F. auf den jährlich aktualisierten Anhang zu dem Übereinkommen des Europarats gegen Doping vom 16. November 1989 jedenfalls insoweit der Fall, als der Gesetzgeber bei Aktualisierungen der Verweisungsnorm des § 6a AMG a.F. die dann aktuellen Verbotslisten in seinen Willen aufgenommen hat. (BGHSt)
2. Damit ist auch Art. 103 Abs. 2 GG Genüge getan, ohne dass insoweit zu entscheiden wäre, ob eine dynamische Verweisung, die der Gesetzgeber mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 im Normtext „konkretisiert“ hat (vgl. BT-Drucks. 17/9341 S. 48), dem Bestimmtheitsgebot genügt. (Bearbeiter)
3. Der Tatbestand in § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 AMG erfasst neben dem Leistungssport auch den Breitensport. Die Stärkung des Muskelwachstums im Zusammenhang mit „Bodybuilding“ durch Einnahme von Anabolika ist als Doping im Sport anzusehen. (Bearbeiter)
4. Zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift in Bezug auf den Verfahrensgegenstand ist es bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“, bei dem einem in leitender Funktion des Unternehmens tätigen Beteiligten die Ausführungshandlungen der Mitarbeiter zugerechnet werden, nicht erforderlich, sämtliche Ausführungshandlungen der Mitarbeiter im Einzelnen mitzuteilen (vgl. BGHSt 57, 88, 94). Der als eine Handlung im Rechtssinne bewertete Tatbeitrag des Angeklagten besteht in der übergreifenden Mitwirkung im Organisationsgefüge des Unternehmens. (Bearbeiter).
1. Vollendetes Inverkehrbringen von Arzneimitteln durch Abgabe an andere setzt bei einer Versendung voraus, dass die Sendung in den Zugriffsbereich des Empfängers gelangt. (BGHSt)
2. Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel unter anderem solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die entweder zur Anwendung im oder am Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden bestimmt sind (sogenannte Präsentationsarzneimittel, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die im Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen (sogenannte Funktionsarzneimittel, § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG). Von dem Begriff der Präsentationsarzneimittel werden neben echten Arzneimitteln auch solche Produkte erfasst, die nur den Anschein erwecken, therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken zu dienen. (Bearbeiter)
3. Soweit das Gesetz das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten oder Feilbieten der Tathandlung des Inverkehrbringens zuordnet, setzt dies in allen Fällen beim Täter eine Lager- oder Vorratshaltung von Arzneimitteln voraus (vgl. BGHSt 23, 286, 288). Das bloße Anbieten ohne Vorratshaltung ist kein Inverkehrbringen. (Bearbeiter)
4. Abgabe im Sinne des § 4 Abs. 17 AMG ist die körperliche Übergabe an einen anderen durch den Inhaber der Verfügungsgewalt in einer Weise, dass der Empfänger tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des Arzneimittels zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben umzugehen, insbesondere es zu konsumieren oder weiterzugeben. (Bearbeiter)
1. Für die Frage, ob die Lieferung legal hergestellter und grundsätzlich für eine Verwendung als Arzneimittel bestimmter Ephedrin-Tabletten nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstoffüberwachungsgesetzes (GÜG) strafbar sein kann, kommt es u.a. darauf an, ob Arzneimittel, die erfasste Stoffe i.S.v. § 1 Nr. 1 GÜG enthalten, aus europarechtlichen Gründen stets vom Anwendungsbereich der Strafvorschrift ausgenommen sind. Ob dies der Fall ist, oder ob dies lediglich dann anzunehmen ist, wenn die Arzneimittel so zusammengesetzt sind, dass die Grundstoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können, hängt maßgeblich von der Auslegung des jeweiligen Art. 2 lit. a der VO (EG) Nr. 273/2004 bzw. (EG) Nr. 111/2005 ab, für die gem. Art. 267 AEUV der EuGH zuständig ist.
2. Der Senat legt dem EuGH folgende Frage vor: Sind Arzneimittel gemäß der Definition der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, die von den Verordnungen (EG) Nr. 273/2004 und (EG) Nr. 111/2005 erfasste Stoffe enthalten, gemäß dem jeweiligen Art. 2 Buchst. a dieser Verordnungen stets von deren Anwendungsbereich ausgenommen, oder ist dies lediglich dann anzunehmen, wenn die Arzneimittel so zusammengesetzt sind, dass die erfassten Stoffe nicht einfach verwendet oder leicht und wirtschaftlich extrahiert werden können?
Die Jugendgerichtliche Unterbringung (JGU) kann eine andere Freiheitsentziehung im Sinne des § 52a Satz 1 JGG sein, auch wenn ihr kein vollstreckbarer Unterbringungsbefehl zugrunde lag und sie „freiwillig“ aufgrund einer Weisung gemäß § 116 Abs. 1 StPO erfolgt ist. Bei wertender Betrachtung steht sie in ihren Wirkungen, auf die es maßgeblich ankommt, einer einstweiligen Unterbringung nach § 72 Abs. 4 Satz 1, § 71 Abs. 2 JGG gleich.
Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist nicht erfüllt, wenn das Mitführen eines gefährlichen Gegenstands nur bei nicht mit dem Umsatz von Betäubungsmitteln zusammenhängenden Tätigkeiten (hier: Entsorgung von Pflanzenabfällen) erwiesen ist, da diese nicht als Teilstadium des Handeltreibens anzusehen sind.