HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Januar 2008
9. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

54. BGH 4 StR 435/07 – Urteil vom 15. November 2007 (LG Rostock)

BGHSt; mit sich führen beim bewaffneten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (einschränkende Auslegung bei mangelnder Beweglichkeit; Selbstschussanlage); Bestimmtheitsgrundsatz (Wortlautgrenze; entgegenstehende teleologische Erwägungen des Gesetzgebers); Grenze der sukzessiven Mittäterschaft (Exzess eines Mittäters).

Art. 103 Abs. 2 GG; § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB; § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; § 25 Abs. 2 StGB

1. Das Tatbestandsmerkmal „mit sich führen“ in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfasst nur bewegliche Tatmittel, nicht dagegen auch solche, die – etwa in einer Selbstschussanlage – fest installiert sind. (BGHSt)

2. Der Begriff des Mit- oder Beisichführens einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs, wie er gleichbedeutend mit § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG etwa in §§ 177 Abs. 3 Nr. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB verwendet wird, verlangt, dass der Gegenstand, den der Täter „mit oder bei sich führt“, beweglich ist. (Bearbeiter)

3. In Fällen, in denen der Täter sich einer fest installierten Waffe bedient, kann dieser Umstand im Rahmen der Strafzumessung auch nach § 29 a Abs. 1 BtMG angemessen Rechnung getragen werden. (Bearbeiter)


Entscheidung

65. BGH 5 StR 371/07 – Urteil vom 7. November 2007 (LG Mühlhausen)

Gewerbsmäßige Steuerhehlerei (Absatzhilfe: keine Erfassung der versuchten Zwischenhehlerei; sich ver-

schaffen: eigene Verfügungsmacht; Versuch: unmittelbares Ansetzen: doppelter Geheißerwerb, Ankauf); keine Beihilfe zur Steuerhinterziehung nach Beendigung und Beihilfevorsatz.

§ 374 AO; § 259 StGB; § 22 StGB; § 27 StGB

1. Das Merkmal der Absatzhilfe erfasst nur diejenigen Handlungen, mit denen der Hehler sich an den Absatzbemühungen des Vortäters oder eines Zwischenhehlers in dessen Interesse und auf dessen Weisung unselbständig beteiligt.

2. Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung strafloser Vorbereitungshandlungen vom strafbaren Versuch liegt ein unmittelbares Ansetzen bei solchen Gefährdungshandlungen vor, die nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht. Dabei ist im Einzelfall bei der Abgrenzung in wertender Betrachtung auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGHR AO § 373 Versuch 1 m.w.N.).

3. Danach gilt für das Delikt der Steuerhehlerei, dass auch der Eintritt in Kaufverhandlungen ein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des Ankaufens darstellen kann. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sich die Übergabe der Waren oder Erzeugnisse an den Käufer sofort anschließen kann und soll, sobald eine Einigung über den Kaufpreis zustande gekommen ist, und die Verhandlung so der Verschaffung der Verfügungsgewalt unmittelbar vorgelagert ist. Wenn aber bei telefonischen Vertragsverhandlungen die Ware nicht unmittelbar an den Käufer übergeben werden kann, scheidet eine unmittelbare Einleitung des Übertragungsaktes jedenfalls solange aus, wie noch keine Einigung über Zeit und Ort der Lieferung erfolgt ist.

4. Auch bei der Beihilfe für eine Strafbarkeit genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz. Dieser liegt – in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit – dann vor, wenn der Gehilfe bei seiner Unterstützungshandlung nach dem ihm bekannten Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts nicht mehr auf dessen Ausbleiben vertrauen kann (BGH StV 1985, 100 m.w.N.).


Entscheidung

30. BGH 1 StR 366/07 – Beschluss vom 7. November 2007 (LG Ellwangen)

Konkurrenzen beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Bewertungseinheit und Tateinheit bei der Einfuhr einer nicht geringen Menge); ne bis in idem (Doppelbestrafungsverbot).

§ 29 BtMG; § 30 BtMG; Art. 103 Abs. 3 GG

Zwar verbindet das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinanderfolgenden Teilakte - wie Erwerb, Einfuhr, Veräußerung - grundsätzlich zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (BGHSt 30, 28). Die Einfuhr einer nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels steht jedoch mit dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Verhältnis der Tateinheit, weil diese Einfuhr mit höherer Strafe bedroht ist als das Handeltreiben mit einer nicht geringen Menge (BGHSt 31, 163, 165; 40, 73 ff.).