Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2007
8. Jahrgang
PDF-Download
Von Wiss. Ref. Dr. Frank Meyer, LL.M. (Yale) und Wiss. Ref. Ass. iur. Julia Macke, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg i. Br.[*]
Erst vor wenigen Wochen hat der EuGH einem Terrorverdächtigen, der auf einer Terrorliste aufgeführt ist, den Kauf eines Grundstückes in Berlin verboten.[1] Er bestätigte damit die Entscheidung eines Berliner Grundbuchamtes, eine Eigentumsumschreibung auf einen in dieser Liste aufgeführten Käufer abzulehnen. So medienwirksam dieses Urteil auch sein mag,[2] es zeigt nur eine Facette davon, wie tief eine Listung auf einer so genannten Terrorliste in die Rechte eines Sanktionsadressaten eingreift. Für den Sonderermittler des Europarates Dick Marty, der Mitte November 2007 die Listenpraxis als "rechtsstaatlich skandalös" kritisierte, kommt eine Listung gar einer "zivilen Todesstrafe" gleich.[3] Listungen zeitigen nicht nur Auswirkungen auf die Vermögensrechte des Sanktionsadressaten, sondern betreffen darüber hinaus gehend seine gesamte Lebensführung. Dem steht die gelistete Person häufig zunächst hilflos gegenüber. Kann sie sich dagegen wehren, wenn ein Grundbuchamt die Eintragung ins Grundbuch mit dem Argument ablehnt, dass der Käufer in einer Terrorliste geführt sei, oder ihr aus dem gleichen Grund plötzlich kein Arbeitslosengeld II mehr ausbezahlt wird? Kann es sein, dass eine Listung dazu führt, dass das Recht eines Beschuldigten auf effektive Verteidigung im Strafverfahren erheblich eingeschränkt und ihm selbst nach einem Freispruch die Haftentschädigung nicht ausbezahlt wird? Und wie ist es zu bewerten, dass zahlreiche asylrechtliche Entscheidungen, durch die beispielsweise Flüchtlingsanerkennungen widerrufen werden, ausdrücklich auch damit begründet werden, dass eine Person auf einer Terrorliste steht oder einer gelisteten Organisation angehört?
Eine Listung betrifft aber nicht nur den gelisteten Terrorverdächtigen, sondern wirkt sich auch auf Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Unternehmen aus. Diese sind nicht nur verpflichtet, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen einzufrieren, sondern auch, gelisteten Personen keine Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen; darüber hinaus unterliegen sie zahlreichen Meldepflichten. Im Falle einer Zuwiderhandlung droht ihnen neben gewerblichen Konsequenzen auch ein erhebliches Strafbarkeitsrisiko. Sogar private Dritte können von einer Listung betroffen sein. Ihnen ist es wie den Verkäufern im bereits erwähnten Fall Möllendorf bspw. nicht mehr möglich, Grundstücksgeschäfte mit gelisteten Personen zu tätigen.
Ziel dieses Beitrags ist es jedoch nicht, das Sanktionsregime als solches einer grundsätzlichen Kritik zu unterziehen. Gewichtige Argumente gegen das drastische Vorgehen von Vereinten Nationen und Europäischer Union im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sind im Schrifttum bereits vielstimmig vorgetragen worden.[4] Vielmehr sollen dem interessierten Juristen ein panoramaartiger Überblick zur Bandbreite der rechtlichen Konsequenzen der Listungen im Hinblick auf sowohl die gelistete Person selbst als auch die mitbetroffenen Banken, Finanzdienstleister, Unternehmer und private Dritte im deutschen Recht vermittelt und ihm erste Orientierungspunkte an die Hand gegeben werden, welche Möglichkeiten bestehen, die schwerwiegenden Folgen einer Listung zu lindern.
Dazu werden nach einer kurzen Einführung in das Listensystem (I) zunächst anhand von aktuellen und potentiellen Fallgestaltungen die rechtlichen Auswirkungen auf gelistete Personen dargestellt, um im Anschluss die Möglichkeiten, Rechtsschutz gegen die Listung selbst oder zumindest eine Freigabe von finanziellen Mitteln zu erlangen, zu beleuchten (beides II). In Teil III werden die Auswirkungen beschrieben, die eine Listung auf Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Unternehmen hat. Dabei werden eingehend die Pflichten vorgestellt, denen sie unterliegen; weiter wird erörtert, welche Rechtsfolgen bei Verstößen drohen und wie man sich gegen diese schützen kann. Teil IV beschäftigt sich abschließend mit den Fernwirkungen von Listungen auf private Dritte.
Im Kampf gegen die Finanzierung terroristischer Netzwerke greift die internationale Staatengemeinschaft verstärkt zu Maßnahmen, die sich unmittelbar gegen Privatpersonen und Organisationen richten. Mit den Resolutionen Nr. 1267 (1999), Nr. 1333 (2000) und Nr. 1390 (2002) hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das Einfrieren aller Gelder und Finanzmittel der Taliban, Usama Bin Ladens, der Mitglieder und Gefolgsleute von Al Qaida sowie sonstiger Personen und Institutionen angeordnet, die sich als Unterstützer dieser Organisationen betätigen. Zusätzlich hat er den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen durch Resolution Nr. 1373 (2001) aufgegeben, über den bereits erfassten Personenkreis hinaus grundsätzlich alle Finanzmittel von Personen und Institutionen zu sperren, die terroristische Straftaten begehen, versuchen, erleichtern oder anderweitig unterstützen.
Die Resolutionen unterscheiden sich jedoch nicht nur durch den Kreis der erfassten Sanktionsadressaten, sondern gerade auch im Hinblick auf deren Identifikation und den Rechtsschutz gegen eine Sanktionierung. Während beim erstgenannten Resolutionenkomplex ein Sanktionsausschuss (sanctions committee) beim Sicherheitsrat Zielpersonen und -organisationen im Rahmen eines Listenverfahrens (black listing) bestimmt,[5] bleibt die Auswahl der zu sanktionierenden Subjekte bei Resolution Nr. 1373 (2001) der autonomen Entscheidung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen überlassen. Beiden Sanktionsregimes ist zwar gemein, dass sie in der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik durch den Rat stellvertretend für die Mitgliedstaaten einheitlich durch EG-Verordnungen umgesetzt wurden,[6] doch setzen sich die strukturellen und inhaltlichen Unterschiede auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene fort. Resolutionen Nr. 1267 (1999) und Nr. 1333 (2000) wurden dem Gemeinschaftsrecht durch EG-Verordnung Nr. 467/2001 inkorporiert, die allerdings im Anschluss an Sicherheitsratsresolution 1390 (2002) im Wege der Verordnung Nr. 881/2002 aufgehoben wurde. Die black list des Sanktionsausschusses ist dieser Verordnung als Anhang I angeschlossen. Zum Zwecke ihrer fortlaufenden Aktualisierung wird die EG-Kommission in Artikel 7 der Verordnung ermächtigt, Anhang I entsprechend der Entscheidungen des Sanktionsausschusses anzupassen. Sicherheitsratsresolution Nr. 1373 (2001) wurde demgegenüber durch EG-Verordnung Nr. 2580/2001 umgesetzt.[7] In deren Artikel 2 Absatz 3 wird der Rat ermächtigt, Personen und Organisationen, deren Vermögen im Einklang mit der Verordnung eingefroren werden soll, durch eigenständigen Beschluss in eine separate Liste aufzunehmen, die vom Rat selbst verwaltet und aktualisiert wird.
Es existieren demnach zwei Listen: Während die eine beim Sanktionsausschuss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen geführt wird (im Folgenden: UN-Terrorliste), handelt es sich bei der anderen Liste um eine eigenständige EU-Terrorliste (im Folgenden: EU-Terrorliste).
Beide Listen enthalten gleichermaßen zwei grundsätzlich voneinander zu trennende Grundpflichten: Einerseits folgt aus einer Listung die Pflicht zum Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen, die sich im Besitz oder im Eigentum von gelisteten Personen und Organisationen befinden oder von letzteren gehalten oder kontrolliert werden;[8] andererseits dürfen gelisteten
Personen aber auch keine Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden (sog. Bereitstellungsverbot).
So werden als unmittelbare Folge von EG-Verordnung Nr. 881/2002, die die UN-Terrorliste in Gemeinschaftsrecht korporiert, alle Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der in Anhang I der Verordnung aufgezählten Personen, Vereinigungen, Organisationen und Unternehmen eingefroren, Art. 2 (1). Außerdem dürfen den genannten Personen und Organisationen weder direkt noch indirekt Gelder, Art. 2 (2), oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, mit denen sie Gelder, Waren oder Dienstleistungen erwerben könnten, Art. 2 (3).[9]
Als Folge von EG-Verordnung Nr. 2580/2001 werden entsprechend alle Gelder, finanziellen Vermögenswerte und wirtschaftlichen Ressourcen der auf der nach Art. 2 (3) aufgestellten Liste genannten Personen und Organisationen eingefroren, Art. 2 (1) lit. a. Den auf dieser eigenständigen EU-Terrorliste genannten Personen und Organisationen dürfen darüber hinaus nach Art. 2 (1) lit. b weder direkt noch indirekt Gelder, andere finanzielle Vermögenswerte und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Gem. Art. 2 (2) dürfen auch keine Finanzdienstleistungen an die gelisteten Personen erbracht werden.
Es zeigt sich seit einigen Jahren, dass eine Listung über diese unmittelbaren Folgen hinaus für die gelistete Person erhebliche und vielgestaltige Folgewirkungen in den verschiedensten Rechtsgebieten haben kann. Wie eine intensive Presseschau sowie zahlreiche Gespräche mit Praktikern ergeben haben,[11] hat eine Listung neben den unmittelbaren zumeist zivilrechtlichen Konsequenzen (a) auch Auswirkungen auf das Arbeits- und Sozialrecht (b) sowie das Strafrecht (c). Konsequenzen ergeben sich aber auch für das Asyl- und Ausländerrecht (d). Der folgende Überblick soll diese Bandbreite der rechtlichen Konsequenzen der Listungen im deutschen Recht deutlich machen.[12]
Das Einfrieren von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen einer gelisteten Person soll verhindern, dass Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen in irgendeiner Form zum Zwecke der Veränderung des Geldbetrags bzw. des Erwerbs von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Für eine gelistete Person folgt daraus konkret, dass zunächst ihre sämtlichen Konten gesperrt werden, weshalb sie über keine finanziellen Mittel mehr verfügt, um auch nur ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Hinblick auf die darüber hinausgehende Pflicht zum Einfrieren von wirtschaftlichen Ressourcen verbieten die Verordnungen zumindest ihrem Wortlaut nach aber bspw. auch, das eigene Haus zu vermieten oder das eigene Fahrzeug als Taxi zu benutzen.
Auch das Bereitstellungsverbot ist in einem umfassenden Sinne zu verstehen und bezieht sich auf finanzielle Vermögenswerte und wirtschaftliche Vorteile aller Art. Hierunter fallen somit nicht nur Gelder oder sonstige finanzielle Werte, sondern alle Vorteile, mit deren Hilfe Gelder, Waren oder Dienstleistungen erzielt werden können. Erfasst ist deshalb beispielsweise die Auszahlung von Bargeld, aber auch von Arbeitslohn oder Mietzins. Es ist ferner verboten, einer gelisteten Person durch Schenkung, Verkauf, Tausch oder Rückgabe der von einem Dritten gehaltenen oder kontrollierten wirtschaftlichen Ressourcen selbst wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ebenso erfasst – und damit verboten – ist die Hingabe eines Schecks oder die Rücknahme einer Ware gegen die Erstattung des Kaufpreises. Unter den Begriff fallen weiter alle Dokumente, die einen Warenwert verkörpern oder Rechte an Waren oder Forderungen verbriefen, weshalb bspw. Lagerscheine oder Einlagerungsscheine nicht an gelistete Personen ausgehändigt oder zu deren Gunsten ausgestellt werden dürfen.[13]
Besondere Schwierigkeiten sind im Bereich des Einzelhandels angesichts des Massen- und Alltagscharakters der Austauschgeschäfte im Supermarkt oder in Einkaufszentren auszumachen. Dem Wortlaut der Verordnungen nach sind für eine gelistete Person auch diese Geschäfte untersagt, so dass selbst das allmorgendliche Brötchenkaufen oder der Wocheneinkauf im Lebensmittelmarkt unmöglich wird, da die dort erworbenen Waren grundsätzlich wiederum für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden könnten. Schlarmann/Spiegel schlagen deshalb – allerdings aus Unternehmersicht argumentierend – eine (teleologische) Reduktion des Anwendungsbereichs vor, soweit die Waren trotz ihres Vermögenswerts nicht für den Erwerb von Geldern, Waren und Dienstleistungen verwendet
werden.[14] Eine ähnliche Position nimmt auch der Rat der Europäischen Union ein, der Leitlinien und bewährte Praktiken zur Umsetzung und Bewertung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der GASP formuliert hat.[15] Güter, die zum persönlichen Verbrauch oder Gebrauch bestimmt sind, werden als vom Bereitstellungsverbot nicht erfasst angesehen.[16] Ebenso erlaubt sind dementsprechend bspw. das Wohnen im eigenen Haus oder das Fahren im eigenen Fahrzeug. Allerdings sind diese Memoranden weder erschöpfend noch rechtlich bindend. Vom telos des Sanktionsregimes her betrachtet, ist diese Einschränkung gleichwohl gut vertretbar, denn die Sanktionsobjekte sollen als Vermögensträger isoliert werden, damit sie mit bestehenden oder zufließenden Vermögenswerten keine terroristischen Anschläge finanzieren können. Die Lebensgrundlage soll ihnen aber gerade nicht entzogen werden.
Dass unabhängig von der Frage nach der Zulässigkeit von Alltagsgeschäften eine Listung die Teilnahme am normalen Geschäftsleben dennoch erheblich erschwert, zeigt auch der erst jüngst vom EuGH entschiedene Fall Möllendorf, der aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Kammergerichts Berlin nach Luxemburg kam.[17] Hier entschied der EuGH, dass gelistete Terrorverdächtige keine Grundstücke kaufen dürfen.[18] Konkret ging es in dem Fall um die Frage, ob Art. 2 Abs. 3 der EG-Verordnung Nr. 881/2002 die Umschreibung des Eigentums an einem Grundstück im deutschen Grundbuch noch zulässt, nachdem einer der drei Erwerber in die Liste aufgenommen worden ist. Das zuständige Grundbuchamt hatte die Eigentumsumschreibung nämlich unter Berufung auf Art. 2 Abs. 3 mit der Feststellung abgelehnt, dass einer der drei Käufer zwischenzeitlich[19] in der Liste namentlich genannt werde. Der EuGH entschied, dass auch ein (bebautes) Grundstück eine "wirtschaftliche Ressource" nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung darstelle, da ein solcher Vermögensgegenstand als materieller, unbeweglicher Vermögensgegenstand, der zwar kein Geld sei, aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden könne, eindeutig von der Definition des Begriffs "wirtschaftliche Ressourcen" in Art. 1 Nr. 2 dieser Verordnung erfasst sei. Desgleichen sei die Wendung "zur Verfügung gestellt werden" in einem weiten Sinn zu verstehen, da sie sich nicht auf eine besondere rechtliche Qualifizierung beziehe, sondern jede Handlung erfasse, die nach dem anwendbaren nationalen Recht erforderlich sei, damit eine Person tatsächlich die vollständige Verfügungsbefugnis in Bezug auf die betreffende Sache erlangen könne. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch sei eine solche Handlung, weil nach deutschem Recht der Käufer unstreitig erst danach nicht nur ein Grundpfandrecht bestellen, sondern auch und vor allem das Grundstück, das auf diese Weise in sein Eigentum übergegangen sei, veräußern könne. Somit sei Art. 2 Abs. 3 der EG-Verordnung Nr. 881/2002 dahin auszulegen, dass er, wenn der Abschluss eines Grundstückskaufvertrags und die Auflassungserklärung vor der Aufnahme des Erwerbers in die Liste erfolgten und auch der Kaufpreis vor diesem Zeitpunkt gezahlt wurde, der Eigentumsumschreibung im Grundbuch in Erfüllung dieses Vertrags nach diesem Zeitpunkt entgegenstehe. Auch ein Grundstückskauf ist einem gelisteten Terrorverdächtigen somit nicht mehr möglich.[20]
Auswirkungen einer Listung zeigen sich auch im Arbeits- und Sozialrecht, wo vor allem die Auszahlung von Geldern – sei es Gehalt, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder Hartz IV – zum Problem wird.
Hat man eine feste Arbeitsstelle, wird die Lohnauszahlung zum Problem, sobald man auf einer Terrorliste steht. Auch wenn grundsätzlich die Freiheit einer Person, einer Arbeit nachzugehen, von einer Listung nicht berührt wird, so ist es einem gelisteten Arbeitnehmer zumindest auf den ersten Blick unmöglich, an seinen, ihm für geleistete Arbeit zustehenden Lohn zu kommen. Eine Gehaltszahlung in bar ist wegen des umfassenden Bereitstellungsverbots schließlich verboten; die Konten des Arbeitnehmers sind zudem alle eingefroren.[21]
Dass dieser Zustand sogar zivilen Ungehorsam provozieren kann, zeigt eine Episode aus dem letzten Jahr: Im Januar 2006 wurden in Schweden 50 Prominente, darunter auch zwei ehemalige Minister, zu "Arbeitgebern" des wegen Mitarbeit im Bankensystem al-Barakaat auf der Terrorliste stehenden Somali-Schweden Ahmed Yusuf und überreichten ihm verbotenerweise öffentlich 5500 € Lohn in bar.[22]
Auch in anderer Hinsicht scheinen die Auswirkungen einer Listung gerade im Arbeitsrecht noch kaum absehbar. Ungeklärt ist bspw. die Frage, ob für einen gelisteten Arbeitnehmer weiterhin Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden dürfen oder ob dadurch das Bereitstellungsverbot unterlaufen wird. Darf der Arbeitnehmer über Dienstwagen oder Diensthandy verfügen, oder muss ihm beides ebenfalls mit dem Verweis auf das umfassende Bereitstellungsverbot entzogen werden? Kann ihm unter Umständen sogar die Kündigung drohen, weil er für seinen Arbeitgeber so nicht mehr einsetzbar ist?[23]
Hat man keine feste Arbeit (mehr), kann die Tatsache, dass gelisteten Terrorverdächtigen keine Gelder zur Verfügung gestellt werden dürfen, auch Auswirkungen auf die Auszahlung von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II und Hartz IV haben.
Für einigen Pressewirbel sorgte in diesem Zusammenhang der Fall von Mohammed H., der Ende 2005 plötzlich kein Arbeitslosengeld II mehr überwiesen bekam.[24] Auf Nachfrage teilte ihm die zuständige Behörde mit, er sei ein sogenannter Embargofall. Da sein Name auf einer UN-Liste mit terrorverdächtigen Personen stünde, dürfte ihm die Behörde kein Arbeitslosengeld II mehr auszahlen.[25] Auch dem Deutsch-Syrer Darkazanli, der lange als Drahtzieher von Al Kaida in Hamburg galt, wurde nach Presseinformationen zunächst jede finanzielle Unterstützung mit der Begründung gestrichen, er könnte damit terroristische Organisationen finanzieren. Sogar seiner deutschen Frau wurde die Sozialhilfe gestrichen, da befürchtet wurde, dass sie damit Darkazanli helfen könnte.[26]
Zudem kristallisiert sich immer mehr heraus, dass auch das Strafverfahren von den Auswirkungen der Listungen nicht unberührt bleibt. Listungen beeinflussen nicht nur die Ausgestaltung und den Ablauf von Ermittlungs- und Hauptverfahren; sie können auch noch nach Abschluss eines Strafverfahrens bzw. Einstellung eines Ermittlungsverfahrens ihre Wirkung entfalten.
Inzwischen wurden von der Bundesanwaltschaft in 70 Fällen Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer auch auf der EU-Terrorliste genannten "terroristischen Vereinigung" eingeleitet. Seit Ende 2001 kam es zu 21 entsprechenden Verurteilungen.[27] Wie die Bundesregierung aber verlautbaren ließ, führt die Aufnahme in die EU-Terrorliste freilich nicht "automatisch" zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Vielmehr wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen oder einer terroristischen Vereinigung nach §§ 129, 129a, 129b StGB eingeleitet, wenn "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte entsprechend § 152 StPO vorliegen".[28] Auch sei für die strafrechtliche Verurteilung ausschließlich maßgeblich, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt sei, dass der Straftatbestand der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung erfüllt sei.
Auch wenn zwar die Aufnahme einer Person oder Organisation in die UN- oder EU-Terrorliste nicht zwangsläufig die Aufnahme von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zur Folge hat, so hat eine Listung spätestens dann, wenn die Bundesanwaltschaft wegen anderer Anhaltspunkte ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bspw. wegen § 129b StGB einleitet, doch erhebliche Auswirkungen. So war aus der Anwaltspraxis zu hören, dass in vielen der eingeleiteten § 129b StGB-Verfahren Haftbefehle erlassen wurden, die nicht zuletzt auch damit begründet wurden, dass der Beschuldigte entweder selbst auf einer der Listen stehe oder einer auf der Liste
stehenden Organisation angehöre und sich bereits daraus der dringende Tatverdacht gegen ihn ergebe.
Auch wurde davon berichtet, dass die anwaltliche Kommunikation mit einem gelisteten Mandanten zumindest dann erheblich erschwert ist, wenn dieser bereits in Untersuchungshaft sitzt: Da alle seine Gelder eingefroren sind und man ihm auch darüber hinaus keinerlei wirtschaftliche Ressourcen zukommen lassen darf, funktioniert noch nicht einmal die Verteidigerpost. Weder verfügt nämlich der Gelistete über die nötigen finanziellen Mittel, sich die für die Verteidigerpost nötige Briefmarke zu kaufen, noch darf ihm sein Verteidiger einen Satz Briefmarken geschweige denn den dafür erforderlichen Geldbetrag zustecken.
Das verfassungsrechtlich verbürgte Recht eines Beschuldigten auf effektive Strafverteidigung wird aber noch viel existentieller bedroht: Da zunächst sämtliche Gelder des gelisteten Beschuldigten umfassend eingefroren werden, verfügt er auch nicht länger über das nötige Geld, um einen Wahlverteidiger zu honorieren.[29] Er sieht sich insofern also, sofern deren Voraussetzungen vorliegen, auf die Pflichtverteidigung beschränkt, die – wohl nicht zu Unrecht – von vielen als "Verteidigung zweiter Klasse" gegeißelt wird.[30] Darüber hinaus ist sogar fraglich, ob nicht auch die Bestellung eines Pflichtverteidigers durch den Staat gegen das Bereitstellungsverbot verstößt und deshalb zunächst eine entsprechende Genehmigung eingeholt werden muss.[31]
Die Listung kann, wie zwei Fälle aus der Vergangenheit belegen, darüber hinaus auch dann noch erhebliche Wirkung entfalten, wenn Strafverfahren oder Ermittlungsverfahren abgeschlossen sind.
Der erste Fall betrifft den Marokkaner Abdelghani Mzoudi, der beschuldigt wurde, Helfershelfer des vermutlichen Todespiloten vom 11. September 2001, Mohammed Atta, gewesen zu sein. Insgesamt 428 Tage war er aufgrund dessen in Untersuchungshaft, bevor er rechtskräftig von diesem Vorwurf freigesprochen wurde. Ihm stünden deshalb gemäß § 2 Abs. 1 StrEG eigentlich 4708,- € Haftentschädigung zu. Doch die zuständige Hamburger Justizbehörde zahlt das Geld mit dem Argument nicht aus, dass Mzoudi auf der Terrorliste der Europäischen Gemeinschaft steht und die Zahlung auch einer Haftentschädigung gegen die dort enthaltenen Anordnungen verstoßen würde.[32] Laut Auskunft der Behörde wird der Anspruch auf die Haftentschädigung zwar theoretisch nach deutschem Recht gewährt, das Geld aber eben nicht ausgezahlt. Abdelghani Mzoudi hat inzwischen beim Verwaltungsgericht München Klage gegen die für die Umsetzung der Vermögenssperre zuständige Deutsche Bundesbank eingereicht und zugleich beantragt, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.[33]
Der zweite Fall betrifft eine ähnliche Konstellation: Dem in Hamburg lebenden Deutsch-Syrer Darkazanli steht laut Bundesanwaltschaft eigentlich ebenfalls ein Anspruch auf Entschädigung zu, nachdem das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt wurde. Darkazanli saß aufgrund eines Auslieferungsersuchens aus Spanien rund neun Monate in Deutschland in Auslieferungshaft. Seit das Bundesverfassungsgericht im Juli 2005 auf eine Verfassungsbeschwerde Darkazanlis, der damit seine Auslieferung nach Spanien verhindert wollte, das deutsche Gesetz zum EU-Haftbefehl gekippt hat, ist Darkazanli auf freiem Fuß und lebt in Hamburg.[34] Auch wenn die spanische Justiz nach wie vor einen internationalen Haftbefehl für Darkazanli aufrechterhält, hält die Bundesanwaltschaft ihn inzwischen nicht mehr für verdächtig, die islamistische Terrorgruppe Al Kaida unterstützt oder Kontakte zu einer spanischen Zelle der Al Kaida unterhalten zu haben. Es bestünde kein hinreichender Tatverdacht. Daher wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.
Darkanzali steht – anders als Mzoudi – allerdings keine Entschädigung nach dem deutschen Entschädigungsgesetz zu, da er aufgrund eines spanischen Haftbefehls verhaftet wurde und die bundesdeutschen Behörden nur Amtshilfe leisteten. Aber auch sein Ersatzanspruch aus Art. 5 Abs. 5 der EMRK kann nicht ausbezahlt werden, weil auch sein Name auf der Terrorliste steht.[35]
Auch im Asyl- und Ausländerrecht bleibt eine Listung nicht folgenlos. Die Mitgliedschaft in einer auf der EU-Terrorliste genannten Gruppierung stellt laut Auskunft der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Kersten Naumann, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE zwar keine Rechtsgrundlage für ein Einreiseverbot in EU-Staaten dar.[36] In anderen asyl- und ausländerrechtlichen Konstellationen findet die Listung aber sehr wohl Berücksichtigung. Insbesondere in Ausweisungsverfügungen, Entscheidungen über die Aufenthaltserlaubnis oder über die Anerkennung als Asylberechtigter, aber auch in Asylwiderrufsentscheidungen sowie in Entscheidungen über Einbürgerungsanträge wird regelmäßig auf die Listung Bezug genommen.
So wurde vor dem VG Augsburg eine Klage gegen eine Ausweisungsverfügung auch deshalb abgewiesen, weil zur Überzeugung des Gerichts feststand, dass der Kläger enge Kontakte zu "Lashkar-e-Taiba" (LT), einer militanten islamistischen Organisation, gehabt habe.[37] In der Urteilsbegründung wurde ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass der Kläger "an einer militärischen Ausbildung im Lager einer Organisation teilgenommen hat, die auf der EU-Terrorliste geführt wird".[38] Wie weiter ausgeführt wird, "handelt es sich bei der LT unzweifelhaft um eine Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, da sie seit 2. Mai 2002 auf der EU-Terrorliste geführt wird".[39]
Auch wenn die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wird, findet die Listung teilweise Berücksichtigung. So wies das VG Ansbach eine Klage eines türkischen Staatsangehörigen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen § 35 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG a.F. – und seinen Aktivitäten in PKK-Nachfolgeorganisationen – ab.[40] Das Gericht führte in diesem Zusammenhang aus, dass auch von den Nachfolgeorganisationen der PKK weiterhin erhebliche Gefahren für die innere Sicherheit ausgehen, und verwies insbesondere darauf, dass der KADEK im Mai 2003 in die Terrorliste der Europäischen Union aufgenommen wurde.[41]
Daneben kann auch die Anerkennung als Asylberechtigter nicht zuletzt daran scheitern, dass der Antragsteller eine Gruppierung unterstützt, die auf einer Terrorliste geführt wird. Zahlreicher noch sind allerdings die Fälle, in denen die Asylberechtigung politischer Flüchtlinge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Hinweis auf die Nennung auf einer Terrorliste widerrufen wurde. So war in einem von Gössner geschilderten Fall eine Künstlerin 1994 aus dem Iran nach Deutschland geflohen und hatte Asyl beantragt.[42] Damals wurde sie als politischer Flüchtling anerkannt, weil sie sich gegen die religiöse Diktatur im Iran und im Umfeld der iranischen Gruppe Volksmudschahedin (MEK) engagiert hatte und deshalb im Iran inhaftiert und misshandelt worden war. Mit derselben Begründung – dem Engagement für die MEK – wird ihr nun zehn Jahre später der Asylstatus wieder aberkannt und die Ausweisung aus Deutschland verfügt. Der Asylwiderruf wird ausdrücklich nicht auf den Wegfall etwaiger politischer Verfolgung im Herkunftsland Iran gestützt, sondern darauf, dass die Betroffene "aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands" anzusehen sei. Daneben sei zu berücksichtigen, dass die MEK auf der EU-Terrorliste genannt sei. Ähnlich argumentiert wird immer wieder in Fällen, die PKK-treue Kurden aus der Türkei betreffen, da auch die PKK auf der EU-Terrorliste steht. Auch hier waren die Betroffenen ehedem gerade deshalb als Asylberechtigte anerkannt worden, weil sie als Mitglieder der kurdischen PKK in der Türkei verfolgt worden waren.[43]
Auch die Bundesregierung selbst gibt inzwischen zu, dass die Nennung auf einer Terrorliste ein Aspekt ist, der beim Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung durchaus Berücksichtigung findet, auch wenn es darüber hinaus stets einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall bedarf, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 S. 1 oder S. 2 AufenthG vorliegen.[44] Zwar ist richtig, dass das deutsche Ausländerrecht in § 73 AsylVfG, wie übrigens auch das Völkerrecht in Art. 1 C (5) der Genfer Flüchtlingskonvention, die Möglichkeit eines Widerrufs der Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung grundsätzlich vorsieht, wenn die Asylgründe nicht mehr bestehen.[45] Bis vor einigen Jahren allerdings wurde von dieser Widerrufsmöglichkeit kaum Gebrauch gemacht. Inzwischen ist aber eine deutliche Zunahme an Widerrufsverfahren[46] – auch bei Widerrufsverfahren wegen Terrorismusverdacht – zu verzeichnen. Daran ist besonders problematisch, dass nach einem unanfechtbaren Widerruf der Flüchtlingsanerkennung zugleich der Verlust des Aufenthaltsrechts droht. Zwar geschieht dies nicht automatisch, fast immer schließt sich aber ein aufenthaltsrechtliches Verfahren an. In vielen Fällen entziehen die Ausländerbehörden dann den ehemals anerkannten Flüchtlingen ihr Aufenthaltsrecht[47] oder verlängern zumindest die Aufenthaltserlaubnis nicht[48]. Sie stufen die Flüchtlinge häufig auf eine bloße Duldung herab. Die Betroffenen verlieren dadurch ihren Anspruch auf Sozialleistungen und ärztliche Versorgung sowie ihre Arbeitserlaubnis; ferner können sie abgeschoben werden.[49]
Besonders besorgniserregend ist, dass das Widerrufsverfahren häufig anlässlich eines Einbürgerungsantrages oder eines Antrags auf Familienzusammenführung eingeleitet wird.[50] Aber auch der Einbürgerungsantrag selbst droht wegen der Zugehörigkeit zu einer gelisteten Organisation zu scheitern. Aus diesem Grund wurden Personen, die bereits lange Zeit in Deutschland leben, in zahlreichen Fällen die beantragte Einbürgerung verweigert.[51] So klagte in einem von dem VG Hamburg zu entscheidenden Fall ein iranischer Asylberechtigter auf Einbürgerung, nachdem das zuständige Einwohnermeldeamt seinen entsprechenden Antrag mit dem Argument abgelehnt hatte, dass der Antragsteller Anhänger der Volksmudschahedin Iran sei und der Einbürgerung deshalb der Ausschlussgrund des § 86 Nr. 2 AuslG entgegenstünde.[52] Die Klage blieb nicht zuletzt deshalb erfolglos, weil – so die Urteilsbegründung – "die Aufnahme der Organisation Volksmudschahedin Iran in die Liste terroristischer Organisationen durch Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 2.5.2002 (2002/334/EG) zur Durchführung von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus in diesem Zusammenhang von erheblicher Bedeutung" sei.[53] Nahezu wortgleich argumentierte das VG Hamburg in einem ähnlich gelagerten Fall, den es im Februar 2007 zu entscheiden hatte.[54] Etwas anders lag der Fall beim VG Berlin,[55] das über die Einbürgerung einer iranischen Staatsangehörigen zu entscheiden hatte, die die Gruppierungen Nationaler Widerstand Iran (NWRI) und Volksmudschahedin Iran-Organisation (MEK) unterstützt. Letztlich lehnte das VG die Klage auf Einbürgerung ab, weil dem Anspruch auf Einbürgerung der zwingende Ausschlussgrund des § 11 S. 1 Nr. 1 StAG entgegenstünde. Interessanterweise argumentierte das VG Berlin aber auch hier mit der EU-Terrorliste, allerdings unter – sozusagen –
umgekehrten Vorzeichen: Dass eine Organisation wie die NWRI nicht in die EU-Terrorliste aufgenommen worden ist, hindere die Mitgliedstaaten nicht, sie dennoch als terroristische Vereinigung einzustufen.[56]
Bereits dieser Überblick zeigt, dass eine Listung in vielen Lebens- und Rechtsbereichen zu erheblichen Beeinträchtigungen führt.[57] Daher stellt sich die Frage, ob man diese Einschränkungen hinnehmen muss oder sich – wenigstens in Teilbereichen – gegen sie wehren kann.
Ausgangspunkt aller vorgenannten Konsequenzen ist die Aufnahme der betroffenen Person in eine der beiden Listen. Als primärer Rechtsbehelf drängt sich daher die Anfechtung der Listung auf. Die Rechtsschutzmöglichkeiten fallen dabei ganz erheblich danach auseinander, auf welcher Liste sich die betroffene Person befindet.[58]
Wurde die Listung durch den Sanktionsausschuss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vorgenommen, sind die Erfolgsaussichten von vornherein stark geschmälert. Der Sanktionsausschuss setzt sich aus den Mitgliedern des Sicherheitsrates zusammen und entscheidet einstimmig über Aufnahmen und Löschungen. Seine Vorgehensweise richtet sich in diesen Fällen nach internen Richtlinien, die fortlaufend nach Maßgabe von Sicherheitsratsresolutionen modifiziert werden. Diese sehen weder eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen noch einen sonstigen Individualrechtsbehelf vor.[59] Ursprünglich war ein de-listing nur auf diplomatischem Weg unter Einschaltung des Heimat- oder Aufenthaltsstaates zu erreichen, der dazu eine Petition an den Ausschuss richten musste. Seit Ende 2006 können betroffene Personen und Unternehmen Anträge auf Streichung von der Liste alternativ auch persönlich unmittelbar bei den Vereinten Nationen stellen, Section 8(b) der committee guidelines. Zentrale Anlaufstelle hierfür ist ein verwaltungsinternes Gremium (Focal Point) bei den Vereinten Nationen in New York.[60] Ein echter Individualrechtsbehelf wird über diese Verfahrensoption aber nicht geschaffen. Der focal point dient als clearing house neben der Entgegennahme von Anträgen vor allem der Beratung und Erleichterung von Konsultationsverfahren, in dem sich der Heimatstaat, wenn er die Streichung des Betroffenen unterstützt, und der Mitgliedstaat, der die Listung betrieben hat, über die Berechtigung der Listung verständigen sollen. Das Ergebnis dieses Verständigungsprozesses soll dann mit einer Empfehlung an den Sanktionsausschuss weitergeleitet werden, der abschließend einstimmig darüber befindet, ob hinreichende Gründe dafür beigebracht wurden, den Namen des Betroffenen aus der Liste zu streichen.
Dieser unrealistisch anmutende, diplomatisch geprägte Weg scheint dennoch trotz der Hemmnisse der Mediatisierung des Betroffenen und des Einstimmigkeitserfordernisses im Sanktionsausschuss nicht aussichtslos zu sein. So wurde berichtet, dass eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Personen ihre Streichung erreichen konnte. Auch aus Deutschland wurde jüngst der Fall Lokman Amin Mohammed bekannt, indem sich die Bundesrepublik erfolgreich für ein de-listing eingesetzt hatte.[61] Grundsätzlich ist in Deutschland das Auswärtige Amt für die Entgegennahme der Anträge von Betroffenen zuständig. Die Entscheidung über die sachliche Berechtigung des Antrags wird regierungsintern im Zuge eines Konsultationsprozesses zwischen den betroffenen Ressorts (Äußeres, Inneres, Justiz, Wirtschaft) und dem Bundeskanzleramt getroffen. Über die genauen Entscheidungsabläufe und etwaige Erfolgsquoten konnte wegen der Vertraulichkeit dieser Vorgänge nichts Genaueres in Erfahrung gebracht werden.
Da die Sicherheitsratsresolution Nr. 1390 (2002) in der EU per EG-Verordnung umgesetzt worden ist, unternahmen mehrere gelistete Personen und Organisationen überdies den Versuch, die umsetzende Verordnung direkt vor Gerichten der europäischen Gemeinschaft anzugreifen. Diese Nichtigkeitsklagen gem. Art. 230 IV EGV sind bislang jedoch ausnahmslos gescheitert.[62] Das EuG wies Klagen in den Rechtssachen Kadi und Yusuf ab, da dem Gericht wegen Vorrangs des UN-Rechts aus Art. 103 UN-Charta eine Prüfung der Verordnungen nach Maßgabe des primären Gemeinschaftsrechts versperrt ist.[63] Über das Rechtsmittel (C-415/05 P, 402/05 P) hat
der EuGH noch nicht entschieden. Vielmehr hat erneut das EuG bekräftigt, dass die Gerichte der Europäischen Gemeinschaft nicht die richtige Anlaufstelle für Rechtsschutz gegen Listungen durch den Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen sind. Es sei stattdessen der in den Richtlinien des Ausschusses vorgesehene (diplomatische) Weg zu beschreiten, zu dessen Effektuierung die Mitgliedstaaten der EG aufgrund ihrer Bindung an die EMRK auch verpflichtet sind.[64] Der Betroffene müsse daher bei der Regierung seines Heimat- oder Residenzstaats um Überprüfung seines Falles und Unterstützung über diplomatische Kanäle ersuchen.
Schwache Hoffung auf verbesserten Individualrechtsschutz auf europäischer Ebene weckt jedoch eine neuere Entscheidung des EuGH. In den Rechtssachen Segi und Gestoras hat der EuGH erstmals vertreten, die Kompetenz zur Überprüfung Gemeinsamer Standpunkte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 35 I EUV oder einer Nichtigkeitsklage gem. Art. 35 VI EUV zu besitzen, soweit sie unmittelbare Wirkung gegenüber dem Unionsbürger entfalten.[65] Es darf mit Spannung erwartet werden, mit welchem Prüfungsumfang und welchen rechtlichen Folgen sich dieser Rechtsbehelf fruchtbar machen lässt.[66]
Zulässig bliebe neben einer solchen Klage aber auch der Weg vor die nationalen Gerichte. Zu denken wäre an eine Klage gegen die kontenführenden Kreditinstitute auf Mittelfreigabe oder, wie im Fall Mzoudi, eine Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht auf Auszahlung der Haftentschädigung. Den Verfassern erscheint dieser Weg jedoch wenig aussichtsreich.[67] Allerdings ist in der Rechtssache Mzoudi mittlerweile Verfassungsbeschwerde erhoben worden, so dass demnächst mit einem klarstellenden Wort des Bundesverfassungsgerichts zur Überprüfbarkeit der Listungen nach nationalem Verfassungsrecht zu rechnen ist.
Besser stehen die Dinge, wenn die betroffene Person oder Organisation ihren Namen auf der Liste wiederfindet, die gem. EG-Verordnung Nr. 2580/2001 autonom vom Rat geführt wird. Aufnahmeentscheidungen werden hier im Rahmen eines clearing house-Verfahrens getroffen, das bei den Ratsgremien angesiedelt ist, um die EU-Liste zu verwalten und die Entscheidungsgrundlage für die Beschlüsse des Rats zu erarbeiten.[68] Nicht geregelt ist jedoch, auf welchem Weg ein Betroffener seine Streichung von der Liste erzwingen kann. Die aufgeführten Namen werden zwar im clearing house-Verfahren mindestens einmal pro Halbjahr einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass ihr Verbleib auf der Liste nach wie vor gerechtfertigt ist, doch ist kein justizieller Individualrechtsbehelf gegen die Entscheidung des Rats in die Verordnung integriert worden. Immerhin wird den Betroffenen mittlerweile ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, bei hinreichend substantiiertem Antrag, um eine erneute Prüfung ihres Falles zu ersuchen.[69] Das Fehlen eines spezifischen Rechtsbehelf lässt sich indessen über Nichtigkeitsbeschwerden gem. Art. 230 IV EGV gegen EG-Verordnung und Listungsbeschluss des Rates hinreichend kompensieren. Bereits mehrere Klagen führten vor dem EuG zu einem Erfolg.[70] Begründet wurde die Aufhebung des Listungsbeschlusses zunächst allerdings nur mit dem Fehlen jeglicher Begründung gem. Art. 253 EGV für den grundrechtsrelevanten Eingriff. Mittlerweile wurden diese Begründungen (statement of reasons) aber umfassend durch das EU-Ratssekretariat nachgeholt und die Anforderungen des EuG gem. Ratsbeschluss vom 28. Juni 2007 in die Listungspraxis integriert, so dass sich auch die erfolgreichen Kläger erneut auf der Liste wiederfanden.[71] Eine tatsächliche Nachprüfung der Berechtigung des Verdachts, Unterstützer des internationalen Terrorismus zu sein, ist bisher noch nicht durchgeführt worden. Die bisherigen Entscheidungen machen aber deutlich, dass sich die Europäischen Gerichte für zuständig halten, diese Prüfung vorzunehmen.
Nicht kalkulierbar sind zu diesem Zeitpunkt aber die Unwägbarkeiten des dabei anzuwendenden Beweisverfahrens, insbesondere soweit die Verwertung von Geheimdienstinformation oder die Option der Beweiserhebung in camera im Raum stehen. Erschwert wird die Verfahrensvorbereitung durch fehlenden Zugang zu wichtig-
en Informationen. Zu diesem Zweck hatte sich eine gelistete Person bereits auf EG-Verordnung Nr. 1049/2001 berufen, um Einsicht in alle Dokumente zu erhalten, die als Grundlage für seine Aufnahme in die Liste gedient hatten. Sowohl EuG als auch EuGH betonten in ihren abweisenden Entscheidungen jedoch, dass ein allgemeines Zugangsrecht der Öffentlichkeit zwar bestand, dieses bei Terrorismusverdacht zum Schutze der öffentlichen Sicherheit im Einklang mit den (zwingenden) Verweigerungsgründen der Verordnung gleichwohl verweigert werden musste.[72]
In jedem Fall ist eine Anfechtung der Listung beschwerlich und langwierig. Wegen der einschneidenden Alltagswirkungen, die unmittelbar eintreten, muss das Augenmerk der Betroffenen daher unverzüglich – zumindest parallel – darauf gelenkt werden, wie eine Freigabe von Mitteln erreicht werden kann, um zunächst überhaupt erst einmal den täglichen Lebensbedarf decken zu können. Die betroffene Person soll als Vermögensträger zwar völlig isoliert werden, doch sehen beide Sanktionsregimes aus humanitären Gründen Freigabe- und Ausnahmeklauseln vor. Welche Mittel auf welchem Weg zur Sicherung des Daseins und einer minimalen Partizipation am gesellschaftlichen Leben freigegeben werden können, hängt wiederum von den spezifischen Regelungen in den einzelnen Resolutionen und Verordnungen ab.
Ursprünglich sahen die Sicherheitsratsresolutionen Nr. 1267 (1999), 1333 (2000) und 1390 (2002) keinerlei Freigabe- und Ausnahmeklauseln aus humanitären Gründen vor. Diese wurden erst aufgrund starken politischen Drucks durch spätere Folgeresolutionen geschaffen. Für Betroffene, die auf der UN-Liste stehen, gelten seitdem die Vorgaben von Sicherheitsratsresolution Nr. 1452 (2002). Ergänzt durch Resolution Nr. 1735 (2006) sieht diese Resolution zur Milderung der teils drastischen Folgen der Maßnahme eine Ausnahme aus humanitären Gründen zur Deckung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens vor, Paragraph 1(a) von Resolution Nr. 1452 (2002). Danach sind Finanzmittel nicht einzufrieren, wenn die zuständigen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen befunden haben, dass die Mittel notwendig sind für Erfüllung der Grundbedürfnisse, was Nahrung, Miete, Hypotheken, Medizin, medizinische Behandlung, Steuern, Versicherungen und Gebühren für öffentliche Leistungen der Daseinsvorsorge einschließt. Gleiches gilt für Mittel, die ausschließlich zur Zahlung von professioneller, angemessener Rechtsberatung dienen. Eine Ausnahme kann ferner für außergewöhnliche Ausgaben, die nicht näher spezifiziert sind, beantragt werden, Paragraph 1(b). Überdies wird den Mitgliedstaaten in Paragraph 2 gestattet, die Einzahlung oder Überweisung von Zinsen, Entgelten oder sonstigen Zahlungen, die auf Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen beruhen, die vor Inkrafttreten der Verordnung eingegangen wurden, auf ein Konto, das der Sperrung unterliegt, zu genehmigen.
In der EU wurde EG-Verordnung Nr. 881/2002 durch EG-Verordnung Nr. 561/2003 an diese Neuregelungen auf UN-Ebene angepasst und ein neuer Art. 2(a) eingefügt, der die Ausnahmeregelungen im Wesentlichen übernimmt. Danach sind Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von den Sanktionen ausgenommen, wenn die zuständige nationale Behörde entscheidet, dass ihre Freigabe für Grundausgaben, namentlich für die Bezahlung von Nahrungsmitteln, Mieten oder Hypotheken, Medikamenten und medizinischer Behandlung notwendig ist. Dasselbe gilt für Mittel, die ausschließlich zur Bezahlung angemessener Honorare für rechtliche Dienste bestimmt sind oder ausschließlich der Bezahlung von Gebühren und Kosten für die Verwahrung und Verwaltung eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen dienen. Bei Erforderlichkeit zur Deckung außergewöhnlicher Ausgaben ist eine weitere Ausnahmeklausel vorgesehen. Für fällige Zinsen eingefrorener Konten bzw. Zahlungen auf eingefrorene Konten, die auf Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen beruhen, die vor Inkrafttreten der Verordnung eingegangen wurden, kann die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht beantragt werden. Diese Mittel werden ebenfalls eingefroren.
Das Freigabeverfahren ist auf die Richtlinien des Sanktionsausschusses abgestimmt.[73] Für Grundausgaben und Anwaltskosten muss danach eine Notifizierung des Sanktionsausschusses erfolgen und ein Einspruch innerhalb von 48 Stunden ausbleiben, Art. 2a (1) lit. c EG-Verordnung Nr. 881/2002. Für außerordentliche Ausgaben bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung des Sanktionsausschusses. Für die Entgegennahme und Bearbeitung der Anträge auf Gewährung einer Ausnahme und deren – eventuelle – anschließende Weiterleitung an den Sanktionsausschuss sind innerhalb der Bundesrepublik Deutschland für Gelder die Bundesbank und für wirtschaftliche Ressourcen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gem. EG-Verordnung Nr. 561/2003 Art. 1 i.V.m. Anhang II zuständig. Die Bundesbank hat zur effektiven Wahrnehmung dieser Aufgabe ein Servicezentrum Finanzsanktionen eingerichtet. Es ist in der Hauptverwaltung München angesiedelt und nimmt bundesweit die Aufgaben der Deutschen Bundesbank im Bereich der Finanzsanktionen war. Anträge sind schriftlich an dieses Zentrum zu richten.[74]
In seiner Funktion als Genehmigungsstelle werden die Anträge sodann geprüft und bei sachlicher Berechtigung eine Vorlage an den Sanktionsausschuss vorbereitet. Da
die Vorlage den ministeriellen Weg über Wirtschaftsministerium und Außenministerium nehmen muss, kann es einige Zeit dauern, bis der Antrag tatsächlich den Sanktionsausschuss erreicht. Dem Vernehmen nach sind Ersuchen, die auf eine Freigabe von Mitteln zur Sicherung der Grundbedürfnisse abzielen, auch regelmäßig von Erfolg gekrönt. Bei der Bemessung der freizugebenden Mittel orientiert sich das Servicezentrum an den einschlägigen Sozialgesetzen.[75] Ferner war zu erfahren, dass auch Mittel für (Rechtsanwalts-)Gebühren auf diesem Weg erlangt werden können, soweit der Bedarf vernünftig dargelegt wird. Andere Personen als die gelisteten Individuen sind hingegen scheinbar noch nicht auf die Idee verfallen, Freigabeanträge zu stellen, obwohl auch Dritte generell antragsberechtigt sind. Für genauere Informationen steht neben der Internetseite www.bundesbank.de/finanzsanktionen/finanzsanktionen.php aber auch eine Hotline zur Verfügung.[76] Das BAFA informiert auf seiner Website und in einem separaten Merkblatt ebenfalls über die Anerkennung von Ausnahmen und das Verfahren der Antragstellung.[77]
Auch EG-Verordnung Nr. 2580/2001 eröffnet betroffenen Privatpersonen über eine humanitäre Klausel in Art. 5 (2) die Möglichkeit, eine Freigabe von Mitteln zur Deckung der Grundbedürfnisse zu erwirken. Die im Anhang zur Verordnung aufgeführten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können unter Bedingungen, die sie zur Verhinderung der Finanzierung des Terrorismus für zweckdienlich halten, spezifische Genehmigungen für die Verwendung eingefrorener Mittel zur Zahlung für Nahrungsmittel, Arzneimittel, Miete, Hypotheken, Gebühren und Honorare für ärztliche Behandlungen für die betroffene Person und Familienmitglieder erteilen. Ferner dürfen von eingefrorenen Konten die Zahlung von Steuern, Pflichtversicherungsprämien und Gebühren für öffentliche Versorgungsleistungen bestritten werden. Die zuständige Behörde kann ferner spezifische Genehmigungen für geldwerte Leistungen an die gelistete Person erteilen, wenn diese auf Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen beruhen, die vor Inkrafttreten der Verordnung eingegangen wurden, sofern die Zahlungen auf ein eingefrorenes Konto geleistet werden.
Zum Schutz der Interessen der Gemeinschaft können gem. Art. 6 weitere Genehmigungen erteilt werden, nachdem Konsultationen mit den anderen Mitgliedstaaten, dem Rat und der Kommission stattgefunden haben. Spezifische Voraussetzungen geschweige denn ein Prüfungsprogramm für derartige Freigabeanträge finden sich in Art. 6 nicht. Die Genehmigungsanträge sind gem. Art. 5 (3), Art. 6 (2) an die zuständige Behörde zu richten. Dies sind in Deutschland betreffend Gelder und Finanzdienstleistungen nach den Vorgaben aus EG-Verordnung Nr. 2580/2001 wiederum die Deutsche Bundesbank und betreffend Versicherungen das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sowie betreffend wirtschaftliche Ressourcen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.[78] Derartige Bemühungen werden gleichwohl als äußerst selten vermeldet. Angeblich ist bislang noch keine Ausnahmegenehmigung erteilt worden, was aber vermutlich auf die konkrete Zusammensetzung der EU-Liste zurückzuführen ist, die für den deutschen Hoheitsbereich kaum relevante Fälle enthält.
Auch wenn es schwierig und vor allem langwierig ist, gegen die Listung auf einer der beiden Terrorlisten vorzugehen, heißt das nicht, dass man alle negativen Auswirkungen, die eine Listung gemäß der oben beschriebenen Szenarien hat, wehrlos hinnehmen muss. In vielen Konstellationen bietet es sich vielmehr an, ein Freigabeverfahren anzustrengen.
So hat man in den Fällen, in denen die zuständigen Behörden die Auszahlungen von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder Hartz IV mit dem Argument stoppen, der Betroffene sei auf einer der Terrorlisten aufgeführt, gute Chancen, eine entsprechende Freigabe der Mittel zur Deckung der Grundbedürfnisse zu erreichen. Bedenklich erscheint in diesem Zusammenhang allerdings, dass die involvierten Behörden wie bspw. die Bundesagentur für Arbeit den Betroffenen vielfach nicht einmal auf die Möglichkeit eines solchen Freigabeverfahrens hinweisen.[79] Es stellt sich überdies die Frage, ob sich nicht gerade im Sozialrecht aus dem grundgesetzlich verankerten Sozialstaatsprinzip die Pflicht der zuständigen Behörden ergibt, selbst auf die entsprechenden Freigaben hinzuwirken.
Ähnliche Fragen stellen sich im Hinblick auf die drohenden Einschränkungen der Strafverteidigung. Geht man
soweit, den Staat angesichts der klaren Regelung des Bereitstellungsverbots in den Sicherheitsratsresolutionen bzw. EG-Verordnungen für nicht befugt zu halten, einen Pflichtverteidiger zu bestellen, solange keine entsprechenden Genehmigungen vorliegen, stellt sich zudem ebenfalls die Frage, ob hier nicht auch der Staat selbst für die entsprechenden Ausnahmegenehmigungen sorgen muss. Verschärft wird die Problematik im Bereich der Rechtsberatung nicht zuletzt dadurch, dass zwar die Sicherheitsratsresolution Nr. 1452 (2002) eine Ausnahmeklausel zur Zahlung von professioneller, angemessener Rechtsberatung ausdrücklich vorsieht, die entsprechenden Vorschriften für die eigenständige EU-Terrorliste dies aber nicht tun.
In jedem Fall ist es aber aus der Sicht der Betroffenen angezeigt, ein Freigabeverfahren anzustrengen, wo immer das möglich ist, um die Freigabe von Geldern zur Sicherung der Grundlage einer menschenwürdigen Lebensführung für sich und die eigene Familie zu erwirken. Eine entsprechende Prüfung sollte daher immer auch vom rechtlichen Beistand einer gelisteten Person vorgenommen werden.
Dieses Bemühen geht auch mit der Zielrichtung der EG-Verordnungen, deren rechtliche Grenzen freilich noch lange nicht ausgeleuchtet sind, konform. Eine Abbildung der bisherigen, erst am Anfang stehenden Diskussion um die rechtliche Zulässigkeit dieser neuen Sanktionsformen und ihre Grenzen kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Unabhängig vom Fortgang dieser Diskussion ist es aber dringend angebracht, ein Bewusstsein für die Bandbreite der rechtlichen Auswirkungen einer Listung allein im deutschen Recht zu schaffen und auf die kaum bekannten Freigabeklauseln aufmerksam zu machen.
Darüber hinaus sind allein die finanziellen Einschränkungen, denen eine gelistete Person auch dann noch unterliegt, wenn wenigstens ihre Grundbedürfnisse finanziell wieder abgesichert sind, immer noch massiv. Dass die Listung daneben aber auch in ganz anderen Rechtsbereichen wie bspw. dem Asyl- und Ausländerrecht immer wieder argumentativ und begründend herangezogen wird, stimmt zusätzlich nachdenklich. Denn dadurch zeigt sich, dass eine Listung längst auch in Bereichen Auswirkungen hat, die von den Verfassern der Sicherheitsratsresolutionen und EG-Verordnungen so sicherlich nicht in Betracht gezogen wurden. Und wer vermag abzuschätzen, wo überall noch sich zukünftig Fernwirkungen einer Listung für einen gelisteten Betroffenen zeigen werden.
Über die skizzierten Auswirkungen auf gelistete Personen hinaus gehend, wirkt sich eine Listung auch auf Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Unternehmen aus, da diese zahlreichen Pflichten unterliegen, wenn sie im Zuge ihrer geschäftlichen Aktivitäten auf eine gelistete
Person oder Organisation treffen (1.). Erfüllen sie diese Pflichten nicht, drohen ihnen erhebliche gewerbliche und strafrechtliche Konsequenzen (2.), gegen die sie sich aber schützen können (dazu 3.).
Unmittelbar Betroffene der Sanktionsvorschriften der EG-Verordnungen sind ebenfalls Banken und Finanzdienstleister. Sie sind sogar deren primäre Adressaten und werden als Private zur Durchführung der Maßnahmen in die Pflicht genommen werden. Gem. Art. 2(1) lit. a EG-Verordnung Nr. 2580/2001 bzw. Art. 2(1) EG-Verordnung Nr. 881/2002 haben sie alle Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen gelisteter Personen und Organisationen, auf die sie Zugriff haben, einzufrieren. Konkret bedeutet dies, dass z. B. keine Buchungen zu Gunsten oder zu Lasten der Konten eines Gelisteten vorgenommen und Einlagen oder Wertpapierdepots nicht Gegenstand von Finanztransaktionen werden dürfen. Laut dem Bundesverband Deutscher Banken kommen die deutschen Kreditinstitute diesen Vorgaben nicht nur flächendeckend nach, sondern bemühen sich durch Nutzung entsprechender Software um eine möglichst lückenlose Umsetzung der Verpflichtung.[80]
Deren Einhaltung unterliegt zudem der Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Überprüfung zählt zu deren besonderen Aufgaben, vgl. § 6a KWG. Soweit Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass von einem Institut angenommene Einlagen, sonstige dem Institut anvertraute Vermögenswerte oder eine Finanztransaktion der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a auch in Verbindung mit § 129b des Strafgesetzbuches dienen oder im Falle der Durchführung einer Finanztransaktion dienen würden, kann die Bundesanstalt der Geschäftsführung des Instituts Anweisungen erteilen, dem Institut Verfügungen von einem bei ihm geführten Konto oder Depot untersagen oder dem Institut die Durchführung von sonstigen Finanztransaktionen untersagen.[81] Die Eingriffsvoraussetzungen werden dabei als erfüllt angesehen, wenn es sich bei dem Inhaber eines Kontos oder Depots, dessen Verfügungsberechtigten oder dem Kunden eines Instituts um eine natürliche oder juristische Person oder eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung handelt, deren Name in eine der beiden erwähnten Listen aufgenommen worden ist. [82]
Über diese spezielle Verpflichtung zum Einfrieren von Vermögenswerten hinaus trifft alle natürlichen und juristischen Personen, die im räumlichen Geltungsbereich der Verordnungen am Wirtschaftsverkehr teilnehmen, ein umfassendes Bereitstellungsverbot. Dieses Bereitstellungsverbot ist der wohl weitreichendste Bestandteil des Sanktionsregimes. Es findet sich, wie bereits zuvor erwähnt, in Art. 2 (1), (2) der EG-Verordnung Nr. 2580/2001 sowie Art. 2 (2), (3) EG-Verordnung Nr. 881/2002 und erstreckt sich grundsätzlich auf alle Gelder sowie vermögenswerte Dienstleistungen und Güter jeglicher Art.
Dies beträfe aus Bankensicht auch fällige Zinsen aus Konten und Geldanlagen bzw. Ausschüttungen aus diesen. Doch hat der Verordnungsgeber den Banken die Besorgung ihrer Geschäfte in dieser Hinsicht erheblich erleichtert. Gem. Art. 5 (1) EG-Verordnung Nr. 2580/2001 ist die Gutschrift fälliger Zinsen auf den eingefrorenen Konten von dem Bereitstellungsverbot ausgenommen. Diese Zinsen werden sogleich ebenfalls eingefroren. Einer vorherigen Genehmigung (dazu unten mehr) bedarf es nicht. Eine wirkungsgleiche Regelung trifft EG-Verordnung Nr. 881/2002. Gem. Artikel 2a (4) lit. a) gilt Artikel 2 (2) nicht für die Gutschrift fälliger Zinsen oder sonstiger Erträge der eingefrorenen Konten.
Während Banken Zinsen und sonstige Erträge aus Konten daher unbesorgt gutschreiben können, fallen die Regelungen für sonstige Zahlungen, die der Erfüllung von Verbindlichkeiten dienen, die vor der Listung entstanden sind, auseinander. EG-Verordnung Nr. 881/2002 stellt gem. Art. 2a (4) lit. b) auch fällige Zahlungen aufgrund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die vor dem Datum entstanden sind, ab dem diese Konten den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen unterliegen, vom Bereitstellungsverbot des Art. 2 (2) frei, soweit sie einem eingefrorenen Konto gutgeschrieben und mithin ebenfalls eingefroren werden. Bei EG-Verordnung Nr. 2580/2001 ist hingegen gem. Art. 5 (2) eine Ausnahmegenehmigung selbst dann erforderlich, wenn Zahlungen, die auf Verträgen, Vereinbarungen, Verpflichtungen beruhen, die vor Inkrafttreten der Verordnung eingegangen wurden, auf ein eingefrorenes Konto erfolgen.
Neben den Kreditinstituten und Finanzdienstleistern sind aber vor allem Unternehmen von dem Bereitstellungsverbot betroffen. Zum Umfang des Bereitstellungsverbots für Unternehmen und dessen Auswirkungen auf die Geschäftspraxis haben s ich schon Schlarmann/Spiegel detailliert in NJW 2007, 870 ff. geäußert. Angefangen bei Verkauf/Vertrieb von Waren über Fragen der Beschäftigung von (Leih-)Arbeitnehmern bis in den Bereich von Einkauf und Expansion wurde versucht, die Bandbreite des Bereitstellungsverbots auszuloten.[83] Hier kann daher an diesen Beitrag angeknüpft werden, weshalb im Bereich der Unternehmer eine Beschränkung auf notwendige Ergänzungen erfolgt. Wie bereits oben angedeutet, sind besondere Schwierigkeiten im Bereich des Einzelhandels auszumachen, da angesichts des Massen- und Alltagscharakters der Austauschgeschäfte weder im Supermarkt noch in Einkaufszentren eine Identitätskontrolle in verhältnismäßiger Weise durchgeführt werden kann. Deshalb wird teilweise eine (teleologische) Reduktion des Anwendungsbereichs vorgeschlagen, soweit die Ware trotz ihres Vermögenswerts nicht für den Erwerb von Geldern, Waren und Dienstleistungen verwendet werden.[84] Auch wenn für diese Auslegung einiges spricht,[85] streitet die Existenz humanitärer Ausnahmen aber ebenso wie die Grenzfrage, welche Menge welcher Produkte denn nun persönlichem Verbrauch oder Gebrauch bereitgestellt werden darf, für große Zurückhaltung bei der Berufung auf eine tatbestandliche Reduktion; zumal jede wissentliche oder beabsichtigte Beteiligung an Umgehung ausdrücklich verboten ist, vgl. Art. 3 EG-Verordnung Nr. 2580/2001; Art. 4 EG-Verordnung Nr. 881/2002. Vergleichbare Schwierigkeiten stellen sich für Versorgungsunternehmen. Die häusliche Versorgung gelisteter Personen mit Gas, Wasser oder Strom fällt wegen ihres Verbrauchscharakters ebenfalls grundsätzlich nicht unter das allgemeine Bereitstellungsverbot.
Unternehmen, die Ware für persönlichen Gebrauch und Verbrauch verkaufen oder vertreiben, können deshalb zunächst aufatmen, da wirtschaftliche Ressourcen schließlich nur eingefroren werden, um zu verhindern, dass sie als Ersatzwährung eingesetzt werden. Solange und soweit ihre Transferierbarkeit als Ersatzwährung ausgeschlossen ist, dürfen Güter somit weiterhin zur Verfügung gestellt oder übereignet werden. Der Hinweis auf den Ersatzwährungscharakter gemahnt aber sogleich zur Vorsicht. Man muss kein Numismatiker sein, um die Dehnbarkeit dieses Begriffs zu erkennen. Letzten Endes reduziert sich das Problem aber wohl auf eine quantitative Frage. Bei Veräußerung großer Mengen von persönlichen Verbrauchs- oder Gebrauchsgütern an gelistete Personen dürfte sich auch das Bereitstellungsverbot wieder aktualisieren.
Die tatsächliche Wirkungsdimension des Bereitstellungsverbots geht zudem weit über die aus ihm folgende Notwendigkeit intensiver Vorkehrungen zur Verhinderung von Geschäftskontakten mit gelisteten Personen hinaus. Das Sanktionsregime kann zu einer unmittelbaren wirtschaftlichen Gefährdung der Unternehmen führen, wenn deren Hauptlieferant oder -abnehmer sich auf der Liste wiederfindet. Noch komplizierter gestaltet sich die Dinge für Unternehmen, wenn enge Geschäftspartner oder gar Teilhaber betroffen sind. Das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen verbunden mit dem Bereitstellungsverbot kann den gesamten operativen Ge-
schäftsbetrieb lähmen. Für die betroffenen Unternehmen stellt sich dann die dringende Frage, ob man sich von dem gelisteten Geschäftspartner trennen muss oder tiefgreifende Umstrukturierungen durchgeführt werden sollen, um zu verhindern, dass das Embargo unterlaufen wird. Liegen z. B. Miteigentum an Produktionsmitteln oder Mitinhaberschaft von Rechten vor, kann eine Entflechtung erforderlich werden, da auch die gemeinsame Nutzung gegen das Bereitstellungsverbot verstoßen kann. Vorsicht ist generell auch bei der Verteilung der Erträge und bei Vermögensflüssen innerhalb des Unternehmens geboten. Dem Gelisteten dürfen hierdurch keine Vermögenswerte zufließen. Der Rat geht aber zumindest davon aus, dass das Geschäft grundsätzlich weitergeführt werden kann, soweit die nötigen Vorkehrungen getroffen werden.[86] Das gilt im Übrigen auch dann, wenn das Unternehmen selbst gelistet wurde.
Bedrohlich scheint die Lage auch für Arbeitgeber. Zunächst spricht der Umstand der Listung als solcher nicht gegen eine Beschäftigung der betroffenen Person. [87] Schwierigkeiten bereiten vielmehr die Lohnzahlung und die Entrichtung von Beiträgen an die Sozialversicherung. Knifflig ist auch die Einräumung tatsächlicher Verfügungsgewalt über Gegenstände des Arbeitsgebers, denn ein Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot setzt nicht voraus, dass eine Eigentumsübertragung erfolgt. Es genügt bereits die Erlangung tatsächlicher Verfügungsgewalt, so dass Dienstwagen, Diensthandy oder unmittelbarer Besitz von Gerätschaften, die zur Arbeit benötigt werden, wohl entzogen werden müssen. Auch die Erteilung von Prokura oder sonstiger Vertretungsmacht scheint mit Risiken behaftet. Der Arbeitgeber muss sich insofern auch vor dem Einfrieren eigenen Vermögens schützen. Gelder und wirtschaftliche Ressourcen des nicht-gelisteten Arbeitgebers einer gelisteten Person werden nach Auffassung des Rats der Europäischen Union vom Einfriergebot erfasst, wenn sie von dieser Person kontrolliert oder gehalten werden.
Geschützt sind alle Adressaten des Bereitstellungsverbots aber zumindest insoweit, als sie von gelisteten Personen und Organisationen grundsätzlich nicht in Regress genommen werden dürfen. Der Rat führt in seinen Leitlinien zu bewährten Praktiken EU aus, dass niemand zu Schadensersatz herangezogen werden soll, der die Ge- bzw. Verbote der Verordnungen befolgt.[88] EG-Verordnung Nr. 881/2002 sieht eine derartige Klausel ausdrücklich in Art. 6 vor. Der Verordnung impliziert insofern ein Recht zur Abstandnahme von der Vertragserfüllung. Diese grundsätzliche Berechtigung wird sich aber wohl durch das Nadelöhr des nationalen Schuldrechts zwängen müssen.
Ein weiteres zentrales Element des Sanktionsregimes sind Meldepflichten. Alle natürlichen und juristischen Personen sind verpflichtet, jedwede Information über Kontakte mit gelisteten Personen, die die Einhaltung der Verordnungen erleichtern würden, den zuständigen Behörden unverzüglich mitzuteilen.[89] Die Mitteilungspflicht betrifft auch Zahlungen und Überlassungen von Vermögenswerten, die vor dem Inkrafttreten der Verordnungen erfolgt sind. Dies umfasst Detailangaben zu Bankverbindungen, Zahlungsverkehr, Vermögensverhältnissen und Informationen über Versuche des Transfers von Ressourcen an gelistete Personen. Die zur Entgegennahme von Meldungen zuständigen Behörden sind meist mit den Stellen identisch, die auch über Ausnahmegenehmigungen zu befinden haben. Eine Ausnahme bildet der Bereich der wirtschaftlichen Ressourcen bei EG-Verordnung Nr. 2580/2001. F ür Mitteilungen gemäß Art. 3 (2) und Art. 4 ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zuständig.[90] Banken und Unternehmen werden damit organisatorisch vor einige Herausforderungen gestellt. Verdächtige (Geschäfts-)Kontakte und Transaktionen werden im gesamten Tätigkeitsbereich geprüft und gemeldet werden müssen. Entdecken Unternehmen dabei, dass sie mit gelisteten Personen oder Organisationen Handel treiben oder sonst rechtsgeschäftlich verbunden sind, werden sie genaue Hinweise zu Art und Umfang der Geschäfte an die zuständigen Behörden weitergeben müssen, was auch datenschutzrechtlich zu Schwierigkeiten führen kann.[91]
Kommen die Normadressaten den vorgenannten Pflichten nicht nach, droht ihnen eine ganze Reihe negativer Konsequenzen.
Für unternehmerisch, vor allem im Außenhandel Tätige können sich zunächst gewerbliche Konsequenzen ergeben. So droht bei Nichtbefolgung eine negative Risikobewertung im Rahmen der EU-Sicherheitsinitiative. Nach dem neuen EU-Zollkodex erhalten Firmen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, als "zugelassene Wirtschaftsbeteiligte" (ZWB) ab 2008 bevorzugte Abfertigungsmodalitäten innerhalb der EU. Die Anerkennung
des Status als ZWB erlangt dadurch erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Zu den Grundanforderungen seiner Erlangung gehört unter anderem die Absicherung des Warenverkehrs gegenüber Terrorverdächtigen. Diese Problematik ist vor allem für Logistikfirmen, die in großem Umfang im grenzüberschreitenden Warenverkehr agieren, von großer Relevanz.
Verstöße gegen das Sanktionsregime können sogar eine Untersagung des Gewerbes zur Folge haben, vgl. § 35 GewO. Der Verstoß gegen die Verordnungen kann als Tatsache zu qualifizieren sein, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf sein Gewerbe dartun. Die Untersagung kann in diesem Fall erfolgen, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, und sogar auf Vertretungsberechtigte und die Leitung des Gewerbebetriebs erstreckt werden.
Aufgrund des strafrechtlichen Charakters des Bereitstellungsverbots wäre wohl zumindest bei dessen Verletzung für die Zukunft nicht mehr die Gewähr für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für das spezifische Gewerbe und damit für die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes gegeben.[92] Die nicht mehr anfechtbare Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde würde dann ins Gewerbezentralregister gem. § 149 II Nr. 1 lit. b GewO eingetragen. Vermerkt würden dort auch Bußgeldentscheidungen gegen das Unternehmen wegen Embargoverstößen, Nr. 4. Solchen Einträgen in das Register kommt erhebliche Bedeutung für künftige gewerbliche Tätigkeit zu, insbesondere für Anträge auf Zulassung zu einem Gewerbe und eine Reihe weiterer gewichtiger Verwaltungsentscheidungen, vgl. 150a I Nr. 2 lit. c GewO.
Am schwersten wiegt jedoch das immense Strafbarkeitsrisiko. Die Ge- und Verbote der Sanktionsverordnungen werden von Bestimmungen flankiert, die den Mitgliedstaaten vorschreiben, Verstöße strafrechtlich zu sanktionieren.[93] Maßgebliche Strafvorschrift ist in Deutschland § 34 IV AWG.[94] § 34 IV Nr. 1 AWG i.V.m. § 70a AWV erfasst Verstöße gegen Embargo-Maßnahmen, die in der AWV (Außenwirtschaftsverordnung) zur Durchführung von Sanktionsmaßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta oder des Rats der EU im Rahmen der GASP ausdrücklich, insbesondere in §§ 69a ff., aufgeführt sind.[95]
Die Beschränkungen aufgrund der Sicherheitsratsresolutionen Nr. 1390/2002 und Nr. 1373/2001 sind in § 69 d AWV geregelt. Danach sind Ausfuhr und Verkauf von Gütern aus Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (AL) an Personen und Organisationen, die auf den gem. EG-Verordnungen Nr. 881/2002 und Nr. 2580/2001 erstellten Listen geführt werden, verboten.[96] Demgegenüber stellt § 34 IV Nr. 2 AWG Verstöße gegen ein Bereitstellungs-, Unterstützungs- oder Umgehungsverbot in Rechtsakten der EG, die der Durchführung einer Sanktionsmaßnahme im Rahmen der GASP dienen, direkt unter Strafe. Über die Vorschrift des § 14 I, II StGB wird die Strafbarkeit auch auf Vertretungsberechtigte und gesetzliche Vertreter des Unternehmens ausgedehnt. Gem. § 34 VII AWG ist in beiden Konstellationen sogar fahrlässiges Handeln mit Strafe bedroht. Selbst die Verletzung von Meldepflichten wird sanktioniert. Ihre Verletzung ist gem. §§ 70 Vi und Vh AWV aber grundsätzlich nur als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet. Kommt es innerhalb von Unternehmen zur Verletzung von Aufsichtsmaßnahmen, kann gegen Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer nach § 130 OWiG auch eine Geldbuße verhängt werden. Diese Folge kann vor allem dann eintreten, wenn keine hinreichende Kontrolle der Einhaltung des Bereitstellungsverbots erfolgt ist.
In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Kersten Naumann, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE hat die Bundesregierung jedoch erklärt, dass ihr keine Fälle bekannt sind, in denen strafrechtliche Schritte wegen eines Verstoßes gegen das AWG eingeleitet wurden.[97] Gleichwohl ist das immense Strafbarkeitsrisiko nicht von der Hand zu weisen. Erfasst werden von den Sanktionsregimes alle Arten von Finanztransaktionen sowie nach Ansicht des Bundesamts für Wirtschafts- und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überdies jede Warenlieferung und Dienstleistung. Einbezogen sind dabei Vermögenswerte jeder – auch immaterieller – Art, die für den Erwerb von Gelder, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können. Objekte des Bereitstellungsverbots sind also nicht allein Handelsgüter jeder Art, sondern schlichtweg jede vermögenswerte Ressource. Eine Strafbarkeit lässt sich hier nur dann ausschließen, wenn mit Sicherheit eine teleologische Reduktion Platz greifen würde, wie sie zuvor für Gegenstände des persönlichen Verbrauchs oder Gebrauchs beschrieben wurde. Wegen der unsicheren Handhabung dieser Einschränkung und der fehlenden rechtlichen Verbindlichkeit der Leitfäden des Rats ist der objektive Tatbestand des § 34 IV AWG bei Rechtsgeschäften mit gelisteten Personen oder Organisationen allerdings nur
dann eindeutig ausgeschlossen, wenn zuvor eine Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Behörde erteilt wurde. Das bloße Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahmegenehmigung schließt die Tatbestandsmäßigkeit der vorgenannten Verhaltensweisen nicht aus. Da es sich um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt handelt, befreit erst die tatsächliche Erteilung einer Genehmigung durch die zuständige Behörde vom Strafbarkeitsrisiko.
Ferner wird man nicht argumentieren können, dass das Bereitstellungsverbot die Übertragung wirtschaftlicher Ressourcen dann nicht erfasse, wenn es auf einem synallagmatischen Rechtsgeschäft beruht, bei dem zwischen Leistung und Gegenleistung ein wirtschaftliches Gleichgewicht besteht. In der Tat verhält es sich bei einer derartigen Sachlage so, dass sich der Wert des Vermögens des Betroffenen aggregiert nicht verändert, sondern nur dessen Zusammensetzung. Allerdings soll über die Verordnungen gerade sichergestellt werden, dass gelisteten Personen und Unternehmen zur effektiven Erreichung des Sanktionsziels eben überhaupt keine Gelder und vermögenswerte Gegenstände jeglicher Art zur Verfügung gestellt werden.[98]
Die Gefahr, hiergegen zu verstoßen, ist im Bereich der personenbezogenen Embargos auch deshalb extrem hoch, weil sie nur äußerst schwer kontrollierbar ist. Die Verortung der Strafvorschriften im Außenwirtschaftsgesetz erhöht das Strafbarkeitsrisiko zusätzlich. Sie ist zwar zweifelsohne der bisherigen Sanktionspraxis geschuldet, passt aber gleichwohl nicht für die neuartigen Maßnahmen. Diese sind nicht mehr geographisch auf bestimmte Länder oder Konflikte begrenzt. Sie gelten gegenüber den erfassten Personen weltweit und ohne konfliktspezifische Beschränkungen.[99] Es existiert innerhalb der personenbezogenen Sanktionsregimes mithin keine regionale oder tätigkeitsspezifische Limitierung, die Geschäftspartner zur Vorsicht gemahnen würde. Dies beeinträchtigt nachhaltig die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit von Verstößen, zumal das äußerlich neutrale Verhalten seine strafwürdige Natur allein aufgrund der Person des Zuwendungs- oder Leistungsempfängers annimmt, dessen sanktionsauslösender (vermeintlicher) terroristischer Hintergrund sich wiederum allein aus den fortlaufend aktualisierten black lists ergibt.[100]
Die doppelte (!) dynamische Verweisung in § 34 IV Nr. 2 AWG wirft nicht nur grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen auf,[101] sondern wirkt sich ganz praktisch auch auf das Vorstellungsbild des potentiellen Täters aus. Da äußerlich neutrales, sozialadäquates Verhalten pönalisiert wird, das erst in Bezug auf eine konkrete Person bzw. deren Listung Unrechtscharakter annimmt, ließe sich argumentieren, dass ein Nichtwissen um die Existenz eines personenbezogenen Embargos primär auf die tatsächliche Unkenntnis von der Listung einer Person zurückgeht und damit eher Tatsachenirrtum gem. § 16 StGB als Rechtsirrtum gem. § 17 StGB ist.[102] Die Unkenntnis von Embargo-Verordnungen sowie fehlerhafte Interpretationen ihres Anwendungsbereichs wurden bisher jedoch als Verbotsirrtum gehandelt, da Mängel des Unrechtsbewusstseins im Vordergrund stünden.[103] Diese Rechtsprechung bezog sich jedoch nicht auf personenbezogene Embargen und deren Besonderheiten. Da das Unrecht allein von dem tatsächlichem Umstand der Listung und die Unrechtserkenntnis daher nicht von einer Wertung, sondern allein der Kenntnis der Listung als wesentlichem Element des Unrechtstatbestandes abhängt, erscheint uns eine Berufung auf § 16 StGB gut vertretbar. Es bliebe dann zwar die Möglichkeit des Fahrlässigkeitsvorwurfs, doch kann diesem (dazu sogleich unten) durch gewissenhafte Vorkehrungen vorgebeugt werden.
Als Nebenfolge droht zuletzt der Verfall. Da die Ausfuhr selbst nicht vorgenommen werden darf, gelten als "durch die Tat erlangt" alle wirtschaftlichen Vorteile, die mit der
Ausführung des Auftrags zusammenhängen.[104] Es gilt das Bruttoprinzip.[105] Statt der Androhung des Verfalls kann zur Gewinnabschöpfung aber auch eine Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG angeordnet werden.[106] Gem. § 30 I OWiG i.V.m. § 17 IV OWiG soll wenigstens der aus der Tat erlangte wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden. Haftungsvoraussetzung ist, dass der Täter als Unternehmensverantwortlicher gehandelt hat. Nach § 36 I, II AWG drohen auch Einziehung und Erweiterter Verfall.
Ein Hauptanliegen von Unternehmen muss nach alledem die Gewährleistung der Einhaltung der Vorgaben sowie der Ausschluss des Strafbarkeitsrisikos sein. Tritt ein Unternehmen, das davon gehört hat, dass es – gerade um sich keinem Strafvorwurf nach § 34 AWG auszusetzen – seine Geschäftskontakte mit den Listen abgleichen muss, an einen Rechtsbeistand heran, so kommen zwei Strategien in Betracht, die sich auch kombinieren lassen. Um dem Bereitstellungsverbot und den Mitteilungspflichten nachkommen zu können, sind erstens Compliance-Maßnahmen zu treffen, um Verstöße zu vermeiden oder bei Verstößen wenigstens den Fahrlässigkeitsvorwurf ausschließen zu können. Zweitens ist über eine intelligente Nutzung von Ausnahmegenehmigungen nachzudenken, die sowohl die Fortführung der Geschäfte mit gelisteten Personen als auch Befriedigung eigener Forderungen aus dem eingefrorenen Vermögen ermöglichen kann.
Den ersten Schritt muss dabei eine Risikoanalyse bilden. Hierbei ist zu prüfen, ob Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten auf einer der relevanten Sanktionslisten stehen. Ferner ist zu eruieren, ob die wirtschaftlichen Ressourcen, die vom Unternehmen bei seiner Betätigung umgesetzt werden, besonders risikoträchtig sind und ob bei der Wahl der Absatzmärkte sowie der Akquisition von Neukunden und Geschäftspartnern besondere Gefahrenpotentiale auszumachen sind. Wegen der Besonderheiten personenbezogener Embargen wird man aber in keinem Fall umhin kommen, über die Implementierung von Mechanismen nachzudenken, die eine Identitätsprüfung ex ante ermöglichen, um entsprechend der Zielrichtung des Bereitstellungsverbots jedweden Geschäftskontakt mit gelisteten Personen oder Organisationen zu vermeiden. Auch Schlarmann/Spiegel betonen, dass zur Vermeidung der erheblichen Risiken intensive Vorkehrungen getroffen werden müssen, die insbesondere auf einen Datenabgleich vor Vollzug von Geschäften zur Vermeidung von sanktionierten Geschäftskontakten ausgerichtet sein müssen.[107] Dieser Pflicht käme man am Ehesten nach, wenn man Suchprogramme in das EDV-System implementiert, die einen periodischen Abgleich mit aktuellen Ausgaben des Amtsblatts der Europäischen Union und des Bundesanzeigers, in denen die Listen veröffentlicht werden, ermöglichen.[108]
Die Nutzung derartiger Softwareprogramme ist auch von zahlreichen IHKs angeraten worden. Auf dem Markt bietet bereits eine Schar von Anbietern, die entsprechende Software in variierender Qualität feil.[109] Ihr Leistungsprofil umfasst vor allem den fortlaufenden Abgleich der Kundenstamm- und Personaldaten mit den Listen sowie die Strukturierung von Prüfungsabläufen. Offensichtlich lassen sich die bislang konzipierten Lösungsmodule auch problemlos an SAP- und Baan-Systeme andocken. Nicht erspart bleibt dem Unternehmer dennoch die Auseinandersetzung mit den Anforderungen an das Suchprogramm und dem Kostenaufwand. Festzuhalten ist, dass es in diesem Bereich keine gesetzlichen Maßstäbe gibt. Einigen Aufschluss bieten hingegen die anerkannten Haftungsmaßstäbe im Wirtschaftsstrafrecht. Bei der Überprüfung, ob Organisations- und Sorgfaltspflichten gewahrt wurden, gilt hier der Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen Entscheidungsträgers. Ausschlaggebend ist danach das Verständnis des gewissenhaften und besonnenen Menschen des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, und zwar (ex ante) in der konkreten Situation, in der sich der Betroffene befunden hat.[110] Es ist bei der Prüfung mithin von einer an dem jeweiligen Verkehrskreis zu orientierenden Generalisierung der Sorgfaltspflichten auszugehen. Probleme treten freilich dann auf, wenn es – wie vorliegend – an generalisierungsfähigen Maßstäben aus Gesetzen, Rechtsprechung oder Unternehmenspraxis fehlt. Die EG-Verordnungen zur Bekämpfung des Terrorismus lassen die Frage offen, wie sichergestellt wird, dass gelisteten Personen keine Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Da verbindliche Vorgaben fehlen, sollte zur Verringerung des Haftungsrisikos bei den relevanten Fachbehörden Auskunft gesucht werden. So finden sich auf den Websites der BAFA und der Bundesbank genauere Informationen, Merkblätter und Kontaktadressen. Auf Ebene der EU ist es der Rat der Europäischen Union, der über Leitfäden und bewährte Praktiken der EU für die wirksame Umsetzung restriktiver Maßnahmen Anhaltspunkte für risikovermeidendes Verhalten liefert.[111] Zu beachten ist freilich, dass die Befolgung ihrer Ratschläge oder Bestätigungen der Unbedenklichkeit bestimmter Verhaltensweisen durch einzelne Behörden eine strafrechtliche Verantwortung tatbestandlich nicht ausschließen[112] Man kann sich mit dem Verweis auf die Auskünfte und Empfehlungen der Fachbehörde nicht exkulpieren, sondern
nur wichtige Orientierungspunkte aus ihnen schöpfen. Orientierung bieten insofern auch Empfehlungen der IHKs, die zuletzt verstärkt Schulungen und Informationsveranstaltungen angeboten haben, um ihre Mitglieder für die Haftungsrisiken zu sensibilisieren.
Im Hinblick auf die unternehmensinterne Umsetzung der Pflicht zur Einhaltung der Verbote lassen sich auf dieser Grundlage keine allgemeingültigen Aussagen treffen. Das Ausmaß der notwendigen Vorkehrungen hängt ebenso vom Einzelfall ab wie die Aufsichtspflicht der Unternehmensleitung. Pauschal lässt sich nur sagen, dass zumutbare organisatorische Maßnahmen zu treffen sind, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit sicherstellen, dass Verstöße nicht fahrlässig oder vorsätzlich begangen werden. Je nach Größe des Unternehmens und Geschäftsbereichs kann dies höchst umfangreiche und komplexe Vorkehrungen erforderlich machen. Je höher die Zahl der Debitoren, Kreditoren, Mitarbeiter und der damit verbundenen Transaktionen ist, desto eher wird sich eine automatisierte Prüfung gegen die Sanktionslisten auch wirtschaftlich rechnen. Kleinere Unternehmen können demgegenüber unter Umständen wegen des hohen technischen Aufwands und der Kostenintensität auf einen automatisierten Abgleich verzichten.
Für gelistete Kunden wird dann ein Sperrvermerk in die Kundendateien eingetragen, wozu auch einige IHKs raten. Gemeinhin wird man aber gerade wegen der periodischen Aktualisierung der Liste nicht um einen automatisierten Abgleich herumkommen, da auch nur so vor Vertragsabschluss verlässlich Gewissheit über die Legalität des Geschäfts geschaffen werden kann. Gleiches gilt im Hinblick auf die Einstellung neuer Arbeitskräfte.
Die Kontrollprogramme sind ebenfalls für die konkreten Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zu spezifizieren. Man wird zu beachten haben, welcher Art die Geschäfte in einer bestimmten Branche sind, auf welchem Kommunikationsweg die Geschäfte angeschlossen werden und wie die Zahlungen erfolgen. Insbesondere im Sektor des E-Commerce oder bei Zahlung per Kreditkarte treten Schwierigkeiten bei der Identitätskontrolle auf. Besondere Sorgfaltspflichten treffen Unternehmen, die im Außenhandel tätig sind. Da sie aufgrund ihrer Geschäftserfahrung über Haftungsrisiken üblicherweise besser im Bilde sind, wird vermutlich ein höherer Maßstab angelegt werden. Dem muss bei der Ausgestaltung der betriebsinternen Exportkontrolle Rechnung getragen werden, z.B. durch Benennen eines Ausfuhrverantwortlichen, dem die Organisation und Überwachung des Listenabgleichs obliegt. Denn die Entdeckungsgefahr für diese Unternehmen ist sehr hoch, da die Einhaltung der Verordnungen auch im Rahmen von Außenwirtschaftsprüfungen kontrolliert wird. Der Prüfungsdienst kann z. B. einen Abgleich des Kundenstammes mit den Sanktionslisten vornehmen. Wenn sich dabei Übereinstimmungen mit den black lists ergeben, kann nur der Nachweis grundsätzlich effektiver Kontroll- und Verantwortungsstrukturen den Fahrlässigkeitsvorwurf ausschließen.
Letztlich müssen alle Unternehmen klare Verantwortlichkeiten schaffen und Kontrollmechanismen in ihre Betriebsabläufe einfügen, die deutlicher Ausdruck des Bemühens um Compliance sind. Im Zuge dieser Anpassungen ist darauf zu achten, dass die Einrichtung der Prüfungsmechanismen und der ordnungsgemäße Ablauf des Datenabgleichs nachvollziehbar dokumentiert wird. Zwar existieren keine gesetzlichen Vorschriften über Dokumentationspflichten, doch sollten Wirtschaftsteilnehmer im eigenen Interesse festhalten, welche Prüfungen durchgeführt wurden und warum z. B. bei etwaigen Namensübereinstimmungen eine Personenidentität des Geschäftspartners oder Arbeitnehmers mit der Person auf einer Sanktionsliste ausgeschlossen wurde. Diese Dokumentation kann auch entscheidend zur Anerkennung als ZWB[113] oder zur Abwendung von Ermittlungsverfahren beitragen, wenn versehentlich doch wirtschaftliche Ressourcen an eine gelistete Person bereitgestellt werden. Und dieses Risiko ist wegen der praktischen Schwierigkeiten bei der Kontrolle keineswegs gering. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Schreibweisen der Namen der Gelisteten, der häufigen Verwendung eines Alias-Namens oder Verfälschungen bei der Übertragung von der arabischen in die lateinische Schreibweise kann die Prüfung der Namensgleichheit bzw. Identität sehr kompliziert werden.[114]
Permanenter Datenabgleich und Dokumentation sind jedoch bei Weitem nicht die einzigen Schutzvorkehrungen, die zur Abwendung der zahlreichen Risiken getroffen werden können. Wie schon zuvor unter II. 3. ausgeführt, halten beide EG-Verordnungen eine Reihe von Ausnahmeregelungen vor, vgl. Art. 2a (4) lit. b) EG-Verordnung Nr. 881/2002 bzw. Art. 5, 6 EG-Verordnung Nr. 2580/2001. Die Nutzung dieser Freigabe- und Ausnahmeklauseln ist keinesfalls den gelisteten Personen und Organisationen vorbehalten. Auch Banken und Unternehmen sollten die darin gebotenen vielfältigen Möglichkeiten ausschöpfen. Wie wirksam dieser Weg im Einzelnen sein kann, ist freilich – gerade im europäischen Vergleich – stark von der spezifisch-nationalen Ausgestaltung des Verfahrens abhängig, die in der Regel eine Ausprägung des jeweiligen nationalen Verfassungsrechts ist.
Banken können bei der Bundesbank um die Genehmigung von Einzahlungen zur Erfüllung von Altverträgen für ihre Kunden ersuchen, soweit dies nach der jeweils einschlägigen Verordnung notwendig ist. Die Rückzahlung des Kaufpreises in der Rechtssache Möllendorf ließe sich aufgrund der eindeutigen Regelung in Art. 2a (4) lit. b) EG-Verordnung Nr. 881/2002 sogar durch einfache Einzahlung auf ein eingefrorenes Konto abwickeln. Daneben können Banken auch die Freigabe von eingefrorenen Geldern beantragen; z. B. um notleidende Kredite zu bedienen. Diese Option ist freilich für Gläubiger gene-
rell von Interesse. Die Leitlinien der EG sehen diese Möglichkeit auch ausdrücklich vor. Sie dürfte vor allem für Unternehmen und Geschäftsleute interessant sein, deren geschäftliche Lage durch sanktionsbedingte Ausstände stark beeinträchtigt wird.
Als Gläubiger können Unternehmen mithin die Freigabe eingefrorener Gelder und wirtschaftlicher Ressourcen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten beantragen. Auch Forderungsabtretung und Aufrechnung lassen sich so verwirklichen. Um die Berechtigung des Anspruchs nachzuweisen, werden sie allerdings entsprechende Nachweise anzutreten haben und auch etwaige innerstaatliche Verfahren für die Vollstreckung von Herausgabe- und Zahlungsansprüchen einhalten müssen. Die Nutzung der Genehmigungstatbestände kann auch dann eine wichtige Rolle spielen, wenn Mitinhaberschaft oder Miteigentümerschaft einer gelisteten Person an Rechten, Betriebsmitteln etc. des Unternehmens vorliegen. In einer derartigen Lage könnte das Geschäft entweder gemeinsam fortgeführt oder aufgelöst, zumindest aber eine Freigabe der Ressourcen für den Betrieb erreicht werden. Keine dieser Maßnahmen ist nach den Vorstellungen des Rats explizit ausgeschlossen. Sie verlangen jedoch jeweils, umsichtig vorzugehen und die zuständigen Behörden einzuschalten. Den betroffenen Unternehmen steht es in einer solchen Situationen natürlich auch frei, sich für ein clearing ihres Geschäftspartners einsetzen. Unterstützungshandlungen müssen dann aber im Rahmen der unter II. 2. beschriebenen de-listing-Prozeduren stattfinden.
Schließlich sind die Ausnahmetatbestände auch aus der Sicht des Arbeitgebers relevant. Beschäftigt er eine gelistete Person, so gilt es einen legalen Weg der Vergütung zu finden. Eine Gehaltszahlung in bar ist ausgeschlossen, eine Überweisung auf ein eingefrorenes Konto jedoch möglich, soweit vorab eine Genehmigung eingeholt wurde. Diese Genehmigung sollte auch die Frage der Leistung bzw. Abzüge von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern regeln.[115] Auch die Problematik der Verfügungsgewalt gelisteter Angestellter über Gegenstände im Betrieb lässt sich auf diesem Weg in den Griff bekommen. Erst dann, wenn aufgrund der Funktion des Gelisteten im Unternehmen weitreichende Umstrukturierungen nötig würden und eine sinnvolle Beschäftigung – vor allem auch aufgrund der Verweigerung von Ausnahmegenehmigungen – nicht mehr möglich
ist, könnte auch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses angezeigt sein.[116]
Werden die zuvor beschriebenen Vorkehrungen nicht rechtzeitig getroffen, kann es hingegen zur Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen kommen, auch wenn die Bundesregierung versichert hat, dass dieser Fall bisher noch nicht eingetreten ist. Einem Unternehmen, gegen das ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen möglichen Verstoßes gegen § 34 AWG läuft, weil es geschäftliche Kontakte zu einer gelisteten Person unterhalten hat, ist insofern wegen der erwähnten Verwechslungsgefahren zunächst eine genaue Prüfung anzuraten, ob der behauptete Verstoß, d. h. vor allem eine Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen an gelistete Subjekte, tatsächlich zutrifft. Im Anschluss ist der Blick auf die angelegten Sorgfaltsstandards zur Vermeidung von Verstößen zu richten. Agiert der Beschuldigte bzw. das einer Ordnungswidrigkeit verdächtige Unternehmen in einem Bereich, in dem keine genaue Kenntnis des Sanktionsregimes erwartet werden kann, kommt abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls auch die Berufung auf eine Irrtumsregelung in Betracht. Bei eindeutigem Nachweis eines Verstoßes könnte sich für den Betroffenen bei niedriger oder mittlerer Schwere der Tat indessen die Änderung des AWG von 2006 als segensreich erweisen. Durch die Absenkung des Strafrahmen in § 34 IV AWG von der früheren Mindeststrafe einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren durch die AWG-Novelle wurde der Anwendungsbereich des Strafbefehlsverfahrens und der §§ 153 ff. StPO eröffnet.[117]
Abschließend soll nicht unerwähnt bleiben, dass es neben der gelisteten Person selbst und den ebenfalls in hohem Maße betroffenen Kreditinstituten, Finanzdienstleistern und Unternehmen noch eine dritte Kategorie Betroffener gibt, den am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmenden privaten Dritten.
Dies zeigt das Möllendorf-Urteil des EuGH exemplarisch.[118] Denn es untersagt nicht nur gelisteten Terrorverdächtigen, Grundstücke zu kaufen, sondern zugleich privaten Eigentümern, Grundstücke an gelistete Personen zu verkaufen. Ist ein solcher Kaufvertrag doch einmal zustande gekommen, drohen erhebliche Folge- und insbesondere Rückabwicklungsprobleme.
So erwachsen für die Möllendorfs aus der bereits besprochenen Entscheidung des EuGH, die ja die Ablehnung des zuständigen deutschen Grundbuchamtes bestätigt, das die Eigentumsumschreibung im deutschen Grundbuch nicht vornehmen wollte, weil einer der Käufer zwischenzeitlich in die UN-Terrorliste aufgenommen wurde, erhebliche Unannehmlichkeiten: Inzwischen nehmen die Abwicklung des Kaufvertrages und die Verfahren vor dem Kammergericht Berlin und dem EuGH Jahre in Anspruch. Der erhaltene Kaufpreis in Höhe von immerhin 2.375.000 DM, den die Möllendorfs wahrscheinlich bereits vor Jahren weiterverwendet haben, muss wohl zurückerstattet werden. Da die Erfüllung von Verpflichtungen aus Altverträgen nach Art. 2a Abs. 4 lit. b EG-Verordnung Nr. 881/2002 vom Bereitstellungsverbot ausgenommen ist, könnte die Einzahlung des Kaufpreises auf ein eingefrorenes Konto der gelisteten Person zumindest ohne rechtlichen Verstoß gegen das Sanktionsregime erfolgen.[119]
Auch hier sind aber noch einige Fragen offen. So ist ungeklärt, ob bei einer Mehrheit von Käufern und insbesondere bei deren Verbundenheit in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Betrag des zu erstattenden Kaufpreises für die betreffende Sache insgesamt oder aber nur in Höhe des Anteils des von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Käufers einzufrieren ist.[120] Bis der Kaufvertrag endgültig rückabgewickelt ist – und über einen erneuten Verkauf des fraglichen bebauten Grundstücks nachgedacht werden kann –, dürften demnach weitere Jahre ins Land gehen.
Ob die Erstattung des Kaufpreises rechtlich überhaupt geschuldet ist, richtet sich nach nationalem Recht. Eine detaillierte zivilrechtliche Prüfung des Sachverhalts kann an dieser Stelle nicht geleistet werden; es liegt aber wohl ein Fall von objektiver nachträglicher Unmöglichkeit vor, der entsprechend der §§ 275 I, 326 I BGB zu lösen wäre. Bei einer etwaigen gerichtlichen Aufarbeitung dürfte auch interessant werden, ob der Umstand der Listung bzw. der darin liegende Verdacht zur Begründung eines alleinigen oder weit überwiegenden Verschuldens des Terrorverdächtigen gem. § 326 II BGB herangezogen wird.
Wie aber kann man als Privatperson diesem Geschäftsrisiko ausweichen? Man kann Privatpersonen kaum aufbürden, was von Unternehmen noch verlangt werden kann, dass sie nämlich mittels entsprechender Softwareprogramme überprüfen, ob potentielle Geschäftspartner auf einer der Sanktionslisten stehen. Ob sich etwas anderes daraus ergeben kann, dass es im Fall der Möllendorfs nach Informationen der Zeitung ‚Die Welt’ um den Verkauf der Al-Nur-Moschee im Berliner Stadtteil Neukölln ging, und ob die Verkäuferinnen deshalb die potentiellen Käufer islamischer Herkunft hätten besonders überprüfen müssen, erscheint mehr als fragwürdig, zumal einem Großteil der Bevölkerung die Existenz der Terrorlisten wohl völlig unbekannt sein dürfte. Im Fall Möllendorf kommt zudem erschwerend hinzu, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch keiner der drei Käufer auf einer Terrorliste aufgeführt war, sondern einer der Käufer erst Jahre später gelistet wurde. Selbst wenn also die Möllendorfs vor Abschluss des Kaufvertrages in die relevanten Terrorlisten geschaut hätten, stünden sie heute vor demselben Problem und müssten den Kaufvertrag rückabwickeln.
Auch in anderen Konstellationen ist es denkbar, dass ein unbescholtener Bürger unvermittelt die Wirkung einer Listung zu spüren bekommt. Man stelle sich nur vor, jemand ist Arbeitnehmer einer Organisation, die auf eine der relevanten Listen gesetzt wird. Was dann? Kann er weiter beschäftigt werden? Droht ihm vielleicht sogar die betriebsbedingte Kündigung, weil der Betrieb zwangsläufig zum Erliegen kommt? Kann ihm überhaupt sein Lohn weiterhin ausbezahlt werden?
Sogar für uns Wissenschaftler kann ein Abgleich der Terrorlisten notwendig werden: Selbst das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht ist letztlich verpflichtet, bei der Stipendienvergabe an ausländische Gastwissenschaftler im Vorfeld eine Prüfung vorzunehmen, will es sich nicht dem beschriebenen Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt sehen.
Längst gehen die rechtlichen Implikationen der Terrorlisten über die abstrakten Fragestellungen des Europa- und Völkerrechts hinaus, die bislang das Bild der wissenschaftlichen Diskussion und der gerichtlichen Auseinandersetzungen vor europäischen Gerichten prägten und in deren Zentrum zumeist abstrakte Fragen nach dem Rangverhältnis von UN-Recht und EG-Recht und der Reichweite europäischer Grund- und Menschenrechte im Kontext der Listungsverfahren standen. Wie gezeigt werden konnte, ist die tatsächliche Bandbreite der bereits sichtbar gewordenen rechtlichen Konsequenzen der Listungen im deutschen Recht inzwischen enorm; viele weitere Auswirkungen werden sich wohl erst in Zukunft zeigen. Das Bewusstsein dafür scheint aber bislang ausgesprochen schwach ausgebildet zu sein. Angesichts der schieren Anzahl, Komplexität und inhaltlichen Schwierigkeit sich dadurch neu stellender Rechtsfragen ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik dringend angebracht. Diese sollte dann freilich auch über die hier geschuldete thematische Selbstbeschränkung, lediglich rechtliche Wirkungen zu beschreiben und systemintern gewährte Rechtsbehelfe zu erörtern, hinaus gehen und vor dem Hintergrund der Folgen einer Listung ihre Vereinbarkeit mit den materiellen Gewährleistungen der EMRK und des IPBPR ins Visier nehmen.[121] Die Darstellung hat unterstrichen, dass die provokante Wortwahl des mort civile durch Dirk Marty keine überzogene Rhetorik ist. Die Maßnahmen geben in ihrer Bandbreite und Tiefe allen Anlass zu reflektieren, ob die rechtliche Existenz der Betroffenen nicht in der Tat weitgehend aufgehoben ist.
[*] Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. Jörg Arnold für seine Unterstützung.
[1] Möllendorf-Urteil des EuGH vom 11.10.2007, Rs. C-117/06.
[2] Siehe nur die Online-Pressemeldungen vom 11.10.2007 auf Spiegel Online, Süddeutsche Online, Focus Online und Welt Online.
[3] Kruse, "Zivile Todesstrafe", Süddeutsche Zeitung vom 12.11.2007, abrufbar unter http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/753/142440/ (letzter Aufruf: 30.11.2007). Siehe zum vollständigen Bericht von Marty, den er am 12.11.2007 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) anlässlich einer Sitzung des PACE-Ausschusses für Recht und Menschenrechte vorstellte, http://assembly.coe.int/Documents/WorkingDocs/Doc07/EDOC11454.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[4] Dazu schon v. Arnauld, Archiv des Völkerrechts 44 (2006) 201; Bartelt/Zeitler, EuZW 2003, 712 ff.; Cameron, 72 Nordic Journal of International Law 159 (2003); Haltern, JZ 2007, 537 ff.; Hörmann, Archiv des Völkerrechts 44 (2006), 267 ff.; Meyer, ZEuS 2007, 1 ff.; Möllers, EuR 2006, 426; Payandeh, ZaöRV 66 (2006), 41; Schmahl, EuR 2006, 566; Schmalenbach, JZ 2006, 349; Steinbarth, ZEuS 2006, 269; Tietje/Hamelmann, JuS 2006, 299. Vgl. dazu ebenfalls den Bericht von Marty (FN 3).
[5] Der Sanktionsausschuss wurde mit Sicherheitsratsresolution Nr. 1267 (1999) eingerichtet. Er soll die Liste fortlaufend aktualisieren. Die Liste des 1267 – Komitees ist unter www.un.org/docs/sc/committees/1267/1267ListEng.htm (letzter Aufruf: 30.11.2007) einsehbar.
[6] Um eine einheitliche Verwirklichung der Vorgaben in der EU zu gewährleisten, beschloss der Europäische Rat ein konzertiertes Handeln mit Instrumenten des EG-Rechts. Zu diesem Zweck wurden gem. Art. 15 und 34 EUV Gemeinsame Standpunkte im Rahmen der GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) angenommen, die Konsens und Grundlage für eine koordinierte Implementierung durch Gemeinschaftsrecht schufen. Bezüglich der ersten Generation der Sicherheitsratsresolutionen war dies der Gemeinsame Standpunkt 2002/402/GASP zu den restriktiven Maßnahmen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Organisation Al-Qaida und die Taliban sowie andere Einzelpersonen, Gruppen, Unternehmen und Organisationen, die mit ihnen in Verbindung stehen. Für die zweite Verordnungskategorie findet sich eine entsprechende Grundlage im Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus.
[7] Zum Listungsverfahren Meyer, ZEuS 2007, 1, 5 ff. Ist die betroffene natürliche Person oder Organisation mit einem Sternchen versehen, wird sie von den Wirtschaftsanktionen nicht erfasst, sondern ist ausschließlich von der Amtshilfevorschrift des Art. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 betroffen. Dies bedeutet in der Sache, dass sie als Objekt für gesteigerte Kooperation in der dritten Säule auserkoren ist.
[8] Die verwendeten Termini werden in den jeweiligen EG-Verordnungen definiert. Es werden explizit auch wirtschaftliche Ressourcen eingefroren, um zu verhindern, dass sie als Parallel- oder Ersatzwährung verwendet werden und dass durch sie das Einfrieren von Geldern umgangen wird. Als wirtschaftliche Ressourcen gelten Vermögenswerte jeder Art, die keine Gelder sind, aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.
[9] Nur der Vollständigkeit halber soll in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden, dass sich die zugrunde liegende Sicherheitsratsresolution Nr. 1390 nicht auf Finanzrestriktionen beschränkt, sondern darüber hinaus in Ziffer 2 (b) die Mitgliedstaaten zusätzlich verpflichtet, ein Einreiseverbot für gelistete Personen zu verhängen. Dieser Aspekt wird aus der folgenden Abhandlung allerdings weitestgehend ausgeklammert.
[10] Im Folgenden konzentrieren sich die Ausführungen aus Platzgründen im Wesentlichen auf die Auswirkungen auf gelistete Einzelpersonen. Daneben können aber auch Organisationen Sanktionsadressaten sein.
[11] Der folgende Überblick soll und kann deshalb auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
[12] In diesem Abschnitt wird weitgehend nicht näher zwischen den verschiedenen Listen differenziert, da die Unterschiede zwischen den Listen im Hinblick auf die reine Darstellung der möglichen Konstellationen keine Konsequenzen haben. Sie gewinnen erst im Hinblick auf die Fragen nach Rechtsschutz (2.) und Freigabe (3.) Bedeutung.
[13] Siehe zu diesen Beispielen das ‚Merkblatt zu den Länder unabhängigen Embargomaßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus’ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 1.3.2007, S. 4 und 5, abrufbar unter: http://www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/arbeitshilfen/merkblaetter/merkblatt_ebt.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[14] Schlarmann/Spiegel, NJW 2007, 870, 871 ff.
[15] Die Leitlinien wurden am 8.12.2003 erlassen, vgl. Dokument 15579/03, zuletzt aktualisiert durch Dokument 15114/05; abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/03/st15/st15579.en03.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007) . Auf dieser Grundlage überwacht ein spezielles Ratsgremium die Durchführung der Maßnahmen. Der Ausschuss der ständigen Vertreter hat damit die "Gruppe der Referenten für Außenbeziehungen (Sanktionen)" betraut. Hervorgegangen ist aus dieser Tätigkeit ein Memorandum über bewährte Praktiken, das fortlaufend aktualisiert wird; vgl. Dokument 15115/05; abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/05/st15/st15115.en05.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007); aktualisiert durch Dokument 10533/06; abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/06/st10/st10533.en06.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[16] Dokument 15114/05, Fn. 23, Bl. 16, 17 – "...gilt dies nicht als "Bereitstellung von wirtschaftlichen Ressourcen" ...".
[17] Urteil des EuGH vom 11.10.2007, Rs. C-117/06.
[18] So die etwas unpräzise Formulierung in der Presse, vgl. nur "Terrorverdächtige dürfen keine Grundstücke kaufen", Spiegel online vom 11.10.2007, abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,510833,00.html (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[19] D.h. nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages, Eintragung einer Eigentumsübertragungsvormerkung, Zahlung des Kaufpreises und Besitzüberlassung.
[20] Siehe zu den Auswirkungen auf private Dritte Teil IV.
[21] Siehe dazu aber auch weiter unten: Grundsätzlich ist es möglich, dass der Arbeitgeber den Lohn auf ein eingefrorenes Konto überweist. Dieser Transfer bedarf aber einer vorherigen Genehmigung. De facto ändert dies aber nichts: Solange die Listung besteht und die Konten eingefroren sind, arbeitet man praktisch umsonst.
[22] Reinhard Wolff, "Misstrauensvotum gegen EU-Terrorliste", taz vom 07.01.2006, S. 11.
[23] Siehe dazu auch III. 1. b) bb).
[24] Vgl. nur die Zeitungsartikel aus der taz von Alke Wierth: "Jobcenter müssen Terroristen jagen" und "Bislang hat sich noch kein Fall bestätigt", taz vom 22.12.2005, S. 21, sowie "Jobcenter verheimlicht Terrorprüfungen", taz vom 06.01.2006, S. 21. Ebenso: "Wie ein Arbeitsloser zum Terrorverdächtigen wurde" von Severin Weiland vom 29.12.2005, abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,392578,00.html (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[25] Wie sich im Falle des Berliners allerdings später herausstellte, lag eine Verwechslung vor, weshalb Mohammed H. sein Geld nachträglich doch noch ausbezahlt bekam. Nur angemerkt werden soll noch, dass sich den Presseartikeln zu diesem Fall keine klare Antwort auf die überaus interessante Frage entnehmen lässt, wer in solchen Fällen letztlich für die Nichtauszahlung von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder Hartz IV verantwortlich ist. Wie die Berliner Zeitung schreibt, soll die Arbeitsagentur allein von Mitte des Jahres 2005 bis Dezember 2005 bundesweit bei 458 Hilfeempfängern einen Identitätsabgleich vorgenommen haben, vgl. Thomas Rogalla, "Anti-Terror-Kampf im Jobcenter", Berliner Zeitung vom 23.12.2005, S. 15, was zunächst vermuten lässt, dass die Arbeitsagentur selbst einen Listenabgleich vornimmt und das Ergebnis dann den zuständigen Arbeitsämtern und Jobcentern mitteilt. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit selbst werden die Listenabgleiche allerdings von den beteiligten Banken vorgenommen, so Alke Wierth, "Jobcenter verheimlicht Terrorprüfungen", taz vom 06.01.2006, S. 21. Diesen Rückschluss legt auch der Sprecher der Berliner Arbeitsagentur nahe; nach seiner Auskunft hat seine Behörde den Leistungsanspruch von Mohammed H. korrekt anerkannt. Es sei vielmehr die Postbank gewesen, die den Scheck der Arbeitsagentur daraufhin erhalten habe, die die Listenabgleiche vorgenommen und schließlich die Auszahlung gestoppt habe, Thomas Rogalla, "Anti-Terror-Kampf im Jobcenter", Berliner Zeitung vom 23.12.2005, S. 15; Alke Wierth, "Bislang hat sich kein Fall bestätigt", taz vom 22.12.2005, S. 21. Um feststellen zu können, ob es sich bei dem Verdächtigen tatsächlich um die auf der Liste aufgeführte Person handelt, übermittelt das zuständige Arbeitsamt bzw. Jobcenter in jedem Fall aber Informationen wie Geburtsdatum oder –ort des Betroffenen an die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.
[26] So Peter Nowak, "Kafka in Europa" vom 26.12.2005, abrufbar unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21658/1.html (letzter Aufruf: 30.11.2007). Auch diese Erlasse wurden später wieder zurückgenommen.
[27] Die Zahlen stammen aus der Antwort der Bundesregierung vom 16.08.2007 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Kersten Naumann, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE zur Umsetzung der EU-Liste terroristischer Organisationen vom 30.07.2007, BT-Drs. 16/6236. Hierbei geht es explizit um Verordnung (EG) Nr. 2580/2001. Zahlen zur Aufnahme von Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer auf der UN-Terrorliste genannten terroristischen Vereinigung existieren nicht.
[28] Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 16/6236 (vgl. FN 27).
[29] Frowein/Peukert-Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Auflage, Art. 6, RN 192, halten bzgl. Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK für anerkannt, dass die freie Wahl eines Strafverteidigers nur dann garantiert ist, wenn sich der Beschuldigte einen solchen finanziell leisten kann; anders sieht dies Gaede, Fairness als Teilhabe, S. 580ff., nach dessen Ansicht die Finanzierung, zu welcher der Staat aus Gründen der Verfahrensgerechtigkeit verpflichtet sei, allein kein Grund sei, im Rahmen gleicher Kosten keinen prinzipiellen und strikten Vorrang der Wahl des Beschuldigten anzuerkennen; schließlich dürften der staatlichen Finanzierung keine Einflussrechte auf die Verteidigung selbst korrelieren (S. 581).
[30] Man denke nur an die Abhängigkeit der Verteidigerbestellung vom richterlichen Ermessen, an die mindere Pflichtverteidigervergütung, die – um es vorsichtig auszudrücken – zumindest nicht zusätzlich motivierend wirkt, sowie an die Beschränkung auf zumeist nur einen einzigen Anwalt; nur in umfangreichen Sachen lässt die Rechtsprechung auch mehrere Pflichtverteidiger von Anfang an zu.
[31] Was dies wiederum für Folgen haben mag, kann nur spekuliert werden: Muss in einem solchen Fall dann das Verfahren ausgesetzt werden, bis die Genehmigung für die Pflichtverteidigung vorliegt? Und welche Konsequenzen hat das für einen bereits in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten? Ist insbesondere die Vereinbarkeit mit dem Beschleunigungsgebot noch gewährleistet?
[32] Siehe Matthias Gebauer, "Mzoudi bekommt keine Haftentschädigung", Spiegel-Online vom 27.06.2005, abrufbar unter http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,362559,00.html (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[33] "Abdelghani Mzoudi zieht vors Bundesverfassungsgericht", Spiegel Online vom 24.02.2007, abrufbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,468416,00.html (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[34] "Terrorermittlungen gegen Hamburger Kaufmann Darkazanli eingestellt", abrufbar unter http://www1.ndr.de/nachrichten/hamburg/hh2728.html (letzter Aufruf: 30.11.2007); siehe auch Urteil des BVerfG vom 18.07.2005, 2 BvR 2236/04.
[35] Birgit Gärtner, "Streit um Haftentschädigung", Artikel vom 20.07.2006, abrufbar unter http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23143/1.html (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[36] Antwort der Bundesregierung vom 16.08.2007, BT-Drs. 16/6236 (vgl. FN 27); vgl. auch Nick Brauns, "Politische Ächtung vorrangig", Junge Welt vom 21.08.2007, S. 5. Anderes gilt hier für Terrorverdächtige, die auf der UN-Terrorliste aufgeführt sind, da Ziffer 2 (b) von Sicherheitsratsresolution Nr. 1390 (2002) alle Mitgliedstaaten verpflichtet, "die Einreise dieser Personen in oder ihre Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet zu verhindern, mit der Maßgabe, dass diese Bestimmung keinen Staat dazu verpflichtet, seinen eigenen Staatsangehörigen die Einreise in sein Hoheitsgebiet zu verweigern oder ihre Ausreise zu verlangen, und dass diese Bestimmung keine Anwendung findet, wenn die Ein- oder Durchreise zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens erforderlich ist oder wenn der Ausschuss, stets im Einzelfall, feststellt, dass die Ein- oder Durchreise gerechtfertigt ist."
[37] Urteil des VG Augsburg vom 25.01.2006, Au 6 K 05.91. Konkret ging es vorliegend um die Frage, ob der Regelausweisungsgrund des § 47 Abs. 2 Nr. 5 AuslG a.F. erfüllt ist.
[38] Urteil des VG Augsburg vom 25.01.2006, Au 6 K 05.91, RN 56.
[39] Urteil des VG Augsburg vom 25.01.2006, Au 6 K 05.91, RN 58. Auch im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München vom 09.05.2005, 24 B 03.3295, RN 71, wird in ähnlicher Weise ausgeführt, dass es sich bei einer (namentlich nicht genannten) Organisation, zu der der Kläger Kontakte unterhielt, um eine terroristische Vereinigung handelt, "die durch die Zuordnung zum aggressiv militanten islamischen Fundamentalismus, der den weltweiten Dschihad unterstützt und die Einrichtung eines Gottesstaates anstrebt, mit den demokratischen Grundprinzipien und der Volkssouveränität in Deutschland nicht vereinbar ist. Aus diesem Grunde ist sie im Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates der Europäischen Union vom 27. Mai 2002 über die Anwendung spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen erfasst." Siehe zudem RN 81, wo im Hinblick auf eine andere Organisation explizit darauf hingewiesen wird, dass diese "mit Verordnung (EG) Nr. 1580/2002 der Kommission vom 4. September 2003 in die oben genannte Liste (…) aufgenommen worden" ist.
[40] Urteil des VG Ansbach vom 22.09.2004, AN 9 K 03.01882.
[41] Urteil des VG Ansbach vom 22.09.2004, AN 9 K 03.01882, RN 96.
[42] Der Fall ist entnommen aus dem Buch von Gössner, Menschenrechte in Zeiten des Terrors, 2007, S. 176.
[43] Besonders paradox an dieser neuen, überaus fragwürdigen Praxis des Bundesamtes ist, dass das Amt nun seine eigenen Beschlüsse mit exakt der gleichen Argumentation revidiert, mit der es zuvor politische Flüchtlinge wegen Verfolgungsgefahr als asylberechtigt anerkannt hatte. Beide Male stellt es nämlich auf das politische Engagement der Betroffenen ab, das – einstmals die Asylberechtigung begründend – nun zum Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik geworden ist.
[44] Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 16/6236 (vgl. FN 27). Entsprechend haben etliche Verwaltungsgerichte entschieden, dass das Bundesamt nachweisen müsse, dass von dem Betroffenen persönlich eine konkrete Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, auch in Zukunft, ausgehe. Die bloße Zugehörigkeit zu einer inkriminierten Organisation reiche nicht aus. In dieser Hinsicht mangelhafte Widerrufsbescheide wurden durch die Gerichte aufgehoben. Vgl. aber auch Marx, AsylVfG, 6. Auflage, § 73, RN 170ff., wonach § 60 Abs. 8 S. 1 und S. 2 AufenthG den Widerruf nicht rechtfertigen können, sowie Busch, Länderberichte, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 87 (2/2007), S. 55, 58ff.
[45] Mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 haben sich die gesetzlichen Grundlagen des Widerrufs geändert. Die Überprüfung des Flüchtlingsstatus ist nun nach Ablauf von drei Jahren für alle Anerkannten obligatorisch, § 73 Abs. 2 a AsylVfG. Nur wenn das Bundesamt nach drei Jahren mitteilt, dass kein Widerruf angestrebt wird, erhalten die Betroffenen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Allerdings bleibt auch nach Ablauf von drei Jahren die Möglichkeit bestehen, die Flüchtlingsanerkennung zu widerrufen. Dann allerdings steht die Entscheidung im Ermessen der Behörde.
[46] Die genauen Zahlen variieren: Laut PRO ASYL bewegten sich die Widerrufe von 1998 bis 2002 jährlich zwischen 577 und 2.230, im Jahr 2003 stiegen sie auf über 8.300, 2004 erhielten bereits 15.000 anerkannte Flüchtlinge einen Widerrufsbescheid. Laut Gössner, Menschenrechte in Zeiten des Terrors, 2007, S. 177, wurden im Jahr 2000 etwa 2.000 Widerrufsverfahren durchgeführt, 2003 schon über 8.000 und 2004 mehr als 18.300 Verfahren. 2005 und 2006 wurden jeweils um die 10.000 Asylberechtigungen widerrufen. In jedem Fall ist die enorme Zunahme an Widerrufsverfahren offensichtlich. Insgesamt machen allerdings die – hier interessierenden – Widerrufsverfahren bei Terrorismusverdacht (noch) nur einen geringen Anteil aus. Vgl. zur rechtlichen Dimension der neuen Widerrufspraxis auch Marx, Widerruf wider das Völkerrecht, InfAuslR 5/2005, S. 218ff.
[47] Vgl. § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG.
[49] Gössner, Menschenrechte in Zeiten des Terrors, 2007, S. 176f ..
[50] Wie PRO ASYL berichtet, geben die Ausländerbehörden, an die Anträge auf Familiennachzug oder Einbürgerungsanträge gerichtet werden, dem Bundesamt von diesen Kenntnis, verbunden mit dem Hinweis, das Amt möge prüfen, ob hier nicht ein Widerruf in Betracht käme.
[51] Die Bundesregierung freilich weiß in ihrer Antwort vom 16.08.2007 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Kersten Naumann, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE zur Umsetzung der EU-Liste terroristischer Organisationen (BT-Drs. 16/6236) auf die entsprechende Frage hin keine Auskunft zu geben, da "Einbürgerungen von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt werden (Art. 83 GG), weshalb der Bundesregierung Einzelheiten zu Art oder Umfang von Ablehnungen oder Rücknahmen von Einbürgerungen nicht bekannt sind".
[52] Urteil des VG Hamburg vom 30.09.2004, 10 K 4177/03. § 86 Nr. 2 AuslG entspricht § 11 S. 1 Nr. 1 StAG.
[53] Urteil des VG Hamburg vom 30.09.2004, 10 K 4177/03, RN 32.
[54] Urteil des VG Hamburg vom 06.02.2007, 10 K 1773/06, RN 30.
[55] Urteil des VG Berlin vom 23.08.2005, 2 A 103.03.
[56] Urteil des VG Berlin vom 23.08.2005, 2 A 103.03, RN 17: "Zwar hat der Rat der Europäischen Union mit seinem Gemeinsamen Standpunkt vom 2. Mai 2002 über die Aufnahme (u.a.) der MEK in die Liste der terroristischen Organisationen den NWRI ausgeklammert, jedoch hat er damit keine (verbindliche) Entscheidung über den NWRI in dem genannten Sinne (d.h. der es den Mitgliedstaaten verbieten würde, die NWRI als terroristische Vereinigung anzusehen) getroffen. Die mit dem Gemeinsamen Standpunkt erstellte und halbjährlich aktualisierte "Positivliste" hat ferner keinen ausschließlichen Charakter."
[57] Vgl. zu weiteren Fallkonstellationen, auch aus dem Ausland (insb. Großbritannien, Schweden und Schweiz), Busch, Länderberichte, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 87 (2/2007), S. 55-67.
[58] Kritisch zum Ganzen Haltern, JZ 2007, 537 ff.; Meyer, ZEuS 2007, 1 ff.
[59] Guidelines of the Committee Established Pursuant to Security Council Resolution 1267 for the Conduct of its Work, No. 8 (de-listing); einsehbar unter www.un.org/Docs/sc/committees/1267/1267_guidelines.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[60] Eingerichtet durch Sicherheitsratsresolution Nr. 1730 (2006) ist es im UN-Sekretariat angesiedelt. Im Einzelnen Feinäugle, ZRP 2007, 75 ff.
[61] Siehe EG-Verordnung Nr. 1104/2007. Dies geschah vermutlich vor dem Hintergrund intensiver Kooperation des verurteilten Straftäters mit deutschen Behörden, so dass der Angelegenheit ein gewisser haut gout anhaftet; Quelle: Reuters.
[62] Eine Zusammenstellung aller bisherigen Verfahren vor EU-Gerichten findet sich bei Busch/Wörlein, Terrorlisten von den EU-Gerichten, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 87 (2/2007), S. 50-54.
[63] EuG, Rs. T-315/01 – Kadi, Slg. 2005, II-3649; Rs. T-306/01 – Yusuf, Slg. 2005, II-3533. Die Verordnung ist eine spiegelbildliche Umsetzung der Sicherheitsratsresolution, die der strengen, eigenes Ermessen ausschließenden Bindung an UN-Recht geschuldet war. Ihre inhaltliche Überprüfung hätte daher zu einer (unzulässigen) inzidenten Überprüfung der Sicherheitsratsresolution geführt.
[64] EuG, Rs. T-253/02 – Ayadi, Urteil vom 12.7.2006, noch nicht in amtl. Slg.
[65] EuGH, Rs. C-354/04 P – Gestoras Pro Amnistia, Rz. 54, 55; Rs. C-355/04 – Segi, Urteil vom 27.2.2007; instruktiv zum Ganzen Haltern, JZ 2007, 772 ff.
[66] Aus einem Schweigen des Urteils zu einem möglichen Vorrang des UN-Rechts oder einer verminderten Kontrolldichte kann freilich nicht geschlossen werden, dass der EuGH sich zu einer vollumfänglichen Prüfung befugt und berufen ansieht, so aber Haltern, JZ 2007, 772, 774 f . Verfahrensgegenstand war die Umsetzung von Sicherheitsratsresolution Nr. 1373/2001, die EG-Verordnung Nr. 2580/2001 zu Grunde liegt und eine autonome Listung ermöglicht, so dass sich die Frage des Vorrangs von UN-Recht in diesem Kontext gar nicht in gleicher Weise, wie in den Rechtssachen Kadi und Yusuf, die auf EG-Verordnung Nr. 881/2002 beruhten, stellte. Dass der EuGH sich nicht zu dieser Frage einlässt, ist insofern weder überraschend noch Anlass für weitreichende Schlussfolgerungen.
[67] Vgl. dazu Meyer, ZEuS 2007, 1, 31 ff., 59 ff.; optimistischer Payandeh, ZaöRV 66 (2006), 41, 54 ff.
[68] Die Einzelheiten regelt der Gemeinsame Standpunkt des Rates 2001/931.
[69] Dieses Gesuch wird dann durch eine neue working party überprüft, die auch die periodischen Prüfungen des Rats vorbereiten soll, vgl. Rat der Europäischen Union, Vermerk des Koordinators für die Terrorismusbekämpfung, abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/07/st11/st11948-re02.de07.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007).
[70] EuG, Rs. T-228/02 – Volksmudschahedin des Iran, Urteil vom 12.12.2006, noch nicht in amtl. Slg.; Rs. T-47/03 – Sison v. Rat, 11.7.2007; Rs. T-327/03 – Stichting Al Aqsa v. Rat, 11.7.2007.
[71] Vgl. dazu, was diese "Darstellung von Gründen" en detail erfordert, Hayes, Reformierte Terrorlisten, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 87 (2/2007), S. 36, 42ff.
[72] EuGH , C-266/05 P – Sison v. Rat, 1.2.2007, Rz. 61, 62, 70.
[73] Zur Information über den Gang des Freigabeverfahrens (unfreeze) hat der Sanktionsausschuss auf seiner Website ein Fact Sheet on the Exemptions to the Assets Freeze veröffentlicht. Die Kautelen und Formalien der Antragstellung sind detailliert in den Richtlinien des Sanktionsausschusses geregelt, Section 9 (c). Allerdings hat die ergänzte Fassung der EG-Verordnung Nr. 881/2002 einige eigenständige Regelungen zu Antrags- und Freigabemodalitäten getroffen, die nicht deckungsgleich mit den Richtlinien des Sanktionsausschusses sind. So variiert z. B. die Frist, innerhalb derer einer Freigabe durch den Sanktionsausschuss widersprochen werden kann.
[74] Postanschrift: Deutsche Bundesbank, Servicezentrum Finanzsanktionen, 80281 München.
[75] So auch Busch, Länderberichte, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 87 (2/2007), S. 55, 57.
[76] Die Nummer der Hotline lautet + 49 89 2889 3800.
[77] Frankfurter Straße 29—35, D-65760 Eschborn, Tel.: (49-6196) 908-0, Fax: (49-6196) 908-800; das Merkblatt ist unter www.ausfuhrkontrolle.info/ausfuhrkontrolle/de/arbeitshilfen/merkblaetter/merkblatt_ebt.pdf (letzter Aufruf: 30.11.2007) abrufbar.
[78] Zu beachten ist, dass die EG-Verordnungen nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form existieren. Sie werden fortlaufend ergänzt, was insbesondere in Bezug auf die Zuständigkeit für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen geschehen ist. EG-Verordnung Nr. 2580/2001 wurde zuletzt geändert durch Beschluss 2007/445/EG des Rates v. 28.6.2007 (Abl. L 169/58, 29.6.2007) und die EG-Verordnung Nr. 1461/2006 v. 29.9.2006 (ABl. L 272/11, 3.10.2006). EG-Verordnung Nr. 881/2001 ist zuletzt durch die EG-Veränderung Nr. 1104/2007 vom 25. September 2007 ( ABl. L 250/33, 26.9.2007) geändert worden. Den ersten wichtigen Schritt der Rechtsberatung bildet daher schon, die jeweils maßgebliche aktuelle Fassung ausfindig zu machen.
[79] Während nach entsprechenden Pressemeldungen noch bis Dezember 2005 die zuständigen Jobcenter die betroffene Person kontaktierten und sie in einem Anschreiben von dem gegen sie bestehenden Verdacht sowie über die Möglichkeit, sich durch einen Antrag bei der Bundesbank von diesen Sanktionen befreien zu lassen (dazu unten mehr), informierten, werden die Betroffenen seit Januar 2006 über das Ergebnis sog. ‚Terrorprüfungen’ anscheinend nicht mehr informiert, so Wierth, "Jobcenter verheimlicht Terrorprüfungen", taz vom 06.01.2006, S. 21.
[80] So Markus Becker-Melching vom Bundesverband Deutscher Banken in einem Artikel aus der Jungen Welt vom 21.08.2007.
[81] Erst kürzlich hat das Verwaltungsgericht Frankfurt die Klage eines Terrorismusverdächtigen gegen eine Kontosperre der BaFin abgewiesen, Az.: 1 E 5718/06(1). Der Kläger wurde allerdings auf keiner der EU-Listen geführt. Das Tätigwerden der BaFin wurde vielmehr durch Ermittlungen der Bundesanwaltschaft ausgelöst. Eine solche Anordnung ist aufzuheben, sobald und soweit der Anordnungsgrund nicht mehr vorliegt. Die Bundesanstalt kann Vermögenswerte, die einer Anordnung nach Absatz 1 unterliegen, im Einzelfall auf Antrag der betroffenen natürlichen oder juristischen Person oder einer nicht rechtsfähigen Personenvereinigung freigeben, soweit diese der Deckung des notwendigen Lebensunterhalts der Person oder ihrer Familienmitglieder, der Bezahlung von Versorgungsleistungen, Unterhaltsleistungen oder vergleichbaren Zwecken dienen.
[82] So auch das VG Frankfurt (FN 80).
[83] Schlarmann/Spiegel, NJW 2007, 870, 871 ff.
[84] Schlarmann/Spiegel, NJW 2007, 870, 871 ff.; ebenso der Rat der Europäischen Union in seinem Memorandum über bewährte Praktiken, zuletzt Dokument 15114/05.
[85] Siehe dazu bereits II. 1. a ).
[86] Dokument 10533/06, Fn. 23, Bl. 20.
[87] Die Freiheit der gelisteten Person, einer Arbeit nachzugehen, wird nicht berührt, Dokument 15114/05, Fn. 23, Bl. 18.
[88] Dokument 10533/06, Fn. 23, Bl. 12
[89] Vgl. Art. 4 (2), 5(1) EG-Verordnung Nr. 881/2002; Art. 3 (2), 4(1) EG-Verordnung Nr. 2580/2001.
[90] Referat V B 2, Scharnhorststraße 34-37, 10115 Berlin, Email: BUERO-VB2@bmwa.bund.de.
[91] Vgl. Peuser, DuD 2006, 680, 682 ff. sowie Peters/Schwab, RDV 2006, 196, 197 f ., die auf die besonderen Vorschriften des § 4 I BDSG und des § 75 II 1 BetrVG hinweisen. Die EG-Verordnungen sind aber hinreichende Erlaubnisnormen für Datenverarbeitung und -übermittlung und gehen im Hinblick auf ihre spezielle Zweckbestimmung dem BDSG vor, vgl. Art. 249 II EGV, § 1 III 1 BDSG. Die Erhebung ist ohne Mitwirkung des Betroffenen zulässig und eine Unterrichtung des Betroffenen nicht erforderlich, §§ 4 II 2 Nr. 1, III BDSG. § 75 II 1 BetrVG scheint es allerdings zu gebieten, zumindest betroffenen Arbeitnehmern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 I BetrVG bestehen indessen nicht. Bezüglich einer etwaigen Löschung der personenbezogenen Daten ist § 35 II 2 Nr. 3 BDSG zu beachten; allerdings wird sich eine Löschungspflicht nur selten ergeben, da die abgeprüften oder übermittelten Daten meist ohnehin aufgrund anderer Zwecke legitim erhoben werden durften.
[92] Sieg/Leifermann/Tettinger, Gewerbeordnung, 5. Aufl. 1988, § 35 Rn. 10, 12, 14.
[93] Vgl. Dannecker/Freitag, ZStW 116 (2004), 797, 799 ff.
[94] Die von Dannecker/Freitag, ZStW 116 (2004), 797, 805 f ., ausgemachte Strafbarkeitslücke bei fehlender Auslandsberührung des Kapital-, Zahlungs- und Dienstleistungsverkehrs wurde mit der Neufassung des AWG von 2006 beseitigt.
[95] Artikel 2 des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 27. Mai 2002, 2002/402/GASP (ABl. EG Nr. L 139, S. 4) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Lieferung, den Verkauf und die Weitergabe von Rüstungsgütern, sonstigem Wehrmaterial und hiermit in Zusammenhang stehender technischer Beratung, Hilfe und Ausbildung auf unmittelbarem oder mittelbarem Weg zu verbieten. Artikel 4 des Gemeinsamen Standpunktes des Rates vom 27. Dezember 2001 über die Bekämpfung des Terrorismus 2001/930/GASP (ABl. EG Nr. L 344 S. 90) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Belieferung von Terroristen mit Waffen zu unterbinden, die in der Liste nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 geführt sind.
[96] Bei Verstoß gegen Ein- oder Ausfuhrverbote ist auch der Bannbruchtatbestand des § 372 I AO einschlägig. Allerdings enthält dessen Abs. 2 eine Subsidiaritätsklausel, die zu seinem Zurücktreten hinter § 34 AWG führt.
[97] Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 16/6236, Bl.4. Keine Angaben enthält die Antwort freilich im Hinblick auf strafrechtliche Schritte wegen geschäftlicher Beziehungen mit auf der UN-Terrorliste genannten Personen oder Organisationen.
[98] So auch jüngst der EuGH in der Rechtssache Möllendorf, C-117/06, Urteil vom 11. Oktober 2007, Rz. 57-60.
[99] Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl. 2007, Rn. 1037.
[100] Dogmatisch lässt sich zumindest eine Fahrlässigkeitshaftung kaum vertreten. In der Sache geht es um eine verselbstständigte Teilnahmestrafbarkeit für Beihilfe durch neutrales Verhalten. Trotz der zahllosen Unklarheiten und Meinungsdifferenzen in diesem Bereich wird nahezu durchgängig Eventualvorsatz bezüglich der Absichten oder Hintergründe des Gegenüber als Mindestvoraussetzung strafrechtlicher Verantwortung verlangt, vgl. zum Ganzen Kudlich, Die Unterstützung fremder Straftaten durch berufsbedingtes Verhalten, 2004, S. 24 ff., 127 ff.; Schönke/Schröder-Cramer/Heine, 27. Aufl. 2006, § 27 Rn. 10a, b.
[101] Die Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes ist wegen der dynamischen Verweisung nicht unproblematisch. Nach h. M. ist eine Blankettverweisung auf europäisches Recht jedoch im Grundsatz zulässig, BVerfGE 29, 198, 210; 75, 342; Moll, Europäisches Strafrecht durch nationale Blankett-Strafgesetzgebung?, 1998, S. 49 ff. Im vorliegenden Fall kommt freilich erschwerend hinzu, dass es sich um eine doppelte Verweisung handelt, da die EG-Verordnung zur Konkretisierung auf eine Liste Bezug nimmt, die ihrerseits periodisch aktualisiert wird. Diese Besonderheit der personenbezogenen Embargen lässt die Wahrung des Bestimmtheitsgebot des Art. 103 II GG als zweifelhaft erscheinen, da das an den Bürger gerichtete Ge- bzw. Verbot einschließlich der Rechtsfolgen eines Verstoßes eben nicht bereits aus der gesetzlichen Ermächtigung entnommen werden kann, vgl. dazu BVerfGE 14, 174, 185 f . Dannecker/Freitag, ZStW 116 (2004), 797, 813, weisen zutreffend darauf hin, dass es bei personenbezogenen Finanzsanktionen erforderlich ist, dass der Normadressat feststellen kann, mit welchen Personen oder Organisationen er keine Geschäfte mehr führen darf; vgl. auch Arnold, StraFo 2005, 2, 5.
[102] So wohl Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1040 - Erkennt der Normadressat das Vorliegen normativer Tatbestandsmerkmale nicht, handelt es sich um einen Tatumstandirrtum i.S.d. § 16 StGB.
[103] BGH, NStZ-RR 1996, 24, 25 - Wer trotz genereller Kenntnis der Embargobestimmungen infolge falscher Auslegung von Embargovorschriften nicht weiß, dass sein Verhalten gegen ein rechtliches Ausfuhrverbot verstößt, unterliegt einem Subsumtionsirrtum. Dannecker/Freitag, ZStW 116 (2004), 797, 814 - Rechtszweifel dürften wegen der Unbestimmtheit der Norm und der Verweisungskette nicht zu Lasten des Betroffenen gehen und begründen daher einen Verbotsirrtum gem. § 17 StGB.
[104] Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 984.
[105] BGH NJW 2002, 3339, 3340 f .
[106] Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1070; im Einzelnen Schlarmann/Spiegel, NJW 2007, 870, 874 f .
[107] Schlarmann/Spiegel, NJW 2007, 870, 874 f .; so auch Peuser, DuD 2006, 680, 682.
[108] So auch Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1039.
[109] Seitens der Hersteller von Screening-Software werden vielfältige Suchmethoden angeboten. Auch die mögliche Anpassung der "Unschärfe" an individuelle Bedürfnisse ist mittlerweile bei den meisten Anbietern im Leistungsangebot enthalten.
[110] Kühl, AT, § 17 Rn. 25 ff.; Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1564.
[111] Unter http://ec.europa.eu/external_relations/cfsp/sanctions (letzter Aufruf: 30.11.2007) sind Informationen in konzentrierter Form abrufbar.
[112] BGHSt 37, 106, 122; Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, 27. Aufl. 2006, § 15 Rn. 135 a .
[113] Die Nachweisbarkeit angemessener Sicherheitsstandards des Unternehmens für den Außenhandel ist ein wichtiger Bestandteil der Zulassungsvoraussetzungen.
[114] Große Vorholt, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 1040. Peters/Schwab, RDV 2006, 196, 198, empfehlen daher, stets einen (zusätzlichen) manuellen Abgleich durch eine eigens dafür verantwortliche Arbeitskraft vornehmen zu lassen.
[115] Die Gewährung dieser Sozialleistung fällt dann in die Kompetenz der zuständigen Behörden, so dass diese als bereitstellende Instanz anzusehen wäre.
[116] Bei personellen Maßnahmen gegen Arbeitnehmer sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. §§ 99 ff. BetrVG zu wahren, soweit ein solcher vorhanden ist.
[117] Zur AWG-Novelle vgl. Schulz, Das neue Außenwirtschaftsrecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt a. M. (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, 2007, S. 619, 638 ff.
[118] Urteil des EuGH vom 11.10.2007, Rs. C-117/06.
[119] Die Zulässigkeit bejaht auch der EuGH, vgl. Urteil des EuGH vom 11.10.2007, Rs. C-117/06, Rz 70.
[120] Urteil des EuGH vom 11.10.2007, Rs. C-117/06, Rz 71.
[121] So zuletzt auch Dick Marty in seinem Bericht für den Europarat (FN 3).