HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2007
8. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen


Ein Anti-Doping-Gesetz als Garant für den sauberen Sport! Anmerkungen zu Pro und Contra der strafrechtlichen Verfolgung von "Dopingsündern”.

Von RA Dr. phil. Rico Kauerhof D.E.A. (Paris-Sorbonne), Leipzig.

Die Diskussion um die Notwendigkeit eines Antidopinggesetzes - welches die rechtliche Grundlage für die strafrechtliche Verfolgung von Dopingsündern und deren Helfern bieten soll - hat vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen mit prominenter Beteiligung rasant an Fahrt gewonnen.[1] Zuletzt haben in der Sport und Recht[2] Herr Direktor am Amtsgericht, Dr. Clemens Prokop und Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Krähe in zwei kurzen Exposees die Argumente zum Pro und Contra eines derartigen Gesetzes zusammengefasst. Die dortigen Thesen spiegeln die geläufigen Argumente wieder und eigenen sich glänzend zu einer ergänzenden Stellungnahme im doppelten Sinne.

Einmal bleibt auf der "Pro-Seite" unberücksichtigt, dass bereits zahlreiche Regelungen des Kernstrafrechts

die Dopingproblematik berühren[3]. Die Möglichkeit der konsequenteren Ausschöpfung dieser Institute beim Vorgehen gegen Dopingsünder muss zunächst qualitativ beleuchtet werden, bevor die Diskussion über die quantitative Ausweitung strafrechtlicher Normen[4] angefacht wird. Andererseits bleibt sowohl in den Ausführungen zum Pro aber auch zum Contra unbeachtet, dass das Phänomen des Leistungssports[5] einen besonderen sozialen Raum einnimmt, der nicht vollständig vom staatlichen Strafrecht überformt werden darf, ohne den sozialen Eigenwert zu verlieren.

I. Doping als strafwürdiges Unrecht?

Zuzugeben ist den Verfechtern eines Anti-Doping-Gesetzes[6] zunächst, dass die scheinbar[7] erhöhte Anzahl von Dopingfällen ein Ärgernis darstellt, welchem entschieden entgegen getreten werden muss. Fraglich ist jedoch, ob dieses Entgegentreten mittels eines strafrechtlichen Sanktionsanspruches erfolgen kann.

1. Es gilt zunächst der Grundsatz, dass die strafrechtliche Verfolgung des Dopingtäters kein Selbstzweck sein darf. Vielmehr ist eine solche Vorgehensweise unter strafrechtsdogmatischen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nur geboten, wenn "Dopingsünder" auch tatsächlich strafwürdiges Unrecht verwirklichen.

a) Zunächst ist festzuhalten, dass unter formalen Gesichtspunkten der Verstoß gegen den Weltantidopingcode[8] der WADA[9] (oder einer vergleichbaren Organisation[10]) grundsätzlich keine Verwirklichung materialen Unrechts darstellt. Der Code ist unbestritten keine Rechtsnorm, erst Recht keine Strafnorm, ebenso wenig wie §§ 6 i.V.m. 8 Nr. 3 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. Eine Bestrafung des Sportlers über die in der Verbandssatzung festgeschriebenen Sanktionen[11] hinaus ist ausgeschlossen.

b) Für die Verhängung einer staatlichen Strafe bedarf es einer staatlichen Rechtsgrundlage. Die Bestimmung des materiellen Gehalts strafwürdigen Unrechts obliegt dem Gesetzgeber. Jedoch ist er bei der Beurteilung nicht vollkommen frei, sondern an die Werteordnung der Verfassung gebunden. Hierbei spielt nun die in Art. 2 Abs. 1 GG verankerte Autonomie der Person eine entscheidende Rolle. Ausfluss dieses Grundsatzes ist, dass unter anderem die Selbsttötung nicht als strafbares Unrecht normiert wurde. Gleiches gilt für Selbstverletzungen, Verstümmelungen u.a. Dieser Grundsatz dürfte als allgemein anerkannt gelten und insofern wäre ein Anti-Doping-Gesetz, welches den Dopingsünder unter Körperverletzungsgesichtspunkten unter Strafe stellt, weder mit der Verfassung noch mit dem die Verfassung verkörpernden Wertesystem und erst Recht nicht mit strafrechtlichen Grundsätzen vereinbar. Ebenso dürften im Umfeld des Dopenden operierende Helfer einer Körperverletzungsstrafbarkeit entgehen; dies zumindest solange die Einwilligung des Dopenden wirksam erteilt wurde und nicht die Grenzen des § 228 StGB überschreitet[12].

c) Konsequenterweise stellen Verfechter des Anti-Doping Gesetzes - unabhängig von den gesundheitsgefährdenden Risiken des Dopings - auf betrugsrelevante Aspekte ab. So soll sich der Dopende des Betruges zum Nachteil der Zuschauer, des Sportveranstalters, des Sponsors oder aber der Mitkonkurrenten schuldig machen[13]. Dieser betrugsrelevante Aspekt ist auch derjenige, der in der öffentlichen Diskussion zu dieser Problematik als wesentlich und strafwürdig heraus gestellt wird. Insofern könnte man argumentieren, dass ein Anti-Doping Gesetz dann sinnvoll wäre, wenn hierdurch der "dauerhafte Betrugszustand" aufgelöst bzw. eingedämmt werden würde.

2. So nachvollziehbar diese Intention auch ist, offen bleibt dennoch, wie ein solcher "Dopingbetrug" auf Tatbestandsebene formuliert werden müsste und inwiefern er sich von § 263 StGB unterscheiden würde. Hier scheint zumindest fraglich, ob ein spezieller "Dopingbe-

trugstatbestand" weitreichendere Fälle erfassen würde, als dies durch § 263 StGB ohnehin bereits geschieht. Die Formulierung[14] im bayrischen Entwurf bietet diesbezüglich wenig Anhaltspunkte, da sie in ihrer Konturlosigkeit sowohl hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Dopingmittel" als auch bezüglich der "Absicht einen Vermögensvorteil zu erlangen" mit dem Bestimmtheitsgebot[15] in Konflikt gerät. Auch die Formulierung des Ausnahmetatbestandes in § 5 Abs. 1 S. 2 (Satz 1 gilt nicht, wenn die Dopingmittel aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrühren.) lässt den eigentlichen Kern des Problems unberührt, nämlich die Frage danach, wann ein "Heilzweck" vorliegt und wann nicht[16].

Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass sich ein Antidopinggesetz nur von Basis des Betruges aus sinnvoll entwickeln lässt.

II. Einzelargumente

Vor dem Hintergrund des unter Ziff. I. dargestellten Grundsatzes können die Argumente Pro und Contra eines Antidopinggesetzes nicht überzeugen. Am wenigsten überzeugen hierbei die Argumente gegen ein Antidopinggesetz. Sie gehen am Kern der Problematik vorbei und können die Verfechter eines Antidopinggesetzes nicht wirklich beeindrucken. Jedoch stehen auch die Argumente der Letzteren auf tönernen Füßen.

1. Contra-Argumente

a) Dass der Beschuldigte (Dopingsünder) im Rahmen eines Strafverfahrens das Recht zur Aussageverweigerung habe und deshalb der staatliche Verfolgungsanspruch schwerer durchzusetzen sei, als derjenige der Verbände, ist kein taugliches Argument. Dem Beschuldigten steht zwar im Strafverfahren gemäß § 136 StPO grundsätzlich ein Aussageverweigerungsrecht zu. Es ist aber nicht ersichtlich, warum der "Beschuldigte" im verbandsinternen Verfahren zu einer Aussage gezwungen werden könnte. Insofern bestehen keine relevanten Unterschiede. Unabhängig vom Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten ist im Übrigen klar, dass - wenn der Beschuldigte tatsächlich aussagt - er dies selten (weder bei verbandsinternen noch bei strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen) zu seinen Ungunsten tun wird. Überspitzt könnte man formulieren: Ob staatliche Verfolgung oder verbandsinterne Ermittlungen, belogen werden die Ermittler in jedem Fall! Der entscheidende Unterschied ist, dass im verbandsinternen Verfahren nach "strict leability" Grundsätzen entschieden wird und damit ein positiver Test[17] grundsätzlich für eine Sperre ausreicht, während im Strafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo gilt und mithin für eine Verurteilung allein die positive Probe nicht genügen dürfte[18].

b) Die oben beschriebene mögliche Diskrepanz zwischen den nach "strict liability" Grundsätzen entschiedenen sportrechtlichen Verfahren und einem Strafverfahren, in welchem der Grundsatz in dubio pro reo gilt, wird ebenfalls als Argument gegen ein Anti-Doping-Gesetz vorgetragen. Derartige Diskrepanzen sind jedoch den erhöhten Anforderungen zur Verwirklichung des staatlichen Verfolgungsanspruches geschuldet und im Übrigen der Rechtsordnung nicht fremd. So ist es durchaus möglich, dass nach zivilrechtlichen Grundsätzen als unlauter zu beurteilendes Verhalten nicht mit Strafe bedroht ist.

Auch ist eine Überschneidung der Sanktionen kaum denkbar. Während die verbandsrechtlichen Maßnahmen letztlich auf eine Sperre hinaus laufen, gehen strafrechtliche Sanktionen - nach Feststellung, nicht nur des Tatbestandes, sondern auch der Rechtswidrigkeit und der Schuld - auf die Verwirkung einer Strafe. Ohne auf die unterschiedlichen Strafbegriffe eingehen zu können, ist doch klar, dass sich beide strukturell unterscheiden und "nebeneinander laufen" können.

c) Das Argument der Verzerrung des (internationalen) sportlichen Wettkampfes ist ebenfalls untauglich, um gegen die Einführung eines Anti-Doping Gesetzes vorgebracht werden zu können. Hiergegen spricht schlicht und einfach der Grundsatz, dass es keine Gleichheit im Unrecht geben darf. Inwiefern also Athleten, die in anderen Ländern ungestört dopen können, im Sportbetrieb sich hierdurch Vorteile erarbeiten würden, ist für die Beurteilung der Notwendigkeit eines Anti-Doping Gesetzes irrelevant.

d) Schließlich wird vorgetragen, dass Sportveranstaltungen, die mit staatlichen Ermittlungsmaßnahmen überzogen werden, eine "Horrorvision" verkörperten. Dem ist

zuzustimmen. Ohne den materiellen Hintergrund dieser Aussage zu erkennen, ist damit von den Gegnern des Antidopinggesetzes der argumentative Kernpunkt angesprochen[19], den auch die Befürworter eines solches Gesetzes nicht entkräften können. Auf deren Argumente wird zunächst eingegangen, bevor unter Ziff. III. abschließend Stellung genommen wird.

2. Pro-Argumente

a) Zunächst wird von den Verfechtern eines Antidopinggesetzes unreflektiert unterstellt, dass die Einnahme von Dopingmitteln materielles Unrecht darstellt, dem es mit staatlichen Mitteln entgegenzutreten gilt. Worin der Unrechtsgehalt liegen soll, wird nicht einmal ansatzweise erörtert. Man hat den Eindruck, als würden zivilrechtliche Erwägungen mit sozialen und gesellschaftlichen Aspekten vermengt und in ein Antidopinggesetz gegossen, ohne dass die Voraussetzungen für die Schaffung einer Strafnorm reflektiert wurden wären. Hierbei drängt sich der Eindruck auf, dass das Strafrecht als moralisches Reglementierungsinstrument "missbraucht" und sein grundlegendes "ultima ratio" Prinzip[20] ad absurdum geführt wird. Dies ist ein juristisch untragbarer Zustand, der allein durch folgendes gerechtfertigt werden soll: die effektive Bekämpfung des Dopings.

b) Hiermit ist auch schon das entscheidende und wohl einzige Argument für ein Anti-Doping Gesetz vorgetragen. Dieses soll die wirksamere Verfolgung und Bestrafung von Dopingsündern und ihren Helfern mittels staatlicher Verfolgungsorgane erlauben.

Zuzugeben ist dieser Argumentation, dass verbandsinterne Befugnisse zur Verfolgung von "Dopingdelikten" niemals so weit reichen können wie staatliche Verfolgungsinstrumente. In erster Annäherung scheint es also, als habe man das Wundermittel der effektiven Dopingbekämpfung gefunden.

Jedoch, und hier ist die entscheidende Schwachstelle, bedürfen staatliche Verfolgungsmaßnahmen auch staatlicher Ermächtigungsgrundlagen. Aus diesem Grunde ist die Problematik auch hier wieder auf die Formulierung eines (oder mehrerer) möglichen "Anti-Doping-Straftatbestandes" zurück geworfen. Der bayrische Entwurf nähert sich diesem Problem gleichsam von drei Seiten: einmal von der Seite des Handels (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3)[21], weiterhin von der Seite der Formulierung der Besitzstrafbarkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 4)[22] und schließlich unter betrugsrelevanten (§ 5) Gesichtspunkten. Ob eine Ausdehnung der Strafbarkeit gegenüber der derzeitigen Rechtslage[23] jedoch wünschenswert ist, diese Frage scheinen sich im derzeit betriebenen Aktionismus nur wenige zu stellen.

III. Soziale Eigenwelt des Sports

In der aktuellen Diskussion um ein Anti-Dopinggesetz wird die soziale Eigenwelt des (Leistungs)Sports kaum beachtet. Diese droht zerstört zu werden, wenn der - dieser Sphäre fremde - Strafverfolgungsanspruch des Staates permanent eindringen würde. Das bedeutet nicht, dass staatlich gesteuerte Regeln aus der Welt des Sports völlig herauszuhalten sind. Im Gegenteil, die Sportwelt ist kein rechtsfreier Raum. Jedoch sind die Eigenheiten dieser besonderen sozialen Sphäre - die nicht ohne weiteres mit der Bürgerlichen Gesellschaft[24] gleichzusetzen ist - bei der Sanktionierung von Verstößen gegen spezielle Regeln dieses eigenständigen Bereichs zu beachten.

1. Damit ist ein wichtiger Punkt angesprochen, nämlich die vorrangige "Strafrelevanz" des Dopings in der Sportwelt. Nicht selten wird in der Argumentation vergessen, dass leistungssteigernde Mittel in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Verzerrung des sportlichen Wettbewerbes einen Sanktionsbedarf auslösen. Verdeutlicht wird dies daran, dass eben solche leistungssteigernde Mittel außerhalb dieses speziellen Bereichs einen vergleichbaren (Straf)Mechanismus nicht in Gang setzen. Ein gesellschaftlicher Bedarf zum Eingreifen besteht hier erst dann, wenn über die individuelle (und eigenverantwortliche) Gefährdung des Einzelnen hinaus die Volksgesundheit in den Blick rückt. Deshalb lag und liegt das Hauptaugenmerk der staatlichen Verfolgungsaktivitäten nicht auf der Einnahme (verbotener) leistungssteigernder Substanzen[25], sondern auf dem Handel und damit auf deren massenhaften Verbreitung.

2. Vor diesem Hintergrund ist zunächst der materielle Gehalt des Dopingvorwurfes zu isolieren. Dieser lässt sich anhand der Grundvoraussetzung der Eigenwelt des Sports bestimmen. Gleichsam "Verfassung" und Grundlage dieser Welt ist die Belohnung (Sieg) nach Verdienst.

Die damit zusammenhängende Anerkennung lässt sich nur erreichen, indem man sich bestimmte Fähigkeiten antrainiert, wobei die Mischung aus Talent, Training und Glück letztlich den Erfolg ausmacht. Dieses sensible Gleichgewicht wird durch die Einnahme verbotener[26] leistungssteigernder Mittel[27] gestört. Der Dopende verschafft sich einen unerlaubten Vorteil, der die Grundlagen des sportlichen Wettkampfes zerstört.

3. Diese Zerstörung kann nur durch die Aufhebung der Zerstörung aufgehoben werden.[28] Diese Aufhebung erfolgt mittels "zweitem Zwang", der - solange er sich in institutionalisierten Bahnen[29] bewegt - die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes[30] bewirkt. Hierbei ist eine interne Aufhebung der Zerstörung Grundlage für die Aufrechterhaltung der Eigenwelt des Sports. Folglich müssen Dopingvergehen auch intern (außerhalb der staatlichen Sphäre) geahndet und sanktioniert werden.

Wird durch Handlungen des Dopenden gleichzeitig Unrecht[31] verwirkt, so steht der staatliche Sanktionsanspruch selbstverständlich neben dem verbandsinternen System. Eines darf jedoch nicht passieren: die interne Aufrechterhaltung und permanente Wiederherstellung der Grundlagen des sportlich-fairen Wettkampfes darf nicht auf den Staat - also auf ein externes und darüber hinaus noch auf einer anderen logischen Ebene wirkendes - System übertragen werden. Hierdurch würde die Eigenwelt des Sports zerstört und von der übergeordneten Sphäre erdrückt werden. Gleiches würde gelten, wenn aus "sportweltinternen" Überlegungen heraus Verstöße gegen interne Regelungen per Gesetz auf eine externe Ebene gehoben werden würden. Folglich ist ein staatliches Antidopinggesetz, dass die Aufrechterhaltung der Chancengleichheit im sportlichen Wettkampf als Intention in sich trägt eben für diese Intention kontraproduktiv und eine "Horrorvision".

Jedoch ist ein Antidopinggesetz nicht völlig absurd, solange es sich auf den tatsächlichen staatlich zu sanktionierenden Unrechtsgehalt der Einnahme von Dopingmitteln beschränkt. Dies wäre - wie herausgearbeitet - die Sanktionierung von Vorteilen, die sich der Dopende - mittels des Dopings - außerhalb der Sportwelt verschafft. Nicht "dreckige Siege" sind staatlich zu sanktionieren[32], sondern "dreckiges Geld" zu konfiszieren.

Vor diesem Hintergrund müsste sich das geplante Anti-Doping-Gesetz damit auseinandersetzen, wie der von außen in die Sportwelt eindringende Anreiz zum Dopen vermindert wird. Ein Ansatzpunkt dürfte sein, dem Dopenden Vorteile, die er mittels unerlaubter Mittel im Sport außerhalb des Sports erlangt hat, wieder zu entziehen. Insofern ist (war) mit § 7 des bayrischen Entwurfes, der den erweiterten Verfall (§ 73d StGB) und die Einziehung (§ 74 StGB) normierte, ein interessanter Ansatz auf dem Tisch des Gesetzgebers. Dass er sich (derzeit) nicht durchsetzen konnte, findet in der komplexen Problematik des Dopings, insbesondere in der Schwierigkeit der trennscharfen Definition des "strafwürdigen Dopingverhaltens", seine Ursache.

Letztlich verbleibt es jedoch dabei, dass die soziale Welt des Sportes und die damit verbundenen spezifischen Probleme nicht deckungsgleich sind mit dem unter philosophischen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten betrachteten strafwürdigen Unrecht im engeren Sinne. Diskrepanzen sind hier ebenso hinzunehmen wie unterschiedliche Ergebnisse bei verbandsrechtlichen und strafrechtlichen Maßnahmen. Diese elementaren Unterschiede sind bei zukünftigen Bestrebungen, die Einnahme von Dopingmitteln einzudämmen, nicht nur zu beachten, sondern zur gesetzgeberischen Grundlage zu machen.


[1] In der Zeitschrift für Sport und Recht war dieses Thema in praktisch jeder Ausgabe im Jahr 2006 präsent: Juana Schmidt, Doping im Spiegel des schweizerischen Strafrechts - Perspektiven für einen Anti-Doping-Tatbestand, Teil 1 SpuRt 2006, S. 19 ff, Teil 2 SpuRt 2006 S. 63 ff.; Grischka Petri, Das Instrument der Schutzsperre und seine Legitimität, SpuRt 2006 S. 105 ff.; Übereinkommen gegen Doping - Aktuelle Verbotsliste 2006, SpuRt 2006 S. 153 ff.; Clemens Prokop, Anti-Doping-Gesetz - Pro und Contra, Pro: Argumente für ein Anti-Doping-Gesetz, SpuRt 2006 S. 192 ff.; Christian Krähe, Contra: Argumente gegen ein Anti-Doping-Gesetz, SpuRt 2006 S. 194; Udo Steiner, Staatsziel Anti-Doping-Staat?, SpuRt 2006 S. 244.

[2] SpuRt 2006, 192 (s. Fn. 1)

[3] Dies sind in erster Linie die §§ 6a, 95 Arzneimittelgesetz, §§ 3, 29 Betäubungsmittelgesetz, § 3 Nr. 1b Tierschutzgesetz, § 263 StGB sowie die §§ 223 ff. StGB.

[4] Vgl. hierzu den Gesetzesentwurf der Bayrischen Staatsregierung (Bundesrat Drucksache 658/06), der in § 4 Abs. 1 Nr. 4 die umstrittene "Besitzstrafbarkeit" normiert und in § 5 sogar den Versuch unternimmt, einen Tatbestand des "Sportbetrugs" zu formulieren.

[5] Nur in diesem Bereich erlangt die Dopingproblematik überhaupt gesellschaftliche und wohl auch juristische Relevanz.

[6] Das Anti-Doping-Gesetz soll hier lediglich unter der Möglichkeit der Eröffnung strafrechtlicher Verfolgung beleuchtet werden. Im bayrischen Entwurf sind freilich andere (sinnvolle) Regelungen der Bekämpfung des Dopings im Sport (wie § 2 Aufklärung der Bevölkerung oder § 3 Berichtspflichten) ebenso vorgesehen, wie der aktuelle Entwurf der Bundesregierung explizit auf die Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport vom 19. Oktober 2005 gerichtet ist, welches vor allem "verbandsrechtliche Maßnahmen" normiert (zu finden ist der Gesetzesentwurf auf der Homepage des Ministeriums www.bmi.bund.de unter dem Unterpunkt "Gesetze und Verordnungen"). Diese (weiteren) Regelungsinhalte bleiben hier außer Betracht.

[7] Nicht selten wird vorgebracht, dass die Zahl der Dopingfälle gar nicht erhöht sei, sondern die Aufklärungsrate wegen der effektiveren Verfolgung der Dopingsünder durch die Verbände stark gestiegen sei. Vor diesem Hintergrund erscheint das geplante Anti-Doping Gesetz kaum geeignet, weitere Verbesserungen zu bringen. Da es vor allem für weiter zurückliegende Jahre keine verlässlichen Vergleichsstatistiken gibt, wird dieser Frage letztlich unbeantwortet bleiben müssen.

[8] Www.wada-ama.org/rtecontent/document/Code_deutsch.pdf

[9] World Anti Doping Agency.

[10] Z.B. der Anti-Doping-Konvention des Europarates von 1989 (zu finden auf der Homepage des Europarates: http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=135&CM=1&DF=2/13/2007&CL=GER) oder das unter Fn. 6 bereits erwähnte Abkommen vom 19.10.2005 (dies zumindest solange es noch nicht ratifiziert ist).

[11] Bei einem Verstoß gegen §§ 6 i.V.m. 8 Nr. 3 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB eine Sperre von 6 Monaten bis zu 2 Jahren, im Wiederholungsfall eine lebenslange Sperre.

[12] Das Problem der möglichen Einwilligung des Dopenden bleibt hier im Folgenden unberücksichtigt.

[13] Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Schild, Sportstrafrecht, 2002, S. 158 ff.

[14] Der Wortlaut des bayrischen Entwurfes lautet:

§ 5 Sportbetrug

(1) Wer seines Vermögensvorteils wegen an einem sportlichen Wettkampf teilnimmt und dabei Dopingmittel (§ 1 Abs. 2) im Körper hat, wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Satz 1 gilt nicht, wenn die Dopingmittel aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrühren.

(2) Ebenso wird bestraft, wer seines Vermögensvorteils wegen nach Anwendung einer Methode des Blutdoping (§ 1 Abs. 3) an einem sportlichen Wettkampf teilnimmt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1. sich die Tat auf einen Vermögensvorteil großen Ausmaßes bezieht oder

2. der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach §§ 4 oder 5 zusammengeschlossen hat.

[15] Art. 103 Abs. 2 GG wird für die strafrechtliche Verfolgung solange ein Problem bleiben, wie die Definition des Dopings verbandsrechtlichen Vorschriften unterliegt und hierzu auf Listen verweist, die zudem Stoffe enthalten, die im alltäglichen Gebrauch breiter Bevölkerungsschichten sind (z.B. Alkohol und Koffein).

[16] Vgl. hierzu nur die überdurchschnittliche Häufung von Asthmaerkrankungen bei Radsportlern, die die Verschreibung gewisser Mittel, die eigentlich auf der Dopingliste stehen, letztlich wieder erlaubt.

[17] Positiv in der A- und B-Probe.

[18] Es muss der Nachweis des subjektiven Tatbestandes, der Rechtswidrigkeit und der Schuld hinzutreten.

[19] Hierzu unten unter III.

[20] Das Strafrecht soll schließlich nur die äußeren Grenzen des gesellschaftlichen Zusammenlebens abstecken, aber nicht reglementierend innerhalb dieser Grenzen eingreifen.

[21] Womit professionelle Vertriebsstrukturen und das Umfeld des Sportlers abgedeckt werden sollen. Hier drängt sich dann die Frage auf, inwiefern diese neuen Normen sich von §§ 6a, 95 Arzneimittelgesetz und §§ 3, 29 Betäubungsmittelgesetz unterscheiden.

[22] Welche (auch) auf den dopenden Sportler selbst abzielt.

[23] Diese Ausdehnung würde sich wohl vor allem durch die Normierung der umstrittenen Besitzstrafbarkeit realisieren. Derzeit wird (insbesondere auch das BMI unter Federführung von Herrn Innenminister Schäuble) zu einer Beschränkung der Besitzstrafbarkeit auf "erhebliche Mengen" tendiert. Vgl. Interview mit Innenminister Schäuble in der SZ am 10.02.2007, zu finden unter: http://www.bmi.bund.de/cln_012/ nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Medienspiegel/2007/02/ BM__SZ__Doping.html (Stand 13.02.2007)

[24] Bürgerliche Gesellschaft als Gesamtheit der Personen, die unter dem staatlichen Schutz ihre Besonderen Zwecke verfolgen und in diesem Sinne die formelle Allgemeinheit zum Prinzip erheben. Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Werke 7, hrsg. von Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Frankfurt/Main 1986 (nachfolgend GrPhR), § 182.

[25] Außerhalb des Sportbereichs bezieht sich diese Verfolgung hauptsächlich auf die "klassischen Drogen".

[26] Hervorzuheben ist erneut die lediglich verbandsinterne Bezogenheit der Verbotenheit der Mittel auf der Dopingliste.

[27] Unbeachtet muss hier die schwierige Abgrenzung zwischen legaler Leistungssteigerung und verbotener Beeinflussung bleiben. Aufgrund der Unlösbarkeit auf materialer Ebene ist wohl nur eine formale Abgrenzung anhand der Dopingliste möglich.

[28] Vgl. § 93 GrPhR

[29] Verlässt er diese, dann schlägt die "Widervergeltung" (§ 101 GrPhR) um in "Rache" (§ 102 GrPhR), welche selbst eine (Rechts)Verletzung (Unrecht) darstellt.

[30] Vgl. § 99 GrPhR

[31] Im eigentlichen Sinne des Begriffs, nämlich die Verletzung einer materiellen Strafrechtsnorm.

[32] Sondern verbandsintern.