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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2006
7. Jahrgang
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Eine über die Feststellung einer rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hinausgehende Kompensation des Konventionsverstoßes zugunsten des Angeklagten in Form eines bezifferten Abschlags von der - sonst zu verhängenden - Jugendstrafe kommt nicht in Betracht, wenn die Verhängung von Jugendstrafe auch wegen schädlicher Neigungen erforderlich ist und die Strafe allein nach erzieherischen Erfordernissen bemessen wird.
Beim Zusammentreffen allgemeiner Milderungsgründe und vertypter Milderungsgründe ist zunächst zu prüfen, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein zur Annahme eines minder schweren Falls führen, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB nicht verbraucht sind.
1. Nach § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB ist die endgültige Sicherungsverwahrung anzuordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Voraussetzung ist daher die prognostizierte Gefahr schwerwiegender Delikte gegen die Person; nicht erfasst sind Vermögensdelikte. Die Berücksichtigung des Verhaltens des Verurteilten im Strafvollzug soll dabei vor allem seine Entwicklung in einer Behandlung als gewichtigen Prognosefaktor erfassen, wobei weitere prognoserelevante Gesichtspunkte z.B. aggressive Handlungen gegen Strafvollzugsbedienstete oder Mitgefangene, Straftaten oder subkulturelle Aktivitäten im Vollzug, Drohungen oder andere Äußerungen sein können, die auf eine Rückkehr in kriminelle Subkulturen und eine Wiederaufnahme insbesondere von Gewalt- oder Sexualkriminalität hindeuten.
2. Ubiquitäre und vollzugstypische Verhaltensweisen können nicht ohne weitere Feststellungen nicht als Hinweise auf eine erhebliche Gefährlichkeit eines Verurteilten gewertet werden (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06 - Rdn. 32).
1. Eine ganz erhebliche Erhöhung der Einsatzstrafe beider Gesamtstrafenbildung - etwa von neun Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren - erfordert eine eingehende Begründung, die sich nicht auf formelhafte Ausführungen beschränken darf, auch wenn die Gesamtstrafe aus einer sehr großen Zahl von Einzelstrafen zu bilden ist.
2. In Fällen, in denen dem Tatgericht bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe echte Zumessungsfehler unterlaufen sind, ist das Beschlussverfahren gem. §§ 460, 462 StPO in der Regel ungeeignet, sodass nicht gem. § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden, sondern eine neue Hauptverhandlung anzuordnen ist.
Die Anwendung des § 66 StGB ist unter dem Gesichtspunkt des Gelegenheitscharakters der Tat lediglich dann ausgeschlossen, wenn eine äußere Tatsituation oder Augenblickserregung die Tat allein verursacht hat (vgl. BGH MDR 1980, 326, 327; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 7). Zum Begriff der Gelegenheitstat.