HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1085
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 227/24, Beschluss v. 28.05.2024, HRRS 2024 Nr. 1085
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 11. Oktober 2023 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch haben die zugehörigen Feststellungen Bestand. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtszug wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat das Urteil mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen wegen eines Beweiswürdigungsmangels auf. Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Während die sachlich-rechtliche Prüfung des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, unterliegt der Strafausspruch der Aufhebung. Das Landgericht hat eine Strafmilderung nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gezogen, obwohl hierzu nach den Feststellungen Anlass bestand. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung anerkannt, der Geschädigten ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 35.000 Euro zu schulden, und ihr bereits einen Teilbetrag von 10.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Strafkammer hat dies zwar bei der Strafrahmenwahl zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, aber einen etwaigen Täter-Opfer-Ausgleich nicht erörtert.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Dass die Voraussetzungen des § 46a StGB nicht vorliegen und Ausführungen damit entbehrlich waren, drängt sich vorliegend nicht auf. Denn es kann wegen der fehlenden Darstellung des Einlassungsverhaltens des Angeklagten schon nicht nachvollzogen werden, wie er sich zu seiner Tat verhalten hat; ob er sie bestritten, eingeräumt und möglicherweise gar bereut hat. Da es zudem an der Wiedergabe sowohl des vollständigen Inhalts als auch des Zustandekommens des ‚Anerkenntnisses‘ und somit zum Verhalten der Geschädigten fehlt, kann ferner nicht festgestellt werden, ob der erforderliche kommunikative Prozess zwischen Täter und Opfer, der auf einen umfassenden friedensstiftenden Ausgleich der durch die Tat verursachten Folgen gerichtet ist (vgl. dazu Senat, Urteil vom 19. April 2023 - 6 StR 497/22, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 24. November 2021 - 2 StR 337/21, Rn. 9; MüKoStGB/Maier, 4. Aufl., § 46a Rn. 25), stattgefunden hat.“
Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend, dass auch die „erhebliche“ strafmildernde Berücksichtigung der Leistungen des Angeklagten an die Geschädigte durch das Landgericht die gebotene Prüfung der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB nicht zu ersetzen vermag (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. September 2006 - 4 StR 386/06, NStZ-RR 2006, 373; vom 20. Februar 2001 - 4 StR 551/00).
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne den Rechtsfehler zu einer Milderung des Strafrahmens nach §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB gelangt und die Strafe geringer ausgefallen wäre. Da die Feststellungen zum Strafausspruch nicht von dem Rechtsfehler betroffen sind, können sie bestehen bleiben und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1085
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede