HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 841
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 422/24, Beschluss v. 23.04.2025, HRRS 2025 Nr. 841
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2023 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in Tateinheit mit Untreue in 16 Fällen sowie wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 56 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, einen Vollstreckungsabschlag von zwei Monaten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung bestimmt und Einziehungsanordnungen getroffen. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag des durch die Handlungen des Angeklagten geschädigten Unternehmens hat es abgesehen. Die gegen das Urteil mit der Sachrüge und Verfahrensrügen geführte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der Angeklagte war seit 2000 leitender Angestellter der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PR-Abteilung) bei einem Unternehmen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Unterstützung und Organisation von bundesweiten PR-Aktionen des Unternehmens. Die für die Aktionen benötigte Sportkleidung und andere Ausstattung bestellte er bei der Einziehungsbeteiligten, deren Gesellschafter und Geschäftsführer nichtrevidierende Mitangeklagte waren. Im Tatzeitraum bestand eine erhebliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Einziehungsbeteiligten von diesen Aufträgen. Jedenfalls zu Beginn des Jahres 2014 machte der Angeklagte die weitere Beauftragung der Einziehungsbeteiligten zumindest konkludent von der kontinuierlichen unentgeltlichen Gewährung luxuriöser Reisen und Sachzuwendungen abhängig. Die Nichtrevidenten vereinbarten mit dem Angeklagten, dass dieser von ihm gewünschte Sachleistungen und Reisen auf Rechnung der Einziehungsbeteiligten erhielt. Die Reisen buchte er beim Reisebüro eines weiteren Nichtrevidenten, der in den Plan einbezogen war. Dieser übernahm vorab Reisekosten und Zusatzleistungen, die von den Reiseteilnehmern vor Ort in Anspruch genommen wurden, und stellte die Gesamtkosten einschließlich Vermittlungsprovisionen der Einziehungsbeteiligten in Rechnung. Die der Einziehungsbeteiligten für Zuwendungen an den Angeklagten entstandenen Kosten wälzte sie gemäß den getroffenen Vereinbarungen verdeckt in Rechnungen für die Ausstattung von PR-Aktionen auf das Unternehmen ab. In den Pauschalabrechnungen waren zusätzliche Aufrundungen und Aufschläge enthalten, die die Nichtrevidenten in eigenem Interesse vornahmen, was der Angeklagte wusste.
Bei der Abrechnung gingen die Beteiligten in der Weise vor, dass der Angeklagte die Inhalte vorgab, der nichtrevidierende Geschäftsführer der Einziehungsbeteiligten diese erstellte und an das Unternehmen zu Händen des Angeklagten schickte. Die Rechnungen waren zum Nachweis der Berechtigung mit gefälschten Zeitungsartikeln über angebliche PR-Aktionen versehen. Diese stellte überwiegend der Angeklagte den Nichtrevidenten zur Verfügung, wobei er den Wert der jeweiligen PR-Aktion und damit die Rechnungshöhe bestimmte.
Die eingegangenen Rechnungen zeichnete er als Erstprüfer im Rahmen seiner firmeninternen Befugnisse als sachlich und rechnerisch zutreffend ab und legte sie anschließend seinem Vorgesetzten zur Abschlussprüfung vor (Vieraugenprinzip). Dieser wurde über deren sachliche Richtigkeit getäuscht. Er gab die Rechnungen in der Vorstellung frei, dass die abgerechneten Leistungen dem Unternehmen zugutegekommen seien und hielt es nicht für möglich, dass Kosten für Zuwendungen an den Angeklagten und weitere Aufschläge darin enthalten waren.
Im Tatzeitraum von Anfang 2014 bis einschließlich Juni 2015 forderte der Angeklagte in 35 Fällen Reiseleistungen im Gesamtvolumen von mindestens 287.017,71 Euro für sich selbst und/oder ihm nahestehende Personen, die er auf Kosten der Einziehungsbeteiligten erhielt. In 21 Fällen erlangte er Sachleistungen für sich oder Dritte direkt über die Einziehungsbeteiligte. Die Einziehungsbeteiligte stellte 165 fingierte Rechnungen an das Unternehmen, das diese auch bezahlte. Im Gegenzug erteilte der Angeklagte der Einziehungsbeteiligten im gesamten Tatzeitraum fortlaufend Aufträge über die Belieferung von PR-Aktionen.
Das Landgericht hat die Taten als gewerbsmäßigen Bandenbetrug in Tateinheit mit Untreue in 16 Fällen (§ 263 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) und als Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 56 Fällen (§ 299 Abs. 1, § 300 Satz 1 und 2 StGB aF) gewertet. Soweit mehrere Rechnungen zeitgleich freigezeichnet wurden oder sonst nicht ausschließbar Teilidentität von Ausführungshandlungen vorlag, hat die Strafkammer nur eine Tat angenommen.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
1. Der Verurteilung steht das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung nicht entgegen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB).
a) Die zehnjährige Verjährungsfrist der in den Jahren 2014 und 2015 begangenen Taten des gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§ 263 Abs. 5 Satz 1, § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB) war bei Unterbrechung durch Erhebung der Anklage am 6. April 2022 (§ 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB) noch nicht abgelaufen; auf frühere Unterbrechungshandlungen kommt es daher nicht an. Die Verjährungsfrist wurde erneut durch den Eröffnungsbeschluss der Strafkammer vom 14. April 2023 unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Nr. 7 StGB).
b) Näherer Erörterung bedarf demgegenüber die Frage der Verjährung der Straftaten der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 Nr. 1, § 300 StGB aF) und tateinheitlich zum Betrug verwirklichter Untreue (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB), für die jeweils eine fünfjährige Verjährungsfrist gilt (§ 78 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Auch diese Taten sind nicht verjährt.
aa) Bei der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB) beginnt die Verfolgungsverjährung gemäß § 78a StGB mit der Beendigung der Tat. In Fällen wie dem vorliegenden, bei denen es sich um eine Vielzahl von Einzeltaten und nicht um Teilleistungen einer einzigen vollständig umgesetzten Bestechungstat handelt, kommt es insoweit nicht auf die letzte Handlung zur beiderseitigen Erfüllung der getroffenen Vereinbarung an (für solche Konstellationen vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2017 - 3 StR 103/17, NJW 2017, 2565, 2566 f.; Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 2 StR 308/16, NStZ-RR 2018, 178), sondern auf die Empfangnahme der Bestechungsleistung durch den Bestochenen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2022 - 1 StR 460/21). Der Angeklagte hat sämtliche Bestechungsleistungen in den Jahren 2014 und 2015 entgegengenommen. Der Lauf der Verjährung begann für die erste Tat vom Januar 2014 frühestens am 2. Januar 2014 und endete am 1. Januar 2019; für die letzte Tat vom 8. Juni 2015 begann er am 9. Juni 2015 und endete am 8. Juni 2020 (vgl. zur Berechnung MüKoStGB/Mitsch, 4. Aufl., § 78 Rn. 20). Bei den tateinheitlich zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug begangenen Untreuetaten wurde der Lauf der Verjährung mit dem endgültigen Vermögensverlust in Gang gesetzt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. September 2020 - 4 StR 75/20, NStZ 2021, 222 f.; vom 12. Dezember 2017 - 2 StR 308/16, NStZ-RR 2018, 178). Das waren hier die Überweisungen seitens des Unternehmens an die Einziehungsbeteiligte. Die Verjährung für die zeitlich früheste Tat vom 6. Februar 2014 begann am 7. Februar 2014 und endete am 6. Februar 2019, die für die letzte Tat am 8. Juni 2015 begann am 9. Juni 2015 und endete am 8. Juni 2020.
bb) Die Verjährung wurde hinsichtlich aller Taten zunächst durch die Vorladung des Angeklagten als Beschuldigter vom 1. Juni 2016 im gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft „wegen Untreue, Betrugs im besonders schweren Fall, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr im besonders schweren Fall [. .] ab Juni 2011“ unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB). Erneut wurde sie durch zwei Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2018 vor Fristablauf unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB). Mit diesen Beschlüssen war die Durchsuchung der Geschäfts-, Büro- und Betriebsräume der Einziehungsbeteiligten, der Arbeitsplätze der Nichtrevidenten sowie deren Person wegen des Tatverdachts des „im Jahr 2014“ gemeinschaftlich mit dem Angeklagten begangenen banden- und gewerbsmäßigen Betruges (§ 263 Abs. 1 und 5 StGB), der Untreue (§ 266 Abs. 1, 2 iVm § 263 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 und 2, Nr. 2 Alt. 1 StGB) oder Beihilfe hierzu angeordnet worden.
(1) Unerheblich für die Unterbrechungswirkung hinsichtlich der Verjährung der Straftaten des Angeklagten ist es, dass die Beschlüsse Durchsuchungen bei Dritten, nicht bei ihm selbst betrafen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. August 1995 - 1 StR 275/95, BGHR StGB § 78c Abs. 4 Bezug 1; vom 3. Mai 2011 - 3 StR 33/11, BGHR StGB § 78c Abs. 4 Bezug 2).
(2) Der verjährungsunterbrechenden Wirkung hinsichtlich sämtlicher abgeurteilter Taten steht nicht entgegen, dass in den Durchsuchungsbeschlüssen der Tatvorwurf der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nicht ausdrücklich bezeichnet wurde.
Die Unterbrechungswirkung erstreckt sich auf die Tat im prozessualen Sinne, nicht nur auf die einzelne Gesetzesverletzung. Ohne Bedeutung ist es insoweit, wie das die Unterbrechungshandlung vornehmende Strafverfolgungsorgan die Tat rechtlich beurteilt und ob sich der Sachverhalt oder seine rechtliche Einordnung nachträglich verändern, sofern nur die Identität der Tat gewahrt bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - 1 StR 218/17, NStZ 2019, 602 f.).
Entscheidendes Kriterium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung ist der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden. Für dessen Bestimmung ist der Zweck der jeweiligen Untersuchungshandlung maßgeblich, der anhand des Wortlauts der Maßnahme und des sich aus dem sonstigen Akteninhalt ergebenden Sach- und Verfahrenszusammenhangs zu ermitteln ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 2023 - 5 StR 38/23, NStZ 2023, 542 f.; vom 30. März 2022 - 2 StR 151/21, NStZ-RR 2022, 241 f.; vom 26. Juni 2018 - 1 StR 71/18, NStZ-RR 2018, 307 f.; vom 25. Juni 2015 - 1 StR 579/14 Rn. 3; vom 19. Juni 2008 - 3 StR 545/07, NStZ 2009, 205 f.).
Nach dem Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse war der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft auch auf die Verfolgung der Bestechungstaten gerichtet. Der in den Beschlüssen geschilderte Sachverhalt umfasste seiner Beschreibung nach solche Taten. In der Beschlussbegründung wurde ausgeführt, der Angeklagte, der als PR-Referent des Unternehmens damit betraut gewesen sei, Aufträge an Kooperationspartner zu erteilen, habe mit den Nichtrevidenten vereinbart, dass diese regelmäßig und in Absprache mit ihm Rechnungen über veranstaltete Sportevents und darauf bezogene Presseberichte an das Unternehmen stellen, ohne dass solche Events stattgefunden hätten oder dementsprechende Artikel in den Printmedien erschienen wären. Der Angeklagte habe „als Gegenleistung“ ein „Guthaben“ bei dem „in das System“ involvierten Reisebürobetreiber angesammelt, das er in erheblichem Umfang in Reisen für sich und Dritte umgesetzt habe, wobei die Aufwendungen an die Einziehungsbeteiligte weiterberechnet wurden. Diese Schilderung des strafbaren Verhaltens schloss die Vorteilsgewährung gegenüber der Einziehungsbeteiligten und die damit verknüpfte Annahme von Bestechungsleistungen durch den Angeklagten ein, wobei solche Leistungen nach der Vorstellung der Ermittlungsbehörden nicht auf Reisen beschränkt waren, sondern auch (direkte) Sachleistungen umfassten. Denn neben dem Auffinden von Unterlagen, die Zahlungsflüsse zu dem konkret beschriebenen Vorgehen der Beteiligten und die getroffene Bandenabrede belegen, sollten die Durchsuchungen auch dem Auffinden von Beweismitteln zu „anderen (Sach-)Zuwendungen an S.“ dienen. Jedenfalls durch die dahingehende Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel wären etwaige Mängel in der Beschreibung der aufzuklärenden Taten ausgeglichen worden, weil jene Rückschlüsse auf die konkreten Tatvorwürfe zuließen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2016 - 4 StR 86/16, NStZ 2018, 45 f. mwN). Dem entsprechend war in der oben genannten Vorladung das Ermittlungsverfahren auch auf Taten „wegen Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr im besonders schweren Fall“ erstreckt.
(3) Soweit in den Durchsuchungsbeschlüssen bei der Kennzeichnung des Tatvorwurfs nur das „Jahr 2014“ genannt worden ist und nachfolgend im Begründungsteil auf 103 Abrechnungen aus dem Jahr 2014 Bezug genommen wird, liegt hierin keine Beschränkung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft. Nach den oben dargelegten Maßgaben war eine Beschränkung der Ermittlungen auf im Jahr 2014 begangene Taten nicht gewollt. Auch Taten aus dem Jahr 2015 waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsbeschlüsse Gegenstand des Ermittlungsverfahrens. So ergab sich schon aus der Vorladung des Angeklagten die zeitliche Konkretisierung der Taten „ab Juni 2011“. Nach ihrem Inhalt dienten die Durchsuchungsbeschlüsse der Aufklärung weiterer Tathandlungen des Angeklagten, die über das bereits Bekannte, wie es sich aus der Aufzählung von Rechnungen ergab, hinausgehen. Das schloss angesichts des beschriebenen Seriencharakters der Taten in zeitlicher Hinsicht nach dem Jahr 2014 liegende Sachverhalte ein. Beleg findet dies in dem Aktenvermerk vom 1. Oktober 2015 der Staatsanwaltschaft Kiel, die das Ermittlungsverfahren ursprünglich geführt hatte. Denn schon zu diesem Zeitpunkt wurde der Angeklagte verdächtigt, die Nichtrevidenten in den Jahren 2014 und 2015 in zahlreichen Fällen aufgefordert zu haben, Rechnungen an das Unternehmen zu stellen, denen keine Leistungen zugrunde lagen, und die er als sachlich richtig abzeichnete, um so ein Guthaben aufzubauen aus dem ihm „u.a. Reisen“ bezahlt wurden.
cc) Aufgrund weiterer Unterbrechungstatbestände - Eingang der Anklage bei Gericht am 6. April 2022 (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB) und Eröffnung des Hauptverfahrens am 14. April 2023 (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 StGB) - wurde die Verjährungsfrist in der Folgezeit immer wieder unterbrochen. Die Frist für die absolute Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB) war bei Erlass des erstinstanzlichen Urteils am 15. Dezember 2023 noch nicht abgelaufen. Seitdem wird der Ablauf der Verjährung gehemmt (§ 78c Abs. 3 Satz 3, § 78b Abs. 3 StGB).
2. Der Schuldspruch weist keine den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf. Insbesondere ist die konkurrenzrechtliche Bewertung der Taten nicht zu beanstanden.
a) Das Landgericht hat bei den festgestellten 56 Einzeltaten der Bestechlichkeit zutreffend Tatmehrheit angenommen. Dass bereits vor dem Jahr 2014 eine Übereinkunft des Angeklagten mit den Nichtrevidenten dahin getroffen wurde, Zuwendungen an den Angeklagten zum Zweck der fortwährenden Erteilung von Aufträgen an die Einziehungsbeteiligte zu gewähren, verbindet die Taten nicht zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit. Anders könnte dies allenfalls zu beurteilen sein, wenn bereits die gemäß § 299 Abs. 1 StGB aF geschlossene Unrechtsvereinbarung selbst den zu leistenden Vorteil (gegebenenfalls in Teilleistungen) genau festgelegt hätte. Das war jedoch nach den hier getroffenen Feststellungen nicht der Fall. Die versprochenen (und später geforderten) Vorteile standen weder vorher fest noch waren sie mit bestimmten Aufträgen oder sonstigen Bevorzugungen der Einziehungsbeteiligten verknüpft (zu Serientaten vgl. BGH, Urteile vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22, 30; vom 11. Februar 2009 - 2 StR 339/08, NStZ 2009, 445 f.).
b) Die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Bestechungstaten des Angeklagten einerseits und den tateinheitlich zu den Betrugstaten begangenen Untreuetaten zu Lasten des Unternehmens andererseits begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Tatbestände der Bestechlichkeit und Untreue stehen nur dann in Tateinheit zueinander, wenn die tatbestandlichen Ausführungshandlungen zumindest teilweise zusammentreffen (BGH, Urteile vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00, BGHSt 47, 22, 26 f.; vom 11. Februar 2009 - 2 StR 339/08, NStZ 2009, 445 f.).
Solche Überschneidungen von Tathandlungen gab es nach den Feststellungen nicht. Die Gewährung der Vorteile an den Angeklagten auf der einen Seite und die Abrechnungen gegenüber dem Unternehmen auf der anderen Seite fanden bezogen auf die tatbestandlichen Ausführungshandlungen unabhängig voneinander statt. Die Rechnungen enthielten lediglich eine Pauschalabrechnung „inkl. aller Leistungen“ für die jeweilige PR-Aktion. Die Untreuehandlungen des Angeklagten durch Freizeichnung dieser Rechnungen korrespondierten damit nicht mit konkreten Bestechungsleistungen und waren diesen nicht zuordenbar. Die abschließende Freigabe der Rechnungen durch dessen Vorgesetzten beruhte auf jeweils selbständigen Betrugshandlungen durch den Angeklagten. Erst im Zusammenhang mit diesen erfüllte der Angeklagte den Tatbestand der Untreue (zur Tateinheit von Untreue und Betrug in solchen Fällen vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 1 StR 182/19 Rn. 12).
3. Die in Bezug auf die unterlassene Bildung einer Gesamtstrafe mit Strafen aus einer weiteren Verurteilung des Landgerichts Kiel erhobene Verfahrensbeanstandung des Angeklagten hat keinen Erfolg.
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Das Landgericht Kiel hatte den Angeklagten mit Urteil vom 15. Dezember 2022 im Zusammenhang mit vergleichbaren Taten unter Mitwirkung anderer Geschäftspartner des Unternehmens wegen Untreue in 94 Fällen und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 26 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, einen Vollstreckungsabschlag wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung angeordnet und Einziehungsentscheidungen getroffen. Auf dem Urteil war kein Rechtskraftvermerk angebracht. Der Bundeszentralregisterauszug vom 12. Dezember 2023 enthielt keinen Eintrag.
Nachdem der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 14. Dezember 2023 erklärt hatte, dass er und die Staatsanwaltschaft die Revisionen gegen das vorbenannte Urteil zurückgenommen hätten, veranlasste der Vorsitzende noch am gleichen Tag unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit, Auskünfte zur Rechtskraft beim Landgericht und der Staatsanwaltschaft Kiel sowie dem Bundesgerichtshof einzuholen. Die Nachfragen haben Folgendes erbracht: Die Geschäftsstellenbedienstete des Landgerichts Kiel erklärte, dass noch kein Rechtskraftvermerk erteilt worden sei, der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ihre Revisionen zurückgenommen hätten und die Verfahrensakten weiterhin dem Bundesgerichtshof vorlägen. Seitens der Staatsanwaltschaft Kiel wurde mitgeteilt, dass der Angeklagte die Revision zurückgenommen habe. Von der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs wurde die Auskunft erteilt, dass der Angeklagte seine Revision zurückgenommen und die Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt habe; die Verfahrensakten seien wegen noch offener Rechtsmittel der anderen Angeklagten und der Einziehungsbeteiligten unentbehrlich; eine abschließende Entscheidung in der Sache werde im Jahr 2023 nicht mehr ergehen. In der Hauptverhandlung vom 15. Dezember 2023 hat der Vorsitzende einen vom Verteidiger überreichten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3. August 2023 (5 StR 284/23) verlesen, mit dem über die Kosten der vom Angeklagten zurückgenommenen Revision entschieden wurde, und ein ebenfalls vom Verteidiger überreichtes Schreiben der Staatsanwaltschaft Kiel vom 16. März 2023, worin diese erklärte, sie habe die Rücknahme ihrer Revision am 16. März 2023 „verfügt“.
Das Landgericht hat Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Kiel nicht in die hier zu bildende Gesamtstrafe einbezogen (§ 55 Abs. 1 StGB), weil es sich nicht von der Rechtskraft der Entscheidung hat überzeugen können und weitere Nachforschungen zu Verfahrensverzögerungen geführt hätten. Für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung hat es auf das Verfahren nach §§ 460, 462 StPO hingewiesen.
b) Die Verfahrensweise der Strafkammer ist nicht zu beanstanden. Soweit die Rechtskraft einer Verurteilung nicht feststeht, scheidet die Einbeziehung der Strafen aus. So liegt es hier:
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei keine sichere Überzeugung von der Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts Kiel betreffend den Angeklagten bilden können. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers boten die telefonischen, teils nicht miteinander in Einklang stehenden Auskünfte der Geschäftsstellen unterschiedlicher Behörden keine ausreichende Tatsachengrundlage. Das gilt erst Recht angesichts des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts im Dezember 2023 ein Rechtskraftvermerk - trotz im Raume stehender Revisionsrücknahmen durch den Angeklagten und die Staatsanwaltschaft schon Monate zuvor - weiterhin fehlte.
Eine zuverlässige Prüfung der Tatsachen wäre allein anhand der Verfahrensakten möglich gewesen. Diese hat die Strafkammer aber nicht in absehbarer Zeit erlangen können. Ein weiteres Zuwarten auf die Rücksendung der beim Bundesgerichtshof unabkömmlichen Akten hätte das Verfahren nicht unerheblich verzögert. Die vom Beschwerdeführer angeführte Verfahrensabtrennung hätte daran - bezogen auf den Angeklagten - nichts geändert. Die Unsicherheit der Tatsachengrundlage für die gemäß § 55 Abs. 1 StGB zu treffende Entscheidung beruhte auch nicht auf einer unzureichenden Vorbereitung der Hauptverhandlung. Das Landgericht hat alles Nötige veranlasst, um sich Gewissheit über den Verfahrensstand zu verschaffen. Einer zusätzlichen Anfrage an den Bundesgerichtshof im Anschluss an die von dort erteilte telefonische Auskunft bedurfte es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht. Es ist nicht ersichtlich, welcher weitergehende Erkenntniswert hierdurch zu erwarten gewesen wäre. In dieser Verfahrenslage durfte die Bildung der Gesamtstrafe dem Beschlussverfahren nach § 460 StPO überlassen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1958 - GSSt 2/58, BGHSt 12, 1, 10; vom 4. März 2021 - 2 StR 431/20 Rn. 35; Urteile vom 6. August 1969 - 4 StR 233/69, BGHSt 23, 98 f.; vom 17. Februar 2002 - 1 StR 369/03, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Anwendungspflicht 4).
c) Soweit der Angeklagte die Fehlerhaftigkeit des Vorgehens der Strafkammer daraus herleiten will, dass ihn das Beschlussverfahren gegenüber einer Entscheidung durch das Tatgericht benachteilige, da ein Großteil der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Kiel nicht festgesetzt worden seien, ergibt sich daraus nichts anderes.
Eine solche Benachteiligung tritt nicht ein. Denn in dem Urteil des Landgerichts Kiel ist zumindest ein Teil der Einzelstrafen von der gerügten Unbestimmtheit nicht betroffen; damit ist die Bildung einer Gesamtstrafe mit den vorliegend zur Verurteilung gelangten Fällen möglich (zur Einbeziehung, wenn nur ein Teil der Einzelstrafen festgesetzt wurde, vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 1995 - 3 StR 550/95, BGHSt 41, 374, 376). Den Besonderheiten, die sich hieraus für die Bildung der Gesamtstrafe ergeben können, kann das für die Entscheidung im Beschlussverfahren gemäß § 462a Abs. 3 StPO zuständige Gericht des ersten Rechtszuges bei der Bestimmung der Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe Rechnung tragen.
Ein Fall, in dem allein noch ein Härteausgleich vorzunehmen wäre, liegt nicht vor (vgl. für den Ausschluss des Beschlussverfahrens, wenn keine Einzelstrafen festgesetzt wurden BGH, Beschlüsse vom 2. November 2022 - 3 StR 267/22 Rn. 3; vom 24. April 2024 - 5 StR 123/24 Rn. 5; vom 24. August 2023 - 2 StR 173/23 Rn. 5; vom 18. Juli 2023 - 5 StR 118/23 Rn. 5; zum Sonderfall bei unbestimmter Festsetzung einer zusätzlich gemäß § 41 StGB verhängten Geldstrafe vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 430/03, NStZ-RR 2004, 106 f.).
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 841
Bearbeiter: Christian Becker