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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 117

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 86/16, Urteil v. 10.11.2016, HRRS 2017 Nr. 117


BGH 4 StR 86/16 - Urteil vom 10. November 2016 (LG Kaiserslautern)

Betrug; Bankrott; Verjährung (Beginn, verjährungsunterbrechende Untersuchungshandlungen); Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung (Wirksamkeitsvoraussetzungen).

§ 263 Abs. 1 StGB; 283 Abs. 1 Nr. 5 und 7a StGB; § 78b StGB; § 78c StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Wirksamkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses und damit die dem Beschluss zukommende verjährungsunterbrechende Wirkung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass einzelne Tatvorwürfe innerhalb eines umfangreichen Tatkomplexes unzureichend umschrieben werden.

2. Nach der Vorschrift des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB wird die Verjährung durch jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung unterbrochen, auch wenn diese gegen einen Dritten ergeht. Die rechtliche Fehlerhaftigkeit einer richterlichen Anordnung lässt die dieser Anordnung zukommende Unterbrechungswirkung unberührt, solange die Mängel nicht so schwer wiegen, dass sie die Unwirksamkeit der Anordnung zur Folge haben. Von einer solchen eine Verjährungsunterbrechung ausschließenden Unwirksamkeit der Anordnung geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen aus, die den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht genügen.

3. Angesichts der Schwere des mit einer Durchsuchung verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ist der Richter zur Wahrung der ihm durch den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG zugewiesenen Kontrollfunktion verpflichtet, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Der Durchsuchungsbeschluss muss insbesondere den Tatvorwurf so umschreiben, dass der äußere Rahmen abgedeckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten.

4. Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Tat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Hierfür sind jedenfalls knappe, aber aussagekräftige Tatsachenangaben erforderlich, welche die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestands berücksichtigen, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen. Mängel in der Beschreibung der aufzuklärenden Tat können durch die Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel ausgeglichen werden, sofern diese Rückschlüsse auf den konkreten Tatvorwurf zulassen. Für das Maß der erforderlichen Tatkonkretisierung können schließlich auch außerhalb des Durchsuchungsbeschlusses liegende Umstände, wie etwa die Kenntnis des Betroffenen vom Tatvorwurf, Bedeutung erlangen.

5. Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind.

6. Sind mehrere selbstständige Straftaten im Sinne des § 264 StPO Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens, erstrecken sich verjährungsunterbrechende Untersuchungshandlungen grundsätzlich auf alle diese Taten, sofern nicht der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist. Entscheidendes Kriterium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung ist daher der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden. Für dessen Bestimmung ist der Zweck der jeweiligen Untersuchungshandlung maßgeblich, der anhand des Wortlauts der Maßnahme und des sich aus dem sonstigen Akteninhalt ergebenden Sach- und Verfahrenszusammenhangs zu ermitteln ist.

7. Bankrotttaten sind mit dem den eigentlichen Tathandlungen nachfolgenden Eintritt der objektiven Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6 StGB durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet.

8. Beim Betrug ist die Erlangung des letzten vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils für die Beendigung maßgeblich.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 2. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren hinsichtlich der Vorwürfe Nr. 2 bis 6 der Anklage vom 28. Oktober 2012 eingestellt worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat das Verfahren gegen die Angeklagten wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. Hiergegen richten sich die wirksam auf die Verfahrenseinstellung hinsichtlich der Anklagevorwürfe Nr. 2 bis 6 beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet sind und vom Generalbundesanwalt vertreten werden. Die Rechtsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.

I.

Die Anklage vom 28. Oktober 2012 erhebt - in dem noch verfahrensgegenständlichen Umfang - gegen die Angeklagten H. und Ha. jeweils den Vorwurf des Bankrotts in vier Fällen und des Betrugs, gegen den Angeklagten W. den Vorwurf des Bankrotts in drei tateinheitlichen Fällen sowie der Beihilfe zum Bankrott und zum Betrug und gegen den Angeklagten F. den Vorwurf der Beihilfe zum Bankrott und zum Betrug.

Nach dem Anklagesatz liegt den Angeklagten insoweit Folgendes zur Last:

Die Angeklagten H. und Ha., denen spätestens seit Anfang Februar 2003 bekannt gewesen sei, dass die Ha. GmbH bereits ab Ende des Geschäftsjahrs 2001 überschuldet gewesen sei, hätten als formelle bzw. faktische Geschäftsführer dieser Gesellschaft den Angeklagten W. dazu veranlasst, in der Zeit von Februar 2003 bis Juni 2004 zum Teil unter Verwendung von Scheinrechnungen tatsächlich nicht oder nicht in der angegebenen Höhe bestehende Forderungen in der Buchhaltung der Ha. GmbH auszuweisen. Ein Teil der die angeblichen Forderungen der Gesellschaft belegenden Scheinrechnungen seien vom Angeklagten F. erstellt worden. Aufgrund der vorgenommenen Manipulationen habe die Buchhaltung der Ha. GmbH, wie allen Angeklagten bekannt gewesen sei, ein unzutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt (Nr. 2 der Anklage). Die in die Buchhaltung aufgenommenen, tatsächlich nicht oder nicht in der ausgewiesenen Höhe bestehenden Forderungen seien auf Betreiben der Angeklagten H., Ha. und W. in die am 29. März und 25. August 2003 sowie am 5. April 2004 erstellten Jahresabschlüsse der Ha. GmbH für die Geschäftsjahre 2001, 2002 und 2003 übernommen worden. Dies habe dazu geführt, dass in den jeweiligen Jahresabschlüssen tatsächlich nicht gegebene Jahresüberschüsse ausgewiesen worden seien (Nr. 3 bis 5 der Anklage). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ha. GmbH sei am 11. Oktober 2004 eröffnet worden.

Um die Stadtsparkasse S., die als Hauptgeschäftsbank der Ha. GmbH Kontokorrent- und Überziehungskredite eingeräumt gehabt habe, zu einer Fortsetzung und Ausweitung ihres Kreditengagements zu bewegen, hätten sich die Angeklagten H. und Ha. im Februar 2003 entschlossen, dem Vorstand der Stadtsparkasse künftig manipulierte Zahlenwerke in Form von unrichtigen Bilanzen, Summen- und Saldenlisten sowie Forderungsaufstellungen etc. vorzulegen. In der Folgezeit hätten die Angeklagten Ha. und H. unter Mitwirkung des Angeklagten W. eine Vielzahl von Unterlagen, darunter die unrichtigen Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 sowie zahlreiche, zum Teil vom Angeklagten F. erstellte Scheinrechnungen unter anderem an die Firma B. AG, eingereicht, aus denen sich jeweils vermeintliche, tatsächlich aber nicht oder nicht in der angegebenen Höhe bestehende Forderungen der Gesellschaft ergeben hätten. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen habe der Vorstand der Stadtsparkasse S. im Zeitraum von April bis Ende Dezember 2003 der Ha. GmbH tageweise Kontoüberziehungen bewilligt, die das Kreditvolumen der Gesellschaft bei der Stadtsparkasse S. um ca. 2 Mio. Euro erhöht hätten. Aufgrund der bis dahin eingereichten, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft unzutreffend darstellenden Unterlagen sei der seit Ende des Geschäftsjahrs 2001 durchgängig überschuldeten Ha. GmbH durch den Vorstand der Stadtsparkasse S. am 30. Dezember 2003 in Abkehr von der bisherigen Praxis der tageweisen Bewilligung von Kontoüberziehungen ein weiterer zur künftigen Ausschöpfung bestimmter Kredit in Höhe von 1.609.100 Euro eingeräumt worden, wodurch sich der Kreditrahmen der Ha. GmbH auf insgesamt 7.490.000 Euro erhöht habe (Nr. 6 der Anklage). Infolge der Insolvenz der Ha. GmbH sei der Stadtsparkasse S. ein Schaden von mehr als 7 Mio. Euro entstanden.

Die Anklage vom 28. Oktober 2012 ist im Beschwerdeverfahren mit Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Dezember 2013 unter Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung zugelassen worden. Wegen einer Gehörsverletzung hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2014 das Verfahren in die Lage vor der Entscheidung vom 23. Dezember 2013 zurückversetzt und sodann erneut die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen.

Das Landgericht hat das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO wegen angenommener Verfolgungsverjährung eingestellt. Es ist der Auffassung, dass die Verjährungsfristen, die hinsichtlich aller Angeklagten durch die ersten Vernehmungen als Beschuldigte oder die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zwischen dem 28. September 2004 und dem 3. Januar 2007 unterbrochen worden seien, im Zeitpunkt der Erhebung der Anklage am 29. Oktober 2012 mangels weiterer Unterbrechung bereits abgelaufen gewesen seien. Insbesondere habe der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 23. September 2009, mit welchem die Durchsuchung der Geschäftsräume der Niederlassung Hochbau der B. AG in M. angeordnet worden sei, den Lauf der Verjährungsfristen nicht unterbrochen, da diese Anordnung den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht genügt habe.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ha. GmbH am 11. Oktober 2004 eröffnet. Die letzte durch die Kreditgewährung am 30. Dezember 2003 ermöglichte Kontoverfügung erfolgte am 29. Juni 2004 durch eine Barabhebung in Höhe von 4.420 Euro.

II.

Die Revisionen sind begründet. Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Vorwürfe Nr. 2 bis 6 der Anklage hat keinen Bestand.

Die vom Revisionsgericht von Amts wegen unter Heranziehung des gesamten Akteninhalts vorzunehmende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2001 - 2 StR 458/00, BGHSt 46, 307, 309) ergibt, dass die Vorwürfe des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott nicht verjährt sind. Hinsichtlich der Vorwürfe des Betrugs und der Beihilfe hierzu ist die Verfolgungsverjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB ohne im Strengbeweisverfahren zu treffende tatrichterliche Feststellungen zum Tatgeschehen nicht abschließend zu beurteilen.

1. Die Straftaten des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7a StGB und des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB verjähren nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in Verbindung mit § 78a StGB in fünf Jahren ab Beendigung der Taten. Die Bankrotttaten waren mit dem den eigentlichen Tathandlungen nachfolgenden Eintritt der objektiven Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6 StGB durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Ha. GmbH beendet (vgl. Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 221), so dass die Verjährung am 11. Oktober 2004 zu laufen begann. Beim Betrug ist die Erlangung des letzten vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils für die Beendigung maßgeblich (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. November 2015 - 4 StR 76/15, BGHR StGB § 78a Satz 1 Betrug 4). Hinsichtlich der Vorwürfe des Betrugs und der Beihilfe hierzu wurde der Lauf der Verjährungsfristen, ohne dass es auf deren genauen Beginn ankommt, gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB durch die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an die Angeklagten Ha. und H. jeweils am 28. September 2004 (Bd. II, 255 und 258) sowie die ersten Beschuldigtenvernehmungen des Angeklagten F. am 28. September 2004 (Bd. II, 264) und des Angeklagten W. am 5. April 2005 (Bd. III, 565) unterbrochen.

2. Entgegen der Ansicht der Strafkammer trat durch den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 23. September 2009 (Bd. V, 1213), mit dem die Durchsuchung der Geschäftsräume der Niederlassung der B. AG in M. angeordnet wurde, eine (erneute) Unterbrechung der Verjährung ein.

a) Nach der Vorschrift des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB wird die Verjährung durch jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung unterbrochen, auch wenn diese gegen einen Dritten ergeht (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05, Rn. 15, insoweit in NStZ 2007, 213 nicht abgedruckt; Beschluss vom 1. August 1995 - 1 StR 275/95, BGHR StGB § 78c Abs. 4 Bezug 1). Die rechtliche Fehlerhaftigkeit einer richterlichen Anordnung lässt die dieser Anordnung zukommende Unterbrechungswirkung unberührt, solange die Mängel nicht so schwer wiegen, dass sie die Unwirksamkeit der Anordnung zur Folge haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 1980 - StB 29-31/80, BGHSt 29, 351, 357 f.; Urteil vom 9. April 1997 - 3 StR 584/96, BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 7 Eröffnung 1; Beschluss vom 19. Juni 2008 - 3 StR 545/07, NStZ 2009, 205, 206; Schmid in LK-StGB, 12. Aufl., § 78c Rn. 9 mwN). Von einer solchen eine Verjährungsunterbrechung ausschließenden Unwirksamkeit der Anordnung geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen aus, die den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht genügen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. April 2000 - 5 StR 226/99, BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 4 Durchsuchung 1; vom 27. Mai 2003 - 4 StR 142/03, NStZ 2004, 275; Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05, NStZ 2007, 213; Beschluss vom 25. April 2006 - 5 StR 42/06, wistra 2006, 306).

b) Angesichts der Schwere des mit einer Durchsuchung verbundenen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ist der Richter zur Wahrung der ihm durch den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG zugewiesenen Kontrollfunktion verpflichtet, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Der Durchsuchungsbeschluss muss insbesondere den Tatvorwurf so umschreiben, dass der äußere Rahmen abgedeckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212, 219 ff.; 44, 353, 371 f.; 103, 142, 151 f.). Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Tat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Hierfür sind jedenfalls knappe, aber aussagekräftige Tatsachenangaben erforderlich, welche die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestands berücksichtigen, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen (vgl. BVerfG, NStZ 2002, 212; NJW 2006, 2974; StraFo 2006, 450). Mängel in der Beschreibung der aufzuklärenden Tat können durch die Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel ausgeglichen werden, sofern diese Rückschlüsse auf den konkreten Tatvorwurf zulassen (vgl. BVerfG, NJW 2002, 1941, 1942; StraFo 2004, 413; NStZ-RR 2005, 203, 204; BVerfGK 14, 90). Für das Maß der erforderlichen Tatkonkretisierung können schließlich auch außerhalb des Durchsuchungsbeschlusses liegende Umstände, wie etwa die Kenntnis des Betroffenen vom Tatvorwurf, Bedeutung erlangen (vgl. BVerfGE 20, 163, 227; 42, 212, 222; 44, 353, 372; BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - 2 BvR 1306/02). Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212, 220; 44, 353, 371; BVerfG, wistra 2009, 227 mwN).

c) Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 23. September 2009 trug den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Tatkonkretisierung jedenfalls bezüglich der Vorwürfe des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott hinreichend Rechnung.

Nach der Beschlussbegründung bestand gegen die Angeklagten Ha. und H. im Zusammenhang mit der Insolvenz der Ha. GmbH unter anderem der Verdacht des Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB durch verspätete und unrichtige Erstellung der Jahresabschlüsse der Ha. GmbH ab dem Jahr 2001 sowie des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB durch nicht ordnungsgemäße Buchführung bei der Ha. GmbH im Zeitraum von 2001 bis 2004. Die Angeklagten F. und W. sollten zu den genannten Bankrotttaten Beihilfe geleistet haben. Die auf § 103 StPO gestützte Durchsuchung der Niederlassung der B. AG in M. zielte ausweislich des Beschlusstenors auf die Sicherstellung aller „Geschäftsunterlagen betreffend den Zeitraum 2001 bis 2004 im Zusammenhang mit dem Geschäftspartner Ha. GmbH“, insbesondere der Unterlagen bezüglich acht im Einzelnen bezeichneter Bauvorhaben, der jeweils die Ha. GmbH betreffenden Kreditorenkonten, Kostenstellennachweisen und Baukonten sowie der den Buchungen zugrunde liegenden Unterlagen und Eingangsrechnungen. Zu der Beweisbedeutung dieser konkret bezeichneten Geschäftsunterlagen wurde in dem Beschluss des Amtsgerichts ausgeführt, dass die Sicherstellung der Unterlagen zur Aufklärung des Umfangs der tatsächlichen Geschäftsbeziehungen zwischen der Ha. GmbH und der B. AG erforderlich sei. Insbesondere solle geklärt werden, ob und in welchem Umfang es sich bei den zahlreichen an die B. AG gerichteten Rechnungen um echte oder lediglich um Scheinrechnungen handele.

Diesen Angaben in ihrer Gesamtheit ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass den den Angeklagten als Täter oder Gehilfen angelasteten Bankrotthandlungen die unrichtige Darstellung des Umfangs der Geschäftsbeziehungen mit der B. AG zugrunde lag. Durch die dem Durchsuchungsbeschluss in seiner Gesamtheit zu entnehmenden Angaben zu den Tatvorwürfen des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott sowie die konkret bestimmte Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel war die Reichweite der angeordneten Ermittlungsmaßnahme sowohl für die als Dritte im Sinne des § 103 StPO betroffene B. AG als auch für die die Durchsuchungsanordnung vollstreckenden Strafverfolgungsbehörden zweifelsfrei bestimmt. Nähere Ausführungen etwa zu den den Angeklagten im Einzelnen angelasteten Tatbeiträgen waren hierfür nicht erforderlich. Dies gilt auch für die den Angeklagten W. und F. angelasteten Beihilfehandlungen. Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 23. September 2009 genügte daher den Anforderungen, welche an eine rechtsstaatlich gebotene Eingrenzung der Durchsuchungsmaßnahme zu stellen sind.

Hinzu kommt, dass die B. AG bereits Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten hatte. So übersandte die Kriminaldirektion Ludwigshafen beim Polizeipräsidium Rheinpfalz jeweils nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme mit Schreiben vom 13. Januar, 20. Januar und 2. Februar 2005 (BMH 8, 18, 23, 47) zahlreiche Rechnungen der Ha. GmbH mit der Bitte um Prüfung, ob diese bei der B. AG eingegangen seien. In dem Schreiben vom 2. Februar 2005 teilte die Polizei unter anderem mit, dass durch die Ermittlungen abgeklärt werden sollte, inwieweit die bei der Ha. GmbH eingebuchten Forderungen gegenüber der B. AG den Tatsachen entsprechen. Zudem wurde gebeten, die Möglichkeit der Übersendung sämtlicher eingegangener Rechnungen der Ha. GmbH aus den Jahren 2002 bis 2004 zu prüfen.

d) Ob der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 23. September 2009 auch die Vorwürfe des Betrugs zum Nachteil der Stadtsparkasse S. und der Beihilfe hierzu hinreichend konkret bezeichnete, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn zum einen war der Umstand, dass die bei der B. AG gesuchten Geschäftsunterlagen neben den ausreichend konkretisierten Tatvorwürfen des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott auch für weitere Straftaten Beweisbedeutung besaßen, für die rechtsstaatlich gebotene Begrenzung der angeordneten Durchsuchung ohne Belang. Zum anderen wird die Wirksamkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses und damit die dem Beschluss zukommende verjährungsunterbrechende Wirkung nicht dadurch in Frage gestellt, dass einzelne Tatvorwürfe innerhalb eines umfangreichen Tatkomplexes unzureichend umschrieben werden.

Auch die Erstreckung der Unterbrechungswirkung auf die Tatvorwürfe des Betrugs und der Beihilfe hierzu hängt nicht von einer näheren Beschreibung dieser Vorwürfe in dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss ab. Sind mehrere selbstständige Straftaten im Sinne des § 264 StPO Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens, erstrecken sich verjährungsunterbrechende Untersuchungshandlungen grundsätzlich auf alle diese Taten, sofern nicht der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist. Entscheidendes Kriterium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung ist daher der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden. Für dessen Bestimmung ist der Zweck der jeweiligen Untersuchungshandlung maßgeblich, der anhand des Wortlauts der Maßnahme und des sich aus dem sonstigen Akteninhalt ergebenden Sach- und Verfahrenszusammenhangs zu ermitteln ist (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 19. Juni 2008 - 3 StR 545/07, NStZ 2009, 205, 206; Urteile vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05, NStZ 2007, 213, 214; vom 14. Juni 2000 - 3 StR 94/00, NStZ 2001, 191; vom 12. Dezember 1995 - 1 StR 491/95, BGHR StGB § 78c Abs. 1 Handlung 4; Schmid in LK-StGB, 12. Aufl., § 78c Rn. 8 mwN).

Nach dem Wortlaut des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses vom 23. September 2009 und dem Inhalt des dieser richterlichen Anordnung zugrunde liegenden Antrags der Staatsanwaltschaft vom 22. September 2009 (Bd. V, 1206) umfasste der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden auch die Tatvorwürfe des Betrugs und der Beihilfe hierzu. Diese Vorwürfe waren in den Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses genannt und in der Verfügung der Staatsanwaltschaft unter ergänzendem Hinweis auf den kriminalpolizeilichen Abschlussbericht hinsichtlich aller Angeklagten näher umschrieben. Die Durchsuchung sollte dem Auffinden von Geschäftsunterlagen dienen, die nicht nur für die Vorwürfe des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott, sondern in gleicher Weise auch für die Aufklärung der den Angeklagten angelasteten Betrugstaten relevant waren.

e) Dahingestellt bleiben kann schließlich auch, ob die Bedenken der Strafkammer gegen die Verhältnismäßigkeit der amtsgerichtlichen Durchsuchungsanordnung durchgreifen. Denn eine mögliche Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebots führt jedenfalls in der Regel und auch hier lediglich zur verfahrensrechtlichen Fehlerhaftigkeit des Beschlusses, ohne dessen Wirksamkeit zu berühren, und ist daher für die Unterbrechung der Verjährung ohne Bedeutung.

3. Die weitere Unterbrechung der Verjährungsfristen erfolgte gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB durch die Erhebung der Anklage am 29. Oktober 2012.

4. Absolute Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB ist hinsichtlich der Vorwürfe des Bankrotts und der Beihilfe zum Bankrott nicht eingetreten. Bezüglich der Tatvorwürfe des Betrugs und der Beihilfe hierzu kann dies ohne bislang fehlende tatsächliche Feststellungen zum Tatgeschehen nicht abschließend beurteilt werden.

a) Nach § 78c Abs. 3 Satz 3 StGB gelten für die Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB die Vorschriften des § 78b StGB über das Ruhen der Verjährung. Da das Strafgesetzbuch sowohl für den Bankrott als auch für den Betrug in § 283a StGB und § 263 Abs. 3 StGB Strafandrohungen für besonders schwere Fälle von mehr als fünf Jahren enthält, findet § 78b Abs. 4 StGB Anwendung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2011 - 1 StR 490/10, BGHSt 56, 146, 149; vom 1. August 1995 - 1 StR 275/95, BGHR StGB § 78b Abs. 4 Strafandrohung 1). Danach ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, wenn das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden ist, ab Eröffnung des Hauptverfahrens für die Dauer von höchstens fünf Jahren.

b) Im vorliegenden Verfahren wurde das Hauptverfahren vor dem Landgericht zunächst durch Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. Dezember 2013 eröffnet, der auf sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnungsentscheidung der Strafkammer im Beschwerdeverfahren erging. Diese Entscheidung war aufgrund des Umstands, dass die Beschlussfassung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren beruhte, zwar verfahrensrechtlich fehlerhaft, nicht aber unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1980 - StB 29-31/80, aaO; Urteil vom 9. April 1997 - 3 StR 584/96, aaO), so dass gemäß § 78b Abs. 4 StGB das Ruhen der Verjährung eintrat. Durch die Zurückversetzung des Verfahrens nach § 33a StPO und die erneute Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens durch Beschluss vom 23. Januar 2014 wurde die Eröffnungswirkung des Beschlusses vom 23. Dezember 2013 und das dadurch bewirkte Ruhen der Verjährung nicht mit rückwirkender Kraft beseitigt.

c) Im Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens waren die seit 11. Oktober 2004 laufenden zehnjährigen Verjährungsfristen des § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB für die Tatvorwürfe des Bankrotts und der Beihilfe hierzu noch nicht abgelaufen. Anschließend ruhte gemäß § 78b Abs. 4 StGB die Verjährung, deren Eintritt nunmehr die durch das angefochtene Einstellungsurteil bewirkte Ablaufhemmung des § 78b Abs. 3 StGB entgegensteht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1983 - 1 StR 821/83, BGHSt 32, 209; Urteil vom 25. Oktober 2000 - 2 StR 232/00, BGHSt 46, 159, 167).

d) Bezüglich des den Angeklagten als Täter oder Gehilfen angelasteten Vorwurfs des Betrugs lässt sich die Frage einer Verjährung nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB nicht abschließend beurteilen. Auf der Grundlage der in der zugelassenen Anklage vorgenommenen rechtlichen Würdigung des Betrugsgeschehens als eine einheitliche Betrugstat wären die Verjährungsfristen nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB von zehn Jahren, die mit der letzten Kontoverfügung am 29. Juni 2004 zu laufen begannen, im Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht abgelaufen gewesen, so dass infolge des anschließenden Ruhens der Verjährung gemäß § 78b Abs. 4 und 3 StGB keine absolute Verjährung eingetreten wäre. Bei einer rechtlichen Bewertung des den Angeklagten angelasteten Verhaltens als mehrere selbstständige, auf die Erlangung einzelner oder mehrerer Kreditgewährungen gerichtete Betrugstaten wären dagegen solche Taten, die vor dem 24. Dezember 2003 beendet waren, nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB verjährt. Eine Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses ist dem Senat im Freibeweisverfahren nicht möglich. Hierzu bedarf es tatsächlicher Feststellungen zum Tatgeschehen, die der Beweisaufnahme durch den neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter vorbehalten sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. November 2015 - 4 StR 76/15, BGHR StGB § 78a Satz 1 Betrug 4; vom 28. Februar 2001 - 2 StR 458/00, BGHSt 46, 307, 309 f.; vom 8. Februar 2011 - 1 StR 490/10, BGHSt 56, 146, 151 f.).

5. Der Senat verweist die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken zurück. Dass von der lediglich die örtliche Zuständigkeit betreffenden Konzentrationsermächtigung des § 74c Abs. 3 GVG Gebrauch gemacht worden ist, steht nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 1995 - 2 StR 758/94, NStZ 1995, 605, 607; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 354 Rn. 41).

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 117

Externe Fundstellen: NStZ 2018, 45 ; StV 2018, 35

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner