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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 752

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 123/24, Beschluss v. 24.04.2024, HRRS 2024 Nr. 752


BGH 5 StR 123/24 - Beschluss vom 24. April 2024 (LG Berlin)

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung (Zäsurwirkung; Härtefallausgleich).

§ 55 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. November 2023 im Ausspruch über die Strafe im Fall 1 der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen ihn eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Landgericht hat den am 14. September 2020 verübten versuchten Diebstahl als einen besonders schweren Fall nach § 243 Abs. 1 StGB bewertet und hierfür eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt. Für das am 6. Januar 2021 begangene Fahren ohne Fahrererlaubnis hat es eine Freiheitsstrafe von acht Monaten bestimmt. Unter Erhöhung der Einsatzstrafe hat es die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gebildet.

Von einer Einbeziehung der im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 9. November 2020 verhängten Strafe nach § 55 StGB hat es abgesehen, weil für die dort beiden abgeurteilten Taten keine Einzelstrafen, sondern lediglich eine Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt worden ist. Einen Härteausgleich hierfür hat es nicht gewährt. Denn das amtsgerichtliche Urteil hätte bei einer Anwendung des § 55 StGB zu einer Zäsur zwischen den beiden hier abgeurteilten Taten geführt und damit der Bildung einer den Angeklagten begünstigten Gesamtstrafe aus den hierfür festgesetzten Einzelstrafen entgegengestanden.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht ist allerdings rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass § 55 StGB keine Anwendung findet, wenn das frühere Urteil auf eine Gesamtstrafe erkannt hat, aber keine Einzelstrafen enthält (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2021 - 2 StR 432/20 Rn. 7; vom 4. September 2019 - 4 StR 294/19). Im Übrigen weisen die Erwägungen jedoch Rechtsfehler auf. Der Generalbundesanwalt hat insofern ausgeführt:

Indes hat das Landgericht verkannt, dass das Fehlen von Einzelstrafen zwar einer Anwendung des § 55 StGB entgegenstand, jedoch hierdurch die von der früheren Verurteilung ausgehende gesamtstrafrechtliche Zäsurwirkung nicht entfallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. August 1998 - 3 StR 537/97 -, juris Rn. 10 ff.). Wegen der fortwährenden Zäsurwirkung durfte das Landgericht daher aus den Strafen für die beiden abgeurteilten Taten keine … Gesamtstrafe bilden, sondern wäre gehalten gewesen, zwei getrennte Strafen zu verhängen.

Dem schließt sich der Senat an.

Mit Recht hat der Generalbundeanwalt dargelegt, dass infolgedessen auch der Ausspruch über die Strafe im Fall 1 der Urteilsgründe keinen Bestand haben kann. Denn das Landgericht hat vom dem an sich gebotenen Härteausgleich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2021 - 2 StR 432/20 Rn. 7; vom 4. September 2019 - 4 StR 294/19) mit Blick auf die von ihm rechtsfehlerhaft gebildete Gesamtfreiheitsstrafe abgesehen.

3. Die Feststellungen sind von den Rechtsfehlern nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 752

Bearbeiter: Christian Becker