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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1334

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 72/24, Beschluss v. 30.07.2024, HRRS 2024 Nr. 1334


BGH 4 StR 72/24 - Beschluss vom 30. Juli 2024 (LG Dortmund)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 2. Mai 2023

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass

aa) der Angeklagte C. des Handeltreibens mit Cannabis in 19 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis, sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,

bb) der Angeklagte Ch. des Handeltreibens mit Cannabis in 18 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Cannabis und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis, schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen (außer im Fall II. 20 der Urteilsgründe) sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 19 der Urteilsgründe), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten Ch. hat es - unter Freispruch im Übrigen - wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 19 der Urteilsgründe), eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Zudem hat das Landgericht gegen die Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Diese wenden sich mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen gegen ihre Verurteilung. Die Rechtsmittel haben zum Strafausspruch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Schuldsprüche sind außer im Fall II. 20 der Urteilsgründe, der das Handeltreiben des Angeklagten C. mit Amphetamin zum Gegenstand hat, neu zu fassen. Denn die übrigen Fälle betreffen ausschließlich Cannabis. Dies führt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO zur Umstellung der Schuldsprüche, weil am 1. April 2024 das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom 27. März 2024 (KCanG; BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten und nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen ist. Da der Umgang mit Konsumcannabis nunmehr abschließend im KCanG geregelt ist, sind damit im Zusammenhang stehende Taten allein nach dem hier milderen § 34 KCanG zu bewerten (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung im Fall II. 19 der Urteilsgründe bleibt es vorliegend bei der bisherigen Rechtslage (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2024 - 1 StR 145/24 Rn. 12). Dass sich die Tathandlungen der Angeklagten auf Cannabismengen von ein bzw. zwei Kilogramm (10% THC) und damit jeweils auf eine „nicht geringe Menge“ beziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2024 - 4 StR 5/24 Rn. 10; Beschluss vom 30. April 2024 - 6 StR 164/24 Rn. 6; Beschluss vom 23. April 2024 - 5 StR 153/24 Rn. 11 ff.; Beschluss vom 18. April 2024 - 1 StR 106/24), ist in den Schuldsprüchen nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich insoweit - anders als im Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG - nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2024 - 6 StR 116/24; Beschluss vom 7. Mai 2024 - 5 StR 115/24 Rn. 10). Die Regelung des § 265 StPO steht den Schuldspruchänderungen nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

2. Die Einzelstrafen können - mit Ausnahme in dem von der Schuldspruchkorrektur nicht betroffenen Fall II. 20 der Urteilsgründe - nicht bestehen bleiben, weil § 34 Abs. 1 und 3 KCanG mildere Strafrahmen als § 29a BtMG vor hält. Dies zieht den Wegfall der Gesamtstrafenaussprüche nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1334

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede