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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 769

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 513/24, Beschluss v. 07.05.2025, HRRS 2025 Nr. 769


BGH 2 StR 513/24 - Beschluss vom 7. Mai 2025 (LG Köln)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Verschulden an der Versäumung der Revisionseinlegungsfrist: keine Zurechnung des Verschuldens des Verteidigers).

§ 32a Abs. 3 StPO; § 32d Satz 2 StPO; § 44 Satz 1 StPO

Entscheidungstenor

Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag und seine Kosten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. Juni 2024 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt.

1. Gegen das am 18. Juni 2024 verkündete Urteil hat die Verteidigerin unter dem 19. Juni 2024 einen Revisionsschriftsatz gefertigt und diesen von ihrem Sekretariat am 24. Juni 2024 in eingescannter Form mittels EGVP an das Landgericht übermitteln lassen.

Nachdem der Generalbundesanwalt auf Verwerfung der Revision als unzulässig angetragen hatte, haben die Verteidigerin und der weitere Verteidiger am 29. November 2024 bzw. 28. November 2024 jeweils Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut Revision eingelegt, wobei die Schriftsätze persönlich unter Verwendung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs versandt wurden.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Verteidigerin unter anwaltlicher Versicherung ausgeführt, vom Angeklagten unmittelbar nach Urteilsverkündung mit der Revisionseinlegung beauftragt worden zu sein. Erst durch Kontaktaufnahme des weiteren Verteidigers sei sie über den Antrag des Generalbundesanwalts informiert worden und habe im Rahmen eines an diesem Tag geführten Telefonats mit dem weiteren Verteidiger erkannt, bei ihrer Revisionseinlegung rechtsirrtümlich die Reichweite des § 32a Abs. 3 StPO verkannt zu haben. Den Angeklagten treffe am Versäumnis kein Verschulden. Diesen Vortrag hat der weitere Verteidiger bestätigt.

2. Dem Angeklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist zu gewähren.

a) Das Wiedereinsetzungsgesuch ist zulässig. Der Angeklagte hat die Wochenfrist zur Einlegung der Revision versäumt, weil der Revisionsschriftsatz vom 19. Juni 2024 die Vorgabe des § 32d Satz 2 StPO nicht erfüllt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2023 - 2 StR 162/22, Rn. 6, und vom 24. Juli 2024 - 1 StR 238/24, NStZ-RR 2024, 315 f.).

Der Angeklagte hat durch seine Verteidiger fristgemäß Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist beantragt und die versäumte Handlung zugleich formwirksam nachgeholt. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags hat er glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO).

b) Das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch begründet. Den Angeklagten traf an der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision kein Verschulden (§ 44 Satz 1 StPO). Er hat seine Verteidigerin rechtzeitig mit der Revisionseinlegung beauftragt. Deren Verschulden bei der formwidrigen Übermittlung des Schriftsatzes ist ihm nicht als eigenes zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2024 - 6 StR 609/23, NStZ-RR 2024, 154, 155).

3. Da das Landgericht bereits ein vollständiges Urteil abgefasst hat, das wirksam zugestellt worden ist, bedarf es keiner Rückgabe der Akten an das Landgericht zur Ergänzung der Urteilsgründe oder zur Zustellung des Urteils. Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist zur Begründung der Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2023 - 5 StR 322/23, Rn. 5).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 7 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 769

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede