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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 660

Bearbeiter: Fabian Afshar

Zitiervorschlag: BGH, AK 19/23, Beschluss v. 03.05.2023, HRRS 2023 Nr. 660


BGH AK 19/23 - Beschluss vom 3. Mai 2023 (OLG Koblenz)

Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monaten (dringender Tatverdacht; Fluchtgefahr; Haftgrund der Schwerkriminalität; besondere Schwierigkeit und besonderer Umfang der Ermittlungen).

§ 112 StPO; § 121 StPO; § 89a StGB; § 129a StGB

Entscheidungstenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Koblenz übertragen.

Gründe

I.

Die Angeklagte ist am 13. Oktober 2022 aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2022 (3 BGs 682/22) festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, die Angeklagte habe sich von spätestens Mitte Januar 2022 bis Mitte April 2022 in F. und anderenorts als Rädelsführerin mitgliedschaftlich an einer Vereinigung gemäß § 129 Abs. 2 StGB beteiligt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet gewesen seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b StGB und gemeingefährliche Straftaten gemäß § 316b Abs. 1 oder 3 StGB zu begehen, die bestimmt gewesen seien, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und die durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat erheblich hätten schädigen können. Ferner habe die Angeklagte durch dieselbe Handlung gemeinschaftlich handelnd ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen den Bund vorbereitet. Der Haftbefehl geht insofern von einer mutmaßlichen Strafbarkeit der Angeklagten gemäß § 83 Abs. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, § 25 Abs. 2, § 52 Abs. 1 StGB aus.

Der Generalbundesanwalt hat wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwürfe mit Anklageschrift vom 11. Januar 2023 gegen die Angeklagte (und vier weitere Personen) Anklage zum Oberlandesgericht Koblenz erhoben. Er hält die mutmaßlich der „Reichsbürger“-Szene zugehörige Angeklagte im Wesentlichen für verdächtig, sich als Rädelsführerin gemeinsam mit den vier Mitangeklagten (s. zu diesen BGH, Beschlüsse vom 3. November 2022 - AK 40-43/22, juris; vom 22. Februar 2023 - AK 6-9/23, juris) mitgliedschaftlich an einer von ihm als „Kaiserreichsgruppe“ bezeichneten terroristischen Vereinigung beteiligt zu haben, deren Ziel gewesen sei, einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland herbeizuführen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu beseitigen und ein neues autoritär geprägtes Regierungssystem auf der Grundlage der Verfassung des deutschen Kaiserreichs von 1871 zu errichten.

Das Oberlandesgericht hat den Haftbefehl im Anschluss an eine mündliche Haftprüfung am 16. März 2023 sowie im Rahmen der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens am 11. April 2023 jeweils unverändert aufrechterhalten und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Die Angeklagte ist der ihr mit dem Haftbefehl vom 10. Oktober 2022 zur Last gelegten Tat dringend verdächtig.

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die der „Reichsbürger“-Szene zuzuordnende Angeklagte lehnt - ebenso wie die Mitangeklagten - die staatliche Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland und deren freiheitlich-demokratische Grundordnung ab. Sie erstrebt eine Überwindung der gegenwärtigen, als illegitim erachteten Verfassungsordnung Deutschlands sowie die Errichtung eines neu organisierten deutschen Staates auf der Basis der ihrer Auffassung nach fortgeltenden deutschen Reichsverfassung von 1871 und ausgehend vom angeblichen „Willen des Volkes“.

Mit dieser politisch-ideologischen Grundhaltung kam sie im Herbst 2021 in Kontakt mit den Mitangeklagten sowie weiteren gleichgesinnten Personen aus den Szenen der sogenannten „Reichsbürger“ und „Querdenker“, die sich über die ihnen gemeinsame Ablehnung des auf der Ordnung des Grundgesetzes beruhenden deutschen Staates austauschten und Überlegungen zur Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens anstellten.

Ende 2021 oder Anfang 2022, spätestens aber Mitte Januar 2022, schloss sich die Angeklagte einer von mehreren Mitangeklagten gegründeten Gruppierung an, deren übergeordnetes Ziel es war, fortan nicht nur über die angenommene Notwendigkeit eines staatlichen Umsturzes zu sinnieren, sondern gemeinsam und konzertiert die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines revolutionären Geschehens zu beseitigen und die Staatsstrukturen Deutschlands durch eine andere Regierung auf der Basis einer neuen Verfassung abzulösen. Der lebensälteren und akademisch gebildeten (promovierten und habilitierten) Angeklagten kam als Autoritätsperson und ideologische Vordenkerin eine Führungsrolle innerhalb der Vereinigung zu.

Die Vereinigung verstand sich als aus zwei ebenbürtigen Teilen bestehend: Es gab einerseits einen „militärischen Zweig“, der den operativen Part des staatlichen Umsturzes übernehmen sollte, und andererseits einen „administrativen Arm“, dem die Angeklagte angehörte und dem die staatstheoretische Fundierung des zu gründenden neuen staatlichen Gemeinwesens, die Vorbereitung und Schaffung einer neuen Verfassung sowie die Errichtung einer neuen Regierung zu Aufgaben gemacht wurde.

bb) Nach der Vorstellung der Angeklagten und ihrer Mitstreiter sollte der staatliche Umsturz wie folgt bewerkstelligt werden:

Parallel zu dem in Deutschland auszulösenden revolutionären Geschehen wollten sich die Angehörigen der Gruppierung einer Anerkennung des neu zu schaffenden staatlichen deutschen Gemeinwesens durch einen gewichtigen ausländischen Staat versichern. Dem lag die Überlegung zu Grunde, ein neuer Staat bedürfe, um langfristig existieren zu können, einer Anerkennung durch das Ausland. Die Angeklagte und ihre Mitstreiter nahmen an, Frankreich, Großbritannien und die USA hätten als „westliche Alliierte“ und „Besatzungsmächte Deutschlands“ daran kein Interesse. Die Wahl fiel daher auf Russland, zumal - so die Vorstellung - die Russische Föderation nach der deutschen Vereinigung durch das nicht gehaltene Versprechen des Unterlassens einer NATO-Osterweiterung enttäuscht worden sei und daher Interesse an einer neuen deutschen Staatlichkeit habe. Geplant war, mit etwa fünf Emissären per Schiff über die Ostsee in die russische Exklave Kaliningrad zu fahren, sich in den dortigen Küstengewässern von der russischen Marine aufbringen zu lassen und sodann den Wunsch nach einem Gespräch mit Präsident Putin zu artikulieren. Es bestand die Hoffnung, daraufhin in den Kreml gebracht zu werden und bei Putin vorsprechen zu können. Dieser werde, so die damalige Annahme der Angeklagten, eine Anerkennung der neuen deutschen Regierung zusagen, so dass von Anbeginn an eine internationale Akzeptanz und Handlungsfähigkeit des neuen deutschen Staates gewährleistet gewesen wäre.

Der innerstaatliche Umsturz sollte einhergehend mit der Russlandreise von Emissären, letztlich aber unabhängig von deren Gelingen, durch drei in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ablaufende und miteinander verzahnte Aktionen bewirkt werden, wobei es sich bei diesen drei Bausteinen der geplanten Revolution um zunächst isoliert entstandene und von unterschiedlichen Mitstreitern eigenständig propagierte „Aktionsideen“ handelte, die im Zuge gemeinsamer Diskussionen unter steuernder Mitwirkung der Angeklagten zu einem „Gesamtplan“ zusammengeführt wurden. Dabei drängte die Angeklagte die anderen Mitglieder der Vereinigung zur baldigen Realisierung des revolutionären Umsturzes.

Im Rahmen einer ersten Aktion, die als „silent night“ oder „Blackout“ bezeichnet wurde, sollte ein mindestens zweiwöchiger bundesweiter Stromausfall durch Sabotage an Stromumspannwerken und Stromtrassen in ganz Deutschland mittels Sprengstoff herbeigeführt werden. Hierdurch sollte die bundesdeutsche Infrastruktur für längere Zeit lahmgelegt werden. Damit verfolgten die Angeklagte und die Mitangeklagten gleich mehrere Ziele: Erstens sollte der bisherigen Bundesregierung die Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit genommen werden. Zweitens sollten „die Medien“ daran gehindert werden, weiter Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben. Drittens schließlich sollte die Bevölkerung - wie nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal, bei der sich ein Mitangeklagter und Gleichgesinnte aus dem Umfeld der Vereinigung als „Nothelfer“ engagiert hatten - auf sich selbst zurückgeworfen und so zu einer neuen (politischen) Selbstorganisation von unten herauf veranlasst werden.

Der Angeklagten und ihren Mitstreitern war, als sie diesen Plan diskutierten und beschlossen, bewusst, dass ein mehrwöchiger bundesweiter Stromausfall erhebliche Schäden, darunter den Tod etlicher Menschen, verursachen würde. Sie waren bereit, solche Folgen als „Kollateralschäden“ hinzunehmen. Dabei spielte auch eine Rolle, dass sie und ihre Gesinnungsgenossen davon ausgingen, dass es in näherer Zukunft ohnehin - also auch ohne Sabotageaktionen - wegen der von der Bundesregierung veranlassten Abkehr von der Atomkraft und fossilen Energieträgern zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung in Deutschland kommen werde, die Aktion „silent night“ beziehungsweise „Blackout“ mithin einen Zusammenbruch der Infrastruktur nur zeitlich vorverlagere. Einer der Mitangeklagten hatte zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im April 2022 bereits aus seiner Sicht anschlagsgeeignete Objekte ausgekundschaftet und sich Kartenmaterial zur Strominfrastruktur Deutschlands beschafft.

Als zweite Aktion zur Herbeiführung des beabsichtigten Umsturzes plante die Angeklagte gemeinsam mit den Mitangeklagten unter der Bezeichnung „Klabautermann“ eine Entführung des Bundesministers für Gesundheit Prof. Dr. Karl Lauterbach. Die Vorstellung der Angeklagten und ihrer Mitstreiter ging dahin, durch die gewaltsame Entführung eines „weithin verhassten“ besonders hochrangigen Vertreters der Bundesregierung und damit des deutschen Staates eine große Zustimmung in der Bevölkerung für die in Angriff genommene Installation einer neuen Regierung Deutschlands auszulösen und zugleich nach außen hin die Wirkmacht der am Umsturz beteiligten Personen deutlich zu machen, wodurch sich die Mitglieder der Vereinigung einen weiteren Zulauf von Unterstützern, insbesondere aus dem Kreis der deutschen Sicherheitsbehörden, erhofften. Die Vereinigung führte zur Auswahl des Entführungsopfers eine Umfrage in einschlägigen geschlossenen Telegram-Chatgruppen durch; dabei entschied sich die Mehrheit der Teilnehmer für den Bundesgesundheitsminister, weil dieser als die wegen ihrer Corona-Politik „meistgehasste“ Führungspersönlichkeit Deutschlands erachtet wurde.

Die Angeklagte, die Mitangeklagten und weitere Mitstreiter diskutierten verschiedene Möglichkeiten, wie der Plan einer Entführung des Bundesgesundheitsministers realisiert werden könne. Letztlich favorisierte der Kreis um die Angeklagte die Idee, während eines Auftritts von Prof. Dr. Lauterbach in einer live im Fernsehen übertragenen Talkshow mit etwa fünf mit Maschinenpistolen militärisch bewaffneten und soldatisch ausgebildeten Kämpfern in das Fernsehstudio einzudringen, die Personenschützer des Ministers „auszuschalten“ und den Minister öffentlichkeitswirksam vor laufenden Kameras in die eigene Gewalt zu bringen. Sodann sollte - während der fortdauernden Fernsehübertragung - ein „Haftbefehl“ gegen den Minister verlesen werden. Den Mitgliedern der Vereinigung war bewusst, dass mit bewaffneter Gegenwehr der Personenschützer zu rechnen war. Sie gingen daher von der naheliegenden Möglichkeit eines Schusswaffeneinsatzes und einer Tötung der Personenschützer durch die mit der Aktion betrauten eigenen Kämpfer aus. Einen Tod der Personenschützer nahmen sie mindestens billigend in Kauf. Zum Schutz vor „gegnerischer“ Waffengewalt sollten die eigenen Kämpfer mit militärischen Helmen und Schutzwesten ausgestattet werden.

Zur Vorbereitung der Aktion „Klabautermann“ unternahmen es Mitglieder der Vereinigung in Kenntnis der Angeklagten und mit ihrer Billigung, geeignete Waffen zu erwerben. Drei Mitangeklagte sammelten hierfür Geld; die Angeklagte sagte eine finanzielle Beteiligung zu, erbrachte eine solche aber nicht. Ein Mitangeklagter nahm Kontakt zu einem vermeintlichen Waffenhändler auf, bei dem es sich aber tatsächlich um einen Verdeckten Ermittler des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz handelte. Bei einer fingierten Übergabe der von der Vereinigung bestellten Waffen - zwei Maschinenpistolen AK 47 Kalaschnikow und vier Pistolen Glock Modell 19 nebst Munition - an den Mitangeklagten am 13. April 2022 wurde dieser von der Polizei verhaftet; am selben Tag wurden auch die drei weiteren Mitangeklagten festgenommen, womit die Vereinigung zerschlagen war.

Als dritter Baustein zur Beseitigung der staatlichen Strukturen und der grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland war - maßgeblich forciert und ideologisch vorbereitet von der Angeklagten - die Durchführung einer „konstituierenden Sitzung“ vorgesehen, um eine neue Verfassung in Kraft zu setzen und eine neue deutsche Regierung zu installieren, in der jedenfalls einer der Mitangeklagten eine Führungsposition einnehmen sollte. Grundlage der neuen deutschen Staatlichkeit sollte nach der primär von der Angeklagten entwickelten Vorstellung der Gruppierung die Deutsche Reichsverfassung von 1871 sein. Denn diese - so die Annahme - sei dem deutschen Volk, anders als das Grundgesetz, nicht aufoktroyiert worden. Zudem basiere die Verfassung von 1871, im Gegensatz zum Grundgesetz, nicht auf dem Leitbild einer von den Mitgliedern der Vereinigung abgelehnten Parteiendemokratie. Die neue Staatsorganisation sollte nach dem Vorstellungsbild der Angeklagten und ihrer Mitstreiter ohne politische Parteien auskommen; die staatliche Willensbildung sollte, so die Vorstellung der Angeklagten, nicht von Parteien gesteuert werden, sondern „unmittelbar vom Volk ausgehen“. Allerdings sollte die Reichsverfassung von 1871 modifiziert werden. Einen Kaiser oder König als monarchisches Staatsoberhaupt sollte es nicht geben. Zudem war als Konzession an die gesellschaftliche Entwicklung ein aktives und passives Frauenwahlrecht geplant.

Dem Zusammentreten der „konstituierenden Versammlung“ sowie dem beabsichtigten Zusammenbruch der Stromversorgung Deutschlands unmittelbar vorausgehen sollte ein unter der Bezeichnung „False Flag“ geplanter Auftritt eines entweder den Bundespräsidenten oder den Bundeskanzler imitierenden Schauspielers in einer Live-Sendung im Fernsehen, der bekanntgeben sollte, dass die bestehende Bundesregierung abgesetzt sei und die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 wieder gelte. Hierdurch erhoffte sich die Gruppierung, dass die Bevölkerung die neue Staatsform und die von der Vereinigung eingesetzte Regierung aufgrund des Anscheins einer geordneten Übergabe der Regierungsgeschäfte anerkennen werde.

Die vorgesehene „konstituierende Sitzung“ sollte in Be. zusammenkommen, live im Internet übertragen und durch noch zu gewinnende Kräfte geschützt werden, wobei auch über deren Bewaffnung diskutiert wurde. Großen Raum bei den maßgeblich von der Angeklagten geprägten Erörterungen nahm die Frage ein, aus welchen Personen sich die Versammlung zusammensetzen sollte, deren Teilnehmerzahl auf 277 festgesetzt wurde. Es wurde vereinbart, dass nur „Deutsche nach dem Reichsund Staatsangehörigengesetz von 1913“, die eine entsprechende „Bescheinigung der deutschen Volkszugehörigkeit“ vorlegen können, als Teilnehmer in Betracht kämen. Bis zur Verhaftung der Mitangeklagten im April 2022 und damit der Zerschlagung der Gruppierung ging es im Zusammenhang mit dieser dritten Aktion im Wesentlichen darum, potentielle Teilnehmer für die Volksversammlung zu finden, welche die aufgestellten Anforderungen erfüllten und durch eine „Bescheinigung“ belegen konnten; das gestaltete sich indes als schwierig.

cc) Die vorstehend skizzierten Pläne zum Umsturz wurden auf einer Reihe von Zusammenkünften der Mitglieder der Vereinigung und weiterer Gleichgesinnter entwickelt, an denen zum Teil - etwa am 18. Dezember 2021, 20. Februar 2022 und 9. April 2022 - auch die Angeklagte teilnahm. Sie und ihre Mitstreiter gingen davon aus, die geplanten Aktionen, namentlich die „konstituierende Versammlung“, innerhalb der ersten Monate des Jahres 2022 durchführen zu können. Insbesondere die Angeklagte drängte auf eine sehr zeitnahe „Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ und forderte - auch in mehreren Telefonkonferenzen - vehement diesbezügliches Engagement der Mitangeklagten ein. Sie kümmerte sich, namentlich durch eine Vielzahl im Februar und März 2022 geführter Telefonate, um die Rekrutierung von Unterstützern, insbesondere als Teilnehmer an der „konstituierenden Versammlung“. Zudem verfasste sie Anfang 2022 mehrere Schriftstücke, die im Rahmen der geplanten Aktionen verwendet werden sollten, darunter Schreiben an den russischen Präsidenten Putin, den polnischen Präsidenten Duda und den deutschen Bundespräsidenten sowie den zu verlesenden „Haftbefehl“ gegen den Bundesgesundheitsminister.

b) Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) ergibt sich aus einer Gesamtschau der bisherigen Ermittlungsergebnisse. Hervorzuheben ist an dieser Stelle Folgendes:

aa) Der Mitangeklagte B. ist am 11. und 13. Juli 2022 vernommen worden. Dabei hat er sich umfassend und detailliert geständig eingelassen. Er hat das Kennenlernen der insgesamt fünf Angeklagten und ihrer Mitstreiter, die Entstehung und Entwicklung der Pläne für einen staatlichen Umsturz, die Führungsrolle der Angeklagten als „ideologische Vordenkerin“ und „treibende Kraft“ sowie die Aktivitäten der Gruppierung im Einzelnen so geschildert, wie dies hier als derzeitiger Erkenntnisstand beschrieben worden ist. Er hat abweichend lediglich geltend gemacht, man habe nicht in Kauf genommen, dass bei der Entführung des Bundesgesundheitsministers dessen Personenschützer zu Tode kommen könnten; sie hätten zwar „ausgeschaltet“, indes nicht getötet werden sollen. Dem steht allerdings eine Äußerung des Mitangeklagten B. gegenüber dem Verdeckten Ermittler entgegen, die von diesem bekundet worden ist und wonach sich dieser Mitangeklagte dahin geäußert habe, die Personenschützer müssten erforderlichenfalls getötet werden, jedenfalls aber unter Inkaufnahme ihres Todes „ausgeschaltet“ werden. Die abschließende Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Mitangeklagten B. bleibt dem Tatgericht vorbehalten; die diesbezüglichen Einwände im Schriftsatz des Verteidigers der Angeklagten vom 27. April 2023 entkräften den dringenden Tatverdacht nicht.

bb) Der Mitangeklagte K. hat sich im Rahmen einer umfangreichen Vernehmung am 5. Oktober 2022 ebenfalls weitreichend geständig eingelassen. Er hat die Planungen und Zusammenkünfte der Gruppierung eingeräumt, soweit er an diesen beteiligt war. Insbesondere hat er - in Übereinstimmung mit dem Mitangeklagten B. - eingestanden, dass es Pläne zur Herbeiführung eines längeren bundesweiten Stromausfalls, einer Entführung des Bundesgesundheitsministers sowie der Errichtung einer neuen Regierung auf der Basis der Reichsverfassung von 1871 gegeben habe.

cc) Der dringende Tatverdacht stützt sich weiter auf Bekundungen eines vom 3. November 2021 bis zum 13. April 2022 im unmittelbaren Umfeld der Vereinigungsmitglieder eingesetzten Verdeckten Ermittlers des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz („VE 2“). Dieser stand in persönlichem Kontakt mit Mitangeklagten, nahm an Treffen der Gruppierung teil und war in die Chatkommunikation der Beteiligten über Telegram eingebunden. Die Bekundungen des Verdeckten Ermittlers bestätigen ganz weitgehend die geständigen Einlassungen der Mitangeklagten B. und K. Der Verdeckte Ermittler hat nicht nur umfassende Angaben zu seinen Wahrnehmungen gemacht, sondern auch Protokolle der Chatkommunikationen vorgelegt, an denen er beteiligt war. Insbesondere die vorgenannten bisherigen Erkenntnisse zum Waffenkauf und der Übergabe von Waffen und Munition an den Mitangeklagten am 13. April 2022 basieren auf Angaben des „VE 2“.

dd) Der dringende Tatverdacht gründet sich zudem auf Ermittlungsergebnisse zur Telekommunikation der Angeklagten und weiterer mutmaßlicher Vereinigungsmitglieder, die im Rahmen umfangreicher Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen gewonnen worden sind, auf eine Fahrzeuginnenraumüberwachung eines von einem Mitangeklagten genutzten Pkw sowie auf polizeiliche Observationen persönlicher Treffen der Akteure.

ee) Wegen weiterer Einzelheiten zu den im Ermittlungsverfahren gewonnenen vorläufigen Erkenntnissen, die den dringenden Tatverdacht begründen, wird auf den Haftbefehl vom 10. Oktober 2022 sowie die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 11. Januar 2023 Bezug genommen.

2. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich die Angeklagte jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit - wie bereits im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2022 (3 BGs 682/22) dargetan worden ist - wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführerin gemäß § 129 Abs. 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat. Ob sie zudem dringend verdächtig ist, tateinheitlich (§ 52 Abs. 1 StGB) hierzu der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gemäß § 83 Abs. 1 StGB schuldig zu sein, kann für diese Haftfortdauerentscheidung dahingestellt bleiben. Denn bereits die hochwahrscheinliche Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführerin trägt die Fortdauer der Untersuchungshaft.

a) Bei der Gruppierung der Angeklagten und der Mitangeklagten handelte es sich hochwahrscheinlich um eine terroristische Vereinigung im Sinne der § 129 Abs. 2, § 129a StGB. Denn der Zusammenschluss bestand aus mehr als zwei Personen, war auf längere Dauer angelegt, hatte - wie schon die Unterteilung in einen „militärischen Zweig“ und einen „administrativen Arm“ zeigt - eine organisatorische Struktur und verfolgte mit der Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Schaffung eines neuen deutschen Staatswesens ein übergeordnetes gemeinsames Interesse (vgl. zu den konstitutiven Merkmalen einer Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 2 StGB BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 19 ff.; Beschluss vom 2. Juni 2021 - 3 StR 61/21, BGHR StGB § 129 Abs. 2 Vereinigung 2 Rn. 8 f.; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 13 ff.). Dieses Ziel wollten die Mitglieder der Vereinigung nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens durch die Begehung von Katalogtaten im Sinne des § 129a Abs. 1 und 2 StGB erreichen. Eine Entführung des Bundesgesundheitsministers unter jedenfalls billigender Inkaufnahme der Tötung seiner Personenschützer wäre als Straftat gemäß §§ 211, 212, 239b StGB zu werten (Katalogtat gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB). Die Herbeiführung eines bundesweiten längeren Stromausfalls durch Sprengstoffanschläge stellte rechtlich zumindest einen Verstoß gegen § 316b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StGB und damit eine Katalogtat gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB dar. Das Vorhaben war mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine gewaltsame Abschaffung der Staatsund Regierungsstrukturen Deutschlands gerichtet und damit dazu bestimmt, die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundstrukturen der Bundesrepublik im Sinne des § 129a Abs. 2 StGB zu beseitigen. Die Pläne waren zudem objektiv geeignet, im Falle ihrer Umsetzung die Strukturen der bundesdeutschen Verfassungsordnung erheblich zu beeinträchtigen (vgl. insofern MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129a Rn. 43 ff.).

b) Der Angeklagten, die sich einvernehmlich in die Vereinigung eingliederte und mit ihrem Wirken unmittelbar zur Durchsetzung der Ziele des Zusammenschlusses beitrug, kam ausweislich des aus dem Aktenmaterial ersichtlichen Erkenntnisstandes nach den internen Absprachen, den Plänen der Vereinigungsmitglieder und rein tatsächlich im Hinblick auf Art, Umfang und Gewicht ihrer Mitwirkung eine Führungsrolle zu. Somit beteiligte sie sich nicht nur hochwahrscheinlich als Mitglied an der Vereinigung (vgl. zu den Voraussetzungen der Mitgliedschaft einerseits und der Beteiligung andererseits BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 2022 - AK 33/22, juris Rn. 32 ff. mwN; vom 21. April 2022 - AK 18/22, juris Rn. 4 ff.; vom 21. April 2022 - AK 14/22, juris Rn. 27 ff.; vom 14. Juli 2021 - AK 37/21, juris Rn. 35, 37 mwN), sondern war auch eine Rädelsführerin der Gruppierung. Denn Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung im Sinne des Qualifikationsmerkmals des § 129a Abs. 4 StGB sind die Personen, die - wie die Angeklagte - in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnehmen, dass sie sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigen. Entscheidend ist dabei nicht der Umfang der geleisteten Beiträge, sondern das Gewicht, das diese für die Vereinigung haben. Besonders maßgebend ist eine Tätigkeit dann, wenn sie von Einfluss ist auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen, wenn also der Täter entweder selbst zu den Führungskräften gehört oder aber durch sein Tun gleichsam an der Führung mitwirkt. Eine rein formale Stellung innerhalb eines Führungsgremiums reicht für sich genommen nicht aus. Der vom Täter ausgeübte Einfluss muss der Sache nach beträchtlich sein und sich auf die Vereinigung als solche richten, mithin etwa die Bestimmung der Organisationszwecke, -tätigkeiten oder -ziele, die ideologische Ausrichtung der Vereinigung, deren Organisationsstruktur, oder sonstige Belange mit für die Vereinigung wesentlicher Bedeutung betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - AK 3-4/21, NStZ-RR 2021, 136, 137; vom 3. September 2020 - AK 27/20, juris Rn. 19; Urteil vom 20. Dezember 2018 - 3 StR 236/17, juris Rn. 140; Beschluss vom 12. November 2015 - AK 36/15, NStZ-RR 2016, 170, 171; Urteil vom 16. Februar 2012 - 3 StR 243/11, BGHSt 57, 160 Rn. 8 ff.; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 180; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 147 f.). Diese Voraussetzungen sind bei der Angeklagten hochwahrscheinlich erfüllt.

3. Es sind die Haftgründe der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO sowie - bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 2022 - StB 15/22, juris Rn. 11 f.; vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 30 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) - der Schwerkriminalität gegeben. Es ist wahrscheinlicher, dass sich die Angeklagte - sollte sie auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass sie sich ihm stellen wird.

Die gegenwärtig 75 Jahre alte Angeklagte hat im Falle ihrer Verurteilung angesichts der Schwere des Tatvorwurfs und des Gewichts ihrer mutmaßlichen Tatbeiträge selbst unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Straflosigkeit und ihrer altersbedingt erhöhten Haftempfindlichkeit mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen.

Dem von der hohen Straferwartung ausgehenden großen Fluchtanreiz stehen auch eingedenk des fortgeschrittenen Alters der - ausweislich einer vom Oberlandesgericht veranlassten amtsärztlichen Untersuchung - gesundheitlich nicht relevant beeinträchtigten Angeklagten keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Insofern gilt, dass die Annahme von Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen erfordert; es genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2018 - StB 43 u. 44/18, juris Rn. 37; vom 2. November 2016 - StB 35/16, juris Rn. 11).

Die im Ruhestand befindliche Angeklagte ist nicht erwerbstätig; mithin ist keine einer Flucht entgegenstehende berufliche Verankerung gegeben. Sie hat infolge einer gerichtlichen Entscheidung keine Pensionsansprüche mehr und erhält keine sonstige Altersversorgung, so dass sie nicht durch den Bezug finanzieller Leistungen zu einem Verbleib in Deutschland motiviert wird. Von ihrem ungarischen Ehemann lebt sie getrennt; Kontakt zu etwaigen eigenen Kindern hat sie nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht. Auch eine feste örtliche Verankerung der Angeklagten in der Bundesrepublik liegt nicht vor; sie ist in Deutschland seit 2008 nicht mit einem Wohnsitz amtlich gemeldet. Zwar ist sie Eigentümerin einer Immobilie in F. (Sachsen), in der sie zuletzt lebte. Jedoch hatte sie kurz vor ihrer Verhaftung konkrete Schritte zum Verkauf des Objekts eingeleitet. Die Angeklagte verwendete vor ihrer Inhaftierung im Umgang mit Behörden eine Vielzahl von Aliasnamen, und zwar mit dem ausdrücklich erklärten Ziel, hierdurch einen etwaigen staatlichen „Zugriff“ auf sie zu erschweren.

Zudem lehnt die Angeklagte die gegenwärtige Staatsund Verfassungsordnung der Bundesrepublik ab und verneint die Legitimität ihrer Staatsorgane zu hoheitlichem Handeln. Auch deshalb steht nicht zu erwarten, dass sie sich dem weiteren Strafverfahren im Falle einer Haftentlassung freiwillig stellte. Die Ermittlungen haben zudem gezeigt, dass die Angeklagte eng eingebunden und vernetzt ist in der Szene derer, die - als sogenannte „Reichsbürger“ oder „Querdenker“, Verschwörungstheoretiker, Anhänger nationalsozialistischen Gedankengutes oder „Corona-Leugner“ - die staatliche Verfasstheit der Bundesrepublik und deren freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und ihre Überwindung erstreben. Sie kann mithin mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Netzwerk von Sympathisanten und Gleichgesinnten zurückgreifen, die sie als Autorität anerkennen und im Falle einer Flucht beziehungsweise eines Untertauchens logistisch und finanziell unterstützen würden. Dies setzt einen weiteren Fluchtanreiz.

Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO - die bei verfassungskonformer Auslegung auch im Rahmen des § 112 Abs. 3 StPO möglich sind - erreicht werden.

4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.

Die Ermittlungen waren besonders umfangreich und komplex. Das mit diesen beauftragte Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz hat unter hohem Zeitaufwand eine große Zahl sichergestellter digitaler Datenträger und sonstiger Asservate ausgewertet; bundesweit sind im Vorverfahren über 20 Zeugenvernehmungen durchgeführt worden. Das Landeskriminalamt hat die Akten, deren Umfang sich gegenwärtig auf 91 Stehordner beläuft, Mitte Dezember 2022 dem Generalbundesanwalt übermittelt. Bereits während des Ermittlungsverfahrens ist eine psychiatrische Begutachtung der Angeklagten zur Frage einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer Schuldfähigkeit erfolgt; Anhaltspunkte hierfür sind dabei nicht zutage getreten. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen am 11. Januar 2023 abgeschlossen und unter demselben Datum Anklage gegen die Angeklagte und vier Mitangeklagte beim Oberlandesgericht Koblenz erhoben. Dort ist die Anklageschrift am 16. Januar 2023 eingegangen. Mit Beschluss vom 11. April 2023 hat der zuständige 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts das Hauptverfahren - hinsichtlich der Angeklagten ohne Änderungen gegenüber der Anklageschrift - eröffnet. Die Hauptverhandlung soll am 17. Mai 2023 beginnen. Gegenwärtig sind 43 Hauptverhandlungstage bis zum 11. Januar 2024 terminiert. Vor diesem Hintergrund steht zu erwarten, dass das Verfahren auch weiterhin mit der in Haftsachen erforderlichen besonderen Beschleunigung betrieben werden wird.

5. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht der Angeklagten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz des Verteidigers der Angeklagten vom 27. April 2023 zu Erschwernissen im Haftvollzug derzeit nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 660

Bearbeiter: Fabian Afshar