HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1450
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 51/23, Beschluss v. 04.06.2024, HRRS 2024 Nr. 1450
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 22. Juli 2022 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, hiervon ausgenommen sind die Feststellungen zur Person des Angeklagten T. K. ; diese bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten T. K. wird verworfen.
Das Landgericht Bonn hat die Angeklagten jeweils wegen Betruges in 353 tateinheitlich verwirklichten Fällen, davon in 219 Fällen im Versuch, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Gegen diese Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Diese haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Strafkammer hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Im Dezember 2012 gründeten die Angeklagten die AG, die im Januar 2015 in AG umfirmierte. Vorstand der Gesellschaft war ab September 2014 der gesondert Verfolgte S. C. Tatsächlich führten allerdings die Angeklagten die Gesellschaft während des gesamten Tatzeitraums eigenverantwortlich; sie waren die maßgeblichen Entscheidungsträger.
Die AG betrieb auf ihrer Homepage www. .de ein Internet-Register, in welches Gewerbetreibende die Daten ihrer Betriebe eintragen lassen konnten. Um Nutzer für das Angebot zu gewinnen, versandte die AG ungefragt Briefe an Unternehmen, Behörden und gemeinnützige Vereine, mit denen sie den Adressaten die Aufnahme in das Register gegen Entgelt anbot.
Um möglichst viele Adressaten zur Annahme des Angebotes zu bewegen, gestalteten die Angeklagten das Anschreiben bewusst so, dass es den Anschein erweckte, es stamme von einer Behörde. Die Angeschriebenen sollten dadurch möglichst darüber getäuscht werden, dass sie durch Rückübersendung des unterzeichneten Schreibens einen Vertrag über eine kostenpflichtige Leistung abschlossen. Für den Fall, dass sie den Umstand der Zahlungspflicht bemerkten, sollten sie davon ausgehen, dass es sich um behördliche Gebühren handelte, die unabhängig von einem Vertragsschluss zu zahlen seien. Die Schreiben sollten vordergründig rechtlich nicht angreifbar sein, weshalb die Angeklagten darauf achteten, dass den Schreiben beim genauen Lesen sämtliche Informationen, die den Angebotscharakter erkennen ließen, zu entnehmen waren. Diese Informationen sollten aber durch die Gestaltung derart in den Hintergrund treten, dass sie beim flüchtigen Lesen nicht wahrgenommen würden. Dadurch wollten die Angeklagten die Adressaten, die gar kein Interesse an dem Abschluss eines solchen Vertrages hatten, dazu veranlassen, das Schreiben dennoch zu unterzeichnen und zurückzusenden, damit den Vertrag zu schließen und im Anschluss den geforderten Betrag zu zahlen.
Für die Gestaltung des Angebotsschreibens nutzte die AG auf Veranlassung der Angeklagten verschiedene Elemente, die den Eindruck eines behördlichen Schreibens vermitteln sollten: Im Briefkopf wurde entweder ein doppelköpfiger Adler oder ein an das Emblem der Europäischen Union angelehntes, sternförmiges Logo angebracht. Außerdem verwendete die AG Umweltpapier, wie es bei Behörden üblich ist. Auch die Änderung der Firma in AG war Teil des Konzeptes. Die Angeklagten handelten in der Absicht, sich mit den von den Adressaten geleisteten Beträgen eine Einnahmequelle zu verschaffen, aus welcher sie ihren Lebensunterhalt bestreiten wollten.
Ab Anfang Januar 2015 begann die AG im Auftrag der Angeklagten mit dem Versand der Schreiben an eine Vielzahl von Gewerbetreibenden. Diese setzten sich aus einem kurz gehaltenen Anschreiben und dem eigentlichen Angebot zusammen. In dem Angebot wurde - unter Verwendung des beschriebenen Layouts - dem jeweiligen Adressaten ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Veröffentlichung seiner Firmendaten in einer Online-Datenbank gegen Zahlung eines Veröffentlichungsbeitrages in Höhe von jährlich 398,88 Euro zzgl. Umsatzwertsteuer unterbreitet. Dies geschah in einem Fließtext, der mit Hinweisen auf steuerrechtliche Vorschriften eingeleitet war. Im Betreff wurde darauf hingewiesen, dass es sich um ein Angebot bzw. um eine Eintragungsofferte handele; außerdem war das Schreiben mit einem Barcode versehen. In einem umrahmten Feld war angemerkt, dass die Rückantwort gebührenfrei per Fax erfolgen könne. Teilweise wurde auch die Formulierung Rückantwort bei Annahme erforderlich per Fax verwendet. Das Angebotsschreiben enthielt eine Tabelle mit Leerfeldern, in welchen die Firmendaten des Adressaten ergänzt werden sollten. Als Abschluss des Schreibens war ein Feld für die Unterschriftsleistung vorgesehen. Auf der Rückseite des Angebots waren Allgemeine Geschäftsbedingungen abgedruckt, denen sich die Einzelheiten des unterbreiteten Angebotes und die genauen Konditionen entnehmen ließen.
Zwischen Februar 2015 und Dezember 2016 versandte die AG unter Leitung der Angeklagten diese Angebotsschreiben an insgesamt 351 Personen.
Die Adressaten, die ein solches Schreiben erhielten, gewannen aufgrund des Inhalts und der Gestaltung der Schreiben - wie von den Angeklagten beabsichtigt - beim Lesen teilweise den unzutreffenden Eindruck, der Absender des Schreibens sei eine Behörde und setzten sich deshalb mit dem Wortlaut des Schreibens nicht näher auseinander. Einem Teil dieser Adressaten entging deshalb entsprechend der Absicht der Angeklagten bereits, dass auf eine jährliche Zahlung in Höhe von 398,88 Euro hingewiesen wurde. Einem anderen Teil der Adressaten war zwar die Zahlungspflicht aufgefallen, sie gingen aufgrund der Gestaltung der Schreiben allerdings davon aus, dass es sich um eine unumgängliche behördliche Zahlungsverpflichtung handelte.
Sofern Adressaten auf das Angebotsschreiben nicht antworteten, erhielten sie von der AG Erinnerungsschreiben, denen erneut ein Formular zur Ergänzung der Firmendaten beigefügt war und in welchen ein konkretes Datum genannt wurde, bis zu welchem die Rücksendung erfolgen solle. Einige der Adressaten einer solchen Erinnerung gewannen erst aufgrund jenes weiteren Schreibens den Eindruck, zur Ergänzung der Firmendaten und Rücksendung des Formulars verpflichtet zu sein. Andere waren bereits aufgrund des ersten Angebotsschreibens diesem Irrtum erlegen und hatten es lediglich versäumt, das Schreiben zurückzusenden.
Den Angeklagten gelang es auf diese Weise, insgesamt 134 Adressaten zur Rücksendung der Schreiben zu veranlassen, weil diese irrtümlich davon ausgingen, hierzu aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet zu sein. Vor der Rücksendung ergänzten diese 134 Adressaten ihre Firmendaten in den hierfür vorgesehenen Feldern und unterzeichneten den Vordruck. Daneben wurden die Schreiben an mindestens 217 weitere Adressaten versendet, die allerdings nicht reagierten, sondern Strafanzeige erstatteten.
Nach dem Eingang der unterzeichneten Antworten wurden seitens der AG Rechnungen an jene Adressaten versandt, auf die ein Teil der Rechnungsempfänger den geforderten Betrag zahlte. An diejenigen Empfänger, die die Rechnung ignorierten, wurde auf Veranlassung der Angeklagten eine Mahnung verschickt. Erfolgte auch darauf keine Reaktion, folgten Kulanzschreiben oder weitere Mahnungen, mit denen die Empfänger zur Zahlung aufgefordert wurden. Diese Schreiben enthielten - teilweise unter Bezugnahme auf zivilrechtliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs - Ausführungen dazu, dass ein privatrechtlicher Vertrag zustande gekommen und der Angebotscharakter der Schreiben klar erkennbar sei.
Soweit auch nach Versendung dieser Mahnschreiben kein Zahlungseingang zu verzeichnen war, wurde eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchsetzung der behaupteten Ansprüche beauftragt. Auch in den anwaltlichen Schreiben wurde an der Auffassung, es sei ein zivilrechtlicher Vertrag zustande gekommen, festgehalten.
Aufgrund des Inhalts der anwaltlichen Schreiben erkannten die Adressaten, dass es sich nicht um die Gebührenforderung einer Behörde handelte. Nunmehr gingen sie aber davon aus, dass sie aufgrund eines wirksamen Vertragsschlusses zivilrechtlich zur Zahlung verpflichtet seien und überwiesen die Eintragungsgebühr. Alle 134 Adressaten, die auf das Angebotsschreiben oder die Erinnerung reagiert hatten, zahlten den geforderten Betrag.
Die Datensätze von denjenigen Adressaten, die das Angebotsschreiben der AG ausfüllten, unterzeichneten und zurücksandten, wurden in das auf der Homepage abrufbare Register, welches Besucher kostenfrei abrufen konnten, eingetragen. Aufgenommen wurden die Firmendaten und die Umsatzsteueridentifikationsnummer. Außerdem gab es in dem Register verschiedene Suchfunktionen, etwa eine Schnellsuche nach Branchen, Ort oder Postleitzahlen, sowie eine Verlinkung zu einem Routenplaner. Für die eingetragenen Unternehmen bestand außerdem die Möglichkeit, eine Umsatzsteueridentifikationsnummer zu beantragen. Daneben wurden Google-Ad-Words geschaltet, um auf das Portal aufmerksam zu machen.
2. Die Strafkammer hat dieses Geschehen als vollendeten Betrug in 134 Fällen und versuchten Betrug in 217 Fällen gewertet, die - nach den Grundsätzen eines uneigentlichen Organisationsdeliktes - in Tateinheit zueinander stünden. Sie hat dabei für die Vermögensverfügung auf die Rücksendung der unterzeichneten Schreiben abgestellt und hat auf dieser Grundlage einen Eingehungsbetrug angenommen. Soweit in der Urteilsformel von insgesamt 353 tateinheitlich verwirklichten Fällen die Rede sei, beruhe dies auf einem Zählfehler.
Die Revision des Angeklagten A. K. ist in vollem Umfang, die des Angeklagten T. K. ganz überwiegend begründet.
A. Revision des Angeklagten A. K.
Das Rechtsmittel des Angeklagten A. K. hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg; er beanstandet zurecht, dass die Vorsitzende bei dem Urteil mitgewirkt hat, nachdem sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden war (§ 24 Abs. 1 und 2, § 28 Abs. 2 Satz 2, § 338 Nr. 3 StPO).
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Während einer Sitzungspause im Hauptverhandlungstermin vom 7. Juni 2022, dem 15. Verhandlungstag, testete sich der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft positiv auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARSCoV-2, weshalb die Hauptverhandlung an diesem Tag nicht fortgesetzt werden konnte. Aufgrund des Entfalls dieses und absehbar weiterer Verhandlungstage wurde die Anberaumung weiterer Fortsetzungstermine notwendig. Rechtsanwalt Prof. Dr. M., der alleinige Verteidiger des Angeklagten T. K., wies darauf hin, dass er sich in der Zeit vom 24. Juni 2022 bis zum 10. Juli 2022 in einem schon seit langem geplanten und gebuchten Jahresurlaub mit seiner Familie im Ausland befinden werde und während dieses Zeitraums nicht zur Verfügung stehe. Seine Aufgaben als Verteidiger könne er während dieser Zeit nicht wahrnehmen. Auf diesen Umstand hatte er bereits im Rahmen einer früheren Terminierung Ende Mai 2022 hingewiesen.
Rechtsanwalt Prof. Dr. M. bot aber an, dass seine Kollegin Rechtsanwältin K. während der Dauer des Urlaubs als Terminsvertreterin an der Hauptverhandlung teilnehmen und den Angeklagten T. K. verteidigen könne, sofern dies für eine ordnungsgemäße Fortsetzung der Hauptverhandlung notwendig sei. Es müsse allerdings sichergestellt sein, dass die Hauptverhandlung sich während seiner Abwesenheit nicht auf Bereiche erstrecke, die eine aktive Mitwirkung der Verteidigung erforderlich machten und die eine Kenntnis des bisherigen Verlaufs der Hauptverhandlung voraussetzten. Rechtsanwältin K. sei mit dem Verfahrensstoff nicht vertraut. Gegenvorstellungen gegen möglicherweise noch ablehnend zu bescheidende Beweisanträge behielt er sich vor.
Rechtsanwalt B. als Verteidiger des Angeklagten A. K. wies ebenfalls darauf hin, dass er - wie bereits im Rahmen der früheren Terminabsprache angezeigt worden war - am 28. Juni 2022 verhindert sei, da er eine seit längerem terminierte Hauptverhandlung wahrzunehmen habe. Am 5. Juli 2022, der als weiterer Hauptverhandlungstermin in den Blick genommen wurde, stehe er erst ab 14 Uhr zur Verfügung. Er erklärte sich außerdem bereit, seinen vom 7. Juli 2022 bis zum 24. Juli 2022 geplanten Jahresurlaub zu verkürzen, um eine Terminierung am 22. Juli 2022 zu ermöglichen. Auch er kündigte an, gegebenenfalls noch Gegenvorstellungen anbringen zu wollen.
Die Vorsitzende sicherte zu, auf diese Belange Rücksicht zu nehmen und beraumte Fortsetzungstermine auf den 5. Juli 2022 und den 22. Juli 2022 an. Ein weiterer, für den 25. Juli 2022 abgestimmter Termin konnte aufgrund einer Verhinderung eines Berufsrichters nicht für eine Fortsetzung der Verhandlung bestimmt werden.
Zwischen den Beteiligten bestand jedenfalls hinsichtlich der Termine vom 28. Juni 2022 und vom 5. Juli 2022 Einigkeit, dass keine Verfahrenshandlungen vorgenommen würden, die die Anwesenheit der eingearbeiteten Verteidiger erforderlich machten. Außerdem war besprochen worden, dass am 22. Juli 2022 die Beweisaufnahme geschlossen, die Schlussvorträge gehalten und auch das Urteil verkündet werden sollte.
Am Hauptverhandlungstermin vom 28. Juni 2022 nahm für Rechtsanwalt Prof. Dr. M. wie abgesprochen Rechtsanwältin K. als Verteidigerin des Angeklagten T. K. teil. Für den verhinderten Rechtsanwalt B. übernahm Rechtsanwalt K. die Verteidigung des Angeklagten A. K. Nach Fortsetzung der Verhandlung verkündete die Vorsitzende zunächst drei Beschlüsse, mit denen am 7. Juni 2022 gestellte Beweisanträge der Verteidigung beider Angeklagter ablehnend verbeschieden wurden. Sodann stellte die Vorsitzende fest, dass die von Amts wegen vorgesehene Beweisaufnahme abgeschlossen sei. Sie setzte den Beteiligten eine Frist zur Stellung weiterer Beweisanträge gemäß § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO bis zum Ende des Hauptverhandlungstermins vom 5. Juli 2022. Zudem teilte sie mit, dass beabsichtigt sei, das Plädoyer der Staatsanwaltschaft am 5. Juli 2022 entgegen zu nehmen. Gegebenenfalls könne auch Rechtsanwalt B. als Verteidiger des Angeklagten A. K. an diesem Tag plädieren.
Hierüber informierte Rechtsanwältin K. nach Ende des Sitzungstages den im Urlaub befindlichen Rechtsanwalt Prof. Dr. M., der sich wie angekündigt im Ausland aufhielt und dort nicht im Besitz seiner Verteidigungsunterlagen war. Dieser hielt fernmündliche Rücksprache mit seinem Mandanten. Im Auftrag des Angeklagten T. K. lehnte Rechtsanwältin K. die Vorsitzende am 30. Juni 2022 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch wurde damit begründet, dass die Vorsitzende sich nicht an ihre Zusicherung in der Hauptverhandlung vom 7. Juni 2022 gehalten habe. Die Fristsetzung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO stelle eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechte der Verteidigung dar. Ob und welche Beweisanträge noch zu stellen seien, könne allein der mit der Sache vertraute Verteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. M., beurteilen, der sich aber - wie der Vorsitzenden bekannt sei - bis zum 10. Juli 2022 im Urlaub befinde. Mit der Fristsetzung bis zum 5. Juli 2022 hebele die Vorsitzende das Beweisantragsrecht der Verteidigung aus. Dies gelte auch, soweit der Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft bereits am 5. Juli 2022 und damit in Abwesenheit von Rechtsanwalt Prof. Dr. M. gehalten werden solle.
Die Vorsitzende äußerte sich zu diesem Ablehnungsgesuch am 30. Juni 2022 dienstlich wie folgt: Es sei zutreffend, dass ihr die urlaubsbedingte Abwesenheit des Verteidigers Rechtsanwalt Prof. Dr. M. bekannt gewesen sei. Bevor die Sitzung am 7. Juni 2022 aufgrund der Coronainfektion des Staatsanwaltes habe unterbrochen werden müssen, sei geplant und mit den Verteidigern abgesprochen gewesen, dass am 7. Juni 2022 plädiert und am 8. Juni 2022 ein Urteil verkündet werden solle. Der Termin für den 28. Juni 2022 sei rein vorsorglich anberaumt worden, um ggf. eine Fortsetzung innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO sicherzustellen. Die Verteidigung habe dann am 7. Juni 2022 sechs Beweisanträge gestellt. Die Verkündung der ablehnenden Beschlüsse zu den Anträgen vom 7. Juni 2022 und die Setzung einer Frist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO sei am 28. Juni 2022 ausschließlich aufgrund der unvorhergesehenen Unterbrechung vom 7. Juni 2022 bis zum 28. Juni 2022 erfolgt. Ihr sei zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass Rechtsanwalt Prof. Dr. M. am 5. Juli 2022 noch urlaubsbedingt verhindert sei. Allerdings sei sie davon ausgegangen, dass sich der Verteidiger angesichts des unerwarteten Verlaufs der Hauptverhandlung am 7. Juni 2022 und im Hinblick auf die allein noch verbleibenden Termine am 5. Juli 2022 und 22. Juli 2022 auf solche Prozesshandlungen eingestellt habe. Bereits vor dem 7. Juni 2022 sei die Möglichkeit der Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen thematisiert und in Aussicht gestellt worden. Ebenso sei zutreffend, dass sie am 28. Juni 2022 angekündigt habe, bereits am 5. Juli 2022 - trotz der Abwesenheit des Verteidigers des Angeklagten T. K. - das Plädoyer der Staatsanwaltschaft entgegennehmen zu wollen.
Rechtsanwältin K. nahm zu dieser dienstlichen Äußerung am 4. Juli 2022 dahingehend Stellung, dass sich die Vorsitzende zum Kern des Ablehnungsgesuchs - namentlich dem Umstand, dass die Termine als Sprungtermine abgesprochen gewesen seien - nicht verhalten habe. Die dienstliche Äußerung könne nur so verstanden werden, dass dieser Umstand in Abrede gestellt werde. Das Ablehnungsgesuch werde deshalb zusätzlich auf die unrichtige, jedenfalls aber bewusst unvollständige dienstliche Äußerung gestützt.
Das vom Angeklagten T. K. gestellte Ablehnungsgesuch und die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden wurden Rechtsanwalt B. als Verteidiger des Angeklagten A. K. am 30. Juni 2022 übermittelt. Einen Tag später ging die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft, aus deren Sicht eine Befangenheit nicht zu besorgen sei, in der Kanzlei des Verteidigers ein. Diese Schriftsätze nahm Rechtsanwalt B. erstmals am Sonntag, dem 3. Juli 2022, zur Kenntnis. Nach Rücksprache mit seinem Mandanten, dem Angeklagten A. K., am Folgetag lehnte auch dieser die Vorsitzende am 4. Juli 2022 wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Das Befangenheitsgesuch des Angeklagten A. K. stützte sich maßgeblich darauf, dass die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden insoweit unrichtig bzw. unvollständig sei, als sie verschweige, dass es sich bei den Terminen vom 28. Juni 2022 und vom 5. Juli 2022 um sogenannte Sprungtermine habe handeln sollen. Auch lasse die Vorsitzende unerwähnt, dass der Verteidiger des Angeklagten A. K. am 28. Juni 2022 ebenfalls verhindert gewesen sei. Insbesondere habe sich die Vorsitzende aber auch über die mit den Verteidigern getroffenen Absprachen im Rahmen der Terminfindung hinweggesetzt. Dies betreffe sowohl die Fristsetzung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO als auch die Ankündigung, dass die Staatsanwaltschaft am 5. Juli 2022 plädieren solle. Dadurch habe sie die Verteidigungsrechte nachhaltig beschränkt. Das Hinwegsetzen über die Absprachen begründe beim Angeklagten A. K. nachvollziehbare Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Vorsitzenden, die durch ihre dienstliche Äußerung vertieft würden, da die Vorsitzende nicht einmal die Bereitschaft gezeigt habe, dies einzugestehen oder sich zu entschuldigen. Dem Mitangeklagten T. K. habe sie die Möglichkeit einer effektiven Verteidigung genommen, da dessen Verteidiger die am 5. Juli 2022 ablaufende Frist nicht einhalten und der eingearbeitete Verteidiger dem Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft nicht beiwohnen könne. Diese Vorgehensweise sei inakzeptabel und wirke sich auch auf das Vorstellungsbild des Angeklagten A. K. - des Bruders des Angeklagten T. K. - aus. Insgesamt entstehe der Eindruck, dass die Vorsitzende die rasche Erledigung des Strafverfahrens über die Verteidigungsrechte der Angeklagten stelle. Hierzu habe sie bereits im Mai geäußert: Wir müssen fertig werden, ich habe auch noch andere Verfahren!.
Die Vorsitzende äußerte in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 4. Juli 2022, es sei zutreffend, dass Einigkeit dahingehend bestanden habe, dass am 28. Juni 2022 keine Prozesshandlungen stattfinden sollten, die die Anwesenheit der beiden Verteidiger erforderten, und am 5. Juli 2022 jedenfalls keine Prozesshandlungen, denen Rechtsanwalt Prof. Dr. M. beiwohnen müsse. Zutreffend sei auch, dass am 7. Juni 2022 besprochen worden sei, dass die Staatsanwaltschaft am 22. Juli 2022 plädieren und möglichst am selben Tag das Urteil verkündet werden solle. Auch habe sich Rechtsanwalt Prof. Dr. M. die Fertigung von Gegenvorstellungen vorbehalten. Allerdings habe sich die Vorsitzende nach ihrem Dafürhalten an die Absprachen gehalten. Sie sei davon ausgegangen, dass Rechtsanwalt Prof. Dr. M. etwa noch zu stellende Beweisanträge mit den üblichen Kommunikationsmitteln aus dem Urlaub heraus habe fertigen können. Insbesondere habe sie dies im Hinblick auf die ab dem 22. Juli 2022 eintretenden Terminschwierigkeiten erwartet, da sie selbst - genau wie Rechtsanwalt B. - ihre eigenen Urlaubspläne gekürzt habe, um den Termin auf den 22. Juli 2022 bestimmen zu können.
Die Strafkammer hat beide Befangenheitsanträge mit Beschlüssen vom 8. Juli 2022 zurückgewiesen und ausgeführt, dass eine Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden nicht bestehe. Es sei bereits zuvor angekündigt worden, dass die Setzung einer Frist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO beabsichtigt sei; den Verfahrensbeteiligten habe sich in Ansehung der verbleibenden Termine deshalb aufdrängen müssen, dass die Fristsetzung vom 28. Juni 2022 bis zum 5. Juli 2022 erfolgen werde. Eine Erklärung dahingehend, dass es sich bei den Terminen am 28. Juni 2022 und am 5. Juli 2022 um Sprungtermine handeln solle, stehe nicht in einem eklatanten Widerspruch zu den von der Vorsitzenden am 28. Juni 2022 getroffenen Maßnahmen, insbesondere, weil diese erwartbar gewesen seien. Es sei in Ansehung des erheblichen Umfangs der Wirtschaftsstrafsache lebensfern anzunehmen, dass am 22. Juli 2022 sämtliche Plädoyers gehört und zudem das Urteil verkündet würde. Auch entspreche es der Erfahrung der Strafkammer, dass Rechtsanwälte häufig während ihres Urlaubes erreichbar seien.
2. Die entsprechend den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhobene Rüge ist begründet. Der Beschwerdeführer beanstandet zu Recht die Mitwirkung der Vorsitzenden an dem Urteil. Das Verfahrensgeschehen, auf dessen Grundlage der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hat, ob das Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2023 - 2 StR 195/23, Rn. 21; Beschlüsse vom 10. Januar 2018 - 1 StR 571/17, Rn. 4; vom 18. Mai 2022 - 3 StR 181/21, NStZ 2023, 168, 170 Rn. 47), ist geeignet, die Besorgnis der Befangenheit gegen die abgelehnte Vorsitzende zu begründen.
a) Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der oder die abgelehnten Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnehmen, die ihre Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 1972 - 2 BvA 1/69, BVerfGE 32, 288, 290; BGH, Urteile vom 9. Februar 1951 - 3 StR 48/50, BGHSt 1, 34, 39; vom 2. September 2020 - 5 StR 630/19, Rn. 18; Beschluss vom 14. November 2023 - 4 StR 39/23, Rn. 16). Maßgebend sind dabei der Standpunkt eines besonnenen Angeklagten und die Vorstellungen, die er sich bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2018 - 2 StR 234/16, Rn. 24; vom 14. November 2023 - 4 StR 239/23, Rn. 16).
b) Hiernach besorgte der Angeklagte A. K. aus nachvollziehbaren Gründen, dass die Vorsitzende auch ihm gegenüber eine innere Haltung einnahm, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen konnte.
aa) Das Verhalten der Vorsitzenden im Hauptverhandlungstermin vom 28. Juni 2022 erwies sich jedenfalls gegenüber dem Verteidiger des Angeklagten T. K. als - evident - absprachewidrig.
(1) Die Fristsetzung der Vorsitzenden gemäß § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO bis zum 5. Juli 2022 ließ sich mit ihrer Zusicherung vom 7. Juni 2022 nicht in Einklang bringen. Die gesetzte Frist endete weit vor der ihr bekannten Urlaubsrückkehr des Verteidigers Rechtsanwalt Prof. Dr. M. und nahm diesem damit die Möglichkeit, Beweisanträge so rechtzeitig zu stellen, dass er von den Gründen etwaiger ablehnender Entscheidungen vor Urteilsverkündung Kenntnis nehmen und seine Verteidigungsstrategie daran ausrichten konnte. Die Schaffung dieser Sachlage durch die Vorsitzende berührte wesentliche Verteidigungsbelange in einem Maße, mit dem die Verteidigung und die Angeklagten nach dem Gespräch vom 7. Juni 2022 nicht rechnen mussten.
Angesichts dessen ist die Argumentation der Vorsitzenden und des die Ablehnung verwerfenden Beschlusses, die Verfahrenshandlungen vom 28. Juni 2022 seien für die Verfahrensbeteiligten erwartbar gewesen, nicht nachvollziehbar. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es nahegelegen, das beabsichtigte Vorgehen bei der Besprechung am 7. Juni 2022, spätestens aber in der Terminverfügung anzukündigen. Die Argumentation blendet aus, dass es konkrete Absprachen betreffend die urlaubsbedingte Ortsabwesenheit des Verteidigers Rechtsanwalt Prof. Dr. M. gegeben hatte, die dahin gingen, dass seine Anwesenheit während dieses Zeitraums nicht erforderlich sei. Diese Absprache konnte nur so verstanden werden, dass sie sich auf die Gesamtdauer des Urlaubs und nicht lediglich auf die konkreten Hauptverhandlungstermine bezog.
Soweit bereits vor dem 7. Juni 2022 angekündigt worden war, dass nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme die Setzung einer Frist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO beabsichtigt sei, erfolgte dies ohne Bezugnahme auf einen konkreten Zeitraum. Auch der Umstand, dass nach dem 5. Juli 2022 nur noch ein weiterer Fortsetzungstermin anberaumt war, führte nicht dazu, dass die Verteidiger und Angeklagten eine - in Ansehung des Prozessstoffes überdies eher kurze - Frist zur Stellung von Beweisanträgen vom 28. Juni 2022 bis zum 5. Juli 2022 antizipieren mussten. Es ist nicht unüblich, dass im Verlauf eines Verfahrens eine Fristsetzung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO für einen späteren Zeitpunkt angekündigt wird, nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme sodann aber - entgegen der ursprünglichen Einschätzung - doch keine Notwendigkeit hierfür gesehen wird. Unbeschadet dessen war die Anberaumung weiterer Fortsetzungstermine auch bei den gegebenen Planungsschwierigkeiten möglich.
(2) Die Ankündigung der Vorsitzenden, die Staatsanwaltschaft solle am 5. Juli 2022 ihren Schlussvortrag halten, lief ebenfalls der Absprache zuwider. Für die Verteidigung ist es - insbesondere in einer komplexen Wirtschaftsstrafsache - von entscheidender Bedeutung, Kenntnis davon zu erlangen, wie die Anklagebehörde die Sach- und Rechtslage nach durchgeführter Hauptverhandlung einordnet. Dies geschieht mitunter erstmals im Schlussvortrag; jedenfalls hat sich die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt ein abschließendes Bild von dem gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf gebildet und ist aufgrund von § 258 Abs. 1 StPO gehalten, ihre Sichtweise offenzulegen. An der tatsächlichen und rechtlichen Einordnung des Sachverhaltes durch die Anklagebehörde kann die Verteidigung, die nach § 258 Abs. 1 und 3 StPO regelhaft erst im Anschluss an die Staatsanwaltschaft das Wort erhält, ihre eigenen Schlussausführungen ausrichten und konkret benennen, in welchen Punkten sie die Beweis- oder Rechtslage anders wertet. Einem nur für einen Termin hinzugezogenen Terminvertreter, der die vorherigen Verfahrensgeschehnisse nicht kennt und der Beweisaufnahme nicht beigewohnt hat, ist es jedenfalls in komplexen Verfahren wie dem hier in Rede stehenden allenfalls eingeschränkt möglich zu beurteilen, auf welche Ausführungen der Staatsanwaltschaft ein besonderer Fokus zu legen ist.
Hinzu kommt, dass die Vorsitzende ausweislich ihrer dienstlichen Äußerung am 7. Juni 2022 mit den Verteidigern ausdrücklich besprochen hatte, dass - auch seitens der Staatsanwaltschaft - erst am 22. Juli 2022 plädiert werde. Soweit die Strafkammer eine solche Zeitplanung in ihrem Beschluss vom 8. Juli 2022 als lebensfern einstuft, hatte diese ihre Grundlage in dem von der Vorsitzenden am 7. Juni 2022 in Aussicht gestellten Programm. Die Ankündigung der Vorsitzenden, der Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft solle nunmehr bereits am 5. Juli 2022 entgegengenommen werden, lief damit nicht nur dem üblichen Verständnis von einem Sprungtermin, sondern auch dem zuwider, worauf sich die Verteidiger aufgrund des Gespräches vom 7. Juni 2022 eingestellt hatten und auch einstellen durften.
bb) Die Besorgnis der Befangenheit bestand auch aus Sicht des Angeklagten A. K. Dem steht nicht entgegen, dass in erster Linie die Verteidigung des Angeklagten T. K. durch die Verfahrenshandlungen vom 28. Juni 2022 beeinträchtigt war.
(1) Allerdings führt das bemakelte Verhalten eines Richters gegenüber einem von mehreren Angeklagten nur in besonderen Ausnahmefällen dazu, dass auch aus Sicht des Mitangeklagten eine Befangenheit zu besorgen steht. Derjenige, gegen den sich ein unangemessenes Verhalten nicht richtet, muss in der Regel auch nicht besorgen, dass gegenüber seiner Person eine Voreingenommenheit besteht. Dies kann allerdings ausnahmsweise anders zu beurteilen sein, wenn das zu beanstandende Verhalten gegenüber einem Angeklagten bzw. dessen Verteidigung auch Wirkungen gegenüber anderen Mitangeklagten entfaltet.
(2) Ein solcher Fall liegt hier vor.
(a) Bereits im Ausgangspunkt bestand in sachlicher und persönlicher Hinsicht eine sehr enge Verflechtung der Angeklagten untereinander. Dementsprechend hatte die Verteidigung der beiden angeklagten Brüder, denen als Tathandlung die gemeinsame faktische Geschäftsführung der AG und deren betrügerischer Geschäftsbetrieb als uneigentliches Organisationsdelikt zur Last gelegt wurde, ihr Verteidigungskonzept ersichtlich aufeinander abgestimmt.
(b) Prozessual war der Verteidiger des Angeklagten A. K. in die Absprache betreffend die Terminfragen wesentlich eingebunden. Es handelte sich um eine Vereinbarung unter Beteiligung beider Verteidiger, die dazu dienen sollte, das Verfahren unter Wahrung der Unterbrechungsfristen des § 229 Abs. 1 StPO fortzusetzen und damit die Aussetzung der Hauptverhandlung (§ 229 Abs. 4 StPO) zu vermeiden.
(c) Zudem vermittelte die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden den Eindruck, dass ihr die Relevanz, die das Beweisantragsrecht und der Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft für die Verteidigung haben, aus dem Blick geraten war. Dies in Kombination mit der einseitigen und überraschenden Lösung von der Absprache in einem Punkt, der die Verteidigungsmöglichkeiten eines Angeklagten ganz wesentlich berührt, stellt - auch in Zusammenhang mit einer früheren Äußerung der Vorsitzenden, das Verfahren müsse aufgrund der Geschäftslage der Strafkammer zügig beendet werden - in der gebotenen Gesamtschau einen Grund dar, der es auch aus Sicht des Angeklagte A. K. nicht unvernünftig erscheinen ließ, zu besorgen, die Rechte der Verteidigung und die sachgemäße Aufklärung würden um der zügigen Beendigung des Verfahrens willens in den Hintergrund gerückt (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. März 2012 - 3 StR 455/11, NStZ-RR 2012, 211; Beschluss vom 11. März 2003 - 3 StR 28/03, NStZ 2003, 666).
3. Das Urteil beruht auf dem Verfahrensverstoß (§ 338 Nr. 3 StPO). Damit unterliegt es in Bezug auf den Angeklagten A. K. umfassend der Aufhebung.
B. Revision des Angeklagten T. K.
Das Rechtsmittel des Angeklagten T. K. ist überwiegend begründet.
1. Den Verfahrensrügen, mit denen der Angeklagte eine umfassende Urteilsaufhebung erstrebt, bleibt der Erfolg versagt.
a) Soweit er die fehlerhafte Ablehnung seines oben dargestellten Befangenheitsantrages beanstandet, ist die Rüge nicht zulässig erhoben; sie genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
aa) Hiernach ist der Beschwerdeführer verpflichtet, die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen so genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 5 StR 432/11).
bb) Diesen Anforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht. Die Revision versäumt, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausführt, die dienstlichen Äußerungen der Vorsitzenden zum Ablehnungsgesuch des Angeklagten A. K. mitzuteilen, auf welche sowohl der das Ablehnungsgesuch verwerfende Beschluss der Strafkammer vom 8. Juli 2022 als auch die eigene Revisionsbegründung des Angeklagten T. K. Bezug nimmt. Deren Vorlage wäre zur ordnungsgemäßen Erhebung der Rüge erforderlich gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2023 - 6 StR 256/22, Rn. 9 mwN; MüKo-StPO/Conen/Tsambikakis, 2. Aufl., § 24 Rn. 60; Löwe/Rosenberg/Siolek, StPO, 27. Aufl., § 28 Rn. 33 mwN).
b) Den weiteren ebenfalls auf eine umfassende Urteilsaufhebung abzielenden Verfahrensrügen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift ausgeführten Gründen der Erfolg versagt.
c) Auf die Rüge der fehlerhaften Ablehnung eines Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Werthaltigkeit der Gegenleistung (§ 244 Abs. 4 StPO) kommt es nicht an, da die Sachrüge mit derselben Stoßrichtung Erfolg hat.
2. Die Revision des Angeklagten T. K. dringt mit der Sachrüge durch. Die Feststellungen tragen dessen Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB nicht.
a) Die Strafkammer hat den Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
aa) Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, 712; vom 5. Dezember 2017 - 4 StR 323/17, NStZ 2018, 538 und vom 19. Juli 2023 - 2 StR 77/22, NStZ 2023, 680 Rn. 8). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung des Getäuschten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711 und vom 19. Juli 2023 - 2 StR 77/22, aaO, jeweils mwN).
Im Falle eines - von der Strafkammer in den Blick genommenen - Eingehungsbetruges sind der Geldwert des gegen den Täuschenden erworbenen Anspruchs und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen; der Getäuschte ist geschädigt, wenn dieser Vergleich einen Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt (vgl. BGH, Urteile vom 20. März 2013 - 5 StR 344/12, BGHSt 58, 205, 208 Rn. 13 und vom 29. Oktober 2021 - 5 StR 443/19, NZWiSt 2022, 326, 332 Rn. 65 mwN). Maßgeblich für den Vergleich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2023 - 6 StR 258/23, NJW 2023, 3803, 3804 Rn. 10), wobei regelhaft dem Verkehrs- bzw. Marktwert der Leistung Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 - 1 StR 435/15, BGHSt 61, 149, 156 mwN; Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 115). Für die Beurteilung, ob ein Negativsaldo vorliegt, ist demgegenüber irrelevant, wie hoch der Verfügende den Wert der ihm zugedachten Leistung subjektiv taxiert (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 - 1 StR 435/15, BGHSt 61, 149, 155 mwN). Auch liegt ein Vermögensschaden nicht schon dann vor, wenn der Verfügende infolge eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2006 - 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15 mwN; Beschluss vom 16. August 1961 - 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 325). Da der Betrugstatbestand das Vermögen und nicht die Dispositionsfreiheit schützt, führen selbst erschlichene Unterschriften nicht ohne Weiteres zum Eintritt eines Vermögensschadens (vgl. BGH, Urteile vom 20. Februar 1968 - 5 StR 694/67, BGHSt 22, 88 und vom 16. Juni 2016 - 1 StR 20/16, NJW 2016, 3543, 3544 Rn. 35; MüKo-StGB/Hefendehl, 4. Aufl., § 263 Rn. 966, 987). Insoweit ist es im Hinblick auf die Schadensbestimmung auch ohne Belang, ob die einem Eingehungsbetrug zugrundeliegenden Verträge unwirksam bzw. nach § 123 BGB anfechtbar sind (vgl. BGH, Urteile vom 20. Februar 1968 - 5 StR 694/67, BGHSt 22, 88, 89 und vom 19. Juli 2001 - 4 StR 457/00, Rn. 14).
bb) Nach diesen Maßstäben wird der Eintritt eines Vermögensschadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB durch die Urteilsgründe nicht belegt.
(1) Die Strafkammer hat es versäumt, konkrete Feststellungen zum Markt- bzw. Verkehrswert der bei Abschluss des Vertrages erlangten Gegenleistung - dem Anspruch auf Eintragung in das Online-Register - zu treffen. Dies wäre erforderlich gewesen, da den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann, dass die angebotene Leistung objektiv betrachtet offensichtlich wertlos war.
Nach den Feststellungen nahm die AG die Eintragungen der Firmendaten in das Register tatsächlich vor. Anhaltspunkte dafür, dass das Register nicht gepflegt wurde oder lediglich aus einer ungeordneten Zusammenstellung der verschiedenen Daten von Gewerbetreibenden bestand, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen (anders in BGH, Urteil vom 28. Mai 2014 - 2 StR 437/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 37 Rn. 26). Das Register eröffnete verschiedene Suchfunktionen und Filtermöglichkeiten, es bestand eine Verlinkung mit einem Routenplaner. Zudem wurde selbiges über Google-Ad-Words beworben. Es gab Konkurrenzprodukte am Markt, die ähnliche Leistungen anboten. Ob und inwieweit sich das Angebot der Angeklagten von diesen - offenbar unbemakelten - Angeboten unterschied, wird in den Urteilsgründen nicht dargestellt. Ohne einen Vergleich der Funktionsweisen und der übrigen Angebotsbestandteile des von der AG angebotenen Registers mit jenen der Konkurrenzprodukte lässt sich der Wert der Eintragung in das von der AG angebotene Register nicht bemessen. Dies verkennt die Strafkammer, wenn sie einen solchen Vergleich ausdrücklich für entbehrlich hält und deshalb nicht anstellt.
Auch losgelöst von einem Vergleich mit weiteren am Markt zu findenden Angeboten unterbleibt eine Auseinandersetzung mit dem Wert der von der AG erbrachten Gegenleistung. Die hierfür gegebenenfalls maßgeblichen Anknüpfungspunkte wie Funktionsweisen und Nutzerzahlen benennt die Strafkammer nur in Ansatzpunkten; eine wirtschaftliche Einordnung unterlässt sie vollständig. Es fehlt somit an der - gebotenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, BVerfGE 130, 1, 47; BGH, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 StR 497/15, NStZ 2017, 30) - Bezifferung des Vermögensschadens.
(2) Der Eintritt eines Vermögensschadens wird auch nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des persönlichen Schadenseinschlages, den die Strafkammer zur Argumentation heranzieht, dargelegt.
(a) Danach kommt die Annahme eines Vermögensschadens auch bei objektiv gleichwertigen Leistungen unter anderem dann in Betracht, wenn der Erwerber die versprochene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595, 2598 f.; Beschluss vom 16. August 1961 - 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 326).
(b) Anhaltspunkte dafür, dass diese Rechtsprechung hier einschlägig wäre, finden sich im Urteil nicht. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass in der Person der Adressaten besondere Umstände vorlagen, die dazu führten, dass die erworbene Leistung für sie als Gewerbetreibende, auf die das Angebot zugeschnitten war, konkret nicht nutzbar war. Vielmehr stellt die Strafkammer - rechtsfehlerhaft ? zur Begründung eines persönlichen Schadenseinschlages Kriterien in die Abwägung ein, die Ausgangspunkt für die objektive Wertbestimmung der Gegenleistung sein könnten, nimmt eine solche dann aber - wie dargelegt - nicht vor. Ihre weitere Begründung, die Adressaten hätten von der erworbenen Gegenleistung keine Kenntnis gehabt, wird von den Urteilsgründen nicht gestützt. Der Irrtum der Adressaten bestand darin, dass diese über den privatrechtlichen Charakter bzw. die Zahlungspflicht irrten, nicht aber darin, dass sie die Aufnahme ihrer Daten in ein Register nicht erkannten.
(c) Der Sache nach scheint die Strafkammer den persönlichen Schadenseinschlag darin zu sehen, dass die Eintragung nach Auffassung der Adressaten keinen Nutzwert hatte, was aber - wie von der Strafkammer im rechtlichen Maßstab auch zutreffend dargelegt - für die Frage des Eintritts eines Vermögensschadens ohne Bedeutung ist.
b) Die Verurteilung wegen Betruges kann aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers keinen Bestand haben.
Ein Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Bezifferung des Schadens lässt sich - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - auch nicht mit der Begründung ausschließen, dass die Adressaten auf Grundlage von unwirksamen Verträgen tatsächlich gezahlt haben und es somit aufgrund einer rechtsgrundlosen Leistung auf der Ebene des Leistungsaustausches zum Eintritt eines Schadens gekommen sei. Ob zwischen der AG und den Adressaten ein zivilrechtlicher Vertrag zustande gekommen ist, kann anhand der Urteilsgründe bereits nicht geprüft werden; dies hätte ergänzender Feststellungen und Würdigung durch den Tatrichter bedurft. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass auch in diesem Fall der Eintritt eines Vermögensschadens nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung zu ermitteln und darzustellen gewesen wäre.
c) Da die Urteilsgründe bereits aufgrund der defizitären Feststellungen zum Vermögensschaden den Schuldspruch wegen Betruges nicht tragen, kommt es nicht entscheidend darauf an, dass auch die Feststellungen der Strafkammer zum Tatbestandsmerkmal der Täuschung (dazu aa)) und - in den Vollendungsfällen - zu einem hierauf beruhenden Irrtum (dazu bb)) Anlass zur Beanstandung geben.
aa) Die Strafkammer hat allerdings im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Angebotsschreiben grundsätzlich die Eignung besitzen, eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu begründen.
(1) Eine Täuschung ist jedes Verhalten mit Erklärungswert, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt. Sie erfordert ein Verhalten des Täters, das objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 5). Eine Täuschung muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent erfolgen. Das ist der Fall, wenn ein irreführendes Verhalten des Täters nach der Verkehrsauffassung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist, weil es die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber durch das Verhalten des Täters miterklärt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB auch dann anzunehmen sein, wenn sich der Täter - isoliert betrachtet - wahrer Tatsachenbehauptungen bedient; sein Verhalten wird in diesen Fällen dann zur tatbestandlichen Täuschung, wenn er die Eignung der - inhaltlich richtigen - Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 5; vom 19. Juli 2001 - 4 StR 457/00, Rn. 11; vom 28. Mai 2014 - 2 StR 437/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 37 Rn. 20). Dies kann insbesondere auch durch die äußere Gestaltung von Angebotsschreiben geschehen, etwa wenn der Eindruck erweckt werden soll, es handele sich um eine amtliche Kostenforderung bzw. eine Rechnung für eine zuvor erbrachte Leistung (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1; vom 4. Dezember 2003 - 5 StR 308/03, NStZ-RR 2004, 110; vom 28. Mai 2014 - 2 StR 437/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 37 Rn. 20). Der Annahme einer Täuschung steht in solchen Fällen nicht entgegen, dass die Adressaten bei sorgfältiger Prüfung den wahren Charakter eines Schreibens als Angebot hätten erkennen können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1986 - 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199, 201; vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1).
(2) Ausgehend davon ist der von der Strafkammer angenommene Erklärungsgehalt der Schreiben hier geeignet, eine Täuschung hervorzurufen.
(a) Dem Tatrichter kommt bei der Auslegung mündlicher und schriftlicher Erklärungen ein nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle unterliegender Beurteilungsspielraum hinsichtlich der darin enthaltenen Angaben und Behauptungen zu (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - 2 StR 353/21, Rn. 25; Beschlüsse vom 25. Juni 1952 - 5 StR 509/52, BGHSt 3, 69, 70 f.; vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 267/13, Rn. 23).
(b) Es ist demnach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Strafkammer der Gestaltung der Schreiben die Eignung zuspricht, eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu begründen. Sie hat den Erklärungswert der Schreiben im Rahmen ihres tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes dahingehend ausgelegt, dass diese den Eindruck vermittelten, es handele sich bei den Angebotsschreiben um behördliche Post und die Eintragung in das Register einschließlich der Zahlung der Gebühr sei rechtlich verpflichtend. Dies hat sie aufgrund der Verwendung eines an hoheitliche Embleme erinnernden Firmenzeichens, des verwendeten Umweltpapiers und der im Angebotsschreiben verwendeten Wortwahl rechtsfehlerfrei gewürdigt. Sie hat insoweit auch diejenigen Merkmale in den Blick genommen, die dem Eindruck eines Behördenschreibens entgegenstehen können, diese aber als nicht geeignet angesehen, diesen Eindruck zu entkräften.
(c) Dass die Strafkammer - anders als in den zuvor vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen - daneben keine zusätzlich hinzutretenden Besonderheiten, die das Irrtumspotential weiter steigerten, festgestellt hat - etwa einen bestimmten Adressatenkreis oder vorherige Geschäftsbeziehungen, aufgrund derer mit dem Eingang eines entsprechenden behördlichen Schreibens gerechnet werden musste (vgl. dazu BGH, Urteile vom 4. Dezember 2003 - 5 StR 308/03, NStZ-RR 2004, 110, 111 und vom 28. Mai 2014 - 2 StR 437/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 37 Rn. 26) -, steht der Annahme einer Täuschung nicht entgegen. Der isoliert wahre Inhalt der Schreiben diente hier - genau wie in den der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fällen - lediglich als Fassade, um die angestrebte Zahlung nach außen hin als geschuldet und damit rechtmäßig erscheinen lassen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 6). Dabei machten sich die Angeklagten zu Nutze, dass bei den Empfängern, die von der Redlichkeit einer Behörde ausgehen durften und in deren Schreiben regelmäßig nur solche Informationen erwarteten, die mit dem äußeren Erscheinungsbild der Schreiben in Einklang standen, der Eintritt eines auf Unaufmerksamkeit beruhenden Routineirrtums nahelag (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. Dezember 2003 - 5 StR 308/03, NStZ-RR 2004, 110, 111).
(3) Allerdings hat sich die Strafkammer nur in Ansätzen damit befasst, dass verschiedene Arten von Angebotsschreiben verwendet wurden, die in Layout und Wortwahl voneinander abwichen. Die Würdigung der Täuschungseignung nimmt sie weitgehend einheitlich vor, ohne den täuschenden Erklärungswert der einzelnen Schreiben mit Blick auf den jeweiligen Adressaten in den Blick zu nehmen. Solche Abweichungen werden im nächsten Rechtsgang näher als bisher geschehen zu berücksichtigen sein.
bb) In den Vollendungsfällen hat es die Strafkammer zudem versäumt, konkret festzustellen, worin der Irrtum der jeweiligen Adressaten zu sehen ist.
(1) Nach den Feststellungen der Strafkammer verlief die Irrtumserregung nicht bei allen Adressaten der Schreiben identisch. Aus den Urteilsgründen geht hervor, dass einige Adressaten nicht bereits auf das erste Angebotsschreiben reagierten, sondern erst tätig wurden, als ein Erinnerungsschreiben der AG bei ihnen einging. Unter diesen Adressaten befand sich wiederum ein Teil, der erst aufgrund dieses Erinnerungsschreibens den Eindruck gewann, die Unterzeichnung und Rücksendung sei rechtlich verpflichtend. Der andere Teil hatte diesen Eindruck bereits aufgrund des Ursprungsschreibens gewonnen und lediglich aus Nachlässigkeit nicht sofort reagiert.
(2) Die vorstehenden Feststellungen trifft die Strafkammer allerdings nur in allgemeiner Form, ohne sie den jeweiligen Einzelfällen zuzuordnen. Im nächsten Rechtsgang werden - naheliegend unter Bildung von Fallgruppen, innerhalb derer die Vernehmung einer repräsentativen Anzahl von Zeugen ausreichend ist - differenzierte Feststellungen zu treffen sein, die erkennen lassen, welche Geschädigten gegebenenfalls aufgrund welcher Schreiben einem Irrtum unterlagen.
3. Das Urteil unterliegt damit auch auf die Revision des Angeklagten T. K. der Aufhebung. Allerdings können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu seiner Person bestehen bleiben, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
1. Der vom Generalbundesanwalt aufgezeigten Möglichkeit, für die Tatbestandsverwirklichung auf die tatsächlich erfolgte Zahlung der Adressaten abzustellen, kommt erst dann eigenständige Bedeutung zu, wenn auf der Ebene des Eingehungsbetruges eine Täuschung oder der Eintritt eines Schadens nicht festgestellt werden kann. Andernfalls stellt sich der Leistungsaustausch lediglich als Vertiefung der mit Vertragsschluss begründeten Schädigung dar und markiert die materielle Beendigung der Tat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, NJW 2002, 905, 908; Graf/ Jäger/Wittig/Dannecker, StGB, 3. Aufl., § 263 Rn. 153).
2. Sollte sich das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht demnach mit der Frage zu befassen haben, ob erst auf Ebene des Leistungsaustausches der Betrugstatbestand verwirklicht wurde, wäre eine genaue Abgrenzung vorzunehmen, bei welchen Adressaten die Vermögensverfügung auf die ursprüngliche Täuschung - die Übersendung des vermeintlichen Behördenschreibens - zurückzuführen war und welche Adressaten ihren Irrtum vor Überweisung des Geldbetrages korrigierten und erkannten, dass ihnen der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages angeboten worden war. In den letztgenannten Fällen wäre auch zu erörtern, ob die Verträge - etwa aufgrund eines fehlenden Erklärungsbewusstseins oder eines Dissens - unwirksam waren und ob dies der Vorstellung der Angeklagten entsprach. In dem Fall könnte - wie vom Generalbundesanwalt dargelegt - in der Übersendung der Rechnungen eine eigenständige Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu sehen sein, sofern in der Geltendmachung der Forderung eine Täuschung über Tatsachen und nicht nur eine Behauptung über die Rechtslage zu sehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 2 StR 573/15, NStZ 2018, 215, 216; Krack, ZIS 2014, 536, 544; Eisele, NStZ 2010, 193, 198). Ein solcher Fall läge vor, wenn der Rechnung der konkludente Erklärungsgehalt entnommen werden könnte, dass die Angeklagten davon ausgingen, die Adressaten hätten die Angebotsschreiben frei von Willensmängeln unterzeichnet und zurückgesandt, obwohl sie tatsächlich mit derartigen Willensmängeln rechneten. Auch in dem Fall könnte zur Begründung des Schadenseintritts indes nicht allein auf die rechtsgrundlose Zahlung abgestellt werden, sondern Leistung und Gegenleistung wären - wie stets - nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung miteinander zu vergleichen.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1450
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede