HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 944
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 579/18, Beschluss v. 04.09.2019, HRRS 2020 Nr. 944
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 4. Dezember 2017, soweit es ihn betrifft,
a) im Fall A. III. 4. der Urteilsgründe (unerlaubtes Betreiben eines Versicherungsgeschäfts bezüglich des Produkts „Flex. ") und, soweit er wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 21 Fällen verurteilt worden ist, aufgehoben. Insoweit wird der Angeklagte freigesprochen; in diesem Umfang hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen; die Gesamtgeldstrafe entfällt;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in zwei Fällen und der Beihilfe zur unbefugten Geschäftstätigkeit schuldig ist;
c) im Ausspruch über die im Fall A. III. 3. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Auf die Revision der Einziehungsbeteiligten T. AG wird das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass gegenüber dieser Einziehungsbeteiligten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 597.361,43 € als Gesamtschuldnerin mit der Einziehungsbeteiligten A. GmbH angeordnet wird; die weitergehende Einziehung entfällt.
3. Die weitergehenden Revisionen des Angeklagten K. und der Einziehungsbeteiligten T. AG sowie die Revisionen des Angeklagten F. und der Einziehungsbeteiligten A. GmbH werden als unbegründet verworfen; jedoch wird auf die Revision der A. GmbH der sie betreffende Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass in Höhe von 597.361,43 € die Einziehung des Wertes von Taterträgen als Gesamtschuldnerin mit der Einziehungsbeteiligten T. AG angeordnet ist.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten K., an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Der Angeklagte F. und die Einziehungsbeteiligten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird bezüglich des Rechtsmittels der T. AG die Revisionsgebühr um 2/3 ermäßigt. 2/3 der insoweit entstandenen Auslagen und der der Einziehungsbeteiligten T. AG in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betruges in zwei Fällen, wegen unbefugter Geschäftstätigkeit in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 17 weiteren Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt. Gegen den Angeklagten F. hat es wegen Betruges in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verhängt. Gegen die Einziehungsbeteiligte T. AG hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.737.656,60 € (nach den Urteilsgründen indes von 1.573.575,15 € [UA S. 1298, 1302]) und gegen die Einziehungsbeteiligte A. GmbH in Höhe von 4.864.218,53 € angeordnet.
Gegen ihre Verurteilungen bzw. gegen die Einziehungsanordnungen wenden sich die vier Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, mit welchen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstanden. Die Rechtsmittel des Angeklagten K. und der Einziehungsbeteiligten erzielen jeweils mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen - bezüglich der A. GmbH geringen - Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen sind die Revisionen ebenso wie das Rechtsmittel des Angeklagten F. aus den Erwägungen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Das Landgericht hat - soweit die Revisionen nicht nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden sind - zu den hier noch maßgeblichen Punkten Folgendes festgestellt:
Der vormals Mitangeklagte und mittlerweile verstorbene W. war Geschäftsführer der die U. -Gruppe beherrschenden U. GmbH, die Reise-, insbesondere Flugleistungen über Internetportale vermittelte. Zu der U. -Gruppe zählten u.a. die Einziehungsbeteiligte A. GmbH, deren Geschäftsführung der Angeklagte F. angehörte, sowie die Einziehungsbeteiligte T. AG, deren Vorstand W. von Oktober 2009 bis Februar 2010 und danach der gesondert verfolgte G. waren. Der Angeklagte K. steuerte in der Unternehmensgruppe als Leiter des Bereichs Finanzen und Rechnungswesen („CFO“) den Zahlungsverkehr und war in die strategischen Entscheidungen eingebunden.
1. Der Angeklagte K. erwarb für die U. H. GmbH aufgrund einer Einzelvollmacht im Februar 2012 die Anteile an der Kl. GmbH, die u.a. Reiserücktrittsvereinbarungen unter der Bezeichnung „StornoS.“ als unselbständige Nebenabreden zu Hotel- und Reisedienstleistungen abgeschlossen hatte. Diese Einstufung als unselbständige Nebenabrede hatte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Schreiben vom 20. März 2002 mit der Folge geteilt, dass das Vertreiben solcher Verträge nicht der Versicherungsaufsicht unterfiel. Nach § 6.3 des Kaufvertrags übernahm die Kl. GmbH eine Bankbürgschaft für den Fall, dass „die Genehmigung vom 20.03.2002 für das Geschäftsmodell von 'ku. de' nicht mehr anerkannt werden sollte“.
Die U. GmbH führte das Versicherungsprodukt über das Portal „www.ho. de“ unter der Bezeichnung „Storno.“ fort und erstattete ihren Kunden gegen Zahlung einer Gebühr die Kosten, die bei Stornierung anfielen, wenn der Kunde infolge Todes, einer schweren Unfallverletzung, Verlusts des Arbeitsplatzes u.ä. die Reise oder den Hotelaufenthalt nicht antreten konnte. Dafür hatte die U. GmbH indes keine Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der gegenüber die Mitarbeiter der U. -Gruppe in der Korrespondenz ab Juni 2011 verschwiegen, dass die U. GmbH - anders als die Kl. GmbH - Reiseleistungen nur vermittelte. Dies wusste der Angeklagte K., der in die Kommunikation eingebunden und mit dem Projekt befasst war und dennoch den Zeugen Klo. im Januar 2012 zur Einziehung der Entgelte anwies. Die U. GmbH vereinnahmte aus dem Abschluss der Reiserücktrittsversicherungen vom 31. März 2011 bis 30. Oktober 2012 Erlöse in Höhe von rund 1,05 Mio. €.
2. Auf W. s Anweisung boten die U. GmbH über das Portal „www.f. de“ vom 4. November 2011 bis zum 31. Oktober 2012 sowie die T. AG über das Portal „www.fl. de“ vom 14. Dezember 2011 bis zum 30. September 2012 eine zusätzliche Buchungsoption mit der Bezeichnung „Flex.“ zum Schutz gegen Mehrkosten beim Umbuchen von Reisen ohne Angabe von Gründen an: Gegen ein gesondertes Entgelt verpflichtete sich die U. GmbH bzw. die T. AG, Gebühren für die Umbuchungen des Kunden oder für Stornierungen und anschließende Neubuchungen in Höhe von bis zu 200 € zu übernehmen. Dabei waren diese Buchungen durch den Kunden an keine weiteren äußeren Ereignisse wie etwa Tod, Krankheit oder Verlust eines Arbeitsplatzes gebunden. Die Kosten beliefen sich zwischen rund 30 € und 670 €. Die U. GmbH vereinnahmte aus dem Abschluss der „Flex. "-Verträge Buchgelder in Höhe von 976.213,72 €, die sie gemäß einem Fulfillmentvertrag „durch Gutschriften oder Verrechnungen“ (UA S. 1054) an die T. AG weiterleitete, was Gegenstand der Abschöpfung ist. Am 14. Juni 2012 teilte der Zeuge H., Justitiar der Rechtsabteilung der U. H. GmbH, der mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht korrespondierte, dem Angeklagten K. mit, die „Flex. "- Verträge seien keine Versicherungsgeschäfte, weil die Kunden ohne Angabe von Gründen umbuchen dürften und damit das Inanspruchnehmen der Erstattung von Umbuchungsgebühren nicht vom Eintritt eines ungewissen, nicht vorhersehbaren Ereignisses abhänge. Der Angeklagte K. war mit dem Projekt nur am Rande befasst und nicht im Einzelnen in die Entwicklung und Umsetzung eingebunden. Indes behielt er sich zusammen mit W. vor, dass die Schreiben an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht durch sie freizugeben waren.
3. Obwohl der Angeklagte K. damit rechnete, dass die Erlöse aus dem Abschluss der „Flex. "-Verträge der Versicherungsteuer unterfielen, sorgte er, als Bereichsleiter für Finanzen und Rechnungswesen auch für die Steuerangelegenheiten verantwortlich, nicht für eine gründliche Überprüfung einer etwaigen Versicherungsteuerpflicht; vielmehr nutzte er die bestehenden Unklarheiten aus, um möglichst viel an Steuern zu sparen. Zusammen mit W. setzte sich der Angeklagte K. für ein Gutscheinmodell ein, wonach (allein) Umsatzsteuer erst bei Einlösen ausgegebener Gutscheine durch die umbuchenden Kunden anfallen sollte; letztendlich nahm der Angeklagte K. davon aber im April 2012 Abstand und wies die Buchhaltung an, sämtliche Erlöse aus dem Produkt „Flex.“ umsatzsteuerwirksam zu erfassen. Dadurch unterstützte der Angeklagte K. die vertretungsberechtigten Organe der U. GmbH in elf Fällen, durch Nichtabgabe entsprechender Steuererklärungen für den Zeitraum von November 2011 bis Oktober 2012 (Zusammenfassung von November 2011 und Dezember 2011 in einem Quartal) Versicherungsteuern in Höhe von 780.282,82 € zu verkürzen, und der T. AG in zehn Fällen, für den Zeitraum von Dezember 2011 bis September 2012 Versicherungsteuern in Höhe von 128.995,73 € zu hinterziehen. Umsatzsteuervoranmeldungen gaben die beiden Gesellschaften hinsichtlich der genannten Besteuerungszeiträume jeweils ab.
II. Revisionen
1. Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen unbefugter Geschäftstätigkeit in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 21 Fällen hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Bezüglich des Vertreibens der „Flex. "-Verträge, vom Landgericht nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF (entspricht § 331 Abs. 1 Nr. 1 VAG nF) geahndet, ist schon das Betreiben eines Versicherungsgeschäfts zweifelhaft. Jedenfalls ist ein hierauf gerichteter Vorsatz des Angeklagten K. nicht tragfähig belegt.
aa) Bei der Voraussetzung „Versicherungsgeschäft“ handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal, für dessen Auslegung vornehmlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heranzuziehen ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/3945, S. 56). Danach ist ein Versicherungsgeschäft gegeben, wenn gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses bestimmte Leistungen übernommen werden, wobei das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt wird und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Anzahl beruhende Kalkulation zugrunde liegt (BVerwG, Urteile vom 29. September 1992 - 1 A 26/91 Rn. 14; vom 19. Mai 1987 - 1 A 88/83 Rn. 32, BVerwGE 77, 253, 254; vom 15. Juli 1980 - 1 A 9/78 Rn. 25; vom 19. Juni 1969 - I A 3.66 Rn. 16 f., BVerwGE 32, 196, 197; vom 21. September 1967 - I C 31.65 Rn. 31, BVerwGE 27, 334, 336 und vom 22. März 1956 - I C 147.54 Rn. 12, BVerwGE 3, 220, 221). Durch die Versicherungsaufsicht soll der „große(n) wirtschaftliche(n), soziale(n) und ethische(n) Bedeutung“ des Versicherungswesens Rechnung getragen und der Gefahr eines Missbrauchs mit drohenden schweren Schäden für das Allgemeinwohl und den Einzelnen, der sich dem Versicherer ohne Möglichkeit zu eigener zuverlässiger Beurteilung anvertraut hat, begegnet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1956 - I C 92.55 Rn. 19, BVerwGE 3, 303, 304).
bb) Danach kann schon nicht ohne Weiteres von einem Versicherungsgeschäft ausgegangen werden. Das Erfordernis des Eintritts eines ungewissen Ereignisses legt nahe, dass es vom Willen des Versicherungsnehmers unabhängig ist (Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2020, § 1 VAG Rn. 13). Ein „Schaden“ indiziert ein unfreiwilliges Vermögensopfer, eine „Risikoübernahme“, dass der Kunde zunächst ein Risiko trägt, welches durch die Abrede auf den Versicherer verlagert wird.
Die freie Entscheidung der Kunden war indes vom Zufall abgekoppelt und schloss ein freiwilliges Vermögensopfer für die U. GmbH mit ein. Insofern bestand von vornherein ein Wagnis nur auf Seiten der U. GmbH und der T. AG. Auf die Gründe, die den Kunden zur Umbuchung veranlassten, kam es nicht an. Diese Besonderheit nimmt dem Zusatzvertrag das Charakteristikum eines „klassischen Reisevertrages“. Einzelne Regelungen aus den Geschäftsbedingungen der U. -Gruppe stehen dieser Würdigung nicht entgegen. Vielmehr lief die Schadensminderungspflicht des § 5 Nr. 1 der „Flex. Umbuchungsservice"-Geschäftsbedingungen der U. GmbH bzw. der T. AG, wonach „die Flüge bei Bedarf unverzüglich umzubuchen (sind), um die Umbuchungsgebühren sowie die Mehrkosten der verlegten Flüge möglichst niedrig zu halten“, ins Leere. Wann sich der Kunde „willkürlich“ zur Umbuchung entschied, blieb den beiden U. -Gesellschaften verborgen.
cc) Jedenfalls belegt das Landgericht den entsprechenden Vorsatz des Angeklagten K. nicht rechtsfehlerfrei. Dieser hätte das Versicherungsgeschäft als normatives Tatbestandsmerkmal in seinem rechtlichen Bedeutungsgehalt zutreffend erfassen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. September 2019 - 1 StR 346/18 Rn. 20 ff. und vom 3. März 2020 - 5 StR 595/19 Rn. 8). Dieser, der Annahme eines Versicherungsgeschäfts entgegenstehende Gesichtspunkt der freien Entscheidung des Kunden war Gegenstand der strategischen Überlegungen innerhalb der U. -Gruppe, wie etwa H. s Schreiben vom 14. Juni 2012 an den Angeklagten K. belegt. Mit der Frage, ob der Angeklagte K. trotz dieser Besonderheit der vertraglichen Ausgestaltung von einem Versicherungsgeschäft ausging oder dessen Vorliegen zumindest billigend in Kauf nahm, hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen (vgl. insbesondere UA S. 1239, 1280). Solches drängte sich angesichts des üblichen Sprachgebrauchs und Verständnisses von einem „Schaden“ oder einer „Risikoübernahme“ nicht auf.
dd) Insbesondere wegen des Zeitablaufs ist auszuschließen, dass weitergehende tragfähige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten K. bezüglich des Bedeutungsgehalts eines Versicherungsgeschäfts unter Umgehung der Versicherungsaufsicht möglich sind. Ebenso wenig bestehen unter den hier gegebenen Umständen belastbare Anhaltspunkte für eine fahrlässige Strafbarkeit (§ 140 Abs. 2 VAG aF, entspricht § 331 Abs. 3 VAG nF). Schließlich kommt auch eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach §§ 144 ff. VAG aF nicht in Betracht. Daher ist auf Freispruch aus tatsächlichen Gründen zu erkennen (§ 354 Abs. 1 StPO).
b) Aus dem gleichen Grund ist der Angeklagte K. vom Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 21 Fällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1 AO, § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, 2, § 7 Abs. 1 Satz 2, 3 aF, § 6 Abs. 1, §§ 1 f. VersStG, §§ 27, 53 StGB) freizusprechen. Wiederum erfüllen die tatgerichtlichen Feststellungen und Beweiswürdigung nicht den Nachweis, dass der Angeklagte K. den Sinngehalt eines Versicherungsgeschäfts diesmal in steuerlicher Hinsicht erfasste.
aa) Insoweit ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
(1) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Gemäß § 2 Abs. 1 VersStG gilt als Versicherungsvertrag auch eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen oder Personenvereinigungen, solche Verluste oder Schäden gemeinsam zu tragen, die den Gegenstand einer Versicherung bilden können. Anmeldepflichtig bezüglich daraus erlangter Entgelte (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 VersStG) ist der Versicherer (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, 2, § 7 Abs. 1 Satz 2, 3 aF VersStG ["haftet"]; seit 12. Dezember 2012 als „Steuerentrichtungsschuldner“ nach § 7 Abs. 2 VersStG nF).
(1.1) Das VersStG enthält ebenso wenig wie das VAG, wie ausgeführt, oder das VVG eine Legaldefinition des „Versicherungsverhältnisses"; sein Inhalt ist daher vor allem aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem allgemeinen Versicherungsrecht zu entwickeln. Unter dem Versicherungsverhältnis sind das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen. Dabei ist der Begriff der Versicherung weit gefasst und nach dem besonderen Zweck des Versicherungsteuerrechts zu deuten. Das allgemeine Versicherungsrecht ist für das Versicherungsteuerrecht nur insoweit maßgebend, als dass das VersStG nichts anderes erkennen lässt; vor allem muss es sich nicht um eine der Versicherungsaufsicht unterliegende Versicherungsunternehmung handeln (BFH, Urteile vom 29. November 2006 - II R 78/04 Rn. 10 und vom 19. Juni 2013 - II R 26/11, BFHE 241, 431 Rn. 13; Beschluss vom 30. März 2015 - II B 79/14 Rn. 4, 12).
(1.2) Wesentliches Merkmal eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG ist ein vom Versicherer gegen Entgelt übernommenes, beim Versicherungsnehmer angesiedeltes Wagnis, um damit eine (Massen-) Gemeinschaft mit dem Ziel zu bilden, Gefahren, das heißt ungewisse Schäden oder ungewisse Verluste, die die Mitglieder der Gefahrengemeinschaft unmittelbar selbst betreffen, gemeinsam zu tragen (BFH, Urteile vom 14. November 2018 - XI R 16/17, BFHE 263, 71 Rn. 35; vom 7. Dezember 2016 - II R 1/15, BFHE 256, 534 Rn. 12; vom 11. Dezember 2013 - II R 53/11, BFHE 244, 56 Rn. 16 und vom 19. Juni 2013 - II R 26/11, BFHE 241, 431 Rn. 12). Die von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien sollen den Risikoausgleich ermöglichen (BFH, Beschluss vom 30. März 2015 - II B 79/14 Rn. 8). Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes (BFH, Urteile vom 13. Dezember 2011 - II R 26/10, BFHE 236, 212 Rn. 18; vom 8. Dezember 2010 - II R 12/08, BFHE 232, 223 Rn. 16 und II R 21/09, BFHE 231, 403 Rn. 12).
(2) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. die Verkürzung billigend in Kauf nimmt; bedingter Vorsatz genügt. Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatumstandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB; BGH, Urteile vom 10. Juli 2019 - 1 StR 265/18 Rn. 30; vom 8. September 2011 - 1 StR 38/11 Rn. 21 f., BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 5 und vom 24. Januar 2018 - 1 StR 331/17 Rn. 14; jeweils mwN).
bb) Ob an den Grundsätzen unter vorstehend aa) (1) gemessen der Verstoß gegen die Pflichten aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 VersStG, die Entgelte aus dem Abschluss des Vertriebs der „Flex. "-Verträge zu erklären (für die Versicherungsteuerpflicht: FG Köln, Urteil vom 16. März 2018 - 2 K 1430/14 - rechtskräftig), strafbewehrt ist (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), kann offenbleiben. Denn es ist nicht tragfähig begründet, dass der Angeklagte K. insoweit Vorsatz bezüglich der verkürzten Festsetzung von Versicherungsteueransprüchen hatte und damit von einer vorsätzlich begangenen Haupttat ausging (insbesondere UA S. 1252-1255).
(1) Vor allem fehlt es an einer tatgerichtlichen Auseinandersetzung damit, dass auf Betreiben des Angeklagten K. die von der U. GmbH und der T. AG erzielten Entgelte in deren Umsatzsteuererklärungen einflossen. Wenn aber das Landgericht aus dem generellen Ziel des Angeklagten K., möglichst viel an Steuern zu sparen, auf bedingten Vorsatz schließt, hätte es zwingend der Erörterung des § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG bedurft. Danach sind die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG umsatzsteuerfrei. Damit soll eine doppelte Belastung des Versicherten mit Versicherung- und zugleich Umsatzsteuer vermieden werden (BFH, Urteile vom 14. November 2018 - XI R 16/17, BFHE 263, 71 Rn. 46; vom 13. Juli 2006 - V R 24/02 Rn. 35, BFHE 213, 430, 436; vom 30. Januar 2003 - V R 13/02 Rn. 24 und vom 9. Oktober 2002 - V R 67/01 Rn. 37, BFHE 200, 126, 129). Das Landgericht hätte die in die Umsatzsteuererklärungen eingeflossenen höheren Umsätze (UA S. 1060 f.) den etwaig dem VersStG unterfallenden niedrigeren, nur in Deutschland ansässige Personen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 2 VersStG) betreffenden Entgelten (UA S. 1286 f.) gegenüberstellen und erörtern müssen, ob die beiden U. -Gesellschaften bei einer Beschränkung auf die Umsatzsteuerpflicht im Vergleich zu einer Versicherungsteuerpflicht tatsächlich Steuern hätten sparen können (vgl. UA S. 1247: „im Ergebnis gleich hohe Besteuerung“). Die Umsatzsteuerzahllasten auf UA S. 1060 f. erschließen sich jedenfalls ohne weitere Erörterung nicht.
Diese Erörterungslücke ist nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu schließen; denn auch bei der rechtlichen Würdigung (UA S. 1285) wird der Zusammenhang zwischen Versicherungsteuer und Umsatzsteuerbefreiung nicht erkennbar bedacht.
(2) Hinzu treten die bereits im Rahmen des § 140 VAG aF (1. a) bb)) dargestellten durchgreifenden Bedenken der umfassenden Kostenerstattungspflicht der U. -Gesellschaften:
Das zu versichernde Risiko soll aus versicherungsteuerlicher Sicht allein im Gebrauchmachen von der Möglichkeit des Kunden, gebuchte Flüge oder Hotelreservierungen zu stornieren, bestehen; dies erfülle die Anforderungen an ein versicherbares Wagnis, weil das Entstehen, der Zeitpunkt und auch die Höhe eines künftigen Bedarfs, der aufgrund der Vereinbarung gedeckt werden soll, ungewiss seien (FG Köln aaO Rn. 46, 50). Es soll für eine Versicherungsteuerpflicht der erzielten Entgelte genügen, dass die Ungewissheit von vornherein allein aus Sicht des Versicherers zu beurteilen ist. Indes war im Ergebnis damit durch die umfassende Kostenerstattungspflicht das Wagnis der Umbuchungskosten von vornherein bei den U. -Gesellschaften angesiedelt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte K. dieses weite Verständnis des Begriffs der Versicherung nachvollzog.
cc) Auch für diesen Vorwurf sind keine weitergehenden Feststellungen von einem neuen tatrichterlichen Rechtsgang zu erwarten. Ebenso wenig bestehen ausreichende Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges Handeln des Angeklagten K. und damit für die Ordnungswidrigkeit einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 Abs. 1 AO). Daher ist wiederum auf Freispruch zu erkennen.
c) Die Verurteilung des Angeklagten K. wegen unbefugter Geschäftstätigkeit (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF) durch den Vertrieb des Produkts „Storno.“ begegnet ebenfalls durchgreifenden Bedenken (dazu unter aa)). Die Feststellungen tragen aber eine Verurteilung wegen Beihilfe zur unbefugten Geschäftstätigkeit (dazu unter bb)).
aa) Nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF macht sich u.a. strafbar, wer ohne Erlaubnis ein Versicherungsgeschäft betreibt. Diese Vorschrift ist ein Sonderdelikt: Täter nach § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG aF kann nur derjenige sein, der das Versicherungsgeschäft betreibt (Bücherl in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl., § 140 VAG Rn. 5; 2. Aufl., § 331 VAG Rn. 8; Wache/ Lutz in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2020, § 331 VAG Rn. 5 f.). Der Angeklagte K. war weder Geschäftsführer der U. GmbH (§ 14 Abs. 1 StGB) noch Betriebsleiter (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 StGB). Demnach könnte ihn - neben den gegebenenfalls trotz Delegation weiterhin haftenden Organen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 StGB: „auch“) - eine strafrechtliche Verantwortung wegen der Abschlüsse der „Storno. "- Verträge nur als Teilbetriebsleiter (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 StGB) oder kraft ausdrücklichen Auftrags (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) treffen. Beides ist indes nicht der Fall.
(1) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 StGB ist Voraussetzung, dass der Angeklagte vom Inhaber des Betriebs oder einem sonst dazu Befugten beauftragt war, den Betrieb zum Teil zu leiten, und aufgrund dieses Auftrags gehandelt hat. Teil eines Betriebs in diesem Zusammenhang ist sowohl der räumlich als auch der sachlich abgegrenzte betriebliche Verantwortungsbereich (BGH, Urteil vom 4. Juli 1989 - VI ZR 23/89 Rn. 9).
Eine solche Teilbetriebsleiterstellung bezüglich der U. GmbH ist nicht festgestellt und ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte K. eine solche Vertragsabteilung innerhalb der U. GmbH selbständig und eigenverantwortlich leitete; vielmehr kam ihm aufgrund seiner Stellung innerhalb der U. -Gruppe lediglich eine - für eine Täterstellung nicht ausreichende - Mitentscheidungsbefugnis zu.
(2) Für eine Übertragung einer strafrechtlichen Verantwortung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB fehlt es an Feststellungen zu einem ausdrücklichen Auftrag. Insoweit gilt:
(2.1) Ein Auftrag zur Übernahme des Verantwortungsbereichs für das Vertreiben der „Storno. "-Verträge wäre zwar formfrei denkbar. Ein solcher Auftrag muss jedoch zweifelsfrei erteilt werden und ausreichend konkret sein, damit für den Beauftragten das Ausmaß der von ihm zu erfüllenden Pflichten eindeutig erkennbar ist. An die Beauftragung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB sind - wie schon die ansonsten nicht zu rechtfertigende Gleichstellung mit den Organen und Betriebsleitern (§ 14 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 StGB) verdeutlicht - strenge Anforderungen zu stellen. Mit der Beauftragung wird eine persönliche Normadressatenstellung des Beauftragten begründet, die ihm strafbewehrt die Erfüllung betriebsbezogener Pflichten überbürdet. Das bloße Einräumen von Leitungsbefugnissen reicht hierfür ebenso wenig aus wie das Einbeziehen in eine unternehmerische Mitverantwortung. Entscheidend ist vielmehr, dass gesetzliche Pflichten in die eigenverantwortliche Entscheidungsgewalt des Beauftragten übergehen. Die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB führt zu einer jedenfalls partiellen Verlagerung strafbewehrter Pflichten von primär zuständigen Organen auf nachgeordnete Mitarbeiter. Deshalb darf auch nicht ohne Weiteres von der Übertragung von Leitungsbefugnissen auf die Begründung einer Normadressatenstellung geschlossen werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob - wie etwa im Hinblick auf die betriebliche Struktur und die Vorerfahrung der handelnden Personen - eine sachliche Notwendigkeit für eine derart weitgehende Aufgabenübertragung bestanden haben könnte. Je weniger eine solche erkennbar ist, umso ferner liegt es, eine Übertragung genuiner Pflichten des Organs anzunehmen. Die sinnvolle Aufgabenabschichtung zwischen Organ und Beauftragtem liegt dem Tatbestand des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB als Grundidee zugrunde (vgl. BT-Drucks. 10/318 S. 15), weil es für den Beauftragten regelmäßig nur unter dieser Voraussetzung möglich sein wird, im Aufgabenbereich des eigentlichen Organs selbständig zu handeln. Fehlt dem mit solchen Aufgaben Betrauten die eigene Entscheidungsfreiheit, dann handelt er nicht wie ein organschaftlicher Vertreter, sondern allenfalls als dessen Gehilfe (BGH, Beschluss vom 12. September 2012 - 5 StR 363/12, BGHSt 58, 10, 12 f. Rn. 13-15; Urteil vom 7. April 2016 - 5 StR 332/15, BGHR StGB § 14 Abs. 2 Nr. 2 Beauftragung 2 Rn. 16; Raum in Wabnitz/Janovsky/ Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 12).
(2.2) Gemessen an diesen Voraussetzungen ist eine Beauftragung durch W. oder sonstige ausreichend befugte Personen nicht ersichtlich. Der Angeklagte K. hatte nur Mitentscheidungsbefugnis, aber nicht die alleinige Verantwortung.
bb) Der Senat sieht auch insoweit von einer Zurückverweisung ab. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich eine Beauftragtenstellung des Angeklagten K. in einem neuen tatrichterlichen Verfahren noch belegen ließe. Auf der Grundlage der Feststellungen liegt aber sicher eine Beihilfe (§ 27 StGB) des in vollem Umfang in das Tatgeschehen einbezogenen Angeklagten vor. Denn der Angeklagte K. sorgte für den Erwerb des Produkts „StornoS.“ von der Kl. GmbH und schuf damit die Voraussetzungen dafür, dass die U. GmbH den Abschluss der „Storno. "-Verträge anbieten konnte. Später war er als Bereichsleiter für Finanzen und Rechnungswesen für die Verbuchung der Erlöse der U. GmbH verantwortlich.
cc) Es ist auszuschließen, dass sich der Angeklagte gegen die - für sich genommen nicht beschwerende - Änderung des Schuldspruchs von Täterschaft auf Beihilfe wirksamer als geschehen hätte verteidigen können (§ 265 Abs. 1 StPO). Die Schuldspruchänderung bedingt die Aufhebung der zugehörigen Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Der Rechtsfehler betrifft indes nicht die Feststellungen, die daher aufrechterhalten bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
d) Die für die beiden Betrugstaten verhängten Einzelstrafen bleiben von den aufgezeigten Rechtsfehlern unberührt. Das nunmehr zur Strafzumessung bezüglich der Beihilfe zur unbefugten Geschäftstätigkeit und der Gesamtstrafe berufene Tatgericht darf neue Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
2. Die Revision der Einziehungsbeteiligten T. AG erzielt ebenfalls einen Teilerfolg.
a) Der Freispruch bezüglich des Vertriebs der „Flex. "-Verträge zieht die Aufhebung der entsprechenden Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 976.213,72 € jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 357 Satz 1 StPO nach sich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Februar 2020 - 1 StR 518/19 Rn. 7 und vom 23. Januar 2019 - 1 StR 450/18 Rn. 23 mwN). Denn es fehlt insoweit mangels Vorsatzes an einer Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5, § 73 Abs. 1 StGB), an welche eine Einziehung nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB anknüpfen könnte. Auch ein Tatvorsatz des Vorstandsmitgliedes G. ist ebenso wenig wie beim Angeklagten K. tragfähig festgestellt; gleiches gilt in Bezug auf fahrlässiges Handeln (§ 140 Abs. 2 VAG aF).
b) Im Übrigen hat die Einziehungsanordnung in Höhe von 597.361,43 € Bestand. Der Erörterung bedarf nur noch Folgendes:
aa) Der Angeklagte F. vereinnahmte als Mitgeschäftsführer die ohne Rechtsgrund erlangten „Consoerträge“ für die A. GmbH (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB). Die Würdigung dieses Geschehens als Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei (vgl. insbesondere UA S. 1210 f., 1262: „mit den geschlossenen Verträgen unvereinbar"; „Erträge rechtswidrig vereinnahmt"; Serviceentgelt nicht „Bestandteil des Beförderungsentgelts"; vgl. im Übrigen BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 2 StR 573/15 Rn. 8, 18; Beschlüsse vom 14. März 2019 - 4 StR 426/18 Rn. 13 und vom 18. Dezember 2018 - 3 StR 270/18 Rn. 10). Insbesondere die E-Mails vom 26. Mai 2018 (UA S. 1134), 6. September 2010 und 12. Dezember 2008 (UA S. 1152) sowie vom 1. Juni 2010 (UA S. 1159) belegen tragfähig den Vorsatz der beiden Angeklagten.
Die A. GmbH erlangte gegenüber dem Bankinstitut Ansprüche auf Auszahlung der Guthaben nach Einziehung der nicht vereinbarten Serviceentgelte bei den Kunden bzw. nach deren Überweisungen. Wegen der ständigen Saldierungen in dem Kontokorrentverhältnis mit der Bank waren die Buchgelder nicht mehr unterscheidbar vorhanden. Deswegen ist nach § 73c Satz 1 StGB der Wert der Taterträge einzuziehen; nicht etwa ist die Einziehung auf den Anspruch auf Auszahlung eines Bankguthabens gerichtet.
bb) Wegen der über den Geschäftsführer W. vermittelten Bösgläubigkeit (§ 166 BGB) wäre der Wert der Überweisungsbeträge bei der U. GmbH einzuziehen gewesen (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB). Diese Bereicherungskette setzt sich ohne Unterbrechung bis zur Einziehungsbeteiligten T. AG fort. Das Vorstandsmitglied G. hätte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen erkennen müssen (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Alternative 2 StGB), dass es sich bei den Erträgen um nicht vereinbarte und damit unberechtigt vereinnahmte Überzahlungen aus der Vermittlung von Reiseleistungen handelte.
Dabei bedarf es nicht der genauen Aufschlüsselung des Vermögenszuflusses:
(1) Soweit die U. GmbH der T. AG Beträge überwies, wurden die Buchgelder „weitergereicht“. Dieser Bereicherungszusammenhang wird nicht durch den Fulfillmentvertrag innerhalb der U. -Gruppe unterbrochen; denn dieser war gerade auf die Verteilung der betrügerisch erlangten Serviceentgelte gerichtet.
(2) Soweit die U. GmbH eine Gutschrift erteilte, ist auch darin das Weiterreichen eines abschöpfungsfähigen Vorteils zu sehen: Denn die T. AG erlangte dadurch ein abstraktes Schuldversprechen (§ 781 BGB). Dieses war auch werthaltig. Es ist nicht ersichtlich, dass zum damaligen Zeitpunkt die U. GmbH in Zahlungsschwierigkeiten gewesen wäre, was die Notwendigkeit einer Wertberichtigung der Forderungen zur Folge gehabt hätte.
(3) Soweit die U. GmbH auf einem Verrechnungskonto innerhalb der Firmengruppe ihre Forderungen mit Gegenansprüchen der T. AG verrechnete, begründet auch dies einen abschöpfbaren Vermögensvorteil. Denn insoweit erlangte die Einziehungsbeteiligte die Befreiung von Verbindlichkeiten (§§ 387 ff. BGB).
c) In Höhe von 597.361,43 € haften die Einziehungsbeteiligten T. AG und A. GmbH als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB; § 354 Abs. 1 StPO entsprechend).
3. Die unterbliebene Anordnung der Gesamtschuld in Höhe der an die T. AG abgeflossenen Beträge ist auch zugunsten der A. GmbH nachzuholen (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend).
a) In Höhe von 58.026,37 € kommt eine gesamtschuldnerische Haftung mit der am Strafverfahren nicht beteiligten V. GmbH in Betracht. Der Einwand einer Erfüllungswirkung bei erfolgreicher Inanspruchnahme der V. GmbH (§ 422 Abs. 1 Satz 1 BGB) wird der A. GmbH nicht dadurch genommen, dass im strafrechtlichen Erkenntnis die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung unterblieben ist; der Senat sieht daher keine Beschwer, wenn die gesamtschuldnerische Haftung auf 597.361,43 € begrenzt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2019 - 1 StR 205/19 Rn. 6). Die Kennzeichnung als Gesamtschuld hat vornehmlich Warnfunktion für die staatlichen Vollstreckungsbehörden, Einziehungsbeträge nicht mehrfach zu vollstrecken (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 12. November 2019 - 2 StR 125/19 Rn. 5 bzw. 6; vom 19. September 2019 - 3 StR 354/19 Rn. 2 und vom 20. August 2019 - 3 StR 317/19 Rn. 23; Urteile vom 7. Juni 2018 - 4 StR 63/18 Rn. 16 sowie vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17 Rn. 13). Vorrangig ist indes die Frage, in welcher Höhe die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB angeordnet werden kann. Daran schließt sich die Prüfung einer Gesamtschuld an.
b) Der Generalbundesanwalt berücksichtigt bei seiner Berechnung nicht, dass der von ihm mit 1.631.601,52 € bezifferte Einziehungsbetrag über dem in den Urteilsgründen mehrfach genannten Betrag in Höhe von 1.573.575,15 € liegt. Dass davon 597.361,43 € auf den Betrugskomplex entfallen, ist bindend festgestellt. Möglicherweise hat der Generalbundesanwalt bei Nachberechnung der von der Einziehungsbeteiligten T. AG vereinnahmten Beträgen mit einem Ergebnis in Höhe von 655.387,80 € übersehen, dass der Zeitraum außer Betracht zu bleiben hat, in welchem die V. GmbH das Portal „www.fl. de“ betrieb. Jedenfalls verstößt der Ansatz eines höheren Betrages bezogen auf das Betrugsgeschehen gegen das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 944
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede