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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 576

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 350/23, Urteil v. 29.02.2024, HRRS 2024 Nr. 576


BGH 4 StR 350/23 - Urteil vom 29. Februar 2024 (LG Hannover)

Mord (bedingter Tötungsvorsatz: Gleichgültigkeit, Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit, Risikofreude, Empathiemangel, erkannte Eigengefährdung); verbotene Kraftfahrzeugrennen (bedingter Gefährdungsvorsatz: Beinaheunfall, Konkretheit der Vorstellung, Verhältnis zum bedingten Tötungsvorsatz, risikoaffiner Täter).

§ 211 StGB; § 315d StGB; § 15 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein bedingter Vorsatz im Sinne der §§ 211, 212 StGB ist gegeben, wenn der Täter - im maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem er nach seiner Vorstellung zu einer Erfolgsabwendung noch in der Lage ist - den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet (Willenselement). Dabei kann schon eine Gleichgültigkeit gegenüber dem zwar nicht angestrebten, wohl aber hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen. Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen.

2. Ein bedingter Gefährdungsvorsatz i.S.d. § 315d Abs. 2 StGB liegt vor, wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet. Wie konkret die Vorstellung des Täters sein muss und in welchem Umfang das Tatgericht dazu Feststellungen treffen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

3. Dabei dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Vorstellung des Täters muss sich nicht auf alle Einzelheiten des weiteren Ablaufs beziehen. Vielmehr reicht es in den Fällen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB in der Regel aus, dass sich der Täter aufgrund seiner Fahrweise und der gegebenen Verhältnisse eine kritische Verkehrssituation vorstellt, die in ihren wesentlichen gefahrbegründenden Umständen dem tatsächlich eingetretenen Beinaheunfall entspricht. Dabei können die Kenntnis des Täters von der Fahrtstrecke und den sich dabei ergebenden Gefahrenstellen, sein vorangegangenes Fahrverhalten, Erfahrungen des Täters aus dem bisherigen Fahrtverlauf, aber auch die Nähe des drohenden Unfalls Indizien für eine hinreichend konkrete Vorstellung des Täters von der drohenden Gefahr und deren Billigung sein.

4. Der Tötungs- und der Gefährdungsvorsatz haben unterschiedliche Bezugspunkte mit der Folge, dass das Vorliegen des auf eine konkrete Gefahr bezogenen Vorsatzes nicht prinzipiell mit der Verneinung eines Schädigungsvorsatzes unvereinbar ist. Namentlich bei risikoaffinen Tätern kommt in Betracht, dass der Eintritt einer kritischen Situation (Beinaheunfall) gebilligt wird, der Täter aber zugleich darauf vertraut, er werde aufgrund seines fahrerischen Könnens in der Lage sein, den Verletzungserfolg im letzten Moment abzuwenden.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 17. April 2023, soweit es die Angeklagte betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben; hiervon ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur Rennabrede.

2. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben; hiervon ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur Rennabrede.

3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat beide Angeklagten des verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen schuldig gesprochen. Es hat die Angeklagte P. zu einer Freiheitsstrafe von sechs und den Angeklagten S. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es beiden Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und jeweils eine Sperrfrist für die Wiedererteilung bestimmt. Schließlich hat das Landgericht hinsichtlich der Angeklagten P. den Anrechnungsmaßstab für eine im Ausland erlittene Freiheitsentziehung bestimmt.

Hiergegen richtet sich die zuungunsten der Angeklagten P. eingelegte, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Sie erstrebt die Aufhebung des Urteils unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und wendet sich gegen die unterbliebene Verurteilung der Angeklagten P. auch wegen Mordes in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchtem Mord in sechs und mit gefährlicher Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen jeweils die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel erzielen den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg und sind im Übrigen unbegründet.

I.

Nach den Feststellungen waren beide Angeklagte am Nachmittag des 25. Februar 2022 auf dem Heimweg von ihren Arbeitsstätten, wobei sie jeweils einen hochmotorisierten Pkw fuhren. Spätestens im Bereich eines Kreisverkehrs begegneten sie sich in der Weise, dass zuerst der Angeklagte S. und unmittelbar hinter dessen Fahrzeug die Angeklagte P. den Kreisel durchfuhren. Auf dem nachfolgenden Straßenabschnitt, der aus Sicht der Angeklagten eine Rechtskurve beschrieb und auf dem eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h galt, überholte der Angeklagte S. einen mit etwa 50 km/h vor ihm fahrenden Pkw, wobei er stark beschleunigte und dies auch nach Wiedereinscheren auf die rechte Fahrspur vor dem überholten Fahrzeug fortsetzte. Die Angeklagte P. überholte den Pkw ebenfalls, verblieb nach ihrer Vorbeifahrt an diesem jedoch auf der linken, für den Gegenverkehr vorgesehenen Fahrspur, wobei auch sie ihr Fahrzeug durchgehend weiter beschleunigte.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt entschlossen sich beide Angeklagte konkludent, spontan ein Rennen zu veranstalten, wobei es ihnen auch darum ging, über eine nicht nur unerhebliche Fahrtstrecke von mehreren hundert Metern eine möglichst hohe Beschleunigung zu erreichen und so den jeweils anderen in der Fahrgeschwindigkeit zu überbieten. Beiden Angeklagten war der Streckenverlauf, der in einer Entfernung von ungefähr einem Kilometer nach dem durchfahrenen Kreisverkehr in einen weiteren Kreisel führte, bekannt und sie wussten, dass der Wettkampf zwischen ihnen spätestens dort beendet sein müsste. Die Angeklagte P. war entschlossen, den Angeklagten S. zu überholen, um zu beweisen, dass sie das leistungsstärkere Fahrzeug fuhr, und gab dies durch ihren Verbleib auf der linken Fahrspur und ihr fortdauerndes Beschleunigen zu erkennen. Der Angeklagte S. gab durch das weitere starke Beschleunigen seines Fahrzeugs seinerseits zu erkennen, dass er die Herausforderung eines Vergleichs der Beschleunigungsfähigkeiten beider Fahrzeuge annahm. Aufgrund ihrer konkludenten Rennabrede fuhren die Angeklagten ungefähr auf gleicher Höhe nebeneinander her, obwohl es jedem von ihnen möglich gewesen wäre, sich zurückfallen zu lassen. Im Bereich einer langgezogenen Kurve und einer Kuppe war die vor den Angeklagten liegende Wegstrecke nur eingeschränkt, nämlich auf ca. 160 Meter einsehbar. Die Angeklagte P. befand sich mit ihrem Fahrzeug weiterhin vollständig auf der Gegenfahrbahn. Als ihr in dieser Situation der von dem Zeugen G. geführte, mit insgesamt zwei Personen besetzte Pkw Nissan mit einer Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h entgegenkam, versuchte sie, durch vollständiges Durchtreten ihres Gaspedals, auf die rechte Fahrspur zurückzugelangen. Hierbei geriet ihr Fahrzeug, das zuletzt eine Geschwindigkeit von 180 km/h erreicht hatte, ins Schleudern und stieß mit seiner Heckseite gegen den dem Fahrzeug des Zeugen G. folgenden Pkw Mercedes des Nebenklägers Sc., der hierbei verletzt wurde. Der durch den Zusammenstoß in eine Rotationsbewegung versetzte Pkw der Angeklagten P. schleuderte weiterhin über die Gegenfahrbahn, wo er mit dem dritten der entgegenkommenden Fahrzeuge, dem Pkw der Familie A., kollidierte, welches auf eine neben der Fahrbahn gelegene Ackerfläche geschleudert wurde. Die in dem Fahrzeug sitzenden Kinder im Alter von sechs und zwei Jahren wurden hierdurch getötet, beide Eltern, die Nebenkläger A. und Al., schwer verletzt.

Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, dass beide Angeklagte zu dem Zeitpunkt, als sie nebeneinander auf die Kuppe zu- und in die Rechtskurve einfuhren, erkannt hatten, dass die Angeklagte P. nicht mehr durch Brems- oder Ausweichmanöver unfallvermeidend auf entgegenkommende Fahrzeuge würde reagieren können und daher die konkrete Gefahr eines Zusammenstoßes bestand. Die konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Insassen von Fahrzeugen des Gegenverkehrs hatten beide Angeklagte in ihren Willen aufgenommen. Dabei hielten sie auch tödliche Folgen für möglich, waren mit diesen aber nicht einverstanden, sondern vertrauten ernsthaft auf deren Ausbleiben. Gegen die für das Überholen geltenden Verkehrsregeln und das Verbot zu schnellen Fahrens an unübersichtlichen Stellen verstießen sie bewusst; ebenso war ihnen der Zusammenhang zwischen dem von ihnen gefahrenen Rennen und einer möglichen Verletzung anderer Menschen sowie einer Beschädigung der von diesen gefahrenen Fahrzeuge bewusst.

II. Die Revision der Staatsanwaltschaft

1. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist auf eine Anfechtung der Verurteilung der Angeklagten P. beschränkt. Die Beschwerdeführerin hat zwar beantragt, das Urteil - unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen - insgesamt aufzuheben. Sie hat diesen Revisionsantrag aber in ihren Begründungsausführungen allein darauf gestützt, dass das Landgericht einen Tötungsvorsatz der Angeklagten P. mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint habe und zudem die Strafzumessung der Kammer durchgreifende Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten P. aufweise. Eine Nr. 156 Abs. 2 RiStBV berücksichtigende Auslegung des Rechtsmittelziels (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Juni 2023 - 4 StR 225/22 Rn. 15 mwN) ergibt daher, dass sich die Staatsanwaltschaft nur gegen die Verurteilung der Angeklagten P. wendet, wobei sie die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen von ihrem Revisionsangriff ausnimmt. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Beschränkung bestehen nicht (vgl. zur Revisionsbeschränkung hinsichtlich der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - 1 StR 427/11 Rn. 40; Urteil vom 13. Januar 2010 - 1 StR 247/09 Rn. 3 f.).

Soweit die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs gegen die Angeklagte P. mit ihrer Revisionsbegründung allein den Strafausspruch angreift und die Maßregelanordnung sowie die Entscheidung über den Maßstab der Anrechnung der erlittenen Auslieferungshaft nicht beanstandet, kann dahinstehen, ob hiermit eine weiter gehende Beschränkung des Rechtsmittels, nämlich auf den Schuld- und Strafausspruch betreffend die Angeklagte, gewollt ist, denn diese wäre jedenfalls unwirksam. Da die Staatsanwaltschaft nicht nur die rechtliche Würdigung, sondern den gesamten Schuldspruch angreift, könnte sie nicht wirksam auf die Anfechtung der Maßregeln nach § 69, § 69a StGB verzichten, weil die Feststellung einer Tat im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. zur Maßregel des § 64 StGB BGH, Beschluss vom 22. November 2023 - 4 StR 340/23 Rn. 2 mwN). Auch die Entscheidung der Strafkammer über den Anrechnungsmaßstab der im Ausland erlittenen Freiheitsentziehung kann von dem Revisionsangriff nicht ausgenommen werden, weil auch sie mit dem Schuld- und dem ebenfalls angegriffenen Strafausspruch insofern in einem untrennbaren Zusammenhang steht, als ihr bei deren Aufhebung die Grundlage entzogen wird.

2. Die Revision führt zum Erfolg. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur inneren Tatseite der Angeklagten P. hält - auch unter Berücksichtigung des beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22 Rn. 18; Urteil vom 17. August 2023 - 4 StR 29/23 Rn. 19; jew. mwN) - sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht einen (bedingten) Tötungsvorsatz in Bezug auf Fahrzeuginsassen des Gegenverkehrs, insbesondere die tatsächlich getöteten Kinder, ebenso wie einen Körperverletzungsvorsatz verneint und einen bedingten Gefährdungsvorsatz im Sinne von § 315d Abs. 2 und § 315c StGB bejaht hat, begegnen jeweils schon für sich genommen rechtlichen Bedenken und stehen zudem in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis zueinander und zu den Urteilsfeststellungen. Im Einzelnen gilt das Folgende:

a) Die Beweiswürdigung zum bedingten Tötungsvorsatz ist rechtsfehlerhaft.

aa) Ein bedingter Vorsatz im Sinne der §§ 211, 212 StGB ist gegeben, wenn der Täter - im maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem er nach seiner Vorstellung zu einer Erfolgsabwendung noch in der Lage ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2023 - 4 StR 429/22 Rn. 24 mwN) - den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet (Willenselement). Dabei kann schon eine Gleichgültigkeit gegenüber dem zwar nicht angestrebten, wohl aber hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2019 - 4 StR 442/18 Rn. 16 mwN). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22 Rn. 19; Beschluss vom 18. Februar 2021 ? 4 StR 266/20 Rn. 9; Urteil vom 18. Juni 2020 ? 4 StR 482/19, NJW 2020, 2900 Rn. 22; Urteil vom 1. März 2018 ? 4 StR 399/17, BGHSt 63, 88 Rn. 17). Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22 Rn. 20; Urteil vom 4. Februar 2021 ? 4 StR 403/20 Rn. 16; Urteil vom 7. Juli 2016 ? 4 StR 558/15 Rn. 14 mwN).

bb) Diese Maßstäbe hat das Landgericht zwar im rechtlichen Ausgangspunkt nicht verkannt, sondern seiner Prüfung ausdrücklich zugrunde gelegt. Allerdings sind die Erwägungen, die die Schwurgerichtskammer bei der Erörterung eines möglichen Schlusses von dem - seinerseits rechtsfehlerfrei bejahten - Wissenselement des dolus eventualis auf dessen voluntatives Element vorsatzkritisch herangezogen hat, lückenhaft und vermögen die Annahme, dass der Angeklagten der Tod anderer Verkehrsteilnehmer nicht einmal im oben genannten Sinn gleichgültig war, nicht zu tragen.

(1) Das Landgericht hat unter anderem auf die psychische Disposition der Angeklagten P. im Tatzeitpunkt abgestellt. Dabei hat es mit dem psychiatrischen und der psychologischen Sachverständigen zugrunde gelegt, dass die Angeklagte eine Persönlichkeitsstruktur aufweise, die als geltungsbedürftig, empathielos, manipulierend und egozentrisch zu charakterisieren sei. Ihr sei eine „Neigung zu einer sorglosen Planungslosigkeit und eine rebellische Risikofreude zuzuschreiben“. Hieraus hat die Kammer - ebenfalls sachverständig beraten - auf eine Selbstüberschätzung des eigenen fahrerischen Könnens durch die Angeklagte geschlossen, welche für ihr - wenn auch unberechtigtes - Vertrauen in das Ausbleiben eines tödlichen Unfalls spreche. Bei dieser Würdigung handelt es sich zwar für sich genommen um einen möglichen tatrichterlichen Schluss, den der Senat unabhängig davon, ob er ihn selbst gezogen hätte oder nicht, grundsätzlich hinzunehmen hat (BGH, Beschluss vom 11. April 2023 - 4 StR 497/22 Rn. 12; Urteil vom 15. März 2023 - 2 StR 462/21 Rn. 18; Urteil vom 15. Juli 2020 - 6 StR 43/20 Rn. 5). Allerdings hat das Landgericht dabei nicht erkennbar berücksichtigt, dass die festgestellte Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten zugleich Gesichtspunkte umfasste, die für eine Gleichgültigkeit gegenüber den Folgen ihres als riskant erkannten Fahrverhaltens und damit gerade für das voluntative Element eines Tötungsvorsatzes sprechen könnten. Dies gilt sowohl für ihre Risikofreude als auch für ihren Empathiemangel (vgl. zu Letzterem BGH, Urteil vom 17. Juli 2007 - 5 StR 92/07 Rn. 19; Urteil vom 13. Dezember 2005 - 1 StR 410/05 Rn. 29). Die Urteilsgründe versäumen darzulegen, warum die Kammer diesen Aspekten der Persönlichkeit der Angeklagten anders als deren Neigung zur Selbstüberschätzung keinerlei Bedeutung für den subjektiven Tatbestand beigemessen hat.

(2) Weiter hat das Landgericht die von der Angeklagten erkannte Eigengefährdung durch einen - als wahrscheinlichstes Unfallereignis anzusehenden - Frontalzusammenstoß mit dem Gegenverkehr in den Blick genommen. Auch diesen Gesichtspunkt hat es als vorsatzkritisch gewertet, weil es weder suizidale Tendenzen bei der Angeklagten festzustellen noch einen „vernünftigen Grund“ für die Annahme zu erkennen vermochte, dass diese das Rennen um jeden Preis und damit „zwangsläufig“ unter Billigung ihres eigenen Todes gewinnen wollte. Auch diese Erwägungen sind lückenhaft.

Mangels näherer Erläuterung nicht nachvollziehbar ist zunächst, warum das Landgericht bei seiner Prüfung des kognitiven Vorsatzelements ausgeführt hat, dass sich beide Angeklagten in ihren neuwertigen und mit moderner Sicherheitstechnik ausgestatteten Fahrzeugen sehr sicher fühlen „konnten“, dennoch gewusst hätten, dass „dieses Sicherheitsgefühl nicht automatisch auch für die Fahrzeuginsassen des Gegenverkehrs galt“, bei dem voluntativen Vorsatzelement hingegen die Gefährdung des Gegenverkehrs und die Eigengefährdung der Angeklagten gleichgesetzt hat.

Überdies hat das Landgericht seine Prämisse, wonach es sich bei einem Frontalzusammenstoß mit einem Fahrzeug des Gegenverkehrs - in der maßgeblichen Vorstellung der Angeklagten P. - um das wahrscheinlichste Unfallgeschehen gehandelt habe, nicht beweiswürdigend unterlegt, sondern nur behauptet. Selbst bei Zugrundelegung dieser Annahme bliebe es aber lückenhaft, dass die Schwurgerichtskammer andere mögliche und ebenfalls nicht fernliegende Unfallszenarien nicht in den Blick genommen hat. Sie hat weder tragfähig ausgeschlossen, dass diese von der Angeklagten ebenfalls ernstlich für möglich gehalten wurden, noch dargetan, dass auch mit ihnen eine dem Tötungsvorsatz entgegenstehende Eigengefährdung der Angeklagten verbunden gewesen wäre. Dies gilt insbesondere für „gefährliche Brems- und Ausweichmanöver des Gegenverkehrs“, wie das Landgericht sie an anderer Stelle, nämlich bei der Begründung des angenommenen Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB, als von dem Gefahrbewusstsein der Angeklagten umfasst angesehen hat.

b) Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorliegen eines (bedingten) Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB ist - insoweit zum Nachteil der Angeklagten P. (§ 301 StPO) - schon für sich genommen rechtsfehlerhaft.

Ein bedingter Gefährdungsvorsatz i.S.d. § 315d Abs. 2 StGB liegt vor, wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22, NStZ 2023, 546 Rn. 28 mwN). Wie konkret die Vorstellung des Täters sein muss und in welchem Umfang das Tatgericht dazu Feststellungen treffen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Vorstellung des Täters muss sich nicht auf alle Einzelheiten des weiteren Ablaufs beziehen. Vielmehr reicht es in den Fällen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB in der Regel aus, dass sich der Täter aufgrund seiner Fahrweise und der gegebenen Verhältnisse eine kritische Verkehrssituation vorstellt, die in ihren wesentlichen gefahrbegründenden Umständen (z. B. Nichteinhaltenkönnen der rechten Spur in anstehenden Kurven bei Gegenverkehr, Querverkehr an Kreuzungen, haltende Fahrzeug etc.) dem tatsächlich eingetretenen Beinaheunfall entspricht. Dabei können die Kenntnis des Täters von der Fahrtstrecke und den sich dabei ergebenden Gefahrenstellen, sein vorangegangenes Fahrverhalten, Erfahrungen des Täters aus dem bisherigen Fahrtverlauf, aber auch die Nähe des drohenden Unfalls Indizien für eine hinreichend konkrete Vorstellung des Täters von der drohenden Gefahr und deren Billigung sein (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 18. August 2022 - 4 StR 377/21, BGHR StGB § 315d Abs. 2 Vorsatz 1 Rn. 11 mwN).

Die knappen Darlegungen des Landgerichts lassen eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass die Angeklagte P. mit einem derartigen subjektiven Tatbestand gehandelt habe, vermissen. Die Schwurgerichtskammer hat lediglich ausgeführt, dass die Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe, weil sie aufgrund der eigenen riskanten Fahrweise gefährliche Brems- und Ausweichmanöver eines jederzeit erwartbaren Gegenverkehrs für möglich gehalten und deshalb auch mit dadurch verursachten erheblichen Gesundheits- und Sachschäden bei Personen und Fahrzeugen des Gegenverkehrs gerechnet habe. Ein Beleg für dieses hier durch das Landgericht erstmals in den Blick genommene Vorstellungsbild der Angeklagten betreffend Fremdgefährdungen, die nicht von einer Frontalkollision ausgehen, sondern durch Reaktionen des Gegenverkehrs entstehen könnten, kann den Urteilsgründen jedoch nicht entnommen werden.

Dasselbe gilt für den Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315c StGB, zu dessen Begründung die Schwurgerichtskammer lediglich auf ihre Ausführungen zu § 315d StGB verwiesen hat.

c) Schließlich stehen die beweiswürdigenden Ausführungen zum Tötungs- und zum Gefährdungsvorsatz auch miteinander sowie mit den im Urteil getroffenen Feststellungen in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis.

aa) Dies gilt zunächst für die Erwägungen zur inneren Tatseite beider Delikte. Der Tötungs- und der Gefährdungsvorsatz haben zwar unterschiedliche Bezugspunkte (BGH, Urteil vom 21. September 2022 - 6 StR 47/22 Rn. 39; Urteil vom 31. Januar 2019 - 4 StR 432/18 Rn. 13; jew. mwN) mit der Folge, dass das Vorliegen des auf eine konkrete Gefahr bezogenen Vorsatzes nicht prinzipiell mit der Verneinung eines Schädigungsvorsatzes unvereinbar ist. Namentlich bei risikoaffinen Tätern, zu denen die Angeklagte nach der Wertung des Landgerichts gehörte, kommt in Betracht, dass der Eintritt einer kritischen Situation (Beinaheunfall) gebilligt wird, der Täter aber zugleich darauf vertraut, er werde aufgrund seines fahrerischen Könnens in der Lage sein, den Verletzungserfolg im letzten Moment abzuwenden.

Nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren ist hier aber, dass das Landgericht seine Ablehnung des bedingten Tötungsvorsatzes unter anderem darauf gestützt hat, die Angeklagte habe infolge ihrer Neigung zur Selbstüberschätzung und aufgrund ihrer Vorerfahrung mit riskanten Verkehrssituationen darauf geschlossen, „die von ihr ausgehenden Gefahren für Leib oder Leben meistern zu können“, bei Prüfung des Gefährdungsvorsatzes aber - betreffend ein anderes vorgestelltes Unfallgeschehen - angenommen hat, die Angeklagte habe erhebliche Gesundheitsschäden für möglich gehalten, mit ihnen „gerechnet“; vertraut habe sie lediglich auf das Ausbleiben eines „konkreten Kollisionsgeschehens“. Diese Erwägungen, die dahingehend verstanden werden müssen, dass die Angeklagte Verletzungen von Personen im Gegenverkehr in ihren Willen aufgenommen hatte, stehen zugleich im Widerspruch zu der angenommenen lediglich fahrlässigen Begehung der Körperverletzungsdelikte.

bb) Zudem hat das Landgericht seinen beweiswürdigenden Ausführungen zur inneren Tatseite der konkreten Gefährdungsdelikte damit ein Vorstellungsbild der Angeklagten zugrunde gelegt, das auch mit den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen nicht übereinstimmt. Während nach den Feststellungen beide Angeklagten die Möglichkeit eines Zusammenstoßes mit den ihnen entgegenkommenden Fahrzeugen erkannt und die konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Insassen in ihren Willen aufgenommen hatten, hat das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung ein Vertrauen der Angeklagten P. auf das Ausbleiben einer Frontalkollision nicht auszuschließen vermocht und seine - wie ausgeführt unzureichenden - Erwägungen zum Gefährdungsvorsatz auf ein anderes Szenario als einen Zusammenstoß mit einem Fahrzeug des Gegenverkehrs, nämlich gefährliche Brems- oder Ausweichmanöver der Fahrzeuge des Gegenverkehrs, bezogen.

3. Damit kann der Schuldspruch gegen die Angeklagte P. insgesamt keinen Bestand haben. Seine Aufhebung entzieht dem Strafausspruch, der für sich genommen allerdings entgegen der Auffassung der Revision keine Rechtsfehler aufweist, einschließlich der Anrechnungsentscheidung, sowie dem Maßregelausspruch gegen die Angeklagte die Grundlage. Die von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zu der zwischen den Angeklagten getroffenen Rennabrede, die von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen werden, können dagegen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

III. Revision der Angeklagten P.

Die Revision der Angeklagten P. hat ebenfalls in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

1. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bereits unzulässig, weil sie nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht.

2. Auf die Sachrüge hat die Revision der Angeklagten P. im selben Umfang wie das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg. Die weiter gehende Revision ist unbegründet.

a) Der Schuldspruch unterliegt auch auf die Revision der Angeklagten P. der Aufhebung, weil aus den oben dargelegten Gründen der subjektive Tatbestand der §§ 315c, 315d Abs. 2 StGB nicht rechtsfehlerfrei belegt ist. Damit kann der Schuldspruch schon wegen der Tateinheit zwischen allen vom Landgericht angenommenen Straftatbeständen auch auf ihr Rechtsmittel insgesamt keinen Bestand haben. Dies entzieht der Rechtsfolgenentscheidung die Grundlage.

b) Demgegenüber können die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen auch auf die Revision der Angeklagten P. bestehen bleiben, denn sie beruhen entgegen den Einwänden der Revision auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Dies gilt auch für die Feststellung einer konkludent getroffenen Rennabrede zwischen den Angeklagten. Das Landgericht hat insoweit mögliche und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Schlüsse aus dem seinerseits rechtsfehlerfrei belegten (äußeren) Fahrverhalten beider Angeklagter gezogen. Die Beweiserwägungen sind entgegen der Auffassung der Revision weder zirkulär noch verstoßen sie sonst gegen Denkgesetze. Im Übrigen erschöpfen sich die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung in einer revisionsrechtlich unbehelflichen eigenen Bewertung der Beweislage durch die Beschwerdeführerin.

IV. Die Revision des Angeklagten S.

Auch die Revision des Angeklagten S. erzielt einen Teilerfolg desselben Umfangs und ist im Übrigen unbegründet.

1. Die Verfahrensrüge, mit der die Revision einen Verstoß gegen § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO beanstandet, hat keinen Erfolg.

a) Bereits ihre Zulässigkeit begegnet Bedenken, denn der Beschwerdeführer stützt sich zur näheren Begründung der von ihm behaupteten hinweispflichtigen Abweichung des Urteils von der Anklageschrift unter anderem auf einen Beweisantrag der Verteidigung der Angeklagten P. (dem sich die Verteidigung des Beschwerdeführers angeschlossen hatte) und einen diesen ablehnenden Beschluss der Strafkammer. In der Begründung des Beweisantrags wird auf die polizeiliche Aussage des Zeugen D. Bezug genommen, ohne dass diese mit der Revisionsbegründung vorgelegt worden wäre.

b) Ob hiermit die Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO verfehlt worden sind, kann indes dahinstehen. Die Verfahrensrüge ist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat, jedenfalls unbegründet. Der behauptete Verstoß gegen § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO ist nicht gegeben. Eines Hinweises nach dieser Vorschrift bedurfte es nicht, denn die (unverändert zugelassene) Anklage und die Urteilsgründe gehen von derselben Sachlage aus. Bei den von der Revision zitierten unterschiedlichen Beschreibungen der Absicht der Angeklagten, nämlich einerseits: „über eine nicht nur unerhebliche Fahrstrecke eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen und so den jeweils anderen in dieser Fahrgeschwindigkeit zu überbieten“, und andererseits: „eine möglichst hohe Beschleunigung zu erreichen und so den jeweils anderen in dieser Fahrgeschwindigkeit zu überbieten“, handelt es sich lediglich um sprachliche Varianten der Bezeichnung desselben den Angeklagten vorgeworfenen Verhaltens, welches in dem Versuch des Überholens beziehungsweise der Verhinderung desselben bestand. Dies ergibt sich ohne weiteres aus den übereinstimmenden Teilen der Formulierungen, wonach Ziel das Überbieten des anderen „in dieser Fahrgeschwindigkeit“ war, sowie aus dem Umstand, dass das Erreichen einer höheren Fahrgeschwindigkeit ein größeres Maß an Beschleunigung zwingend voraussetzte.

2. a) Auf die Sachrüge unterliegt auch der Schuldspruch gegen den Angeklagten S. der Aufhebung. Die Erwägungen, auf die die Schwurgerichtskammer ihre Überzeugung von einem Gefährdungsvorsatz des Angeklagten im Sinne der §§ 315c Abs. 1, 315d Abs. 2 StGB gestützt hat, sind - auch nach dem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab - ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei. Die Urteilsgründe lassen schon nicht erkennen, welches Vorstellungsbild des Angeklagten das Landgericht angenommen hat. Es hat nämlich, wie bereits ausgeführt, zunächst festgestellt, dass beide Angeklagten die konkrete Gefahr eines Zusammenstoßes (des Fahrzeugs der Angeklagten P.) mit Fahrzeugen des Gegenverkehrs erkannt und die hiermit verbundene Gefahr für Leib oder Leben der Fahrzeuginsassen, nicht aber deren Tötung, „in ihren Willen mit aufgenommen“ hätten. Das - nicht ausschließbare - Fehlen eines Tötungsvorsatzes des Angeklagten S. hat die Schwurgerichtskammer sodann damit begründet, dass der Angeklagte darauf vertraut haben könnte, dass „die Angeklagte P. bei Erblicken von Fahrzeugen im Gegenverkehr das Richtige machen würde, nämlich sich durch Bremsen zurückfallen zu lassen und hinter ihm auf der rechten Fahrspur einzuscheren.“ Den Gefährdungsvorsatz hinsichtlich der Straßenverkehrsdelikte hat das Landgericht an anderer Stelle knapp aus dem äußeren Tatgeschehen, nämlich dem stetigen Beschleunigen des Angeklagten bis zu einer deutlich über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegenden Fahrgeschwindigkeit und dem Nebeneinanderherfahren über eine längere Strecke bei eingeschränkten Sichtverhältnissen aufgrund des ihm bekannten Straßenverlaufs, geschlossen. Ein solcher Schluss ist zwar prinzipiell möglich; er ist hier aber deshalb nicht tragfähig begründet, weil die Ausführungen vor dem Hintergrund der Erwägungen zum fehlenden Tötungsvorsatz im Unklaren lassen, welches Szenario eines Beinaheunfalls der Angeklagte für möglich hielt und billigend in Kauf nahm und weshalb er - anders als hinsichtlich eines Frontalzusammenstoßes - zweifelsfrei nicht darauf vertraute, dass dieses ausbleiben werde.

b) Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht auch dem Rechtsfolgenausspruch gegen den Angeklagten S. die Grundlage. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zu der zwischen den Angeklagten getroffenen Rennabrede werden hingegen auch hier nicht von dem Rechtsfehler betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Dies gilt insbesondere für die Feststellungen zum objektiven Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB, die auch insoweit, als sie den Angeklagten S. betreffen, entgegen dessen Revisionsbegründung auf einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts beruhen. Ergänzend nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug.

V.

Im Umfang der Aufhebungen bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 576

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede