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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 64

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 12/22, Beschluss v. 02.06.2022, HRRS 2023 Nr. 64


BGH 2 StR 12/22 - Beschluss vom 2. Juni 2022 (LG Frankfurt am Main)

Bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Handeltreiben: Vorliegen, Bereitstellen einer ausschließlich dem Zweck des Handelns mit Betäubungsmitteln dienenden virtuellen Verkaufs- und Kommunikationsplattform, Aufrechterhaltung der technischen und inhaltlichen Forenstruktur; Abgrenzung Mittäterschaft und Beihilfe: Maßstab, Errichten und Betreiben einer internetgestützten Handelsplattform; Konkurrenzen: Deliktsserie, Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur, uneigentliches Organisationsdelikt, Tateinheit, kein der Annahme bandenmäßigen Handeltreibens Entgegenstehen); Einziehung des Wertes von Taterträgen (erlangter Vermögensvorteil: Kryptowährungen, faktische Verfügungsgewalt; Bestimmung des Wertes: Kryptowährung, Wert zum Zeitpunkt der jeweiligen Transaktionen, höhere Handelsmenge; gesamtschuldnerische Haftung; Verzicht der Anrechnung).

§ 30a BtMG; § 25 Abs. 2 StGB; § 27 StGB; § 52 StGB; § 73c StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Handeltreiben durch eigennützige Förderung fremder Verkäufe kann insbesondere auch bei Vermittlung eines Absatzgeschäftes oder bei Nennung potentieller Kunden erfüllt sein. In gleicher Weise stellt das Bereitstellen einer ausschließlich dem Zweck des Handels mit Betäubungsmitteln dienenden virtuellen Verkaufs- und Kommunikationsplattform sowie die zur Aufrechterhaltung der technischen und inhaltlichen Forenstruktur geleisteten Beiträge regelmäßig ein (täterschaftliches) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln dar, sofern die Betreiber nicht allein aus uneigennützigen Motiven heraus handeln.

2. Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein.

3. Diese Grundsätze gelten auch für das Errichten und Betreiben einer internetgestützten Handelsplattform, die dazu dient, den Kontakt zwischen Käufern und Verkäufern herzustellen und Möglichkeiten zur Verkaufsabwicklung zur Verfügung stellt.

4. Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, so sind die Einzeltaten der Mittäter zu einem sogenannten uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches die Einzelhandlungen rechtlich verbunden und die auf der Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten für die im Hintergrund Tätigen zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden.

5. Anknüpfend an Entscheidungen zum Bandenbetrug ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für den Bandenhandel im Sinne von §§ 29, 30a Abs. 1 BtMG anerkannt, dass die Zusammenfassung mehrerer auf Drogenumsatz gerichteter Aktivitäten zu einer einzigen Bewertungseinheit - mithin die Verknüpfung mehrerer Einzelakte zu einer Tat aus Rechtsgründen - der Annahme bandenmäßigen Handeltreibens nicht entgegensteht.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juli 2021 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“, die Angeklagten F. und L. darüber hinaus wegen Untreue verurteilt, den Angeklagten F. zu sieben Jahren und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe, den Angeklagten K. zu sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe und den Angeklagten L. zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Es hat ferner gegen alle Angeklagten die „gesamtschuldnerische Einziehung von Wertersatz in Höhe von 28.229.122,95 €“ und gegen die Angeklagten F. und L. darüber hinaus die „gesamtschuldnerische Einziehung von Wertersatz in Höhe von 13.896.567 €“ angeordnet. Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht. Der Erörterung bedarf insoweit nur die Verurteilung der Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.

1. Hierzu hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

Die Angeklagten entwickelten und betrieben unter dem Namen „W.“ eine Verkaufsplattform im Clear- bzw. Darknet, über die ab Oktober 2016 - neben gefälschten Dokumenten, Malware und illegal angebotenen Zugangsdaten - vor allem Betäubungsmittel gehandelt werden konnten. Benutzer, die sich zuvor mittels eines systemseitig bereitgestellten Prozesses registriert hatten, konnten Angebote unter einer der von den Angeklagten vorprogrammierten Kategorien einstellen. Interessierte Käufer konnten diese Angebote einsehen und die gewünschte Art und Menge sowie die Versandart auswählen; sie wurden sodann auf eine Seite weitergeleitet, auf der der zu zahlende Gesamtpreis - bestehend aus Verkaufspreis, Versandkosten und der an „W.“ zu zahlenden Provision - und die für dieses Geschäft durch „W.“ erstellte Einmal-Bitcoin-Adresse angezeigt wurde. Gezahlt werden konnte mit den Kryptowährungen Bitcoin oder Monero. Die Kaufpreise wurden auf „W.“ zwar stets in Euro oder US-Dollar angezeigt, der mittels Währungsdatenbanken umgerechnete Zahlbetrag in Bitcoin oder Monero wurde dem Käufer aber dann auf der Bezahlseite dargestellt.

Jedem Verkäufer war ein „Level“ zugeordnet, das auch über die Höhe der an die Angeklagten zu zahlenden Provision - sie erhielten immer mindestens 2% und bis zu 5,5% des Kaufpreises - ausschlaggebend war. Bis Ende des Jahres 2017 war die Plattform so programmiert, dass die von Verkäufern bis „Level 4“ eingestellten Angebote von den Angeklagten zunächst freigeschaltet werden mussten, wobei den Angeklagten für jedes Verkaufsangebot die genauen Angebotsdetails mitgeteilt wurden. Zur Maximierung des erwarteten Umsatzes schalteten die Angeklagten nicht nur Werbung auf verschiedenen Seiten im Darknet und generierten Einnahmen durch das Herausstellen einzelner Verkäufer an prominenter Stelle („featured listings“), sondern sie warben auch besonders umsatzstarke und erfahrene Verkäufer von anderen Marktplätzen ab, denen sie den Status „trusted vendor“ verliehen und die - anders als andere Verkäufer (sog. „basic vendor“) - keine Aufnahmegebühr und von Anfang an eine geringere Provision entrichten mussten.

Zur Abwicklung der Bezahlverfahren betrieben die Angeklagten einen eigenen Bitcoin-Server, auf dem die Einmal-Bitcoin-Adressen in vier marktplatzeigenen Wallets verwaltet wurden. Alle Angeklagten hatten hierauf Zugriff und es wäre ihnen zu jedem Zeitpunkt möglich gewesen, die Bitcoins auf beliebige andere, eigene Wallets zu transferieren. Für die Bezahlung des Kaufpreises stand einem „basic vendor“ ausschließlich die Möglichkeit zu, ein als „escrow“ bezeichnetes Treuhandverfahren zu wählen, bei dem der Käufer auf ein marktplatzeigenes Bitcoin-Wallet zahlte und die Angeklagten den Kaufpreis erst weiterleiteten, nachdem der Käufer den Erhalt der Ware bestätigt hatte. Bei einem „trusted vendor“ wurde zwar ebenfalls zunächst auf ein plattformeigenes Wallet eingezahlt, die Auszahlung erfolgte aber zeitnah mit der nächsten automatisch vom System vorgenommenen Auszahlung (Zahlverfahren „first“). „W.“ war aber so programmiert, dass alle Zahlungseingänge bei dem Zahlverfahren „first“ nach Versendungsmeldung des Verkäufers, bei dem Zahlverfahren „escrow“ nach käuferseits erfolgter Bestätigung bzgl. des Erhalts der „Transaktion“ automatisch in regelmäßigen Intervallen von 30 Minuten - abzüglich der Provision - an den Verkäufer weitergeleitet wurden. Bei Zahlung in der Kryptowährung Monero erfolgte keine automatische Weiterleitung des Kaufpreises an die Verkäufer, vielmehr veranlassten die Angeklagten diese manuell nach den entsprechenden Bestätigungen. Von den marktplatzeigenen Wallets zahlten sich die Angeklagten entsprechend ihrer vorherigen Absprache monatlich ein- bis zweimal etwa die Hälfte des Kontostandes zu gleichen Teilen auf ihre privaten Wallets.

Die Angeklagten betrieben „W.“ unter Zuhilfenahme von Anonymisierungstools und übten gemeinsam die alleinige Kontrolle über alle auf „W.“ abgewickelten Geschäfte aus. Die Plattform war dergestalt programmiert, dass die Angeklagten sich jederzeit einen Überblick über den Inhalt und den Ertrag der Verkaufsgeschäfte verschaffen konnten. Auch wenn sie keine physische Verfügungsgewalt über die angebotenen Güter hatten, waren sie dennoch jederzeit in der Lage, auf die über die Plattform abgewickelten Geschäfte Einfluss zu nehmen, Zahlungsströme zu verändern und Nutzer zu sperren. Sie implementierten ein eigenes Meldesystem, in dessen Rahmen Nutzer neben Anfragen bezüglich technischer Probleme auch Verstöße anderer Nutzer an die Angeklagten melden und Beschwerden, wonach die erworbene Ware nicht - oder nicht in der versprochenen Qualität - geliefert worden sei, anbringen konnten. Dies diente letztlich auch dem Zweck, dass die Reputation von „W.“ nicht durch Betrüger gefährdet würde. Die Angeklagten sperrten deshalb auch insgesamt 506 Käufer und 761 Verkäufer, die sich nicht an die Regeln des Marktplatzes hielten.

Die Angeklagten hatten auch die Möglichkeit geschaffen, an einem Chat mit Verkäufer und Käufer teilzunehmen und dabei mögliche Konfliktfälle - Käufer und Verkäufer stand die Möglichkeit offen, einen solchen Konfliktfall zu eröffnen - mit den Parteien zu lösen. Konnten sich Käufer und Verkäufer nicht einigen, etwa bei einem Streit über die tatsächliche Versendung der Ware oder deren Qualität, entschieden die Angeklagten eigenständig, ob der Käufer sein Geld zurückerhielt oder ob der Kaufpreis anteilig aufgeteilt wurde.

Die Angeklagten, die sich erst nach Abschaltung der Server persönlich kennengelernt hatten, agierten während Entwicklung und Betrieb von „W.“ stets arbeitsteilig. Der Angeklagte L. war primär dafür zuständig, die Plattform zu programmieren und technisch zu administrieren. Der Angeklagte F. war mit der Anmietung der zuletzt insgesamt 25 Server und der Außenwahrnehmung der Plattform befasst, was insbesondere die Pflege eines mit dem Marktplatz verbundenen Forums betraf. Daneben umfasste sein Aufgabenbereich zusammen mit dem Angeklagten K. auch das Freischalten der Verkäufer, die sich erfolgreich als „trusted vendor“ beworben hatten. Der Angeklagte K. war des Weiteren damit betraut, die zuletzt über 20 Serverinstanzen, gehostet in Deutschland, den Niederlanden und Rumänien, zu administrieren, wozu unter anderem rechnete, die Erreichbarkeit der Plattform (ab 13. Februar 2018 ausschließlich über ein so genanntes TOR-Netzwerk) und den administrativen Serverzugriff aus der Ferne zu sichern. Die Angeklagten K. und F. hatten auch die Aufgabe, die zwischen Käufern und Verkäufern aufkommenden Konflikte zu betreuen, technische Anfragen leiteten sie an den Angeklagten L. zur Bearbeitung weiter. Wegen des hierdurch bedingten hohen Arbeitsaufkommens entschieden sich die Angeklagten, eine weitere Person als „Moderator“ zu engagieren, die ausschließlich Anfragen beantworten konnte, nur eingeschränkten Zugriff auf die Struktur und keinen Zugriff auf die Bitcoin-Server hatte. Nach dem Ausscheiden des Angeklagten K. trafen ab 9. März 2019 - bis zur Festnahme aller Angeklagten am 24. April 2019 - alle Entscheidungen alleine die Angeklagten F. und L. .

Im gesamten Festzeitraum von Oktober 2016 bis zur Abschaltung im April 2019 wurden über „W.“ insgesamt „2,17 t Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 56,42 kg THC, 112 kg Cannabisharz mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 18,70 kg THC, 198 kg MDMA in kristalliner Form mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 153,64 kg MDMA-Base, 568.230 Tabletten Ecstasy mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 77,84 kg MDMA-Base, 13,78 kg Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 2,57 kg Heroinhydrochlorid, 118 kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 90,62 kg Kokainhydrochlorid, 50 kg Crystal Meth mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 32,80 kg Metamphetamin-Base, 616 kg Speed mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 85,62 kg Amphetamin-Base [und] 259.392 Tabletten LAD mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 16,60 g veräußert“, im Zeitraum bis zur Beendigung der Tatbeteiligung des Angeklagten K. entsprechend geringere Mengen. Der Gesamtumsatz mit Betäubungsmittelgeschäften betrug 35.733.133,76 €, die Angeklagten erhielten hieraus Provisionen in Höhe von jeweils mehr als 1 Mio. €. Der Erfolg von „W.“ basierte neben der Schließung anderer Märkte zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Fähigkeiten und dem erheblichen Einsatz der Angeklagten, die einen Großteil ihrer Freizeit in den Betrieb des Marktplatzes investierten.

2. Hiervon ausgehend ist die Verurteilung der Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252; BVerfG NJW 2007, 1193). Dabei muss das vom Täter vorgestellte Umsatzgeschäft kein eigenes sein. Auch eine eigennützige, auf die Förderung fremder Umsatzgeschäfte gerichtete Tätigkeit kann (täterschaftliches) Handeltreiben sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 - 3 StR 166/17). Handeltreiben durch eigennützige Förderung fremder Verkäufe kann insbesondere auch bei Vermittlung eines Absatzgeschäftes oder bei Nennung potentieller Kunden erfüllt sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2019 - 1 StR 640/18, NStZ-RR 2019, 117; vom 2. Juli 2010 - 5 StR 42/10, NStZ-RR 2010, 319 je mwN). In gleicher Weise stellt das Bereitstellen einer ausschließlich dem Zweck des Handels mit Betäubungsmitteln dienenden virtuellen Verkaufs- und Kommunikationsplattform sowie die zur Aufrechterhaltung der technischen und inhaltlichen Forenstruktur geleisteten Beiträge regelmäßig ein (täterschaftliches) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln dar, sofern die Betreiber nicht allein aus uneigennützigen Motiven heraus handeln (vgl. Patzak in: Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 291 mwN).

Dass im vorliegenden Fall die Angeklagten durch die Errichtung und den Betrieb ihres Marktplatzes im Clear- bzw. Darknet die einverständliche Übertragung von Betäubungsmitteln von einer Person auf eine andere objektiv förderten, dies auch wollten und hierbei mit Blick auf die erhofften und erzielten eigenen Einnahmen eigennützig handelten, wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinreichend belegt.

b) Auch die Annahme täterschaftlicher Beteiligung der Angeklagten an dem über „W.“ durchgeführten Betäubungsmittelhandel enthält keinen Rechtsfehler.

aa) Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 2 StR 451/18 Rn. 12; BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531). Diese Grundsätze gelten auch für das Errichten und Betreiben einer internetgestützten Handelsplattform, die dazu dient, den Kontakt zwischen Käufern und Verkäufern herzustellen und Möglichkeiten zur Verkaufsabwicklung zur Verfügung stellt (zu Vermittlungsgeschäften vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57; vom 10. Januar 2019 - 1 StR 640/18, NStZ-RR 2019, 117; vom 27. März 2014 - 4 StR 20/14; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 675 f. je mwN).

bb) Die Strafkammer ist von diesem Maßstab ausgegangen und ist nach wertender Gesamtbetrachtung aller hierfür aussagekräftigen Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass die Angeklagten als Mittäter und nicht lediglich als Gehilfen zu ahnden sind. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

Mit Recht ist das Landgericht von einem hohen Eigeninteresse der Angeklagten am Taterfolg ausgegangen, welches für eine Täterschaft spricht. Die getätigten Investitionen (vgl. Senat, Urteil vom 21. August 1991 - 2 StR 275/91) und die erfolgsabhängige prozentuale Beteiligung der Angeklagten am Verkaufserlös eines jeden Geschäfts zeigen nämlich, dass die erstrebten Einnahmen vom Gelingen der Bemühungen um den Betäubungsmittelabsatz abhängig waren (vgl. MüKo-StGB/O?lakc?o?lu, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 366). Die auf den Absatz möglichst vieler Betäubungsmittel gerichtete Absicht der Angeklagten ist rechtsfehlerfrei festgestellt, ebenso ihr fortwährendes - aktives - Bemühen um die Kundenzufriedenheit und die Lösung auftretender Probleme. Dass die Angeklagten nicht nur durch die Bereitstellung bzw. Aufrechterhaltung der Anonymisierungs-, Verschleierungs- und Verschlüsselungsmöglichkeiten besondere Erwerbs- und Veräußerungsbedingungen, mithin eine „tatanreizende Situation“ (vgl. Bachmann/Arslan, NZWiSt, 2019, 241, 243; auch Greco, ZIS, 2019, 435, 443; Zöller, KriPoZ, 2021, 79, 84 f.) schufen, sondern den Handel auf der Plattform wie festgestellt überwachten, die Angebote zum Erwerb von Betäubungsmittel teilweise zunächst selbst freischalteten und Nutzer „verbannten“, die sich nicht an die Regeln hielten, belegt ebenfalls einen erheblichen Einfluss der Angeklagten auf das Tatgeschehen und ihren Willen zur Tatherrschaft. Diese weitergehende Einbindung der Angeklagten in das Umsatzgeschäft spricht deutlich für täterschaftliches Handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2021 - 3 StR 184/20, NStZ 2022, 302). Dass die Angeklagten weder an den verkauften Betäubungsmitteln physische Gewalt hatten, noch Art, Menge und Preis der gehandelten Drogen noch deren Übergabeort vorgaben, zwingt demgegenüber nicht zur Annahme, die Angeklagten seien lediglich Gehilfen. Die Angeklagten hatten auch insoweit tatsächliche Herrschaft über das Tatgeschehen, als sie durch die bei der Bezahlung einzuhaltenden Treuhandverfahren in der Lage waren, bei jedem Geschäft zu entscheiden, ob dieses durch die Weiterleitung des Kaufpreises erfolgreich zum Abschluss kommt.

3. Auch die Annahme bandenmäßigen Handelns ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der angeklagten Taten durch die Strafkammer als einheitliche Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB steht dem nicht entgegen.

a) Soweit die Strafkammer nicht - wie angeklagt - 196 tatmehrheitliche Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, sondern - weil sie keinen über die Errichtung und den Betrieb der internetbasierten Handelsplattform hinausgehenden individuellen Tatbeitrag eines Angeklagten zu einem einzelnen Umsatzgeschäft festzustellen vermochte - von einer tateinheitlichen Begehungsweise ausgegangen ist, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen. Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, so sind die Einzeltaten der Mittäter zu einem sogenannten uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches die Einzelhandlungen rechtlich verbunden und die auf der Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten für die im Hintergrund Tätigen zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschlüsse vom 19. April 2011 - 3 StR 230/10, NStZ 2011, 577, 578; vom 21. Dezember 1995 - 5 StR 392/95, NStZ 1996, 296 f.; vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 342 f.).

b) Diese Zusammenfassung der wiederholt durchgeführten Umsatzgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne steht der Annahme bandenmäßigen Handelns nicht entgegen. Zwar setzt der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich auf Grund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Abrede verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige Taten zu begehen. Für eine Bandenabrede genügt es deshalb nicht, wenn sich die Täter nur zu einer einzigen Tat verbinden und erst in der Folgezeit jeweils aus neuem Entschluss wiederum derartige Taten begehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2020 ? 1 StR 61/20, NStZ 2021, 55; Senat, Beschluss vom 26. September 2013 - 2 StR 256/13; Urteil vom 21. Dezember 2007 - 2 StR 372/07, NStZ 2009, 35, 36). Indes ist - anknüpfend an Entscheidungen zum Bandenbetrug (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2017 - 2 StR 290/16, NStZ-RR 2017, 248; BGH, Beschluss vom 25. November 2013 - 5 StR 531/13; Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 183; aA noch BGH, Urteil vom 8. April 1986 - 1 StR 109/86, NStZ 1986, 408) - in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für den Bandenhandel im Sinne von §§ 29, 30a Abs. 1 BtMG anerkannt, dass die Zusammenfassung mehrerer auf Drogenumsatz gerichteter Aktivitäten zu einer einzigen Bewertungseinheit - mithin die Verknüpfung mehrerer Einzelakte zu einer Tat aus Rechtsgründen - der Annahme bandenmäßigen Handeltreibens nicht entgegensteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. August 2018 - 3 StR 301/18, NStZ-RR 2018, 352; vom 25. November 2013 - 5 StR 531/13; Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 181 ff.; Maier in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 30 Rn. 84). Hiervon abzuweichen sieht der Senat keinen Anlass. Anders als in den den Entscheidungen BGH, Beschluss vom 28. November 2019 - 3 StR 217/19, und BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96, NStZ 1996, 442, zugrundeliegenden Sachverhaltskonstellationen bezogen sich die von den Angeklagten verabredeten Aktivitäten auch nicht lediglich auf den Verkauf eines einheitlichen Drogenvorrats („nur dieses eine Geschäft”). Der Vorsatz der Angeklagten war vielmehr gerichtet auf eine unbestimmte Anzahl von Drogengeschäften, bei denen sie gegebenenfalls aktiv eingreifen könnten und würden (etwa bei technischen Problemen oder Beschwerden). Der Plan der Angeklagten richtete sich mithin auf mehrere selbstständige, im Einzelnen noch unbestimmte, grundsätzlich in Realkonkurrenz stehende Handlungen. Dass sich nicht feststellen lässt, welcher Angeklagter bei welchen Taten konkret gehandelt hat, macht die zugrundeliegenden Einzeltaten nicht zu „einer Straftat“, sodass die Abrede, „mehrere Straftaten“ zu begehen, erfüllt ist (vgl. MüKo-StGB/O?lakc?o?lu, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 481).

II.

Indes können die Einziehungsentscheidungen keinen Bestand haben.

1. Allerdings ist die Strafkammer im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass Bitcoins - gleiches gilt für Monero - als erlangte Vermögensvorteile der Einziehung unterliegen können und deshalb hieran die Anordnung der Wertersatzeinziehung anknüpfen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2017 ? 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 404; vom 6. Juni 2018 - 4 StR 569/17, NJW 2018, 3325). Die Angeklagten hatten nach den Feststellungen auch jederzeitigen Zugriff auf die jeweiligen Wallets und damit während des Tatgeschehens zumindest die faktische Verfügungsgewalt über die erlangten Vermögensgegenstände (vgl. zur Einziehung des Werts von Taterträgen in Vermittlungsfällen BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 78/18). Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landgericht die Höhe des Wertes von Taterträgen ausgehend von den festgestellten Umsatzgeschäften und dem Wert der Kryptowährungen zum Zeitpunkt der jeweiligen Transaktionen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 - 4 StR 569/17, NJW 2018, 3325) ermittelt und hiervon nicht die für die Tatvorbereitung und -begehung aufgewandten Beträge in Abzug gebracht hat (§ 73d StGB). Dem Umstand, dass gegen die Verkäufer der über die Plattform der Angeklagten gehandelten Betäubungsmittel die Einziehung der Verkaufserlöse oder deren Wertes angeordnet werden könnte, ist durch die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung bereits Rechnung getragen; die Angabe eines Namens der jeweiligen Gesamtschuldner ist nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 25. April 2018 - 2 StR 14/18).

2. Soweit das Landgericht bei seinen Einziehungsentscheidungen die bei den Angeklagten sichergestellten Bargeldbeträge, auf deren Herausgabe die Angeklagten zur Anrechnung auf die Einziehung verzichtet haben, jeweils in Abzug gebracht hat - in der Annahme, der staatliche Einziehungsanspruch sei durch den Verzicht erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2020 - 6 StR 96/20 zur Notwendigkeit einer von der Staatsanwaltschaft zu erklärenden Zustimmung; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 20. März 2019 - 3 StR 67/19; vom 12. September 2019 - 5 ARs 21/19) - sind die Angeklagten jedenfalls nicht beschwert. Darüber hinaus war die Strafkammer entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten K. nicht deswegen gehalten, von einer Einziehungsentscheidung abzusehen, weil die Angeklagten auf die Herausgabe weiterer sichergestellter Vermögenswerte, darunter Kryptowährungen, verzichtet haben, deren Wert die Einziehungsbeträge „am Tag der Urteilsverkündung (…) sehr deutlich“ übertrafen. Denn die Frage, welchen Wert die sichergestellten Gegenstände zum Zeitpunkt ihrer Verwertung haben, ist eine reine Vollstreckungsfrage. Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, wozu die Einziehung von Wertersatz rechnet, werden gemäß § 459g Abs. 2 StPO grundsätzlich wie Geldstrafen vollstreckt; die für die Wertersatzeinziehung bereits sichergestellten oder arretierten Vermögensgegenstände können dementsprechend zur Tilgung verwertet werden (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO) und von den Angeklagten kann - wie geschehen - auf die Herausgabe eines etwaigen Mehrerlöses verzichtet werden. Dafür, dass den jeweiligen Verzichtserklärungen der Angeklagten ein darüberhinausgehender rechtsgeschäftlicher Bedeutungsgehalt zukam (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - 6 StR 48/21, NStZ-RR 2021, 220), ist nach den bislang hierzu getroffenen Feststellungen nichts ersichtlich.

3. Indes wird durch die Urteilsgründe nicht tragfähig belegt, dass die Angeklagten Taterträge in Höhe der Einziehungsentscheidungen aus der Tat erlangt haben. Bei der Bestimmung der Höhe des erlangten Tatertrages ist die Strafkammer von einer höheren Handelsmenge ausgegangen, als sie dem Schuldumfang zugrunde gelegt hat. Sie hat bei der Berechnung „sämtliche Transaktionen aus den Anlagen zur Anklageschrift zu Grunde gelegt und somit auch solche Transaktionen, die zu Gunsten der Angeklagten bei der Bestimmung der Betäubungsmittelmenge nicht berücksichtigt wurden“. Das lässt besorgen, dass die Strafkammer auch solche registrierten Transaktionen berücksichtigt hat, bei denen die Verkäufer „Angebote nur zum Schein auf dem Marktplatz eingestellt haben“, denen also - anders als bei angebotenen, aber nicht gelieferten Betäubungsmitteln - ein Betäubungsmittelhandel über die Plattform der Angeklagten tatsächlich nicht zugrunde lag (vgl. Weber in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 396 mwN).

4. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Urteilsgründe ermöglichen es dem Senat nicht, den zutreffenden Einziehungsbetrag zu beziffern und in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Einziehungsentscheidung selbst abzuändern.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 64

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede