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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 313

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, GSSt 3/17, Beschluss v. 24.07.2017, HRRS 2018 Nr. 313


BGH GSSt 3/17 - Beschluss vom 24. Juli 2017 (LG Osnabrück)

BGHSt 62, 247; tatrichterliche Ermessensentscheidung über Strafrahmenverschiebung bei selbstverschuldeter Trunkenheit (Versagung der Strafrahmenmilderung allein aufgrund selbstverschuldeten Sichberauschens; keine vorhersehbare Erhöhung des Risikos zur Begehung von Straftaten erforderlich; abstraktes Risiko des Alkoholmissbrauchs; allgemeiner Erfahrungssatz; Erhöhung des Handlungsunrechts; tatschuldrelevantes Merkmal; Schuldminderungsrund mit anknüpfender Strafzumessungsregel; fakultative Strafrahmenmilderung; Kompensation durch schulderhöhende Umstände; für die Tatschuld relevante Umstände des Einzelfalles; Ermessensausübung; eingeschränkte Überprüfung in der Revision).

§ 21 StGB; § 49 Abs. 1 StGB

Leitsätze

1. Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist. (BGHSt)

2. Durch den Alkoholmissbrauch versetzt sich der Sich-Betrinkende in einen Zustand, der durch Enthemmung, Verminderung von Einsichts- und Urteilsvermögen sowie Verschlechterung von Körperbeherrschung und Reaktionsfähigkeit gekennzeichnet ist. Davon, dass Alkoholkonsum eine solche enthemmende Wirkung hat, geht auch § 21 StGB aus; andernfalls könnte die akute Alkoholintoxikation nicht als krankhafte seelische Störung zu einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen. Vor diesem Hintergrund wird in der Rechtsprechung regelmäßig im Sinne eines allgemeinkundigen Erfahrungssatzes gefolgert, dass eine alkoholische Berauschung generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte erhöht. (Bearbeiter)

3. Das so beschriebene dem Alkoholkonsum selbst innewohnende Risiko zählt zum Allgemeinwissen. Es ist selbst Menschen von geringer Lebenserfahrung in aller Regel bekannt. Der Alkoholkonsum stellt somit für jedermann erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Sich-Betrinkende eine rechtswidrige Tat begeht, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder Rechtsgutsverletzung realisiert. Geht jemand dieses allgemeinkundige Risiko einer Alkoholintoxikation vorwerfbar ein, sind bereits allein dadurch das Handlungsunrecht seiner im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangenen Tat sowie die Tatschuld signifikant erhöht. (Bearbeiter)

4. Dass es sich bei dem selbstverantwortlichen Sich-Betrinken um ein tatschuldrelevantes Merkmal handelt, entspricht den Regelungen des § 323a StGB und des § 122 OWiG zugrundeliegenden Wertungen. Die Vorschriften lassen Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Beurteilung zu, dass es sich bei dem schuldhaft herbeigeführten Rausch nicht um eine sozialadäquate, wertneutrale Erscheinung handelt, sondern dass ihm als offenkundigem Gefahrenherd ein Unwert anhaftet, der geeignet ist, das Ob und das Wie strafrechtlicher Sanktionen zu bestimmen. (Bearbeiter)

5. Bei § 21 StGB handelt es sich um einen Schuldminderungsgrund, an den eine Strafzumessungsregel anknüpft. Der vermindert schuldfähige Täter ist für seine Tat verantwortlich und wird deshalb für sie bestraft. Mit der Möglichkeit der Strafmilderung trägt § 21 StGB indes der Tatsache Rechnung, dass normabweichende psychologische Zustandsbilder es einem Schuldfähigen erheblich schwerer machen können, sich normgerecht zu verhalten, weswegen die vom Gesetz für den Regelfall vorgesehene Strafe möglicherweise das schuldangemessene Strafmaß übersteigt. (Bearbeiter)

6. Der Schuldgehalt der Tat bestimmt sich allerdings nicht allein nach dem Grad der Schuldfähigkeit des Täters, sondern nach den gesamten für die Tatschuld relevanten Umständen des Einzelfalls. Es ist möglich, dass die Tat trotz verminderter Schuldfähigkeit des Täters ihrem Schuldgehalt nach immer noch schwerer wiegt als der denkbar leichteste Regelfall, der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Regelstrafdrohung eines Delikts vorgeschwebt hat. Dem trägt die Vorschrift des § 21 StGB Rechnung, indem sie lediglich eine fakultative Strafmilderung vorsieht. Denn die verminderte Schuldfähigkeit verringert die Tatschuld nicht in allen Fällen so stark, dass der weniger gewichtige Schuldgehalt im Normalstrafrahmen nicht zutreffend erfasst werden kann. (Bearbeiter)

7. Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet das Tatgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auf Grund einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall bedeutsamen Umstände. Dabei folgt aus dem für die Regelung des § 21 StGB wesentlichen Schuldprinzip auch, dass die tatgerichtliche Ermessensentscheidung, ob eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen oder zu versagen ist, nach dem Schuldgehalt der Tat, also unter Berücksichtigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls, zu treffen ist. Präventiven Erwägungen kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. (Bearbeiter)

8. Im Rahmen der Ermessensausübung ist im Ausgangspunkt Bedacht darauf zu nehmen, dass auf Grund der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Schuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist. Um dem Prinzip zu genügen, dass die Strafe das Maß der Schuld nicht überschreiten darf, erfordert die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB schulderhöhende Umstände, die diese Schuldminderung kompensieren. (Bearbeiter)

9. Die Wertungen des Tatgerichts, insbesondere die Gewichtung der für und gegen eine Strafrahmenverschiebung sprechenden Umstände des Einzelfalls, sind in der Revisionsinstanz allein auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hat es die für die Beurteilung wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und berücksichtigt, so kann das Revisionsgericht nur beanstanden, dass es gesetzlich vorgegebene Wertungsmaßstäbe missachtet oder eine gerechtem Schuldausgleich nicht mehr entsprechende Strafe verhängt hat. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist.

Gründe

Die Vorlage betrifft eine Frage aus dem Bereich der Strafzumessung.

I.

1. In dem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.

a) Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte mit bedingtem Vorsatz seinen Mitbewohner durch Gewalteinwirkung auf den Brust- und Bauchbereich sowie gegen den Kopf, nachdem beide gemeinsam Alkohol konsumiert hatten. Das Landgericht hat weder den Anlass der Tat noch den Grad der Alkoholisierung des Angeklagten festzustellen vermocht. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar auf Grund einer mittelgradigen Berauschung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.

b) Die Strafkammer hat die Strafe dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen. Für einen benannten minder schweren Fall des Totschlags (§ 213 Alternative 1 StGB) hat sie keinen Anhaltspunkt gefunden. Einen sonstigen minder schweren Fall (§ 213 Alternative 2 StGB) hat sie sowohl unter Berücksichtigung allein der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte als auch unter Hinzuziehung des wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt angenommenen vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB abgelehnt. Von einer Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hat das Landgericht ebenfalls abgesehen. Es ist davon ausgegangen, dass dies im Fall einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit möglich sei, wenn diese auf verschuldeter Trunkenheit beruht. Eine Alkoholkrankheit oder -überempfindlichkeit des Angeklagten, die ein Verschulden hinsichtlich der Trunkenheit ausgeschlossen hätte, hat die Strafkammer nicht festgestellt.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Strafkammer auf die Erwägungen zur Frage des Vorliegens eines unbenannten minder schweren Falles gemäß § 213 Alternative 2 StGB Bezug genommen und sodann zugunsten des Angeklagten dessen durch die Alkoholisierung als konstellativem Faktor beeinflusste affektive Aufladung in der Tatsituation mildernd berücksichtigt.

Der Angeklagte hat die Verurteilung mit der Revision umfassend angegriffen und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet.

Der 3. Strafsenat hält die Entscheidung des Landgerichts für rechtsfehlerfrei und beabsichtigt, dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend die Revision des Angeklagten zu verwerfen. Er versteht die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil dahin, die Strafkammer habe die Strafrahmenverschiebung in Ausübung tatgerichtlichen Ermessens abgelehnt. Das Landgericht sei nicht davon ausgegangen, das selbstverantwortliche Sich-Berauschen des Täters vor der Tat führe von Rechts wegen regelmäßig zur Versagung der Strafrahmenmilderung. Dafür spreche zum einen der Umstand, dass die Ausführungen auf den Beschluss des Senats vom 2. August 2012 (3 StR 216/12, NStZ 2012, 687, 688) verwiesen, dem sich erstgenannter Rechtssatz nicht entnehmen lasse. Sie nähmen gerade nicht auf das Senatsurteil vom 27. März 2003 (3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) Bezug, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel ausscheide, wenn die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit beruhe. Zum anderen habe das Landgericht ausdrücklich seinen rechtlichen Ansatz dergestalt umschrieben, dass bei verschuldeter Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenverschiebung - lediglich - „in Betracht kommt“.

Der 3. Strafsenat ist der Auffassung, das Tatgericht übe sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht fehlerhaft aus, wenn es im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldrelevanten Umstände die Versagung der Milderung allein auf den Umstand stütze, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf selbstverschuldeter Trunkenheit beruhe. Gleiches gilt nach seiner Ansicht für die Entscheidung über die Annahme eines minder schweren Falles. Bereits das selbstverantwortliche Sich-Betrinken des Täters vor der Tat sei ein schulderhöhender Umstand, weil eine alkoholische Berauschung generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte, erhöhe. Dieses dem Alkoholrausch selbst innewohnende Risiko zähle zum Allgemeinwissen. Der Alkoholrausch stelle somit erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Berauschte eine rechtswidrige Tat begehe, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder -verletzung realisiere. Insoweit habe das selbstverantwortliche Sich-Betrinken Einfluss auf die Tatschuld, auch wenn eine durch den Alkoholkonsum bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Umstände des Einzelfalls nicht festgestellt sei.

Der 3. Strafsenat hat deshalb bei den anderen Strafsenaten gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob diese an (gegebenenfalls) entgegenstehender Rechtsprechung festhalten (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 - 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203).

Hierauf haben der 1., 2. und 5. Strafsenat mitgeteilt, ihre Rechtsprechung stehe der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats entgegen; sie hielten an dieser fest (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 21/15; vom 7. November 2016 - 2 ARs 386/15, NStZ-RR 2017, 70; vom 1. März 2016 - 5 ARs 50/15). Der 5. Strafsenat hat ausgeführt, ein Fall selbst zu verantwortender Trunkenheit spreche in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht habe, und zur weiteren Begründung auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 17. August 2004 (5 StR 93/04, BGHSt 49, 239) Bezug genommen. Der 1. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass seine Rechtsprechung an diese Entscheidung anknüpfe, und sich - soweit ersichtlich - erstmals die vom 5. Strafsenat aufgestellten Kriterien zur vorhersehbar signifikanten Risikoerhöhung zu eigen gemacht. Schulderhöhende Umstände könnten dann zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwögen. Dies sei bei einer selbst verschuldeten Trunkenheit ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht der Fall. Der 2. Strafsenat hat darüber hinaus ausgeführt, die Auffassung des 3. Strafsenats greife mit Blick auf den Schuldgrundsatz zu kurz und lasse insbesondere unberücksichtigt, dass jede Schulderhöhung wenigstens einfache Fahrlässigkeit voraussetze. Er hat weiter geäußert, nicht nachvollziehen zu können, wie eine Gesamtwürdigung aller relevanten Gesichtspunkte ermessensfehlerfrei vorgenommen worden sein könne, wenn das Tatgericht die Versagung der Strafrahmenmilderung allein und damit ausschließlich auf einen Umstand gestützt habe.

Der 4. Strafsenat hat die Anfrage dahin verstanden, dass nach Ansicht des 3. Strafsenats die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB eine Ermessensentscheidung des Tatgerichts sei und im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung im Einzelfall die selbst verschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen könne, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt sei. Soweit der so verstandenen Anfrage seine bisherige Rechtsprechung entgegenstehe, halte er daran nicht fest. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände sei die selbst verschuldete Trunkenheit ein - neben anderen - zu berücksichtigender Umstand. Feste Regeln, die das Tatgericht bei der Abwägung zu beachten, und Vorgaben, welches Gewicht es einzelnen Umständen beizumessen habe, befürworte der Senat nicht (Beschluss vom 28. April 2016 - 4 ARs 16/15, NStZ-RR 2016, 305 f.).

Der 3. Strafsenat hat daraufhin mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 (vgl. hierzu Beukelmann, NJW-Spezial 2017, 184) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 1. August 1975 - 3 StR 212/75, BeckRS 1975, 00206; vom 28. Oktober 1985 - 3 StR 189/85, NStZ 1986, 114, 115) dem Großen Senat für Strafsachen wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 GVG und wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Kann der Tatrichter im Rahmen der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände die Ermessensentscheidung, von einer Strafrahmenverschiebung abzusehen, rechtsfehlerfrei allein darauf stützen, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht, auch wenn eine durch die Trunkenheit bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönlichen oder der situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist? Der Generalbundesanwalt erachtet die Vorlage für zulässig und beantragt, im Sinne der Anfrage des 3. Strafsenats zu entscheiden.

Der Angeklagte hat sich der Ansicht des 1., 2. und 5. Strafsenats angeschlossen.

II.

Die Vorlegungsfrage ist angesichts des sachlichen Anliegens des 3. Strafsenats sprachlich nicht völlig eindeutig gefasst, soweit dort darauf abgestellt wird, ob das Tatgericht seine Entscheidung über die Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB allein auf den Umstand einer vom Täter selbst verschuldeten Trunkenheit stützen könne. Diese Formulierung kann - wie die Ausführungen des 2. und des 4. Strafsenats belegen - dahin verstanden werden, dass es für die Entscheidung ausschließlich auf diesen bestimmten Gesichtspunkt ankommen soll. Dieser Sinngehalt ist vor dem Hintergrund der im hier relevanten Zusammenhang erforderlichen, auch vom 3. Strafsenat für rechtlich geboten gehaltenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände nicht plausibel. Die Vorlegungsfrage ist deshalb in Anlehnung an die diesbezüglichen Erwägungen des 4. Strafsenats wie folgt neu zu fassen:

Kann im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist?

III.

Die Vorlegung ist gemäß § 132 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 GVG zulässig.

1. Sie betrifft die rechtlichen Maßstäbe, an denen sich die Ausübung des durch § 21 StGB den Tatgerichten eingeräumten Ermessens auszurichten hat, und damit eine Rechtsfrage i.S.d. § 132 Abs. 2 GVG.

2. Der 3. Strafsenat kann die im Ausgangsverfahren eingelegte Revision nach seinem vertretbaren und deshalb vom Großen Senat für Strafsachen hinzunehmenden Verständnis der Gründe des landgerichtlichen Urteils nur dann verwerfen, wenn er - abweichend von der aufrechterhaltenen Rechtsauffassung des 1., 2. und 5. Strafsenats (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) - dem Tatgericht zubilligt, im Rahmen der nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände die Vorwerfbarkeit der zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit führenden Trunkenheit zu berücksichtigen, ohne dass zusätzlich eine signifikante Erhöhung des Risikos strafbaren Handelns auf Grund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalles festgestellt ist.

3. Die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage ist zudem von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG); die ihr zugrunde liegende Konstellation prägt eine Vielzahl der Fälle, in denen über eine Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu entscheiden ist.

IV.

Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne.

1. In Rechtsprechung und Literatur besteht für die Fälle der auf verschuldeter Trunkenheit beruhenden erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Täters bei Tatbegehung keine Einigkeit über die Voraussetzungen, unter denen der Tatrichter die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ablehnen darf oder gar muss.

a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte sich wie folgt:

aa) Unter Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone vom 10. Januar 1950 (StS 427/49, OGHSt 2, 324) befand der Bundesgerichtshof - noch zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 2 StGB aF - anfänglich, dass in „der Regel die selbstverschuldete Trunkenheit Anlaß sein (wird), die Strafe nicht zu mildern“ (Urteil vom 2. August 1951 - 3 StR 395/51, bei Dallinger MDR 1951, 657). Sodann beanstandete er indes eine die Strafmilderung ablehnende tatrichterliche Entscheidung, die damit begründet worden war, dass bei bestimmten Delikten grundsätzlich von der „Kann"-Vorschrift des § 51 Abs. 2 StGB aF kein Gebrauch zu machen sei, soweit die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des Täters auf „Angetrunkenheit“ beruhe. Er monierte, dass der Tatrichter diese Möglichkeit jedenfalls hätte erwägen müssen (Urteil vom 10. September 1953 - 2 StR 695/52, NJW 1953, 1760). In der Folgezeit äußerte er sich weiterhin in der Tendenz ablehnend gegenüber einer Strafmilderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (Urteil vom 16. Januar 1962 - 5 StR 588/61, Umdr. S. 4 [unveröffentl.]; zu weiteren ähnlichen Entscheidungen des BGH aus den Jahren 1954 und 1960 vgl. Foth, DRiZ 1990, 417, 418; Schnarr in Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, Bd. 1, 2001, S. 1, 49 ff.).

bb) In den 1970er Jahren änderte sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wesentlich. Mit Beschluss vom 24. März 1972 (2 StR 413/71, bei Dallinger, MDR 1972, 570) äußerte er die Auffassung, dem im Zustand erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit handelnden Täter dürfe allein der hierfür ursächliche übermäßige Alkoholkonsum „nicht zum Nachteil gereichen"; vielmehr müssten weitere auf die abzuurteilende Tat bezogene Umstände hinzutreten. Als einen solchen Umstand erkannte er an, dass der Täter bereits früher unter Alkoholeinwirkung Straftaten begangen hatte und diesem daher bewusst war oder zumindest hätte bewusst sein können, dass er nach dem Alkoholkonsum zu Straftaten neigt (vgl. Beschlüsse vom 24. März 1972 - 2 StR 413/71, aaO; vom 1. August 1975 - 3 StR 212/75, BeckRS 1975, 00206; vom 26. Juli 1977 - 1 StR 317/77, bei Holtz, MDR 1977, 982; ähnlich Urteil vom 21. September 1971 - 5 StR 410/71, bei Dallinger, MDR 1972, 16; Beschluss vom 14. Oktober 1980 - 1 StR 498/80, BeckRS 1980, 02962).

In den Folgejahren präzisierte und verschärfte der Bundesgerichtshof die Anforderungen an das vorhersehbar die Neigung zu Straftaten begründende deliktische Vorverhalten, allerdings mit Unterschieden im Detail (vgl. Urteile vom 30. Oktober 1986 - 4 StR 501/86, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 3; vom 6. Mai 1993 - 1 StR 136/93, NJW 1993, 2544, 2545; Beschlüsse vom 28. Oktober 1985 - 3 StR 189/85, NStZ 1986, 114, 115; vom 13. Juni 1986 - 2 StR 276/86, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 14; vom 7. September 1989 - 4 StR 433/89, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 1; vom 7. Januar 2003 - 4 StR 490/02, NStZ-RR 2003, 136, 137; ferner Urteile vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 33; vom 29. April 1997 - 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78; Beschlüsse vom 25. Januar 1991 - 5 StR 600/90, BGHR StGB § 177 Abs. 2 Strafrahmenwahl 7; vom 16. Februar 1993 - 5 StR 675/92, StV 1993, 355 f.).

cc) Mit Urteil vom 27. März 2003 (3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) erklärte der 3. Strafsenat, er wolle an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten. Er führte - nicht tragend - aus, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel nicht in Betracht komme, wenn die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit beruhe. Insbesondere sei eine vorangegangene Straffälligkeit des Täters unter Alkoholeinfluss in einem Ausmaß, dass dieser damit rechnen könne, unter Alkoholeinfluss ein der Anlasstat vergleichbares Delikt zu begehen, nicht erforderlich.

dd) Der 1. und der 2. Strafsenat äußerten sich zunächst dem Grunde nach aufgeschlossen gegenüber einer Rechtsprechungsänderung (vgl. Urteile vom 9. Juli 2003 - 2 StR 106/03, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32; vom 16. September 2004 - 1 StR 233/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 36; vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37; offen gelassen in den Beschlüssen vom 5. August 2003 - 1 StR 302/03, bei Schäfer, JR 2004, 425 f.; vom 10. September 2003 - 2 StR 304/03, bei Schäfer aaO, S. 426). Soweit es in der Folgezeit entscheidungserheblich darauf ankam, folgten sie allerdings mit leichten Abwandlungen der zuvor entwickelten Ansicht (1. Strafsenat: Beschluss vom 25. März 2014 - 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, 239; vgl. ferner Beschlüsse vom 23. April 2013 - 1 StR 105/13, juris Rn. 9; vom 10. November 2016 - 1 StR 501/16, juris Rn. 4; 2. Strafsenat: Urteile vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, juris Rn. 24).

ee) Der 5. Strafsenat pflichtete in einer ausführlich begründeten Grundsatzentscheidung (Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239) dem Anliegen des 3. Strafsenats, zu einer Änderung der Rechtsprechung zu gelangen, prinzipiell bei. In der Sache entschied er sodann dahin, für die Ablehnung der Strafrahmenmilderung sei zwar nicht erforderlich, dass der Täter schon einmal unter Alkoholeinfluss vergleichbare Straftaten begangen habe. Auch müsse das Vorverhalten nicht zu Vorstrafen oder einem Strafverfahren geführt haben. Die generelle Steigerung des Risikos der Begehung strafbarer Handlungen nach Alkoholgenuss reiche aber für sich allein nicht aus, um den Schuldgehalt der Tat zu erhöhen und schon deshalb die regelmäßige Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung bei selbstverschuldeter Trunkenheit zu rechtfertigen. Diese komme vielmehr nur in Betracht, „wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht“ habe (vgl. im Einzelnen auch Urteile vom 11. Juni 2008 - 5 StR 612/07, NStZ 2008, 619, 620; vom 29. Oktober 2008 - 5 StR 456/08, NStZ 2009, 202, 203; vom 7. Mai 2009 - 5 StR 64/09, NStZ 2009, 496, 497; Beschlüsse vom 13. Januar 2010 - 5 StR 510/09, NStZ-RR 2010, 234, 235; vom 10. März 2010 - 5 StR 62/10, juris Rn. 10; Urteil vom 1. Dezember 2011 - 5 StR 360/11, juris Rn. 26).

ff) Der 4. Strafsenat schloss sich der Rechtsprechung des 5. Strafsenats an und verneinte in Fällen, in denen der Angeklagte bislang niemals unter Alkoholeinfluss aggressiv (Urteil vom 15. Dezember 2005 - 4 StR 314/05, NStZ 2006, 274, 275) bzw. nicht wegen eines Gewaltdelikts verurteilt war (Urteil vom 23. Februar 2006 - 4 StR 444/05, NStZ-RR 2006, 185, 186), eine signifikante Risikoerhöhung.

gg) Der 3. Strafsenat war nach seiner Entscheidung vom 27. März 2003 nur mit Fallgestaltungen befasst, in denen die zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit führende Trunkenheit vom Angeklagten jeweils nicht oder nur eingeschränkt verschuldet war (vgl. Urteil vom 12. Juni 2008 - 3 StR 84/08, NStZ 2009, 258 f.; Beschlüsse vom 16. Januar 2008 - 3 StR 479/07, NStZ 2008, 330; vom 2. August 2012 - 3 StR 216/12, NStZ 2012, 687, 688).

b) Im Schrifttum stieß die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere die Entscheidung des 5. Strafsenats vom 17. August 2004, überwiegend auf eine positive Resonanz (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 21 Rn. 25, 25b; SSWStGB/Kaspar, 3. Aufl., § 21 Rn. 28; Matt/Renzikowski/Safferling, StGB, § 21 Rn. 22; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1016 ff.; LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 21 Rn. 52, 54 f. mwN; noch weitergehend - Anwendung der Grundsätze der actio libera in causa - SKStGB/Rudolphi, 38. Lfg., § 21 Rn. 4b; S/S/Perron/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 21 Rn. 21; NKStGB/Schild, 4. Aufl., § 21 Rn. 18; MüKoStGB/Streng, 3. Aufl., § 21 Rn. 26; vgl. auch AnwKStGB/Conen, 2. Aufl., § 21 Rn. 41, 43). Die Entscheidung des 3. Strafsenats vom 27. März 2003 erfuhr dagegen nur vereinzelt Zustimmung (vgl. Foth, NStZ 2003, 597 sowie - tendenziell - Detter, NStZ 2003, 471, 472), ganz überwiegend aber Widerspruch:

Die Berufung auf die Intentionen des historischen Gesetzgebers sei nicht zulässig, da diese gerade nicht zum Inhalt der Norm geworden seien (vgl. Baier, JA 2004, 104, 106; Neumann, StV 2003, 527, 528; Rau, JR 2004, 401, 405; Scheffler, Blutalkohol 2003, 449). Dem Willen des historischen Gesetzgebers des Jahres 1933 könne heute ohnedies keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil er die Versagung der Strafrahmenmilderung als kriminalpolitisch motivierte Ausnahme von dem Grundsatz einer schuldangemessenen Bestrafung verstanden habe, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mehr in Betracht komme (vgl. Frister, JZ 2003, 1019; Verrel/Hoppe, JuS 2005, 308, 310).

Die durch die Trunkenheit bewirkte Reduzierung der Schuld, die in der Strafrahmenverschiebung zum Ausdruck komme, könne im Bereich der schweren Kriminalität allein durch das selbstverantwortliche Sich-Berauschen nicht ausgeglichen werden. Da nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB der Strafrahmen proportional zur Höchst- und Mindeststrafe herabgesetzt werde, gehe das Gesetz nämlich davon aus, dass sich das wegen der erheblich verminderten Schuldfähigkeit abzuziehende „Schuldquantum“ entsprechend der Schwere des Delikts vergrößere (vgl. Frister aaO, S. 1019 f.; Neumann aaO, S. 530 f.).

Das Spannungsverhältnis zu § 323a StGB sei gesetzlich angelegt in den streng voneinander zu unterscheidenden Bezugspunkten des strafrechtlichen Vorwurfs, dem Sich-Berauschen einerseits und der Straftat andererseits (vgl. Duensing, StraFo 2005, 15, 22; Rau aaO, S. 404). Es könne im Bereich der mittleren Kriminalität dadurch aufgelöst werden, dass die Strafe wegen Vollrausches durch den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen der Rauschtat nach oben begrenzt werde (vgl. Baier aaO; Neumann aaO, S. 529). Des Weiteren wurde es teilweise für notwendig erachtet, zur Angleichung auch bei § 323a StGB vorauszusetzen, dass der Täter seine Rauschtat vorhersehen können müsse; die Deutung des Vollrauschtatbestandes als abstraktes Gefährdungsdelikt und damit der Rauschtat als objektive Bedingung der Strafbarkeit verstoße gegen das Schuldprinzip und sei mithin nicht haltbar (vgl. Neumann aaO, S. 530; Scheffler aaO, S. 450; Streng, NJW 2003, 2963, 2965).

Schließlich könne die Sondervorschrift des § 7 WStG nicht als Argument für die Versagung einer Strafrahmenmilderung dienen; denn sie sei allein den Besonderheiten des Wehrstrafrechts geschuldet und daher nicht verallgemeinerungsfähig (vgl. Baier aaO, S. 107; Duensing aaO; Rau aaO, S. 404; Streng aaO, S. 2964; Verrel/Hoppe aaO, S. 310 f.). Die Vorschrift sei ihrerseits - bei wortlautgetreuer Anwendung - nicht mit dem Grundsatz schuldangemessenen Strafens zu vereinbaren (vgl. Frister aaO, S. 1020; Neumann aaO, S. 530).

2. Den bisher vertretenen Auffassungen ist somit gemein, dass sie - sei es in Form einer Regelvermutung, sei es für bestimmte Gesichtspunkte - weitgehende inhaltliche Vorgaben für die Beantwortung der Frage machen, unter welchen Voraussetzungen eine Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen ist bzw. zu unterbleiben hat. Sie werden damit dem Umstand, dass die betreffende Entscheidung nach den gesetzlichen Vorgaben im pflichtgemäßen Ermessen der Tatgerichte steht, nicht in ausreichendem Maße gerecht. Dessen eingedenk sind für die Beantwortung der Vorlegungsfrage folgende Erwägungen maßgebend:

Die tatgerichtliche Ermessensentscheidung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Bei Anwendung der insoweit geltenden Maßstäbe ist das Absehen von der Strafmilderung nicht allein deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Tatgericht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldete; dies gilt auch, wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt ist. Denn das selbstverschuldete Sich-Betrinken stellt einen schulderhöhenden Umstand dar, der bereits für sich genommen die aufgrund der erheblichen Verminderung der Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, herabgesetzte Tatschuld kompensieren kann. Dies folgt insbesondere aus den allgemein bekannten Folgen des Alkoholkonsums sowie seiner Bewertung im sonstigen Bereich der Strafzumessung, einem Vergleich zum Regelungsgehalt der § 323a StGB, § 122 OWiG und steht mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang. Im Einzelnen:

a) Bei § 21 StGB handelt es sich um einen Schuldminderungsgrund, an den eine Strafzumessungsregel anknüpft (h.M., vgl. LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 21 Rn. 1 mwN; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 21 Rn. 2; S/S/Perron/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 21 Rn. 1; SSWStGB/Kaspar, 3. Aufl., § 21 Rn. 1; Duensing, StraFo 2005, 15, 18, 21 mwN; Schnarr, Alkohol als Strafmilderungsgrund, in: Hettinger, Reform des Sanktionenrechts, 2001, S. 40; aA - Strafzumessungsgrund: Foth, NStZ 2003, 597 ff.; BeckOKStGB/Eschelbach, 33. Ed., Einl. zu § 21). Der vermindert schuldfähige Täter ist für seine Tat verantwortlich und wird deshalb für sie bestraft. Mit der Möglichkeit der Strafmilderung trägt § 21 StGB indes der Tatsache Rechnung, dass normabweichende psychologische Zustandsbilder es einem Schuldfähigen erheblich schwerer machen können, sich normgerecht zu verhalten (vgl. LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 1 mwN; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 21 Rn. 1; S/S/Perron/Weißer, aaO, § 21 Rn. 1; Fischer, aaO, § 21 Rn. 2), weswegen die vom Gesetz für den Regelfall vorgesehene Strafe möglicherweise das schuldangemessene Strafmaß übersteigt.

Der Schuldgehalt der Tat bestimmt sich allerdings nicht allein nach dem Grad der Schuldfähigkeit des Täters, sondern nach den gesamten für die Tatschuld relevanten Umständen des Einzelfalls. Es ist möglich, dass die Tat trotz verminderter Schuldfähigkeit des Täters ihrem Schuldgehalt nach immer noch schwerer wiegt als der denkbar leichteste Regelfall, der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Regelstrafdrohung eines Delikts vorgeschwebt hat. Dem trägt die Vorschrift des § 21 StGB Rechnung, indem sie lediglich eine fakultative Strafmilderung vorsieht (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Die von Teilen der Literatur vertretene Gegenauffassung, nach der eine Versagung der Strafrahmenverschiebung das Schuldprinzip missachte und § 21 StGB deshalb - entgegen dem Gesetzeswortlaut - in eine zwingend anzuwendende Milderungsvorschrift umgedeutet werden müsse (vgl. S/S/Perron/Weißer, aaO, § 21 Rn. 19, 21; Maurach/Zipf, Strafrecht AT, 5. Aufl., 1977, Teilbd. 1, S. 529; Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., 1975, S. 778 Fn. 23; Stratenwerth, Strafrecht AT Bd. I, 2. Aufl., 1976, S. 165; Lenckner, in Göppinger/Witter, Handbuch der forensischen Psychiatrie, 1972, Bd. I, S. 129 ff.; Jacobs, Strafrecht AT, 2. Aufl., 1991, 18. Abschn. Rn. 33; Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, S. 180 ff.), überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Denn die verminderte Schuldfähigkeit verringert die Tatschuld nicht in allen Fällen so stark, dass der weniger gewichtige Schuldgehalt im Normalstrafrahmen nicht zutreffend erfasst werden kann (LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 40; vgl. auch Schnarr, aaO, S. 1, 66 ff.).

b) Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet das Tatgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auf Grund einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall bedeutsamen Umstände. Dabei folgt aus dem für die Regelung des § 21 StGB wesentlichen Schuldprinzip auch, dass die tatgerichtliche Ermessensentscheidung, ob eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen oder zu versagen ist, nach dem Schuldgehalt der Tat, also unter Berücksichtigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls, zu treffen ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 1954 - 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30 f.; vom 11. Juni 2008 - 5 StR 612/07, NStZ 2008, 619, 620, und vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO, 40, 42; Beschlüsse vom 4. September 1992 - 2 StR 380/92, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 24; vom 7. Januar 2003 - 4 StR 490/02, NStZ-RR 2003, 136; vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10, NStZ-RR 2010, 336; vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, aaO). Diese in ständiger Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof vertretene Auffassung wird in der Literatur überwiegend geteilt (vgl. insb. LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 1 mwN; LK/Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 21 Rn. 18; MüKo/StGB/Streng, 3. Aufl., § 21 Rn. 20 ff.; Fischer, aaO, § 21 Rn. 20; SSWStGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 16 ff.; Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, 4. Aufl., 2006, § 20 Rn. 41; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 443 f.; Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl., 1974, S. 524 ff.). Auch nach dem Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts verstößt die Versagung der Milderung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB selbst bei Anwendung der lebenslangen Freiheitsstrafe nicht gegen das Schuldprinzip, wenn die Strafe wegen beträchtlich schulderhöhender Umstände verhältnismäßig ist (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1978 - 1 BvR 983/78, BVerfGE 50, 5). Demgegenüber dürfen schuldindifferente Faktoren, insbesondere Präventionserwägungen, bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nicht berücksichtigt werden (MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 21; LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 44; NKStGB/Schild, 4. Aufl., § 21 Rn. 30; SSWStGB/Kaspar, aaO; Roxin, aaO, § 20 Rn. 39). Deshalb könnten Überlegungen, die etwa an die „sittliche Schuld“ der Selbstintoxikation anknüpfen (vgl. Rautenberg, DtZ 1997, 45, 47) oder generalpräventiv das Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft von der Gefährlichkeit des Alkoholkonsums stärken sollen, eine Versagung der Strafrahmenmilderung von vornherein nicht tragen (vgl. MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 21 mwN).

c) Von diesen Maßgaben ausgehend ist es Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, einer wertenden Betrachtung zu unterziehen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2016 - 4 ARs 16/15, NStZ-RR 2016, 305 mwN). Welchen Umständen es bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (vgl. BGH, Urteile vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 f.; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, juris Rn. 23). Ihm steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BGH, Urteile vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO). Die Wertungen des Tatgerichts, insbesondere die Gewichtung der für und gegen eine Strafrahmenverschiebung sprechenden Umstände des Einzelfalls, sind in der Revisionsinstanz allein auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hat es die für die Beurteilung wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 241), so kann das Revisionsgericht nur beanstanden, dass es gesetzlich vorgegebene Wertungsmaßstäbe missachtet oder eine gerechtem Schuldausgleich nicht mehr entsprechende Strafe verhängt hat.

d) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist im Rahmen der Ermessensausübung im Ausgangspunkt Bedacht darauf zu nehmen, dass auf Grund der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Schuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist (BGH, Urteile vom 10. November 1954 - 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO Rn. 24; Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, juris Rn. 4). Um dem Prinzip zu genügen, dass die Strafe das Maß der Schuld nicht überschreiten darf, erfordert die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB schulderhöhende Umstände, die diese Schuldminderung kompensieren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 21/15 mwN; Roxin, aaO, § 20 Rn. 37 ff.; Salger/Mutzbauer, NStZ 1993, 561, 562). Es ist im Grundsatz anerkannt und wird auch durch den vorlegenden Senat nicht in Zweifel gezogen (vgl. Vorlegungsbeschluss Rn. 29 ff.), dass sich die auf einer Gesamtabwägung beruhende Ermessensentscheidung des Tatgerichts an diesem Kompensationsgedanken auszurichten hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 386/03, NStZ 2004, 619; MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 22; SSWStGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 28; Fischer, aaO, § 21 Rn. 18; jeweils mwN). Das Ausmaß der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB lässt dabei erkennen, dass der Gesetzgeber die Tatschuld als typischerweise beträchtlich verringert ansieht, wenn der Täter vermindert schuldfähig war. Hieraus folgt, dass es für die Verweigerung der Milderung eines besonderen Grundes bedarf, der umso gewichtiger sein muss, je gravierender sich die Beibehaltung des Regelstrafrahmens auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 1992 - 2 StR 380/92, aaO; vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 350/89, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 18 mwN; LK/Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 21 Rn. 19; SSWStGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 18).

Dies führt jedoch nicht dazu, dass die tatgerichtliche Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ohne Weiteres dann als rechtsfehlerhaft zu bewerten ist, wenn das Tatgericht von der Strafmilderung maßgeblich deshalb absieht, weil der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldete. Denn das selbstverantwortliche Sich-Betrinken des Täters vor der Tat stellt für sich allein einen schulderhöhenden Umstand dar, der im Rahmen der Ermessensausübung nach § 21 StGB regelmäßig Berücksichtigung finden darf, ohne dass dies von einzelfallbezogenen Feststellungen dazu abhängig ist, ob sich auf Grund der jeweiligen persönlichen oder situativen Verhältnisse das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung (für den Täter) vorhersehbar signifikant erhöht hatte.

aa) Dass bereits allein das selbstverantwortliche Sich-Betrinken des Täters vor der Tat einen schulderhöhenden Umstand darstellt, ergibt sich aus Folgendem:

(1) Durch den Alkoholmissbrauch versetzt sich der Sich-Betrinkende in einen Zustand, der durch Enthemmung (vgl. BGH, Urteile vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO, Rn. 24 [Senkung der Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten]), Verminderung von Einsichts- und Urteilsvermögen sowie Verschlechterung von Körperbeherrschung und Reaktionsfähigkeit gekennzeichnet ist. Davon, dass Alkoholkonsum eine solche enthemmende Wirkung hat, geht auch § 21 StGB aus; andernfalls könnte die akute Alkoholintoxikation nicht als krankhafte seelische Störung zu einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen. Mit der Intoxikation treten hirnorganische Veränderungen ein, die einerseits z.B. erhöhte Reizoffenheit und Antriebssteigerung bedingen und auf diesem Wege aggressionsbahnende Effekte haben können (vgl. Konrad/Rasch, aaO, S. 121; Nedopil/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl., S. 148 f.; Schalast/Leygraf, in: F. Schneider/Frister [Hrsg.] Alkohol und Schuldfähigkeit S. 182 f.); andererseits können Benommenheit und Müdigkeit auftreten. Mit der Herabsetzung der geistigen und körperlichen Kräfte kann jedenfalls ein trügerisches Gefühl erhaltener oder gar gesteigerter Leistungsfähigkeit einhergehen. Dieser Zustand bedingt eine erhöhte Gefährlichkeit des Berauschten, der sich gegenüber seiner Umwelt häufig in ihm sonst wesensfremder Weise verhält (vgl. BGH, Urteile vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 243; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Daneben belegen statistische Daten (vgl. etwa Polizeiliche Kriminalstatistik, Jahrbuch 2015, S. 161) und zahlreiche wissenschaftliche Studien jedenfalls, dass insbesondere Alkoholkonsum und Gewalt oft gemeinsam auftreten (vgl. etwa die Übersicht bei Görgen/Nowak, Alkohol und Gewalt, S. 5 ff.).

Vor diesem Hintergrund haben weite Teile der Rechtsprechung - darunter alle Strafsenate des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Urteile vom 7. Mai 1957 - 5 StR 127/57, BGHSt 10, 247, 251; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO; vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 242; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO Rn. 24 ff.; Beschluss vom 6. November 1996 - 5 ARs 59/96, NStZ-RR 1997, 163, 165) - und strafrechtlichen Literatur (vgl. etwa Foth, DRiZ 1990, 417, 419 f.; Schnarr, aaO, S. 83 f.; Rautenberg, DtZ 1997, 45; Schäfer, DRiZ 1996, 196; Lackner, JuS 1968, 215, 218 f.) als allgemeinkundigen Erfahrungssatz gefolgert, eine alkoholische Berauschung erhöhe generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte. Allerdings wird in der Rechtsprechung auch gesehen, dass es trotz verbreiteten hohen Alkoholkonsums „nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat“ kommt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 242).

In der Wissenschaft herrscht bei anhaltender Forschung mittlerweile eine gewisse Einigkeit darüber, dass alkoholassoziierte Gewaltkriminalität auf einer komplexen Interaktion verschiedener biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren beruht (vgl. Proescholdt/Walter/Wiesbeck, FortschrNeurolPsychiatr 2012, 441 f., 447; Görgen/Nowak, aaO, S. 22; Konrad/Rasch, aaO, S. 120; Schalast/Leygraf, aaO). Ob der Rausch zu deliktischem Verhalten führt, hängt zudem nicht allein von dem Sich-Betrinkenden ab, namentlich dessen Prädispositionen in der Persönlichkeit, sondern auch von häufig gleichsam zufälligen situativen Umständen (vgl. schon BGH, Urteil vom 29. Oktober 1957 - 5 StR 483/57, JR 1958, 28; Lackner, JuS 1968, 215, 218 f.; vgl. auch Nedopil/Müller, aaO, S. 154; Proescholdt/Walter/Wiesbeck, aaO, 441, 445). Die vorhandenen Befunde sowie die hohe Komorbidität von antisozialer Persönlichkeitsstörung und Substanzmissbrauch relativieren somit zwar die Vorstellung einer direkten kriminogenen Wirkung von Alkohol (vgl. Schalast/Leygraf, aaO), beseitigen sie jedoch nicht. Die Wirkungen starken Alkoholgenusses sind nicht sicher vorauszuberechnen (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 126; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO).

Das so beschriebene dem Alkoholkonsum selbst innewohnende Risiko zählt zum Allgemeinwissen. Es ist selbst Menschen von geringer Lebenserfahrung in aller Regel bekannt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1957 - 5 StR 127/57, BGHSt 10, 247, 251). Jedermann weiß oder kann zumindest wissen, dass er mit seiner Trunkenheit „das Tor für unbestimmtes rechtliches Versagen (vor allem) gegenüber unerwartet auftretenden Anforderungen öffnet“ (Lackner aaO, S. 220; ebenso Schnarr aaO, S. 83). Der Alkoholkonsum stellt somit für jedermann erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Sich-Betrinkende eine rechtswidrige Tat begeht, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder Rechtsgutsverletzung realisiert (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO). Geht jemand dieses allgemeinkundige Risiko einer Alkoholintoxikation vorwerfbar ein, sind bereits allein dadurch das Handlungsunrecht seiner im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangenen Tat sowie die Tatschuld signifikant erhöht. Das gilt nicht zuletzt im Verhältnis zu demjenigen Täter, der etwa aufgrund eines neurologischen oder hirnorganischen Defekts in einem nicht vorwerfbaren Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit handelt.

(2) Hiermit ist die Ansicht, die Schuldrelevanz sei bereits dem Grunde nach davon abhängig, inwieweit der Täter infolge persönlicher Vorerfahrungen oder situativer Umstände einen - zusätzlichen - Anhalt für die Gefahr eigenen deliktischen Verhaltens hat, nicht vereinbar. Derartige Gesichtspunkte sind zwar geeignet, das Maß der Schuld zu beeinflussen; sie sind indessen nicht konstitutiv für deren Begründung. Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, eine Schulderhöhung setze wenigstens Fahrlässigkeit in Bezug auf die Straftat als geringste Schuldform und damit die objektive und subjektive Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Tat während des Sich-Berauschens voraus. Dieser Gesichtspunkt würde, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, im Ergebnis einen eigenständigen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen dem Sich-Berauschen und dem konkreten tatbestandlichen Unrecht im Sinne eines originären Fahrlässigkeitsvorwurfs konstituieren. Dies stünde im Widerspruch zu der fortbestehenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Täters, der die Straftat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begeht. Die schuldrelevante Berücksichtigung eines nicht im gesetzlichen Tatbestand normierten Umstands setzt jedoch allein voraus, dass dieser vom Täter mit der Folge seiner Zurechenbarkeit zu verantworten ist. Dies zeigt sich etwa in der Regelung des § 46 Abs. 2 StGB, der zahlreiche Strafzumessungstatsachen benennt, die nicht mit dem strafbarkeitsbegründenden Handeln selbst in einem Beziehungszusammenhang stehen müssen. Hinzu kommt, dass die genannte Auffassung den Betrachtungswinkel auf die enthemmende und hierdurch teilweise aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols einschränkt. Damit lässt sie einen wesentlichen Teil rauschbedingter Gefahrenquellen, insbesondere die herabgesetzte Beherrschung körperlicher und geistiger Kräfte, außer Betracht. Diese hindert den Betrunkenen vielfach, den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachzukommen, was sich in einer Vielzahl denkbarer strafrechtlich relevanter Verfehlungen niederschlagen kann (vgl. schon Begründung zu § 351 StGB im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 [E 60], BT-Drucks. III/2150 S. 498 und im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 [E 62], BT-Drucks. IV/650 S. 537).

(3) Damit steht im Einklang, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne die Berücksichtigung der verschuldeten Trunkenheit für sich als schuldrelevantes Merkmal zulässig ist, ohne dass dies von einer darüber hinausgehenden subjektiven Beziehung zu der später begangenen Tat abhängig ist. Wendet das Tatgericht etwa wegen alkoholbedingter erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Täters den nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen an, darf es nach allgemeiner Meinung bei der Straffindung innerhalb dieses Strafrahmens in die Abwägung strafschärfend den Umstand mit einbeziehen, dass der Täter den Zustand schuldhaft herbeigeführt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1976 - 2 StR 101/76, BGHSt 26, 311, 312; ferner BGH, Urteile vom 21. Juli 1984 - 1 StR 330/84, NStZ 1984, 548; vom 9. Februar 2000 - 3 StR 392/99, NStZ-RR 2000, 166, 168; Beschluss vom 2. Juli 1985 - 1 StR 280/85, NJW 1986, 793, 794; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1127; Schnarr in Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Bd. 1, S. 1, 43; S/S/Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 49). In diesem Zusammenhang ist - soweit ersichtlich - die Forderung, die verschuldete Trunkenheit dürfe - als Grundlage für einen gerechten Schuldausgleich (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) - nur gewürdigt werden, wenn eine für den Täter vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls festgestellt ist, noch nicht erhoben worden. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass insoweit berücksichtigungsfähige Präventionszwecke (s. § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB) bemüht würden.

(4) Dass es sich bei dem selbstverantwortlichen Sich-Betrinken um ein tatschuldrelevantes Merkmal handelt, entspricht im Übrigen den Regelungen des § 323a StGB und des § 122 OWiG zugrundeliegenden Wertungen. Die Vorschriften lassen Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Beurteilung zu, dass es sich bei dem schuldhaft herbeigeführten Rausch nicht um eine sozialadäquate, wertneutrale Erscheinung handelt, sondern dass ihm als offenkundigem Gefahrenherd ein Unwert anhaftet, der geeignet ist, das Ob und das Wie strafrechtlicher Sanktionen zu bestimmen:

Im Hinblick auf die allgemeine Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des schwer Berauschten hat der Gesetzgeber das Sich in einen Rausch-Versetzen in § 323a StGB und § 122 OWiG als ein selbständiges, rechtlich fassbares sanktionswürdiges Unrecht tatbestandlich normiert. Er hat lediglich die Ahndung des schuldhaften Sich-Berauschens durch die Einfügung einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit bzw. der Bußgeldbewehrung dahin eingeschränkt, dass ein „folgenloser“ Rausch keine Sanktion nach sich ziehen soll. Demgegenüber wird derjenige wegen der Berauschung mit Strafe oder Geldbuße sanktioniert, der in diesem Zustand in rechtswidriger Weise einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht und hierfür nicht bestraft oder mit Geldbuße belegt werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war bzw. nicht vorwerfbar gehandelt hat oder dies zumindest nicht auszuschließen ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 125; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125 f.; vom 1. Juni 1962 - 4 StR 88/62, BGHSt 17, 333, 334; vom 26. Oktober 1965 - 1 StR 394/65, BGHSt 20, 284, 285; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242 f.; Beschlüsse vom 18. August 1983 - 4 StR 142/82, BGHSt 32, 48, 55 f.; vom 17. Oktober 1991 - 4 StR 465/91, BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; KK/Rengier, OWiG, 4. Aufl., § 122 Rn. 8 mwN).

Vor diesem Hintergrund erklärt sich zwanglos, dass der Gesetzgeber das Sich-Berauschen im Grundsatz als Unrecht bewertet, die Straf-oder Ahndbarkeit indes davon abhängig gemacht hat, ob bzw. in welchem Umfang sich die für die Rechtsgüter Dritter oder die Allgemeinheit gesteigerte Gefahr, die von einem Berauschten ausgeht, tatsächlich in einer konkreten rechtswidrigen Tat niedergeschlagen hat. Weder für die Straftat nach § 323a StGB noch für die Ordnungswidrigkeit nach § 122 OWiG ist indes vorausgesetzt, dass sich der Täter im Zeitpunkt des Sich-Berauschens bewusst war oder hätte bewusst sein können, dass er im Rausch zur Begehung von Straftaten oder ordnungswidrigem Verhalten neige (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 125; vom 23. November 1951 - 2 StR 491/51, BGHSt 2, 14, 18; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 127; Beschlüsse vom 15. Oktober 1956 - GSSt 2/56, BGHSt 9, 390, 394; vom 17. Oktober 1991 - 4 StR 465/91, BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; 53 Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, 4. Aufl., § 122 Rn. 2, 14; Göhler/Gürtler, OWiG, 16. Aufl., § 122 Rn. 7a; KK/Rengier, aaO, Rn. 25; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 323a Rn. 14 mwN; s. aber auch zu vielen abweichenden Stimmen in der Literatur MüKoStGB/Geisler, 2. Aufl., § 323a Rn. 57 ff. mwN).

Die in den § 323a StGB, § 122 OWiG enthaltene Wertung ist schließlich nicht darauf zu reduzieren, dass einem Rausch nur dann strafrechtlich erhebliches Unrecht innewohnt, wenn er zumindest nicht ausschließbar zur völligen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 252). Der hierauf begrenzte Anwendungsbereich der genannten Normen ist nicht Ausdruck eines nur beschränkten Straf- und Regelungsbedürfnisses. Denn die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines nur erheblich vermindert schuldfähigen Täters besteht fort. Hieraus folgt, dass es insoweit einer gesonderten tatbestandlichen Erfassung des dem vorwerfbaren Rausch innewohnenden Unwerts nicht bedarf.

bb) Die hiesige Lösung steht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat die Entscheidung über die Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit gerade mit Blick auf die verschuldete Trunkenheit dem tatrichterlichen Ermessen überantwortet. Im Einzelnen:

Der „Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches“ von 1927 (vgl. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 27. November 1933; Rautenberg, DtZ 1997, 45, 47) hatte den zwingenden Ausschluss der Strafmilderung bei verschuldeter Trunkenheit mit dem Hinweis auf das Schuldprinzip abgelehnt und stattdessen erstmals eine „Kann"-Vorschrift vorgesehen. Zu der mit einer solchen Regelung verfolgten Intention äußerte sich die Begründung des Entwurfs dahin, dass er es „dem richterlichen Ermessen (überlässt), zu entscheiden, ob und inwieweit eine selbstverschuldete Trunkenheit, die die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließt, als strafmildernd zu berücksichtigen ist“ (Reichstagsdrucksache, III. Wahlperiode 1924/27, Nr. 3390, Begründung S. 15; abgedruckt in Schubert/Regge/Rieß/Schmid [Hrsg.], Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, I. Abt.: Weimarer Republik, Bd. 1, 1995, S. 495). Mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, S. 995) wurde die verminderte Zurechnungsfähigkeit in § 51 Abs. 2 StGB aF als fakultativer Strafmilderungsgrund erstmals kodifiziert.

Die Reformarbeiten in der Nachkriegszeit führten dazu, dass an der fakultativen Strafmilderung festgehalten und kein Milderungszwang eingeführt wurde, und mündeten letztlich in den seit dem 1. Januar 1975 geltenden § 21 StGB. Zum Ermessen heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches von 1962 (E 1962): Ob die Schuld verringert ist, „beruht auf einer Gesamtwürdigung, bei der außer dem Grade der Schuldfähigkeit auch andere Umstände zu berücksichtigen sind; so die Tatschuldumstände (...), aber auch Schuldumstände vor der Tat (z.B. schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit). Dass die Milderung nur zugelassen und nicht vorgeschrieben ist, ermöglicht einen Ausgleich zwischen der Verminderung der Schuldfähigkeit einerseits und erschwerenden Schuldumständen andererseits bei der Gesamtwürdigung der Schwere der Schuld“ (BT-Drucks. IV/650, S. 142; ebenso - wortlautidentisch - die Begründungen zum „Entwurf eines Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuches nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung“ von 1958 [E 1958, veröffentlicht vom Bundesministerium der Justiz, Begründung S. 30 f.] und zum Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 [E 1960, BR-Drucks. 270/60, S. 134]; s. hierzu Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 176). Durch die vorzugswürdige „elastischere“ Ermessensvorschrift erübrige sich eine Regelung über den zwingenden Ausschluss der Strafrahmenmilderung bei selbstverschuldeten Bewusstseinsstörungen (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 142; ferner E 1958, aaO, Begründung S. 31; E 1960, BR-Drucks. 270/60, S. 134).

cc) Zusammenfassend kommt es nach alldem nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob mit dem vorlegenden Senat anzunehmen ist, für die hiesige Lösung stritten weitere Gesichtspunkte, darunter etwa die Regelung des § 7 WStG (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 63/15, juris Rn. 43 ff.). Das Tatgericht überschreitet aus den dargelegten Gründen jedenfalls nicht die Grenzen des ihm bei der Entscheidung über eine Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB eingeräumten Ermessens, wenn es im Rahmen der Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände in den Blick nimmt, dass der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldet hat. Ihm obliegt die Bewertung, ob das Gewicht dieses Umstands nach den Umständen des Einzelfalls hoch genug ist, um die aufgrund der erheblich verminderten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verringerte Tatschuld aufzuwiegen. An feste Regeln ist es dabei nicht gebunden.

3. Da die Entscheidung - zumindest auch - auf den spezifischen Auswirkungen des Alkoholkonsums und der allgemeinen Kenntnis hierüber beruht, ist davon abzusehen, die dargelegten Grundsätze der Anregung des Generalbundesanwalts folgend auf alle anderen Fälle vorwerfbarer Rauschzustände zu erstrecken (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 591/03, StV 2005, 19).

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 313

Externe Fundstellen: BGHSt 62, 247; NJW 2018, 1180 ; NStZ 2018, 273

Bearbeiter: Christian Becker