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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2024
25. Jahrgang
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Die Gutschrift auf einem im Kontokorrent geführten Girokonto stellt einen Gegenstand dar, der Grundlage für die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen sein kann. (BGHR)
1. Zweck der gesetzlichen Regelung des § 73e Abs. 1 StGB ist es, eine infolge der Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF drohende doppelte Inanspruchnahme des Täters durch den – zwingend vorgeschriebenen – staatlichen Einziehungsanspruch einerseits und zivilrechtliche Ansprüche der Geschädigten andererseits zu vermeiden. Auch ein (Teil-)Erlass nach § 397 Abs. 1 BGB führt zum Erlöschen der zivilrechtlichen Ansprüche und damit nach dem Wortlaut des § 73e Abs. 1 StGB grundsätzlich auch zum Ausschluss der Einziehung. Denn die Regelung ist mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie „vergleichsfreundlich“ ausgestaltet, soll also demjenigen, bei dem die strafrechtswidrige Vermögensmehrung eingetreten ist, einen Anreiz zu einer zügigen (freiwilligen) Schadenswiedergutmachung etwa im Wege eines Vergleichs mit teilweiser Erfüllung und Teilverzicht geben.
2. Andererseits bezweckt § 73e Abs. 1 StGB nicht, dass sich ein Einziehungsadressat durch die zivilrechtliche Vereinbarung eines Erlasses mit dem in seinen Individualrechtsgütern verletzten Geschädigten zu Lasten der durch die Tat ebenfalls geschädigten Allgemeinheit schadlos halten kann. § 73e Abs. 1 StGB ist deshalb dahin auszulegen, dass der staatliche Anspruch auf (Wertersatz-)Einziehung bei Normen mit doppeltem Schutzzweck oder bei tateinheitlicher Verletzung von Straftatbeständen, die einerseits Individual- und andererseits Universalrechtsgüter schützen, nur insoweit erlischt, als der Verletzte das Erlangte oder dessen Wert erhält. Denn nur insoweit kommt auch eine doppelte Inanspruchnahme des Einziehungsadressaten in Betracht.
3. Ob dieser Grundsatz auch gelten kann, wenn der Vergleich zwischen dem Einziehungsadressaten und staatlichen Stellen geschlossen wird, die auch die Interessen der Allgemeinheit vertreten, muss der Senat hier nicht entscheiden.
1. Wird eine schwere andere seelische Störung – wie hier – festgestellt, die überhaupt nur dann in Betracht kommt, wenn Symptome von beträchtlichem Gewicht vorliegen, deren Folgen den Täter vergleichbar schwer belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen, so liegt es nahe, dass eine solche Störung zur Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB führt. Die Feststellung einer gleichwohl nicht erheblichen Minderung der Steuerungsfähigkeit bedarf dann einer besonderen Begründung.
2. Bei der Frage des Vorliegens eines Eingangsmerkmals im Sinne des § 20 StGB bei gesichertem psychiatrischen Befund wie auch bei der Prüfung einer aufgehobenen oder erheblich beeinträchtigten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit handelt es sich um Rechtsfragen. Deren Beurteilung erfordert konkretisierende und widerspruchsfreie Darlegungen dazu, in welcher Weise sich die festgestellte Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Etwaige Darlegungen eines Sachverständigen hat das Tatgericht eigenständig zu überprüfen und seine Entscheidung in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise zu begründen.
3. Bei einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung handelt es sich um ein eher unspezifisches Störungsbild. Sie
erreicht den Grad einer schweren anderen seelischen Störung regelmäßig erst dann, wenn der Täter aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat. Auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen kann die Fähigkeit erheblich eingeschränkt sein, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvorstellungen gegeneinander abzuwägen und danach den Willensentschluss zu bilden. Dem Tatverhalten wie auch dem Verhalten vor und nach der Tat kommt beim Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsstörung kein maßgebliches Gewicht zu.
4. Für die Bewertung der Schwere einer Persönlichkeitsstörung ist maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Deliktes zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn das Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens sich im Zeitverlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als Merkmal der schweren anderen seelischen Störung gemäß § 20 StGB angesehen werden; dies ist anhand konkreter Umstände in der Lebensführung des Angeklagten zu belegen.
Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht (st. Rspr.). Maßstab sind das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut und der Grad seiner schuldhaften Beeinträchtigung. Das Vorliegen einzelner Milderungsgründe schließt die Verhängung der Höchststrafe dabei nicht aus; diese bedarf aber – auch und gerade dann – sorgfältiger Begründung unter Berücksichtigung aller Umstände.
Die Mindeststrafe ist zwar nicht nur denkbar leichtesten Fällen vorbehalten; auf sie darf auch erkannt werden, wenn Strafzumessungsgesichtspunkte vorliegen, die den Angeklagten belasten. Dies setzt aber – wie bei der Verhängung der Höchststrafe – eine eingehende Begründung und Abwägung der wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände voraus.
1. Zwar kann eine engmaschige und lückenlose polizeiliche Überwachung eines Betäubungsmittelgeschäfts ein Strafmilderungsgrund sein, dem ‒ über den strafmildernden Umstand der Sicherstellung der Betäubungsmittel hinaus ‒ ein eigenständiges Gewicht zukommt. Dies setzt aber voraus, dass diese Maßnahme so beschaffen war, dass sie einem In-Verkehr-Gelangen der Betäubungsmittel bereits vor deren späterer Sicherstellung wirksam entgegensteht.
2. Nach § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermögensgegenstände, die der Täter durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat, der Einziehung. „Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist ein Vermögenswert, wenn er dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Täters unterliegt. Da es sich bei dem Erlangen in diesem Sinne um einen tatsächlichen Vorgang handelt, kommt es auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse nicht an. Bei mehreren Beteiligten genügt eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand. Die bloße Feststellung eines mittäterschaftlichen Zusammenwirkens belegt aber nicht, dass der jeweilige Mittäter Mitverfügungsmacht erlangt hat; eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB kommt nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über den Taterlös zukommen sollte, und er diese auch tatsächlich hatte.
3. Soll der Erlös aus Betäubungsmittelgeschäften abgeschöpft werden, sind regelmäßig Feststellungen zur Entgegennahme der Verkaufserlöse und zu deren Verbleib erforderlich, die durch Beweiserwägungen tragfähig belegt werden müssen. Eine unmittelbare Beteiligung an der Übergabe der Erlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften ist nicht erforderlich; es genügt, dass der Beteiligte anschließend ungehinderten Zugriff auf das übergebene Geld nehmen kann.
1. Mit der Neufassung des § 64 Satz 2 StGB hat der Gesetzgeber eine restriktivere Anwendungspraxis bezweckt, die gewährleistet, dass die Kapazitäten des Maßregelvollzugs zielgerichteter genutzt werden. Für eine Unterbringung genügt es nun nicht mehr, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die
Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. In der Neufassung setzt § 64 Satz 2 StGB vielmehr voraus, dass ein solcher Effekt aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist. In Anlehnung etwa an die Regelung des § 63 Satz 1 StGB ist hierfür eine durch Tatsachen belegte „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ erforderlich.
2. Der Gesetzgeber hat damit bewusst erhöhte prognostische Anforderungen statuiert, wodurch sich der Einfluss ungünstiger Risikofaktoren wie der Therapieunwilligkeit erhöht. Lehnt ein Angeklagter die Therapie im Maßregelvollzug ab, so folgt aus dem Erfordernis tatsächlicher Anhaltspunkte zudem, dass für eine positive Anordnungsentscheidung im Urteil konkret darzulegen ist, welche Instrumente im Maßregelvollzug zur Verfügung stehen, mit denen diese Haltung überwunden werden kann. Im Falle einer dezidiert geäußerten, nachhaltigen Verweigerungshaltung – insbesondere eines mit dem Spektrum therapeutischer Möglichkeiten bereits vertrauten Angeklagten – bedarf es einer besonders sorgfältigen und eingehenden Begründung für die Annahme hinreichender Einflussmöglichkeiten.
Eine Straftat von erheblicher Bedeutung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn sie mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden schwer oder empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Straftaten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe unter fünf Jahren bedroht sind, sind jedenfalls nicht ohne weiteres dem Bereich der Straftaten von erheblicher Bedeutung zuzurechnen. Der Gesetzgeber hat durch Neufassung des § 63 StGB mit dem Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des StGB und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8. Juli 2016 (BGBl. 2016 I, S. 1610) den Begriff der Erheblichkeit dahin konkretisiert, dass es um Taten gehen muss, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden verursacht wird.
1. Nach der Neufassung von § 64 StGB muss die Anlasstat „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann aus, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht – gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung – positiv festzustellen.
2. Nach der Neuregelung darf die Maßregel im Übrigen nur angeordnet werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist, den Angeklagten durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist des § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen. Die Anforderungen an eine günstige Behandlungsprognose sollten durch die Neufassung im Sinne einer hierfür bestehenden Wahrscheinlichkeit höheren Grades angehoben werden.
Eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB darf nur angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB vorliegen, die rechtswidrige Tat somit bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden ist und sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Tat muss damit in Beziehung stehen zu der Führung eines Kraftfahrzeugs durch den Täter oder zumindest einen anderen Tatbeteiligten. Bei der Maßregelanordnung gegen einen Beifahrer sind besonders gewichtige Hinweise auf seinen Einfluss auf die Führung des Kraftfahrzeugs oder die Fahrweise zu fordern, aus denen sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt.
1. Die erweiterte Einziehung von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1 StGB oder deren Werts gemäß § 73c StGB setzt voraus, dass das Tatgericht die Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die betreffenden Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt. Deren Konkretisierung hinsichtlich einzelner bestimmter Taten oder ihres allgemeinen Charakters ist nicht erforderlich.
2. Bei der Prüfung der Voraussetzungen der erweiterten Einziehung dürfen – wie stets – an die Überzeugungsbil-
dung keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Entlastende Angaben des Angeklagten sind nicht schon deshalb als unwiderlegbar hinzunehmen, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Allerdings reicht ein bloßer Verdacht der illegalen Herkunft des Gegenstandes für dessen Einziehung nicht aus. Begründen bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen und verbleiben deshalb vernünftige Zweifel an ihrer deliktischen Herkunft, steht dies der Anordnung der (erweiterten) Einziehung von Taterträgen entgegen. Bei auch legalen Einkommensquellen kann die Anordnung nicht auf das bloße Auffinden von Geldmitteln gestützt werden.