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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2023
24. Jahrgang
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Von Wiss. Mit. Dr. Carina Dorneck, M.mel., Halle/Trier[*]
Die Frage nach der Rückwirkung einer Pflichtverteidigerbestellung ist ein Dauerbrenner unter den strafprozessualen Fragestellungen.[1] Neuen Auftrieb erhielt dieser Streit durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung, das am 13. Dezember 2019 in Kraft trat und zur Neuregelung der Pflichtverteidigervorschriften (§§ 140 ff. StPO) in ihrer heutigen Form führte.[2] Mit diesem Gesetz wurden mit halbjähriger Verzögerung die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen im Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines
Europäischen Haftbefehls (im Folgenden: PKH-Richtlinie)[3] umgesetzt. Obwohl die Reform damit bereits drei Jahre zurückliegt, ist das Problem der rückwirkenden (oder auch als nachträglich bezeichneten) Pflichtverteidigerbestellung bis heute nicht geklärt. Vielmehr ist gerade durch die Reform die längst entschieden geglaubte Diskussion um diese Frage wieder aufgeflammt. Das Meinungsspektrum ist divers; insbesondere innerhalb der Rechtsprechung selbst ist der Streit unentschieden. Die Judikate der jüngeren Vergangenheit könnten insofern kaum unterschiedlicher ausfallen.[4] Angesichts dieses Befundes werden im Folgenden die wesentlichen Änderungen durch die Neuregelung vorgestellt (II.), bevor unter Berücksichtigung der divergierenden Rechtsprechung der Frage nachgegangen wird, ob und unter welchen Voraussetzungen eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung möglich ist (III.). Bei der Beantwortung dieser Frage wird der Einfluss, den das Unionsrecht auf das deutsche Strafprozessrecht nimmt, eine entscheidende Rolle spielen (IV.).
Das Institut der notwendigen Verteidigung, geregelt in den §§ 140 ff. StPO, beruht im Wesentlichen auf zwei Erwägungen:[5] Zum Ersten liegt der zwingenden Mitwirkung eines Verteidigers das Ziel der Verfahrenssicherung bzw. das staatliche Interesse an der Gewährleistung eines justizförmigen Verfahrens zugrunde. Zum Zweiten entspringt dem Fürsorge- und Sozialstaatsprinzip der Gedanke, dass die Hinzuziehung eines Verteidigers nicht von den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten abhängen darf. [6]
Diese Zielsetzungen wurden durch das Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung nicht angetastet. Es wurden im Wesentlichen lediglich der Zeitpunkt und das Verfahren zur Bestellung und Auswahl des Pflichtverteidigers neu geregelt. Hinsichtlich des Verfahrens sieht § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO nunmehr vor, dass auf Antrag des Beschuldigten diesem unverzüglich ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Gemäß § 142 Abs. 1 StPO ist der Antrag des Beschuldigten auf Pflichtverteidigerbestellung unverzüglich dem Gericht vorzulegen.[7] Dabei hat die Staatsanwaltschaft Stellung dazu zu beziehen, ob aus ihrer Sicht die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung vorliegen. Sie ist darüber hinaus in den Fällen des § 141 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 StPO dazu verpflichtet, selbst einen Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers zu stellen, sofern der Beschuldigte keinen Antrag gestellt hat, § 142 Abs. 2 StPO.[8] § 141 Abs. 2 StPO weicht folglich das neu eingeführte Antragsmodell des Absatzes 1 auf und fordert zum Schutz des Beschuldigten sowie zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ein Einschreiten der Strafverfolgungsorgane von Amts wegen.[9]
Den Zeitpunkt der Beiordnung bestimmt § 141 StPO. Anders als in dessen vorheriger Fassung wird der Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung nicht mehr in erster Linie an der Hauptverhandlung festgemacht, sondern in das Ermittlungsverfahren vorverlagert.[10] Es wird zwischen der Beiordnung i.S.d. Absatzes 1 aufgrund eines Antrags des Beschuldigten und der Beiordnung i.S.d. Absatzes 2 ohne Antrag des Beschuldigten unterschieden. Der Zeitpunkt der Beiordnung hängt folglich davon ab, ob ein Antrag des Beschuldigten vorliegt bzw. ob die Voraussetzungen des § 141 Abs. 2 StPO gegeben sind, die die Staatsanwaltschaft von Amts wegen prüft. Im ersten Fall ist gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO über den Antrag des Beschuldigten "unverzüglich" zu entscheiden, spätestens jedoch vor dessen Vernehmung oder einer Gegenüberstellung mit diesem, § 141 Abs. 1 Satz 2 StPO. Im zweiten Fall ist zum Schutz des Beschuldigten ein Einschreiten von Amts wegen in den dort genannten Zeitpunkten gefordert (z.B. in den Fällen der Nr. 1 sobald der Beschuldigte einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweiliger Unterbringung vorgeführt werden soll).[11]
Vor dem Hintergrund dieser Neuordnung des Rechts der notwendigen Verteidigung, insbesondere der Neuregelung des Zeitpunkts und des Verfahrens der Pflichtverteidigerbestellung, wird unterschiedlich beurteilt, ob sich an der nach altem Recht überwiegend abgelehnten Möglichkeit einer rückwirkenden Beiordnung etwas geändert hat. Sie betrifft Fälle, in denen die Entscheidung auf Beiordnung des Verteidigers als Pflichtverteidiger von einer Einstellung des Verfahrens – gemäß der Opportunitätsvorschriften der §§ 153 ff. StPO oder aufgrund mangelnden hinreichenden Tatverdachtes gemäß § 170 Abs. 2 StPO – überholt wurde.[12] Sie betrifft außerdem Fälle, in denen gegen einen ablehnenden Bescheid vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens Beschwerde eingelegt wurde.[13] Schließlich kommt eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung in Betracht, wenn die Entscheidung über die Beiordnung des Verteidigers trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO erst nach der Haftentlassung ergeht.[14]
Somit steht hinter der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung die rechtliche Problematik, dass sich das Verfahren, für das der Verteidiger als Pflichtverteidiger zu bestellen wäre, bereits erledigt hat, bevor es überhaupt zu seiner Bestellung kommt. Prima facie wirkt es daher befremdlich, im Nachhinein die Beiordnung als
Pflichtverteidiger anzuordnen, weil es in diesem Fall so scheint, als gäbe es für den Verteidiger schlicht nichts mehr zu verteidigen. Eine rückwirkende Beiordnung entspräche allein dessen Gebühreninteresse oder dem Kosteninteresse des Beschuldigten.
Angesichts dieses Umstandes wurde insbesondere nach früherer Rechtslage von der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Lehre vertreten, dass eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung unzulässig sei.[15] Die Tätigkeit des Verteidigers sei auf eine künftig zu erbringende Dienstleistung gerichtet. Eine Verteidigung, die lediglich rückwirkend ein bereits beendetes Verfahren betreffe, sei dagegen nicht mehr schutzwürdig. Zweck der notwendigen Verteidigung sei es, dem Beschuldigten für das kommende Verfahren eine ordnungsgemäße Verteidigung zu gewährleisten, nicht aber dessen Kosteninteresse oder das Gebühreninteresse des Verteidigers zu sichern.[16]
Von diesem Grundsatz der Unzulässigkeit der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung wurde jedoch bereits nach alter Rechtslage insbesondere von den Instanzgerichten eine Ausnahme zugelassen, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Einstellung des Verfahrens gestellt worden war, die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung i.S.d. § 140 StPO vorlagen und die Beiordnungsentscheidung allein aufgrund justizinterner Vorgänge verzögert wurde oder unterblieben ist.[17] Dem stand es gleich, wenn das Verfahren vor einer Entscheidung über die eingelegte Beschwerde gegen eine Ablehnung der Pflichtverteidigerbeiordnung bereits abgeschlossen wurde.[18]
Mit der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung aufgrund der PKH-Richtlinie mehren sich jedoch zunehmend die Stimmen, die zumindest für den Fall des rechtzeitigen, aber verspätetet verbeschiedenen Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung dessen rückwirkende Beiordnung befürworten.[19] Zu verzeichnen ist eine Abkehr von der Maxime der Unzulässigkeit der Rückwirkung der Pflichtverteidigerbestellung.[20]
Schon das Unverzüglichkeitsgebot des neu gefassten § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO spräche für eine solche Auslegung der §§ 140 ff. StPO. Maßgebend für die rückwirkende Bestellung sei demnach, dass die Voraussetzungen für die Beiordnung schon zu einem früheren Zeitpunkt vorlagen, eine solche beantragt worden war, über diese aber aus Gründen, die der Antragssteller nicht zu vertreten hat, nicht entschieden worden ist.[21] Unverzüglich bedeute zwar nicht sofort, es bedeute aber, dass eine Entscheidung so bald wie möglich und ohne schuldhaftes Zögern, insbesondere ohne sachlich nicht begründete Verzögerung ergehen müsse.[22] Als Frist, innerhalb derer entschieden werden müsse, wird überwiegend eine Frist von einer Woche als angemessen erachtet.[23] Dabei sei auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem redlicherweise die erste Entscheidung über die Beiordnung hätte getroffen werden können.[24]
Angesichts des in den §§ 141 Abs. 1 Satz 1, 141 Abs. 2 Satz 1, 142 Abs. 1 Satz 2, 142 Abs. 2, 142 Abs. 4 Satz 2 StPO zum Ausdruck kommenden Unverzüglichkeitsgebotes sei daher durch die Möglichkeit der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung der Gefahr zu begegnen, dass eine an sich gebotene Pflichtverteidigerbestellung wegen verzögerter Sachbearbeitung unterbleibe und damit eine effektive Verteidigung wegen ungeklärter Kostenfrage scheitere.[25] Es dürfe dem Beschuldigten nicht zum Nachteil gereichen, wenn sein rechtzeitig gestellter Antrag entgegen der Intention des Gesetzgebers nicht zeitnah verbeschieden, sondern liegengelassen werde.[26] Aus diesem Grund lasse die höchstrichterliche Rechtsprechung schon in anderem Zusammenhang, nämlich bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, eine Rückwirkung zu, sofern vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ein begründeter Bewilligungsantrag gestellt, aber aus Gründen, die der Antragssteller nicht zu vertreten habe, nicht rechtzeitig verbeschieden wurde.[27] Ähnliches gelte im Zivilverfahrensrecht, sofern der Antrag zum Zeitpunkt der Erledigung des Hauptsacheverfahrens bereits entscheidungsreif war.[28] Gefordert wird ein Gleichlauf von Zivil- und Strafverfahren bzw. Prozesskostenhilfe und Pflichtverteidigerbestellung.[29] Schließlich, so diese Ansicht, seien keine vernünftigen Gründe ersichtlich, weshalb für die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers etwas anderes
gelten solle als für die rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe.[30]
Doch es gibt auch Stimmen, die trotz der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung ablehnen. Insbesondere die Obergerichte halten an der Unzulässigkeit einer rückwirkenden Beiordnung fest.[31] Sie berufen sich darauf, dass mit der Neuregelung ein Systemwechsel im Recht der notwendigen Verteidigung nicht intendiert gewesen sei. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung lediglich das Ziel verfolgt, unter Wahrung des hergebrachten Systems die PKH-Richtlinie umzusetzen.[32] Von einem Systemwechsel, der die Möglichkeit der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung eröffne, könne daher nicht ausgegangen werden.[33] Zweck der PKH-Richtlinie sei es, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass ein Beschuldigter in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält, um hierdurch einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu sichern.[34] Dieser Zweck entfalle jedoch nach Abschluss des Verfahrens, weil die Rechte des Beschuldigten nicht mehr zu sichern seien. In diesem Fall benötige der Beschuldigte keine Hilfe mehr durch einen Rechtsbeistand. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Verfahren endgültig eingestellt wurde.[35] Das Institut der notwendigen Verteidigung diene folglich allein der Sicherung der Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten, nicht aber einem nachträglichen Kosteninteresse des Betroffenen oder des Verteidigers, so dass eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung abzulehnen sei.[36]
Richtigerweise ist jedoch unter Beachtung des Einflusses, den das Unionsrecht auf das deutsche Strafprozessrecht nimmt, insbesondere unter Berücksichtigung der Zielsetzungen der PKH-Richtlinie, die Annahme der Unzulässigkeit der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung heute nicht mehr tragfähig.[37]
Zwar ist einzuräumen, dass das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung bewusst davon abgesehen hat, einen Systemwechsel dahingehend zu vollziehen, dass neben den materiellen Kriterien die finanzielle Bedürftigkeit des Betroffenen zur Grundlage der Entscheidung über die Notwendigkeit der Verteidigung gemacht wird. Ein solches Vorgehen war jedoch ausdrücklich von der PKH-Richtlinie gedeckt, weil hiernach die unionsrechtskonforme Umsetzung sowohl über die Einführung eines allgemeinen Modells der Prozesskostenhilfe als auch, wie in Deutschland erfolgt, über den Weg des tradierten Pflichtverteidigungsmodells möglich war (Art. 4 Abs. 2 bis 4 PKH-Richtlinie). Doch auch in diesem Modell gilt, dass die Hinzuziehung eines Verteidigers nicht von den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten abhängen darf, sondern allein materielle Kriterien über die Notwendigkeit der Verteidigung entscheiden.[38] Zudem wirken die unionsrechtlichen Vorgaben der PKH-Richtlinie auch noch nach deren Umsetzung in das nationale Recht hinein. Folglich bleibt trotz der Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung die PKH-Richtlinie für die deutschen Gerichte bei der Auslegung der §§ 140 ff. StPO bindend.[39]
Dem zugrunde liegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung.[40] Er verlangt, dass mitgliedstaatliches Recht durch die nationalen Gerichte im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie ausgelegt wird, wobei das Gericht diese Auslegung unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts vornehmen muss.[41] Dies setzt voraus, dass die nationalen Bestimmungen einen Auslegungsspielraum eröffnen. Liegt ein solcher vor, wie in der zugrundeliegenden Fallkonstellation, kommt folglich das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung zum Tragen. Zur Beantwortung des vorliegenden Streits istsomit maßgeblich, welche Zwecke die PKH-Richtlinie verfolgt und ob die Verneinung einer rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung diesen widersprechen würde.
Wie sich aus Erwägungsgrund 1 der Richtlinie ergibt, ist ausdrückliches Ziel der Richtlinie die Effektivität des Rechts auf Zugang zu einem Rechtsbeistand. Hierfür sind die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 1 der PKH-Richtlinie verpflichtet zu gewährleisten, dass Verdächtigen und beschuldigten Personen, die nicht über ausreichende Mittel
zur Bezahlung eines Rechtsbeistandes verfügen, ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe eingeräumt wird, sofern dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist. Mit Prozesskostenhilfe in diesem Sinne ist gemäß Art. 3 der PKH-Richtlinie die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemeint, die sicherstellen, dass das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand wirksam wahrgenommen werden kann. Die PKH-Richtlinie verlangt somit explizit, dass dem mittellosen Beschuldigten auch die finanziellen Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers gesichert werden,[42] wie es in ähnlicher Weise Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK vorsieht.[43] Zur Effektivität des Rechts auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gehören nach Erwägungsgrund 24 außerdem die unverzügliche Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie nach Erwägungsgrund 27 die Gewährung wirksamer Rechtsbehelfe, die verhindern sollen, dass das Recht auf Prozesskostenhilfe untergraben wird.[44] Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, dass die PKH-Richtlinie nicht nur darauf abzielt, den Zugang zu einem Rechtsbeistand als solchen zu sichern, sondern dass auch die Rechtzeitigkeit der Bewilligung sowie die Vergütung des Verteidigers Zielsetzungen der Richtlinie sind. Im Gesamten intendierte der europäische Gesetzgeber daher eine grundlegende Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen und Beschuldigten im Strafverfahren.[45]
Wird diese erhebliche Stärkung der Beschuldigtenrechte im Sinne der Richtlinie ernst genommen, muss jedoch auch eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung möglich sein, weil anderenfalls die Beschuldigtenrechte durch justizinterne Verzögerungen unterlaufen zu werden drohen. Insbesondere in Bezug auf mittellose Beschuldigte, die nach den Vorgaben der Richtlinie unter besonderem Schutz stehen,[46] läge anderenfalls die Befürchtung nicht fern, dass ein mancher Verteidiger vor seiner Beiordnung als Pflichtverteidiger trotz Vorliegens der Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung und rechtzeitiger Antragsstellung nicht in gleichem Maße für seinen Mandanten eintreten würde, wie dies ein Wahlverteidiger für seinen solventen Mandanten täte.[47] Selbst wenn dies, wie behauptet wird, die Ausnahme darstellen mag,[48] so wird hierdurch gleichwohl die Effektivität der Verteidigung des Beschuldigten im Einzelfall gefährdet, und zwar gerade in Bezug auf die besonders schutzbedürftigen mittellosen Beschuldigten. Dies gilt umso mehr, als auch Fälle drohen, in denen ein mittelloser Beschuldigter ggf. sogar gänzlich auf seine Verteidigung verzichten müsste, weil er entweder selbst im Zweifel aufgrund der möglichen Kostenlast von einer Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes absieht oder weil einzelne Verteidiger in der Endphase eines Verfahrens nicht mehr zur Übernahme dieser Mandate bereit sein könnten, wenn sie befürchten müssten, dass die Beiordnung nicht mehr vor Erledigung des Verfahrens erfolgt und zugleich wüssten, dass eine rückwirkende Bestellung ausgeschlossen ist.[49] Das Ziel der PKH-Richtlinie, die Rechte des Beschuldigten effektiv zu stärken, kann daher nur dann gelingen, wenn der Beschuldigte sowie dessen Verteidiger auch sicher sein können, dass letzterer notfalls im Nachhinein als Pflichtverteidiger bestellt wird und daher seine Vergütung entsprechend gesichert ist. Eine Gesetzesauslegung, nach der ein Beschuldigter besorgen müsste, unverschuldet mit den Kosten seines Rechtsbeistandes belastet zu werden, widerspricht dagegen dem erklärten Ziel der Richtlinie.[50]
In diesen Zusammenhang ist ferner zu beachten, dass der deutsche Gesetzgeber durch die Umsetzung der PKH-Richtlinie in den §§ 140 ff. StPO bewusst von einer Bedürftigkeitsprüfung abgesehen hat, obschon eine solche nach der Richtlinie zulässig gewesen wäre (Art. 4 Abs. 2 PKH-Richtlinie). Der Beibehaltung des tradierten Systems der notwendigen Verteidigung, das allein an materielle Kriterien anknüpft, ist jedoch systemimmanent, dass ggf. auch finanziell nicht Bedürftige einen Anspruch auf "Prozesskostenhilfe" bzw. auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers geltend machen können.[51] Insofern gebieten der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Diskriminierungsverbot des Art. 14 Abs. 1 EMRK eine Gleichbehandlung der Beschuldigten. Ein sachlicher Differenzierungsgrund liegt nicht vor. Denn auch unabhängig der finanziellen Situation des Beschuldigten erscheint es unbillig, die rückwirkende Beiordnung eines Pflichtverteidigers zu untersagen, wenn der Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen rechtzeitig gestellt und er lediglich aus justizinternen Gründen nicht verbeschieden wurde. Es darf dem Beschuldigten, ganz gleich, ob er selbst über hinreichende Mittel zur Verteidigung verfügt oder nicht, nicht zum Nachteil gereichen, wenn sein rechtzeitig gestellter Antrag entgegen der Intention der Richtlinie nicht zeitnah verbeschieden wird.[52] Insofern spricht auch das in der Richtlinie zum Ausdruck kommende Unverzüglichkeitsgebot für die Möglichkeit der rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung. Dem Unverzüglichkeitsgebot entsprechend hat ferner auch der nationale Gesetzgeber mit seiner Umsetzung der Richtlinie in den §§ 140 ff. StPO sein Bestreben verdeutlicht, die Beschuldigtenrechte unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgrundsatzes zu stärken.[53] Eine verzögerte Sachbearbeitung darf daher sowohl nach den Vorgaben der Richtlinie als auch nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers das Recht des Beschuldigten auf effektive Verteidigung nicht behindern.[54] Wenn darauf verwiesen wird, dass sich diese Gefahr in der Praxis regelmäßig nicht realisieren werde, weil ein
Verteidiger spätestens zu Beginn der Hauptverhandlung erneut auf seine Pflichtverteidigerbeiordnung hinwirken würde,[55] so ist dem entgegenzuhalten, dass es nicht zwingend und stets zu einer Hauptverhandlung vor der Erledigung kommen muss. Die Mitgliedsstaaten sind jedoch nach Art. 4 Abs. 5 PKH-Richtlinie verpflichtet sicherzustellen, dass die Prozesskostenhilfe unverzüglich bzw. spätestens vor einer Befragung durch die Polizei, durch eine andere Strafverfolgungs- oder Justizbehörde oder vor der Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme bewilligt wird. Ziel der Richtlinie ist somit auch, dem Beschuldigten gerade in der entscheidenden Phase des Ermittlungsverfahrens ein effektives Recht auf Verteidigung zu sichern. Sofern es aufgrund justizinterner Verzögerungen jedoch gar nicht zu einer Beiordnung kommt, erscheint es folglich nicht nur aus Billigkeitserwägungen sowie aufgrund des Unverzüglichkeitsgebotes angebracht, die Bewilligung nachträglich anzuordnen, sondern aus Gründen der Verfahrensfairness (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) sogar geboten.[56] Dies gilt umso mehr, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch noch nach Verfahrensabschluss Verfahrenshandlungen vorzunehmen sind, wie etwa die Prüfung von Entschädigungsfragen nach dem StrEG, die Klärung der Kostenfrage oder die Prüfung der Herausgabe von Asservaten. Folglich sind auch nach Abschluss des Verfahrens Fälle denkbar, in denen eine rückwirkende Pflichtverteidigerbeiordnung relevant wird. Aus den genannten Gründen ist es somit im Interesse der Rechtspflege erforderlich, dem Beschuldigten bei rechtzeitiger beantragter aber verspätet entschiedener Pflichtverteidigerbestellung diese ggf. rückwirkend zu gewähren.
Insgesamt zeigt sich, dass eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung nicht allein – wie von der wohl noch herrschenden Meinung behauptet wird – das Gebühreninteresse des Verteidigers bzw. das Kosteninteresse des Beschuldigten betrifft,[57] sondern dass diese vielmehr im Gesamten die Effektivität des Rechts auf rechtzeitigen und praktisch wirksamen Zugang zu einem Verteidiger sichert. Unter Beachtung der Zielsetzung der PKH-Richtlinie, insbesondere der von ihr verfolgten grundlegenden Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen und Beschuldigten im Strafverfahren, ist daher in richtlinienkonformer Auslegung der §§ 140 ff. StPO eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung richtigerweise zuzulassen, sofern diese aufgrund von Umständen unterbleibt, die der Beschuldigte nicht zu vertreten hat. Vorrangig ist jedoch zu prüfen, ob eine Beiordnung nicht bereits konkludent erfolgte, etwa indem ein Rechtsanwalt aufgefordert wird, als Verteidiger tätig zu werden und sein späteres Auftreten in der Hauptverhandlung als Verteidiger geduldet wird.[58] Die Annahme einer solchen konkludenten Beiordnung darf allerdings nicht einfach unterstellt werden. Diese setzt vielmehr konkrete Anhaltspunkte voraus, dass das Gericht den Verteidiger bestellen wollte und darf.[59] Die Annahme einer stillschweigenden Beiordnung lässt daher die Frage nach der Zulässigkeit einer rückwirkenden Bestellung nicht obsolet werden.[60] Schließlich vermag auch der Verweis auf mögliche Amtshaftungsansprüche im Falle justizinterner Verzögerung der Bestellung einen Verstoß gegen das Recht auf rechtzeitigen und effektiven Zugang zu einem Rechtsbeistand nicht hinreichend zu kompensieren.[61] Schon aufgrund des wenig geklärten Verständnisses des begrenzten Spruchrichterprivilegs des § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB erscheint ein solcher Anspruch zweifelhaft.[62] Danach sind Spruchrichter für den Schaden einer Amtspflichtverletzung nur dann verantwortlich, wenn diese eine Straftat darstellt. Erschöpft sich die Pflichtverletzung dagegen in einer verweigerten oder verzögerten Amtsausübung, greift allein die Regelhaftung des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB ein.
Während im Vorfeld der PKH-Richtlinie noch die Hoffnung bestand, Deutschland würde deren Vorgaben nicht nur umsetzen, sondern sogar darüber hinaus gehen und das Recht der Pflichtverteidigung beschuldigtenfreundlich reformieren, hat sich inzwischen Ernüchterung breit gemacht.[63] Nicht nur, dass die Vorgaben der Richtlinie vom Gesetzgeber mit über einem halben Jahr Verspätung umgesetzt wurden. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung zeigt, dass eine beschuldigtenfreundliche Auslegung offenbar nicht gewollt ist. Das aber widerspricht den klaren Zielsetzungen der Richtlinie. Eine richtlinien- und unionsrechtskonforme Auslegung ist hier aber nicht nur geboten, sondern verpflichtende unionsrechtliche Vorgabe.[64] Die §§ 140 ff. StPO sind daher zwingend im Lichte der in der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Zwecksetzungen auszulegen.
Mit diesem Beitrag konnte gezeigt werden, dass bei richtlinienkonformer Auslegung der §§ 140 ff. StPO eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung möglich sein muss. Nur so kann das Recht des Beschuldigten auf rechtzeitigen und wirksamen Zugang zu einem Rechtsbeistand effektiv vor justizinterner Nachlässigkeit geschützt werden. Zu begrüßen sind daher die sich in diesem Sinne mehrenden Stimmen. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Resilienz der landgerichtlichen Strafkammern nicht nachlässt und zunehmend auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Pflicht zur richtlinienkonforme Auslegung der §§ 140 ff. StPO ernst genommen wird.
[*] Die Verfasserin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Straf- und Strafprozessrecht und Medizinrecht, Prof. Dr. Henning Rosenau, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Sie vertritt derzeit eine Professur für Strafrecht und Strafprozessrecht einschließlich europäischer und internationaler Bezüge an der Universität Trier.
[1] So auch Schrader jurisPR-StrafR 1/2023, Anm. 2.
[3] Amtsblatt der Europäischen Union vom 04. November 2016, Nr. L297 S. 1 ff., bereinigt im Amtsblatt der Europäischen Union vom 05. April 2017, Nr. L91 S. 40.
[4] So die Worte von Beutel NStZ 2022, 328.
[5] Welp ZStW 90 (1978), 101 (105 ff.); ders. ZStW 90 (1978), 804 (821 f.).
[6] Wohlers StV 2007, 376 (379) m.w.N.
[9] SSW-StPO/Beulke/Salat, 5. Aufl. (2023), § 141 Rn. 21.
[10] LR/Jahn, 27. Aufl. (2021), § 141 Entstehungsgeschichte.
[11] SSW-StPO/Beulke/Salat (Fn. 9), § 141 Rn. 21; MüKo-StPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl. (2023), § 141 Rn. 1.
[12] BeckOK-StPO/Krawczyk, 46. Edition (Stand 1. Januar 2023), § 142 Rn. 30; LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 2.
[13] Wohlers StV 2007, 376 (379).
[14] LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 2; SSW-StPO/Beulke/Salat (Fn. 9), § 141 Rn. 9.
[15] Zum Streitstand siehe KK-StPO/Willnow, 9. Aufl. (2023), § 142 Rn. 16 m.w.N.
[16] Vgl. nur BGH StV 1989, 378; BGH StV 1997, 238 f.; BGH NStZ-RR 2009, 348; OLG Hamm NStZ-RR 2009, 113 f.; OLG Köln NStZ-RR 2011, 325; OLG Oldenburg BeckRS 2015, 20542; zust. Bleckat StraFo 2022, 182 (183).
[17] Vgl. nur LG Itzehoe NStZ 2011, 56; LG Trier StRR 2015, 346 f.; LG Frankental StV 2018, 155; für umfassende weitere Nachweise siehe LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 2.
[18] LG Braunschweig StV 2001, 447; LG Saarbrücken StV 2005, 82; LG Düsseldorf NStZ 2010, 296; LG Verden StraFo 2011, 225.
[19] LG Aurich StRR 2020, Nr. 6, 3; LG Passau StV 2021, 164 f.; LG Wiesbaden StRR 2020, Nr. 5, 24 ff.; AG Amberg BeckRS 2020, 7655; AG Frankfurt BeckRS 2020, 45319. Aus dem Schrifttum: MüKo-StPO/Kämpfer/Travers (Fn. 11), § 142 Rn. 14; BeckOK-StPO/Krawczyk (Fn. 12), § 142 Rn. 30.
[20] Schrader jurisPR-StrafR 1/2023, Anm. 2; Beutel NStZ 2022, 328 (329).
[21] LG Hamburg BeckRS 2022, 23286; LG Flensburg BeckRS 2020, 35948.
[22] Meyer-Goßner/Schmitt, 65. Aufl. (2022), § 141 Rn. 7.
[23] KK-StPO/Willnow (Fn. 15), § 141 Rn. 7; SSW-StPO/Beulke/Salat (Fn. 9), § 141 Rn. 19; MüKo-StPO/Kämpfer/Travers (Fn. 11), § 141 Rn. 5a.
[24] Hecken StRR 2021, Nr. 3, 17.
[25] LG Köln NStZ 2021, 639 (640); LG Düsseldorf BeckRS 2021, 36883; LG Wuppertal BeckRS 2021, 32474; LG Bremen StV 2021, 564; AG Frankfurt a.M. BeckRS 2021, 32494; BeckOK-StPO/Krawczyk (Fn. 12), § 142 Rn. 30.
[26] Hillenbrand StRR 2021, Nr. 8, 19.
[27] BGH BeckRS 2021, 8406.
[28] Vgl. etwa schon BGH NJW 1982, 446 ff.; eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe jüngst bestätigend BGH BeckRS 2022, 26610.
[29] Schrader jurisPR-StrafR 1/2023, Anm. 2.
[30] OLG Bamberg BeckRS 2021, 14711 Rn. 19; LG Kiel BeckRS 2021, 28701 Rn. 10; LG Hamburg BeckRS 2022, 23286 Rn. 23.
[31] OLG Brandenburg NStZ 2020, 625; OLG Hamburg StraFo 2020, 486 f.; KG BeckRS 2020, 39483; OLG Bremen NStZ 2021, 253; OLG Braunschweig StRR 2021, Nr. 4, 2; zust. Gräbener jurisPR-StrafR 8/2021, Anm. 3.
[33] Müller-Metz NStZ-RR 2021, 216.
[34] LG Würzburg NStZ 2021, 255 (256); Bleckat StraFo 2022, 182 (183).
[35] OLG Bremen NStZ 2021, 253; Bleckat StraFo 2022, 182 (184).
[36] OLG Brandenburg NStZ 2020, 625 (allerdings ohne Erwähnung der Gesetzesänderung); OLG Hamburg StraFo 2020, 486 f.; OLG Bremen NStZ 2021, 253; OLG Braunschweig StRR 2021, Nr. 4, 2; LG Aachen BeckRS 2021, 7023; LG Köln NStZ 2021, 639 f.; LG Bonn BeckRS 2021, 12660; siehe außerdem LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 3; Gräbener jurisPR-StrafR 8/2021, Anm. 3.
[37] So auch OLG Nürnberg StV 2021, 153; OLG Bamberg BeckRS 2021, 14711 Rn. 15 f.; zust. Schrader jurisPR-StrafR 1/2023, Anm. 2.
[38] Wohlers StV 2007, 376 (379) m.w.N.
[39] SSW-StPO/Beulke/Salat (Fn. 9), § 141 Rn. 4.
[40] Näher zur richtlinienkonformen Auslegung siehe Calliess/Ruffert, 6. Aufl. (2022), Art. 288 AEUV Rn. 78 ff.; Grabitz/Hilf/Nettesheim, 77. Ergänzungslieferung (Stand September 2022), Art. 288 AEUV Rn. 133 ff.
[41] Vgl. nur EuGH NJW 1984, 2021, Rn. 26 ff.[von Colson und Kamann]; EuGH BeckRS 2004, 73704[Harz vs. Deutsche Tradax]; BGH NJW 2014, 2595 (2597); für weitere Nachweise siehe Calliess/Ruffert (Fn. 40), Art. 288 AEUV Rn. 78.
[42] So auch MüKo-StPO/Kämpfer/Travers (Fn. 11), § 142 Rn. 14.
[43] Näher Wohlers StV 2007, 376 (378 f.); Gercke/Julius/Temming/Zöller/Julius/Schiemann, 6. Aufl. (2019), § 141 Rn. 17.
[44] LG Köln NStZ 2021, 639 (640).
[45] Vgl. diesbezüglich auch den "Fahrplan zur Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren", Amtsblatt der Europäischen Union vom 4. Dezember 2009, Nr. C 295, S. 1 ff.
[46] Schöller StV 2022, 195.
[47] So zu Recht Hillenbrand StRR 2021, Nr. 8, 19; zust. Schrader jurisPR-StrafR 1/2023, Anm. 2.
[48] LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 2.
[49] Ähnlich bereits LG Itzehoe NStZ 2011, 56; wie hier MüKo-StPO/Kämpfer/Travers (Fn. 11), § 142 Rn. 14.
[50] So zu Recht das LG Hannover BeckRS 2020, 30765.
[51] LG Köln NStZ 2021, 639 (640); Friedrich FD-StrafR 2021, 435050.
[52] Hillenbrand StRR 2021, Nr. 8, 19.
[53] So auch SSW-StPO/Beulke/Salat (Fn. 9), § 141 Rn. 8.
[54] LG Köln NStZ 2021, 639 (640); LG Düsseldorf BeckRS 2021, 36883; LG Wuppertal BeckRS 2021, 32474; LG Bremen StV 2021, 564; AG Frankfurt a. M. BeckRS 2021, 32494; BeckOK-StPO/Krawczyk (Fn. 12), § 142 Rn. 30.
[55] Bleckat StraFo 2022, 182 (184).
[56] LG Dresden StV 2011, 666; MüKo-StPO/Kämpfer/Travers (Fn. 11), § 142 Rn. 14.
[57] Dies muss auch Jahn einräumen, in: LR (Fn. 10), § 141 Rn. 2.
[58] OLG Hamburg NJW 1998, 621; OLG Saarbrücken BeckRS 2014, 18593.
[59] So zu Recht BeckOK-StPO/Krawczyk (Fn. 12), § 142 Rn. 29.
[60] So die Behauptung von Willnow, in: KK-StPO (Fn. 15), § 142 Rn. 16.
[61] So aber Bleckat StraFo 2022, 182 (184); LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 2.
[62] In diese Richtung auch LR/Jahn (Fn. 10), § 141 Rn. 3; Bleckat StraFo 2022, 182 (184) verweist außerdem darauf, dass auch der erforderliche Vermögensschaden regelmäßig zweifelhaft sein wird, weil nicht ersichtlich sei, welchen Vermögensschaden ein Beschuldigter erleidet, wenn nicht unverzüglich über seinen Antrag auf Pflichtverteidigerbestellung entschieden wird.
[63] Wolf StraFo 2022, 185.
[64] Vgl. nur EuGH NJW 1984, 2021, Rn. 26 ff.[von Colson und Kamann]; EuGH Slg. 1990, I-4135 Rn. 8[Marleasing]; EuGH Slg. 2009, I-3071 Rn. 106[Angelidaki u.a.]; zur Methodik vgl. statt vieler Möllers, Juristische Methodenlehre, 4. Aufl. (2021), § 12 Rn. 46 ff.