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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2023
24. Jahrgang
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Die örtliche Zuständigkeit des zur Entscheidung über ein Auslieferungsverfahren zum Zwecke der Strafverfolgung berufenen Oberlandesgerichts besteht auch dann fort, wenn dieses wegen unzureichender Haftbedingungen die Auslieferung für unzulässig erklärt und der ersuchende Staat nachfolgend – bei Fortbestehen des dem Ausliefer-
ungsersuchen zugrundeliegenden Europäischen Haftbefehls – neue Zusicherungen in Bezug auf die von dem Verfolgten zu erwartenden Haftbedingungen erteilt hat. (BGHR)
1. Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Dies gilt auch, wenn ein Verstoß gegen ein Beweisverwertungsverbot gerügt wird. Geht es um Beweismittel, die durch einen ausländischen Staat erhoben und im Wege der Rechtshilfe übermittelt worden sind, muss die Revisionsbegründung die Verfahrenstatsachen zur ausländischen Beweismittelgewinnung und zur Beweisübermittlung im Einzelnen vortragen, soweit sie rügt, dabei seien Verfahrensvorschriften verletzt worden. Denn ob sich daraus ausnahmsweise ein Verwertungsverbot ergibt, vermag das Revisionsgericht erst aufgrund einer Abwägung aller Umstände, die Art und Gewicht etwaiger Verfahrensverstöße einbezieht, zu entscheiden.
2. Um diese Anforderungen an eine entsprechende Rüge zu erfüllen, sind die nach ihrer Angriffsrichtung wesentlichen Schriftstücke oder Aktenstellen im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen.
1. Für eine Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung kommt es nicht darauf an, ob die Unterstützungshandlung dergestalt wirksam wird, dass sie der Vereinigung als solcher einen objektiven messbaren Nutzen bringt. Vielmehr genügt es regelmäßig, wenn ein Beteiligungsakt eines Mitglieds, das im Auftrag der Organisation tätig ist, wirksam gefördert wird; der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Vereinigung als solche bedarf es in der Regel nicht.
2. Der weit gefasste Begriff der „wirtschaftlichen Ressource“ i.S. des § 18 Abs. 1 AWG erstreckt sich gemäß Art. 1 Nr. 2 EU-Verordnung 881/2002 auf Vermögenswerte jeder Art, die für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können. Somit sind auch Waffenteile und Waffenzubehör sowie sonstige Ausrüstungsgegenstände erfasst, weil auch diese – jenseits ihres unmittelbaren Nutzens als „Kampfmittel“ – Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein können, also einen durch (Weiter-)Verkauf oder Eintausch realisierbaren wirtschaftlichen Wert haben.
3. Für eine Strafbarkeit nach § 89a Abs. 1 und 2 StGB ist grundsätzlich erforderlich, dass der Vorbereitungstäter bei seiner unter Strafe gestellten Vorbereitungshandlung bereits fest entschlossen ist, die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.
4. Diese von Verfassungs wegen gebotene strafbarkeitsbeschränkende Voraussetzung erstreckt sich allerdings nicht unmittelbar auch auf – vom Straftatbestand ebenfalls erfasste – Taten im Mehrpersonenverhältnis, also die Konstellation, dass der Vorbereitungstäter mit seiner Tathandlung im Sinne des § 89a Abs. 2 StGB keine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, die er selbst zu begehen beabsichtigt, sondern seiner Vorstellung nach ein Dritter die Gewalttat verüben und dabei von der Vorbereitungshandlung profitieren soll. Dann ist für eine Strafbarkeit nicht erforderlich, dass ein designierter Täter einer Tat im Sinne des § 89c Abs. 1 StGB festgestellt werden kann, der seinerseits bereits fest entschlossen ist, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.
5. Die verfassungsrechtlich gebotene Restriktion der Strafbarkeit nach § 89a StGB, wonach bezüglich des „Ob“ der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bedingter Vorsatz des Vorbereitungstäters nicht genügt, erfordert allerdings in der Konstellation der Personenverschiedenheit von Vorbereitungstäter und Täter der prospektiven Gewalttat, dass der Vorbereitungstäter bei seiner Tathandlung – entsprechend der Vorsatzregelung des ähnlich strukturierten § 89c Abs. 1 StGB, mit welcher der Gesetzgeber ausdrücklich Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 89a StGB begegnen wollte – mit dem Wissen (dolus directus 2. Grades) oder in der Absicht (dolus directus 1. Grades) handelt, dass seine Vorbereitungshandlung einen wirksamen Beitrag zu einer Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 StGB eines Dritten leisten soll.
6. Für eine ausreichende Verteidigung im Revisionsverfahren bedarf es keines im Rahmen einer Honorarvereinbarung und damit höherer Entlohnung tätig werdenden „Revisionsspezialisten“ als Wahlverteidiger. Dem Interesse eines Angeklagten, im Revisionsverfahren durch einen mit dem Revisionsrecht in besonderem Maße vertrauten Rechtsanwalt seiner Wahl vertreten zu werden, wird durch seinen in § 143a Abs. 3 StPO normierten Anspruch auf Bestellung eines von ihm benannten anderen Pflichtverteidigers für die Revisionsinstanz Rechnung getragen.
7. Zwar wird das auch dem öffentlichen Interesse dienende Gebot einer zügigen Verfahrensdurchführung nicht durch einen entgegenstehenden Willen des Angeklagten dispensiert. Ein solcher ist jedoch bei der Gesamtwürdigung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu berücksichtigen, denn in diese hat auch das Ausmaß der subjektiven Belastung des Angeklagten durch das Andauern des Verfahrens einzufließen.
Im abgetrennten Verfahren über die Einziehung besteht keine Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO über im Hauptsacheverfahren geführte Verständigungsgespräche.
Mit der Rüge nach § 338 Nr. 8 StPO sind neben der geltend gemachten Beeinträchtigung der Rechte des Angeklagten die konkreten Umstände im Einzelnen anzugeben, aus denen sich eine wesentliche Beschränkung der Verteidigung ergibt. Die bloße Mitteilung der Beschlusslage durch den Beschwerdeführer genügt insoweit nicht. Wird die Rüge mit der Stoßrichtung erhoben, dass der Verteidigung die Einsicht in Akten nicht hinreichend gewährt worden sei, erfordert dies jedenfalls die Darstellung des Verfahrensgangs unter Mitteilung der konkreten zeitlichen und sonstigen Umstände, aus denen sich ergibt, warum die der Verteidigung zur Verfügung stehende Zeit zur Datensichtung nicht ausgereicht haben sollte.
1. §§ 261 und 267 StPO verpflichten den Tatrichter, in den Urteilsgründen darzulegen, dass seine Überzeugung von den die Anwendung des materiellen Rechts tragenden Tatsachen auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Überlegungen bestimmten Beweiswürdigung beruht. Die Urteilsgründe dienen nicht der Darstellung aller Einzelheiten der Beweisaufnahme, sondern sollen das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen. Der Tatrichter ist – über den Wortlaut des § 267 Abs.1 Satz 2 StPO hinaus – verpflichtet, die wesentlichen Beweiserwägungen in den Urteilsgründen so darzulegen, dass seine Überzeugungsbildung für das Revisionsgericht nachzuvollziehen und auf Rechtsfehler zu überprüfen ist.
2. Insbesondere bei einer umfangreicheren Beweiswürdigung ist darauf Bedacht zu nehmen, diese durch eine erkennbare Struktur – etwa eine Gliederung – klar und nachvollziehbar zu machen; ein klarer sprachlicher Ausdruck dient der notwendigen intersubjektiven Vermittelbarkeit der bestimmenden Beweisgründe. Waren – wie hier – längere, sprachlich bestenfalls schwer verständliche Chat-Nachrichten und ähnliche, verschriftlichte Kommunikation Gegenstand der Beweisaufnahme, wird deshalb in den Blick zu nehmen sein, ob durch deren „Einkopieren“ in die Urteilsgründe die Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung erschwert oder gar gefährdet wird und wie dem gegebenenfalls begegnet werden kann.
Das Revisionsgericht darf grundsätzlich diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Überprüfung von keiner Seite begehrt wird. Insbesondere berühren etwaige Subsumtionsfehler des erkennenden Gerichts und daraus resultierende Mängel des Schuldspruchs die Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung, die den Schuldspruch von der Beanstandung ausnimmt, nicht. Vielmehr hat das Revisionsgericht im Fall eines auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittels die revisionsrechtliche Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung auf der Basis des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils vorzunehmen, auch wenn dieser – zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten – auf einer rechtsfehlerhaften Subsumtion und damit unzutreffenden rechtlichen Einordnung des Tatgeschehens beruht.
Die tatsächliche Richtigkeit von Behauptungen, aus denen sich ein verfahrensrechtlicher Verstoß ergeben soll, muss erwiesen sein und kann nicht lediglich nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ unterstellt werden.
Wird ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens geltend gemacht, erfordert § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO die Angabe auch derjenigen dem Beschwerdeführer zugänglichen Umstände, nach denen das Gericht den Verstoß zu vertreten hat, da eine objektiv vorliegende Beschränkung der Öffentlichkeit nur dann die Revision begründen kann, wenn sie auf ein vorwerfbares Verhalten des Gerichts zurückzuführen ist.
Nach § 32d Satz 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte die Revision – bei schriftlicher Einlegung– als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt es sich um eine Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der Prozesshandlung. Ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung.
Liegen mehrere Beweisanzeichen vor, so genügt es nicht, diese jeweils einzeln abzuhandeln. Das einzelne Beweisanzeichen ist vielmehr mit allen anderen Indizien in eine Gesamtwürdigung einzustellen. Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatgericht die entsprechende Überzeugung vermitteln können.