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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2022
23. Jahrgang
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Für 2C-B (Bromdimethoxyphenethylamin, BDMPEA) beginnt die nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 sowie § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG bei einem Gramm. (BGH)
1. Die Vorschrift des § 46a Nr. 1 StGB, die einen Täter-Opfer-Ausgleich vornehmlich bei Ausgleich der immateriellen Folgen der Tat vorsieht, ist auf das Bestechungsdelikt des § 299 StGB in der bis zum 25. November 2015 geltenden Fassung nicht anwendbar.
2. Delikte, die (auch) ein Gemeinschaftsrechtsgut schützen, sind einem Täter-Opfer-Ausgleich nicht zugänglich.
3. Es kann offenbleiben, ob die Vorschrift des § 46a Nr. 1 StGB auf § 299 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB nF anwendbar ist. Dies dürfte – sofern die Wettbewerbsalternative (§ 299 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB nF) und die Geschäftsherrenalternative nicht zugleich (tateinheitlich) erfüllt sind – naheliegen; denn § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB sind eingefügt worden, um Zuwendungen ohne Wettbewerbsbezug zu erfassen, das heißt, die Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten auch außerhalb eines Wettbewerbs zu schützen.
4. Eine Unrechtsvereinbarung zwischen dem Bestechenden und dem Bestochenen, dass Zahlungen zur fortgesetzten Erteilung von Aufträgen erfolgen sollen, verbindet die späteren einzelnen Zahlungen nicht zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit. Dies ist nur dann der Fall, wenn bereits die Vereinbarung selbst den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch später in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein. Hängt dagegen der versprochene Vorteil von der künftigen Entwicklung ab, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Vorteilsgewährung ‚open-end‘-Charakter trägt, so erfüllt die Annahme jeder einzelnen Zahlung erneut den Bestechungstatbestand (vgl. BGH NStZ 2009, 445, 446 mwN).
5. Die Senatsentscheidung vom 28. Juli 2021 – 1 StR 506/20 Rn. 13-20 hatte innerhalb des Betriebs die Angestellten und Beauftragten auf der einen Seite von den natürlichen Personen auf der anderen Seite abzugrenzen, denen als an der Gesellschaft beteiligten und in diesem Sinne „Geschäftsinhabern“ nicht die erforderliche Sonderdeliktseigenschaft mit der Folge zukommt, dass diese Tatbestandsvoraussetzung nicht erfüllt ist. Es ging ihr nicht darum, ob das Einverständnis der Gesamtheit der Anteilseigner mit Blick auf die zugleich geschützte Wettbewerbsgleichheit als Allgemeinrechtsgut die Strafbarkeit bereits auf Tatbestandsebene ausschließt, sondern darum, dass das Handeln des einen Anteilseigners den anderen infolge deren Zustimmung zuzurechnen ist und damit die Gesamtheit der Anteilseigner handelte (überholt insoweit RGSt 48, 291, 295 f. [„Korkengeldfall“]).
1. Bei einer informationsgestützten Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 MaKonV aF ist hinsichtlich des Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF nicht auf den Verkaufserlös abzustellen. Denn der Verkauf der Aktien ist – anders als bei der handelsgestützten Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 Nr. 1, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF – nicht Teil der Tatbestandsverwirklichung.
2. Maßgeblich für die Bestimmung des Erlangten ist vielmehr ausschließlich die infolge der strafbaren Einwirkung auf den Aktienpreis eingetretene Wertsteigerung der gehaltenen Aktien. Dabei kann die Höhe der Wertsteigerung und damit des Einziehungsumfangs regelmäßig nach dem Veräußerungsgewinn bestimmt werden.
3. Richtet sich die Revision allein gegen die Anordnung von Wertersatzverfall und hat diese insoweit Erfolg, als der durch das Tatgericht festgesetzte Wertersatzverfall um circa die Hälfte zu reduzieren ist, kann es der Billigkeit entsprechen, die Revisionsgebühren um die Hälfte zu ermäßigen und die Hälfte der Auslagen der Staatskasse im Revisionsverfahren sowie die Hälfte der insofern dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.
1. Nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet werden. Als subventionserheblich können dabei auch Tatsachen aus den Antragsunterlagen in Betracht kommen, die für die Bewilligung der Subvention bedeutsam sind.
2. Das Tatgericht hat im Urteil in diesen Fällen deshalb darzustellen, welche Angaben der Angeklagte im Subventionsantrag, nebst ergänzend eingereichten Unterlagen, gemacht hat.
Zwar ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung beim Vorliegen vollumfänglich illegaler Beschäftigungsverhältnisse der Umfang hinterzogener Lohnsteuer grundsätzlich anhand des Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG) zu bestimmen. Etwas anderes gilt hinsichtlich des der Strafzumessung zu Grunde zu legenden Sachverhaltes allerdings dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer bekannt waren oder ohne Weiteres hätten festgestellt werden können, so, wenn die Arbeitnehmer durch das Tatgericht zeugenschaftlich vernommen wurden. In diesem Fall muss der Umfang hinterzogener Sozialversicherungsbeiträge anhand der tatsächlich gegebenen Lohnsteuerklasse der Arbeitnehmer ermittelt werden.
875. BGH 1 StR 154/22 - Beschluss vom 27. Juli 2022 (LG Heidelberg)
Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Tateinheit bei Überschneidung der Ausführungshandlungen hinsichtlich unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen).
§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; § 52 Abs. 1 StGB
1. Bei aufeinander folgenden, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehenden Umsatzgeschäften liegt eine jedenfalls teilweise, Tateinheit begründende Überschneidung der objektiven Ausführungshandlungen darin, dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen. In diesen Fällen dient das Aufsuchen des Lieferanten als verbindendes Element gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften, so dass dieses als teilidentische Ausführungshandlung die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB begründet. Selbst ohne eine für alle Umsatzgeschäfte teilidentische Ausführungshandlung verbinden sich mehrere Handelsgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit, wenn es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung bereits zuvor ‚auf Kommission‘ erhaltener Rauschgiftmengen kommt (vgl. BGHSt 63, 1, 8).
2. Nichts anderes hat zu gelten, wenn ein Lieferant seinerseits im Rahmen einer bestehenden Handelsbeziehung Rauschmittel an seinen Abnehmer übergibt und gleichzeitig das Geld für vorangegangene Lieferungen entgegennimmt.
1. Mit Blick auf das Stufenverhältnis von sogenannten harten Drogen wie Heroin oder Kokain über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt, bis hin zu sogenannten weichen Drogen wie Cannabis ist es verfehlt, dem Umstand, dass es sich bei Amphetamin nicht um eine weiche Droge handelt, strafschärfendes Gewicht beizumessen.
2. Nimmt ein Kurier Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften für einen Hintermann entsprechend seiner Vorgaben entgegen und handelt der Kurier lediglich auf Anweisungen des Hintermanns, haben beide die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Geld. Die sich daraus ergebende gesamtschuldnerische Haftung ist in der Entscheidungsformel zu kennzeichnen, um eine doppelte Inanspruchnahme zu vermeiden; der individuellen Benennung der Gesamtschuldner bedarf es nicht.
1. Bei Drogenkurieren ist für die Abgrenzung von täterschaftlichem Handeltreiben und Beihilfe entscheidend, welcher Stellenwert der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Erschöpft sich das Verhalten in der bloßen Beförderung von Betäubungsmitteln, ist regelmäßig von einer untergeordneten Bedeutung auszugehen. Eine andere Bewertung kommt in Betracht, wenn der Angeklagte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er einen Anteil am Umsatz oder zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Ausreichend wäre etwa, wenn er mit den Lieferanten oder Abnehmern verhandelte und selbständig den Umfang der Verkaufsmenge bestimmte.
2. Eine bloße weisungsgebundene Transporttätigkeit genügt für die Annahme von täterschaftlichem Handeltreiben regelmäßig nicht. Entsprechendes gilt, wenn ein Beteiligter nicht die Betäubungsmittel, sondern den oder die Haupttäter zwecks Durchführung der Umsatzgeschäfte in einem PKW an die Orte des Geschehens befördert.
Die polizeiliche Überwachung eines Betäubungsmittelgeschäfts kann ein bestimmender Strafzumessungsgrund zu-
gunsten des Angeklagten sein, dem neben einer Sicherstellung der Drogen eigenes Gewicht zukommen kann. Voraussetzung hierfür ist aber, dass durch die Überwachungsmaßnahmen eine tatsächliche Gefährdung für das Rechtsgut der Volksgesundheit durch das Rauschgift ausgeschlossen war. Es bedarf mithin – neben der Sicherstellung der Betäubungsmittel – von Beginn des Drogengeschäfts an einer tatsächlichen engmaschigen und lückenlosen polizeilichen Überwachung des inmitten stehenden Rauschgifthandels.