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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2021
22. Jahrgang
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1. Zwar dürfen bei der Strafzumessung auch rechtskräftige ausländische Vorstrafen berücksichtigt werden, wenn die Tat nach deutschem Recht strafbar wäre und die ausländische Verurteilung – würde es sich um eine solche nach deutschem Recht handeln – nicht tilgungsreif wäre; für nicht im Bundeszentralregister eingetragene ausländische Verurteilungen ergibt sich dies aus § 58 BZRG. Liegt Tilgungsreife vor, besteht das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 63 Abs. 4 BZRG.
2. Kommt bei einer dem Tatgericht bekannt gewordenen, zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigungsfähigen ausländischen Vorstrafe in Betracht, dass diese – wäre das Urteil nach innerstaatlichem Recht ergangen – im Falle ihrer Eintragung im Bundeszentralregister tilgungsreif wäre, muss es die für die Tilgungsreife erforderlichen Feststellungen treffen und bewerten sowie dies im Urteil darlegen.
1. Die Anordnung der Unterbringung eines Angeklagten in der Sicherungsverwahrung ist auch in Fällen des § 66 Abs. 3 StGB neben einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht generell ausgeschlossen. Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird jedoch bei Ermessensentscheidungen nach § 66 Abs. 3 StGB eine einzelfallbezogene Prüfung vorausgesetzt, ob für die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung neben einer lebenslangen Freiheitsstrafe ein Sicherungsbedarf besteht.
2. Bei Widerrufsentscheidungen bezüglich einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist die besondere Situation des Verurteilten zu berücksichtigen, wonach im Fall des Widerrufs nicht lediglich ein zeitiger Strafrest zu verbüßen ist, sondern der Verurteilte wieder in eine zeitlich unbeschränkte Haft genommen wird. Deshalb kann nicht jede in der Bewährungszeit begangene Straftat zum Widerruf der Strafrestaussetzung führen, sondern nur ein erhebliches Gewaltdelikt oder eine sonst besonders schwere Straftat.
Eine Maßnahme nach § 74 Abs. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafen und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.
Allein die mittäterschaftliche Tatbeteiligung des Angeklagten für sich betrachtet belegt oder begründet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte.
Mit der Einzahlung von sichergestelltem Bargeld auf ein von der Justiz geführtes Konto tritt der hiermit entstandene öffentlich-rechtliche Auszahlungsanspruch gegen die Staatskasse als Gegenstand einer möglichen Einziehung von Taterträgen an die Stelle der körperlichen Zahlungsmittel. Neben einer Anordnung der Einziehung des Auszahlungsanspruchs gegen die Staatskasse ist in solchen Konstellationen gemäß § 73c Satz 1 StGB aber auch die Einziehung des Wertes dieser Forderung zulässig. Der eingezahlte Geldbetrag ist dann im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen.
Das Rücktrittsprivileg des § 24 StGB bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat (hier: ein Tötungsdelikt) gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf (hier: bei der Verneinung eines minder schweren Falles der gefährlichen Körperverletzung).
Den Darlegungserfordernissen bei der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) kann regelmäßig nicht durch die wörtliche Wiedergabe des vorbereitenden schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen genügt werden. Vielmehr ist eine solche Verfahrensweise geeignet, Zweifel zu wecken, ob das Gericht die gutachterlichen Ausführungen auch soweit verstanden hat, dass es zu einer eigenverantwortlichen Prüfung der ihm durch den Sachverständigen vermittelten Anknüpfungstatsachen und Darlegungen in der Lage ist. Solche Zweifel sind nur dann nicht begründet, wenn das Urteil nachvollziehbar erkennen lässt, warum das Gericht
sich dem Gutachten des Sachverständigen aus eigener Überzeugung angeschlossen hat.
1. Die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten oder Beschuldigten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.
2. Ob es sich bei einer Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 StGB um eine erhebliche rechtswidrige Tat im Sinne des § 63 Satz 1 StGB handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.