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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2021
22. Jahrgang
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1. Die Gewährung von Akteneinsicht für den Verletzten ist einstweilen auszusetzen, wenn nicht feststellbar ist, dass der Beschuldigte von der Begründung des Akteneinsichtsantrags Kenntnis erhalten hat und er Gelegenheit hatte, im Hinblick auf die durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geforderte und einfachrechtlich in § 406e Abs. 2 Satz 1 StPO normierte Interessenabwägung sachlich fundiert vorzutragen.
2. Die Gewährung von Akteneinsicht für den Verletzten ist regelmäßig mit einem Eingriff in das Recht des Beschuldigten auf informationelle Selbstbestimmung verbunden, weshalb die Staatsanwaltschaft vor Gewährung der Akteneinsicht zu einer Anhörung des von dem Einsichtsersuchen betroffenen Beschuldigten verpflichtet ist. Das Unterlassen der Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, der durch die Durchführung
des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nicht geheilt werden kann. Mit Blick auf den Zeitpunkt der Anhörung ist zu berücksichtigen, dass es das Recht auf rechtliches Gehör gebietet, dem Betroffenen grundsätzlich vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit zu geben, auf diese Einfluss zu nehmen.
Die Entscheidung eines Oberlandesgerichts, mit der eine Auslieferung nach Schweden für zulässig erklärt wird, verletzt möglicherweise das Grundrecht des Verfolgten auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 3 Abs. 1 GRCh und ist daher einstweilen auszusetzen, wenn das Gericht seiner Aufklärungsverpflichtung zu der Frage, welche Folgen die Überstellung und insbesondere der damit verbundene Ortswechsel für die psychische Gesundheit des an einer paranoiden Schizophrenie leidenden Verfolgten haben könnte, nicht hinreichend nachgekommen ist.
1. Der Grundsatz der materiellen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde erfordert nach Durchführung eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache, wenn dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Gelegenheit besteht, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Abweichendes gilt allerdings dann, wenn eine Verletzung von Grundrechten gerade durch die Eilentscheidung selbst geltend gemacht wird, wenn eine Klage im Hinblick auf entgegenstehende Rechtsprechung der Fachgerichte von vornherein aussichtslos erscheint oder wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG für ein Absehen von einer Rechtswegerschöpfung erfüllt sind.
2. Angesichts der Intensität eines Eingriffs in die elterlichen Rechte durch die Trennung einer strafgefangenen Mutter von ihrem Neugeborenen gebietet das Recht auf effektiven Rechtsschutz eine zügige Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung über den (Hauptsache-)Antrag der Gefangenen, zusammen mit ihrem Kind in der Mutter-Kind-Abteilung der Justizvollzugsanstalt untergebracht zu werden. Nicht außer Betracht bleiben darf dabei auch die Gefahr, dass die Trennung des Neugeborenen von seiner Mutter zu Schädigungen bei dessen Persönlichkeitsbildung und sozialen Entwicklung führt, selbst wenn das Kind seit der Geburt in einer Pflegefamilie feste Bezugspersonen vorfindet. Für die Sachentscheidung kommt es insbesondere auf die Erziehungsfähigkeit der Gefangenen an.