HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juli 2021
22. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Eventualvorsatz im Jugendstrafrecht

Von Akad. Rätin a.Z. Dr. Georgia Stefanopoulou LL.M., Hannover

I. Überlegungen zur Abkehr von einem einheitlichen Vorsatzbegriff

Die jugendadäquate Auslegung der allgemeinen Straftatbestände wird in der jugendstrafrechtlichen Literatur schon seit längerem als Forderung formuliert.[1] Zwar richtet sich, wie § 4 JGG vorsieht, die rechtliche Einordnung der Taten Jugendlicher nach den Vorschriften des allgemeinen Strafrechts. Abgesehen von § 3 JGG, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit jugendlicher Personen betrifft, sind im Jugendstrafrecht keine Sondernormen vorhanden, die Straftatvoraussetzungen jugendspezifisch regeln.[2] Es wird jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine direkte Anwendung der Vorschriften des allgemeinen Strafrechts, die nicht die Besonderheiten des Entwicklungsstandes von Jugendlichen und Heranwachsenden reflektiert, für diese eine ungerechtfertigte Benachteiligung darstellt.[3] Dabei wird eine teleologische Reduktion vorgenommen, vor allem von subjektiven Zurechnungsvoraussetzungen.[4] In diesem Zusammenhang sollen nach verbreiteter Ansicht Vorsatz und Fahrlässigkeit einer jugendspezifischen Auslegung unterzogen werden.[5] "Die Reduzierung der psychischen Komplexität im Erwachsenenstrafverfahren kann im Jugendstrafrecht nicht gelten, auch wenn mit denselben Schablonen gearbeitet wird", liest man in einer bekannten Darstellung zum Jugendstrafrecht.[6]

Dieser im Grunde richtige Ansatz, dass psychische Sachverhalte im Jugendstrafverfahren nicht übersimplifiziert werden dürfen, wurde allerdings bisher nicht auf eine allgemeingültige Basis gestellt, die eine konsequente Anwendung des Ansatzes durch die Rechtsprechung besser sicherstellen könnte. In der Rechtsprechung findet sich, wie die vor kurzem erschienene Monographie von Theresa Bausch zum Thema anschaulich macht, in Bezug auf die Berücksichtigung von jugendspezifischen Besonderheiten bei der Auseinandersetzung mit der Frage des Eventualvorsatzes keine einheitliche und klare Linie.[7] Die Berücksichtigung von jugendspezifischen Besonderheiten bei der subjektiven Zurechnung erfolgt nur einzelfallbezogen und nicht auf der Grundlage von allgemein geltenden jugendspezifischen Kriterien und Bewertungsmaßstäben.[8] Dies führt dazu, das entwicklungsbedingte Intentionen, Unreife oder Unüberlegtheit manchmal berücksichtig werden und manchmal nicht.[9] Die in der Vorinstanz häufig fehlende Auseinandersetzung mit solchen Umständen erlangt vor dem BGH oft keine Relevanz.[10]

Als exemplarisch für die Ausblendung entwicklungstypischer Umstände bei der Abgrenzung von Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit lässt sich das Urteil des 4. Senats des Bundesgerichtshofs vom 1.3.2018 anführen.[11] Mit diesem hob der Senat ein Urteil der Jugendkammer des Landgerichts Frankfurt am Main auf, die den motorisierten, zum Tatzeitpunkt sich im Heranwachsendenalter befindenden Angeklagten, der unter Missachtung einer roten Ampel mit einer Geschwindigkeit von ca. 142 km/h ungebremst in ein Fahrzeug aus der Gegenrichtung fuhr, wegen fahrlässiger Tötung des Fahrers dieses Fahrzeugs verurteilte.[12] Der Senat monierte eine lückenhafte Beweiswürdigung in Bezug auf die Ablehnung des Eventualvorsatzes, da Fragen, wie hoch die eigene Gefährdung war oder

welche konkreten Unfallszenarien sich der Angeklagte vorstellte, in der Vorinstanz nicht aufgeworfen worden waren.[13] Auffällig ist dabei, dass die rechtlichen Maßstäbe, die für die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit zugrunde gelegt wurden, solche des Erwachsenenstrafrechts sind,[14] von einer jugendspezifischen teleologischen Reduktion ist keine Spur zu finden.

Der Senat übernimmt direkt die im Erwachsenenstrafrecht übliche Definition des Eventualvorsatzes: "In rechtlicher Hinsicht ist ein bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement − und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein - Willenselement".[15] Bei der erforderlichen Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände sei insbesondere bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements "regelmäßig erforderlich[…], dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände[…]mit in Betracht zieht".[16] Allgemeine Maßgaben, die sich von denjenigen unterscheiden, die für Erwachsene zu gelten haben und einer jugendadäquaten Gesetzesauslegung gerecht werden, fehlen. Aspekte wie die altersbedingte unausgereifte Informationsverarbeitung und Risikoeinschätzung, die erhöhte Risikobereitschaft und Affektivität junger Menschen, auf die sowohl die kriminologische als auch die entwicklungspsychologische Forschung hinweist,[17] finden in die Festlegung des normativen Maßstabs keinen Eingang.

II. Jugendstrafrechtliche Anpassung des Eventualvorsatzes

Insgesamt ist festzustellen, dass sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur der Vorsatz eines Jugendlichen bzw. Heranwachsenden dem Vorsatz eines Erwachsenen gleichgestellt wird. Die teleologische Reduktion bei der Annahme des Eventualvorsatzes erfolgt meistens nur auf einer kasuistischen Basis und stellt die Grundannahme des einheitlichen Vorsatzbegriffs weder in konzeptueller noch in praktischer Hinsicht in Frage. Aber, wie Klaus Lüderssen bereits 2003 fragte: "[Ist]Vorsatz bei Jugendlichen[tatsächlich]dasselbe wie bei Erwachsenen?"[18] Sollte man nicht vielmehr über die jugendadäquate Auslegung hinaus denken und erwägen, sich von der Vorstellung eines einheitlichen Vorsatzbegriffs zu verabschieden? Dies würde eine Modifizierung der Grundformel des Eventualvorsatzes bedeuten,[19] d.h. ihre jugendstrafrechtliche Anpassung.

1. § 3 JGG als gesetzliche Grundlage für die jugendadäquate Konturierung des Eventualvorsatzes

Den Ausgangspunkt für dieses Vorhaben bietet die Ansicht Claus Roxins, dass zwischen Schuld und Verantwortlichkeit zu unterscheiden ist.[20] Schuld ist enger als Verantwortlichkeit zu fassen und betrifft das unter Bewertung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Täters gewonnene reine Vorwerfbarkeitsurteil. Die Verantwortlichkeit geht über das "reine Werturteil" hinaus und bezieht sich auf den präventiven Sanktionsbedarf.[21] Dies bedeutet praktisch, wie Roxin erklärt, dass Schuldhaftigkeit und Vorwerfbarkeit nur unter Berücksichtigung von präventiver Sanktionsnotwendigkeit zum Verantwortlichmachen führen können.[22] Sollte die Richtigkeit des Ansatzes für das allgemeine Strafrecht angezweifelt werden, dürfte sie zumindest in Bezug auf das am Präventionsgedanken orientierte Jugendstrafrecht schnell einleuchten. Dafür spricht § 3 JGG, der unter dem Titel "Verantwortlichkeit", aber eben nicht unter "Schuldfähigkeit" firmiert. In § 3 JGG ist nicht allein ein Schuldausschließungsgrund zu sehen, sondern auch ein Verantwortlichkeitsausschließungsgrund.[23]

Das Verantwortungsurteil entsteht auf der Grundlage eines Verantwortlichkeitssachverhalts, den Roxin in einen "Verantwortlichkeitssachverhalt im engeren Sinne" und einen "Verantwortlichkeitssachverhalt im weiteren Sinne" unterteilt.[24] Während der Sachverhalt im engen Sinne Umstände erfasst, die außerhalb des Unrechts verortet werden, wie die Exkulpationsgründe oder das vorhandene Unrechtsbewusstsein, erfasst der Verantwortlichkeitssachverhalt im weiteren Sinne auch alle Elemente des tatbestandlichen Unrechts, auch die Vorsatzform, womit der Vorsatz zur Verantwortlichkeit gehört, obwohl er nicht auf der Ebene der Schuld verortet wird.[25] Vor diesem Hintergrund ist die eingangs getroffene Aussage, im Jugendstrafrecht seien keine Sondernormen vorhanden, die Straftatvoraussetzungen jugendspezifisch regeln, zu relativieren. § 3 JGG, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit jugendlicher Personen betrifft und nicht nur ihre Schuldfähigkeit, erlangt Bedeutung bei der Bestimmung der Inhalte des Vorsatzes sowie des Gehalts weiterer

subjektiver Elemente, wie etwa Mordmerkmale und besondere Absichten. Die sittliche und geistige Entwicklung Jugendlicher und damit ihre Reflexionsfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung zur Zeit der Tat sind dann bei der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit auf besondere Weise zu berücksichtigen.

2. BGH, Beschluss vom 8.9.2020 – 4 StR 295/20: Vorsatzrelevanz von Persönlichkeitsstörungen

Die hier vertretene These, dass Persönlichkeit und Reflexionsfähigkeit eine genaue Würdigung bereits im Rahmen der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit erfahren müssen, ist im Bereich des allgemeinen Strafrechts durch einen Beschluss des Bundesgerichtshofs unlängst bestätigt worden.[26] Hier kurz zum Sachverhalt[27]: Die Angeklagte, bei der bereits während der Kindheit eine Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ festgestellt wurde und die stationär in einer geschlossen geführten sozialtherapeutischen Wohngruppe behandelt wurde, hatte versucht, eine Mitbewohnerin zu erwürgen. Damit wollte sie erreichen, dass sie in eine andere Wohngruppe verlegt wird. Sie hatte vor, "jedenfalls so lange zu würgen, bis das Pflegepersonal auf das Geschehen aufmerksam würde, um dadurch ihre Verlegung zu erwirken."[28] Das Landgericht nahm an, dass der Angeklagten die Lebensgefährlichkeit bewusst war und dass sie den Tod ihrer Mitbewohnerin billigend in Kauf nahm. Die Persönlichkeit und das Krankheitsbild hätten bei der Bewertung der inneren Einstellung der Angeklagten durch das Tatgericht keine Rolle gespielt, monierte zu Recht der 4. Strafsenat und bekräftigte, dass Persönlichkeit und Krankheitsbild bei der Frage des Eventualvorsatzes durchaus in den Blick hätten genommen werden müssen.[29]

Es müsse geklärt werden, ob die Angeklagte "über eine ausreichende Reflexionsfähigkeit[verfügt]" und ob "sie zu einem kritischen Durchdenken ihrer Impulse in der Lage[ist]".[30] Die Besonderheiten der Persönlichkeit der angeklagten Person und das Krankheitsbild werden vom Senat nicht erst bei der Schuldfähigkeitsprüfung einbezogen. Zudem sollen Spontanität und affektive Erregung schon bei der Beantwortung der Frage "Vorsatz oder Fahrlässigkeit" mitberücksichtigt werden: "Insbesondere bei einer spontanen, unüberlegten oder in affektiver Erregung ausgeführten Handlung kann aus dem Wissen um einen möglichen Erfolgseintritt nicht allein ohne Berücksichtigung der sich aus der Persönlichkeit des Täters und der Tat ergebenden Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das voluntative Vorsatzelement gegeben ist", betont der Senat unter anderem.[31] Diese für das allgemeine Strafrechts formulierten richtigen Leitgedanken des Bundesgerichtshofs sind für die hier vorgeschlagene Anpassung des Vorsatzbegriffs im Jugendstrafrecht von erheblicher Bedeutung. So wie eine Persönlichkeitsstörung nicht erst bei der Frage der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit (§ 20 StGB), sondern bereits bei der Frage des Vorsatzes zu berücksichtigen ist, sind auch entwicklungsbedingte Persönlichkeitsdefizite zum Zeitpunkt des Tatgeschehens von entscheidender Bedeutung für die Klärung des Wissens und Wollens der Tatbestandsverwirklichung.

3. Zwischenfazit

Man sollte für die Klärung der inneren Einstellung jugendlicher Täter zum Tatgeschehen ihren Entwicklungsstand, ihre Fähigkeit zur kritischen Selbstkontrolle und zur Zähmung impulsiven Handelns in den Blick nehmen. Die Sensibilisierung für den Entwicklungsstand Jugendlicher bei der Frage des Eventualvorsatzes schreibt § 3 JGG vor. Mit dieser Vorschrift steht eine sichere Rechtsgrundlage für eine jugendadäquate subjektive Zurechnung zur Verfügung, die von der Forderung einer jugendspezifischen teleologischen Reduktion von Tatbeständen nicht im selben Maße eingelöst werden kann. Damit sind freilich noch keine allgemeinen Wertungsmaßstäbe gewonnen, die dem bedingten Vorsatz entwicklungsspezifische Konturen verleihen. Die Einbeziehung des § 3 JGG in die Frage der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit hat zwar den Vorteil, dass der jugendadäquate Umgang mit dieser Frage eine gesetzliche Verankerung erlangt: Hier geht es in erster Linie um das "Ob" der Auseinandersetzung mit jugendspezifischen Besonderheiten bei der Feststellung des Eventualvorsatzes. Eine einheitliche Linie in Bezug auf das "Wie" der Auseinandersetzung ist jedoch damit noch nicht gesichert. Hierfür ist ein zusätzlicher Schritt notwendig, der die Formel des Eventualvorsatzes modifiziert.

4. Überlegungen zur Modifikation der Eventualvorsatzformel

"In rechtlicher Hinsicht ist ein bedingter Tötungsvorsatz gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt – Wissenselement − und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein - Willenselement".[32] Dies ist, wie bereits dargestellt, der Ausgangspunkt des BGH bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des LG Frankfurt. Auch die Definition der bewussten Fahrlässigkeit erfolgt auf die übliche Weise: "Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut,

der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten."[33] Diese direkte Übernahme üblicher Definitionen aus dem allgemeinen Strafrecht, vor allem jener des Eventualvorsatzes bei der Auseinandersetzung mit der inneren Beziehung des jungen Täters zu seiner Tat ist alles andere als befriedigend.

a) Risikoerkennung und -einschätzung in der Adoleszenz

Die Übernahme erfolgt hier sogar auf eine besonders unscharfe und unpräzise Art. Für das Wissenselement soll das einfache Erkennen von nicht ganz fernliegenden Folgen ausreichen. Die Folgen müssen gar nicht wahrscheinlich sein oder konkret vorstellbar, nicht einmal ernst genommen sein. Mehr als die bloße Möglichkeitsvorstellung wird nicht vorausgesetzt. Man fragt sich, wie groß auf dieser Basis die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Wissenselement abgelehnt wird? Vermutlich gleich null. Ein abstraktes Erkennen der Gefährlichkeit des Handelns, das auch den bloßen Leichtsinn erfassen kann, wird in der Regel dazu führen, dass sich die Waagschale bedenklich auf die Seite des Eventualvorsatzes senkt. Für die Annahme einer bewussten Fahrlässigkeit käme es dann besonders auf das Willenselement an. Ob dieses aber auf der Basis einer Billigungstheorie, die entwicklungsspezifischen Besonderheiten nicht Rechnung trägt, die Waagschale in die andere Richtung zu senken vermag, ist zu bezweifeln.

Man sollte schon auf der Wissensebene reflektierter mit den Möglichkeitsvorstellungen jugendlicher Akteure umgehen. "Es wird[…]oft übersehen, daß man zwar die gezielte Frage, ob man denn nicht gewußt habe, daß eine solche Aggression auch tödlich sein könnte, rein rational mit "ja" beantworten muß, daß jedoch die tagtägliche Erfahrung diesem Wissen völlig widerspricht", schreibt bereits Reinhart Lempp in seiner Studie über 80 Tötungsdelikte von Jugendlichen und Heranwachsenden aus den siebziger Jahren.[34] Eines der Beispiele, die Lempp in diesem Zusammenhang erwähnt, betrifft einen Jugendlichen, der durch einen aggressiven Tritt einen Passanten am Kinn trifft, als dieser sich nach vorn beugte.[35] Der Passant stürzte auf den Hinterkopf und erlitt dadurch eine tödliche Verletzung.[36] Auf die Frage, ob er nicht gewusst habe, dass der Sturz auf den Hinterkopf tödlich sein kann, musste der Jugendliche "rein rational" mit "ja" reagieren.[37] Dieser bejahenden Antwort stand die Tatsache gegenüber, gibt Lempp zu bedenken, dass er aus Verhältnissen stammte, in denen körperliche Gewalt zum Alltag gehörte und er bis zu diesem Zeitpunkt mehrmals die Erfahrung gemacht hatte, dass bei körperlicher Gewalt, wie bei einem Tritt gegen einen anderen, ernste Folgen ausbleiben.[38]

Es ist realitätsfern anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Tatbegehung das rein abstrakte "theoretisch[e]Wissen" um das Gefährdungspotenzial der Handlung, das vom Jugendlichen in der Regel selbst zu bejahen sein wird, wirksamer ist, als die bisherigen Erfahrungen des Jugendlichen mit Fällen von Gewalt, die aus Zufall folgenlos blieben.[39] Erlebnisse dieser Art dürfen nicht erst auf der Ebene der Strafzumessung Relevanz erlangen. Sie können schon einiges darüber besagen, inwieweit der Jugendliche mit der Möglichkeit des Erfolgseintritts ernsthaft gerechnet hat, wie der Jugendliche die Gefahr, die er in Gang setzte, wahrnahm und bewertete. Das alleinige Abstellen auf das theoretische Wissen, dass negative Folgen eintreten können, stellt demgegenüber eine zu grobkörnige Anwendung der Vorsatzformel dar. Hinzu kommt, dass Jugendliche oft nicht die sprachliche Reife besitzen, um feinnuanciert über ihre genauen Vorstellungen zum Tatzeitpunkt zu berichten.[40] Wird die Prüfung des Wissenselements auf eine Frage wie "Wusstest du nicht, dass ein Tritt lebensgefährlich sein kann?" reduziert, werden sie sogar dabei behindert.

Das Abstellen auf das pauschale Möglichkeitswissen sperrt sich zudem gegen entwicklungspsychologische Erkenntnisse hinsichtlich der Neigung Jugendlicher zum Risikoverhalten.[41] Das sog. "Sensation Seeking", das unter anderem eine Erfahrungssuche darstellt, zeichnet das Jugendalter besonders aus.[42] Der Risikobereitschaft von Jugendlichen kommt eine wichtige Bedeutung bei der Erklärung von Verkehrsdelikten zu.[43] Gerade bei Verkehrsdelikten fällt die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit besonders schwer. Die Risikobereitschaft im Straßenverkehr wird in der kriminologischen Forschung mit dem "Schnelligkeitsdrang" junger Menschen in Verbindung gebracht.[44] Darin hat man auch einen Zustand der leichten Bewusstseinsstörung gesehen, "eine Art Trunkenheit, die sehr angenehm ist".[45] Berücksichtigt man insbesondere neuere Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung, die auf eine unausgereifte Fähigkeit vorausschauenden Denkens im

jugendlichen Alter hinweisen,[46] sollte man vorsichtig mit der Annahme des Wissenselements sein.

Forschungsbefunde zur Gehirnreifung während der Adoleszenz zeigen, dass die Fähigkeit zur kognitiven Verarbeitung von Informationen und Risiken nicht im selben Maß wie bei Erwachsenen ausgebildet ist.[47] Dies soll daran liegen, dass die kognitive Kontrollleistung der sog. präfrontalen Kontrollareale ("Supervisory Attentional System") wegen der schnellen Reifung des limbischen Systems zunächst ins Hintertreffen gerät.[48] Weitsicht, Einschätzung von Gefahren und Abwägung von Handlungsalternativen sind Fähigkeiten, die sich bei Jugendlichen noch im Entwicklungsprozess befinden.[49] Diese Entwicklungsbesonderheiten könnten Einfluss auf das Risikoverhalten junger Menschen nehmen.[50] Solche Erkenntnisse legen nahe, dass bei der Beurteilung des Wissens im Rahmen der Vorsatzprüfung ein feinerer Maßstab entwickelt werden sollte, der dem kognitiven Entwicklungsstand Jugendlicher gerecht wird. Dies entspricht auch dem Leitprinzip, das § 3 JGG als Verantwortlichkeitsausschlussgrund setzt, wonach subjektive Elemente unter Berücksichtigung der Entwicklungsreife festgestellt werden sollen. Es sollte bei der Annahme des Wissenselements nicht einfach nur auf das "Für-Möglich-Halten" des Erfolgseintritts ankommen, sondern schon auf das Bewusstsein, das dieser sehr wahrscheinlich ist. Was die Wissensebene betrifft, ist eine Modifizierung der Vorstellungs- oder Möglichkeitstheorie in Richtung Wahrscheinlichkeitstheorie notwendig.

b) "Billigend in Kauf nehmen" unter Berücksichtigung neurowissenschaftlicher und sozialpsychologischer Erkenntnisse

Die Schwächen der Grundformel des Eventualvorsatzes und das Desiderat ihrer Verfeinerung werden noch anschaulicher, wenn man sich der Voraussetzung des Billigend-in-Kauf-Nehmens zuwendet. Die Billigungstheorie im Jugendstrafrecht anzuwenden, ohne dieselbe dabei auf Fragen der Entscheidungsreife und Verhaltenssteuerung bei Jugendlichen zu beziehen, kann nicht überzeugen. Auch auf der Ebene des Wollenselements muss man vor vorschnellen Annahmen eingespielter Standard-Definitionen auf der Hut sein, hier eben der Annahme des Billigend-in-Kauf-Nehmens. Die von den Neurowissenschaften aufgezeigte schnelle Entwicklung des limbischen Systems und verzögerte Entwicklung der präfrontalen Kontrollareale wirkt sich laut den Befunden nicht nur auf die kognitive Informationsverarbeitung der Jugendlichen aus, sondern auch auf ihre Verhaltenssteuerung und Impulskontrolle.[51] Diese ohnehin nicht ganz ausgereiften Fähigkeiten sind möglicherweise dann besonders beeinträchtigt, wenn Jugendliche unter gruppendynamischem, situativem Druck handeln. Jugendliches Risikoverhalten steht oft mit gruppendynamischen Prozessen in einem Zusammenhang.[52] Die Autorennen-Fälle, die oft Anlass zu heftiger Diskussion um die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit geben, sind paradigmatisch dafür.

Es geht häufig an der situativen psychosozialen Realität vorbei zu unterstellen, dass Jugendliche, auch wenn sie die Unfallgefahr erkennen, im Moment der Handlung ihre Impulse reflektiert unter Kontrolle bringen und ihre Affekte unterdrücken können.[53] Bei der Frage, ob der Täter den Erfolg billigend in Kauf genommen hat, werden allerdings diese Fähigkeiten in der Regel problemlos unterstellt.[54] Berücksichtigt man aber die Forschungsergebnisse der Sozialpsychologie, der "Wissenschaft von Interaktionen zwischen Individuen"[55] bei der Vorsatzprüfung, vor allem die der sog. Kleingruppenforschung, gewinnt man eine sachgerechtere Anwendung der Billigungsformel. Affektivität, Konformität, Hemmungslosigkeit, emotionaler Überschwang, Spontanität und Anpassungsbedürfnis an den Gruppengeist sind als Antriebskräfte zu leichtsinnigem Verhalten in der sozialpsychologischen Forschung bekannt.[56] Vor allem ist es die Bindekraft der Rollenübernahme, die einen daran hindert, das Vorhaben zu revidieren oder die der eigenen Person in einem bestimmten Geschehen zugewiesene Rolle aufzugeben.[57] Das Gegenteil ist der Fall, man verstrickt sich immer mehr in der falschen Situation. Erneut ist es Lempp, der darauf aufmerksam macht: Jugendliche im Kontext einer Gruppe werden "von der Rolle, in die sie sich begeben, gefangen genommen", die gruppendynamischen Kräfte setzen dadurch "eine Art selbständige Mechanik in Gang[…], die dann automatisch, eigengesetzlich und weit über das Ziel hinausschießend" abläuft.[58]

Dieser Umstand ist bekannt unter dem Namen des Fuß-in-der-Tür-Phänomens.[59] Wenn einmal der Fuß in die Tür gesetzt ist, dauert es nicht lange, bis die ganze Tür aufgeht. Überträgt man diese Beobachtung z.B. auf die kontrovers diskutierten Autorennen und Beschleunigungstests, die unter Jugendlichen und Heranwachsenden durchgeführt werden, kann man sagen: Hat man sich einmal auf ein Wettrennen eingelassen, dauert es nicht

lange, bis man eine rote Ampel missachtet oder ein gefährliches Überholmanöver unternimmt.[60] Das Risiko nimmt mit jeder einzelnen gefährlichen Handlung sukzessive zu.[61] Rollenbindungen und der Wunsch zu imponieren wirken hinderlich bei der Zügelung der Impulse. Geschweige denn, dass situative Affektivität in Kombination mit der Überschätzung der eigenen Kräfte, die jugendliches Verhalten oft charakterisiert, bereits gegen ein Erkennen der richtigen Dimension der Gefahr sprechen. Das Billigend-in-Kauf-Nehmen setzt voraus, dass die Person die Gefahr richtig bewertet hat,[62] das heißt, eine rationale Kalkulation von Entscheidungsalternativen unternommen und Kosten und Nutzen zum Zeitpunkt der Handlung abgewogen hat.[63] Dies ist unter den Bedingungen der affektiven Dynamik des Handlungsablaufs selten der Fall.[64] Unter diesem Gesichtspunkt wird klar, dass eine jugendadäquate Anwendung der Billigungstheorie bereits die genauere Konturierung des Wissenselements verlangt. "Billigend in Kauf nehmen" oder auch "mit dem Erfolg sich abfinden" können im Jugendstrafrecht nur sachgerecht bejaht werden, wenn der Jugendliche zum Zeitpunkt der riskanten Tat fähig war, nicht nur die theoretische Gefährlichkeit seiner Handlung zu reflektieren, sondern auch von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer konkreten Gefahr ausging. Sowohl neurowissenschaftliche als auch sozialpsychologische Erkenntnisse legen nahe, dass diese Voraussetzung bei Jugendlichen oft nicht erfüllt ist.

5. Überlegungen zu jugendspezifischen normativen Setzungen

An dieser Stelle ist eine Klarstellung angebracht: Neurowissenschaftliche und sozialpsychologische Befunde sollen dafür Anlass geben, die Gleichstellung des Vorsatzes eines Jugendlichen bzw. Heranwachsenden mit dem Vorsatz eines Erwachsenen zu hinterfragen. Sie liefern Argumente für eine jugendstrafrechtliche Anpassung des Vorsatzbegriffs, die auf eine Willenstheorie hinausläuft, bei der das Wissenselement i.S. der Wahrscheinlichkeitstheorie besonders ausgeprägt ist. Gleichwohl besteht das Hauptanliegen des vorliegenden Beitrags nicht darin, auf einer konkreten Vorsatztheorie zu beharren. Es geht hier vielmehr darum zu zeigen, dass es einen Sensibilisierungsbedarf hinsichtlich des Handhabens von subjektiven Elementen im Jugendstrafrecht gibt. Die Einbeziehung des Entwicklungsstandes junger Täter und ihrer Reaktionsfähigkeit auf Anreize einer affektiven, möglicherweise auch gruppendynamischen Situation in der Abgrenzungsfrage von Vorsatz und Fahrlässigkeit kann auch im Rahmen eines weniger psychologischen und mehr normativen Zugangs zur Frage erfolgen.

Wenn man z.B. i.S. Ingeborg Puppes Lehre von der "Vorsatzgefahr" für die Frage der Abgrenzung auf die "Maßfigur des vernünftig handelnden Täters" abstellen und den Eventualvorsatz annehmen will, wenn die Gefahr "von solcher Quantität und Qualität" ist, die ein "vernünftiger Täter" als "eine taugliche Strategie zur Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges" anwenden würde,[65] sollte man zugleich den normativen Maßstab des vernünftigen Täters entwicklungsspezifisch auffassen. Es müsste nach dem "jugendliche[n] Rationalitätstypus" gefragt werden.[66] Lüderssen meint in diesem Zusammenhang, dass es einen solchen Rationalitätstypus für Jugendliche nicht zu geben scheint.[67] "Man sieht also unterderhand, daß die normativen Lösungen dem Jugendstrafrecht überhaupt nicht gerecht werden können – es sei denn, man bezieht alle Relativierungen des Normativen ein, die sich aus Hintergrundannahmen, Milieustudien und dergleichen ergeben", schreibt er.[68] Für solche dem Normativen zu Gute kommenden Relativierungen bieten sich die Befunde der Entwicklungspsychologie, der Neurowissenschaften und der Sozialpsychologie an. Dadurch werden die normativen Maßstäbe realitätsgerechter.

Wahrnehmungen, Bewusstseinszustände, psychische Vorgänge, innere Einstellungen, Wissen und Wollen sind gewiss mit Beweisschwierigkeiten verbunden.[69] Normative Setzungen sind in gewissem Maße unverzichtbar. Es ist nicht immer möglich zu wissen, ob der Täter als "empirischer Mensch wirklich verdient, was ihm als Rechtsperson mit der Strafe auferlegt wird", merkt Reinhard Merkel im Zusammenhang mit der allgemeinen Frage der Willensfreiheit an und weist auf Radbruchs bekannte Bemerkung hin, wonach gute Juristen ihr schlechtes Gewissen ausmache.[70] Dies sollte allerdings nicht zur Kapitulation und Hinnahme der Gefahr der Ungerechtigkeit gegenüber dem Täter als empirischem Menschen führen. Das Gewissen kann man versuchen zu beruhigen. Dafür ist es wichtig, dass normative Maßstäbe empirisch sensibler ausgestaltet werden.[71] In Bezug auf die Frage des Eventualvorsatzes bedeutet dies die Aufgabe des einheitlichen Vorsatzbegriffs und die Aufnahme der Wirklichkeit des jugendlichen Alters bei der Setzung von normativen Maßstäben. Dies entspricht schließlich auch dem Schuldprinzip.

Geht man von der Überzeugung aus, dass normative Setzungen die menschliche Wirklichkeit nicht übergehen dürfen, erscheinen Vorschläge bedenkenswert, dem altersbedingten Entwicklungsablauf auch im allgemeinen Strafrecht Aufmerksamkeit zu schenken. "Mit Jugendstrafrecht ins Erwachsenstrafrecht" – so hat Lüderssen die Forderung einmal in der Frankfurter Rundschau vom 31. Mai 2006 formuliert.[72] Bausch macht diesen Vorschlag in ihrer 2020 erschienen Untersuchung zu einem ihrer

Hauptanliegen.[73] Anhaltspunkte für diese Forderung gibt der seit Ende der 1990er Jahre in der entwicklungspsychologischen Forschung vertretene Ansatz, dass "Erwachsenwerden" eine eigenständige Entwicklungsphase darstellt.[74] Die sog. "Emerging Adulthood"-Phase, deren Etablierung als eigenständiger Forschungsgegenstand auf den US-amerikanischen Psychologen Jeffrey J. Anett zurückgeht, fängt mit 18 an und kann bis in die späten 20er dauern.[75] In dieser Phase sind die jungen Erwachsenen immer noch mit der Bewältigung entwicklungsbedingter Lebensanforderungen beschäftigt.[76] Die Entwicklung junger Menschen läuft nicht kontinuierlich.[77] Die Übergänge von einer Entwicklungsphase zu einer anderen sind fließend, man kann, was die Entwicklungsreife betrifft, keine starre Grenzen setzen.[78] Berücksichtigt man auch die sozialökonomischen Verhältnisse der modernen Familie, die Tatsache, dass junge Leute wegen Ausbildung oder Arbeitslosigkeit länger von der elterlichen Unterstützung abhängig sind sowie die Instabilität von Lebensläufen im frühen Erwachsenenalter[79], erscheint ein entwicklungsadäquater Umgang mit Straftätern in der "Emerging Adulthood"-Phase als angemessen. Überlegungen zur Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit, wie sie im Rahmen dieses Beitrags angestellt wurden und die auf die Entwicklungsreife und die sozialpsychologische Dimension des Geschehens abstellen, wären dann auch für Konstellationen wie den Berliner-Raser-Fall[80] von Relevanz. Möglicherweise wäre dann in der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit anders entschieden worden.

III. Fazit

Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: In Anbetracht der Entwicklungsanforderungen, die in der Adoleszenz zu bewältigen sind sowie der Tatsache, dass die entsprechenden Entwicklungsprozesse hinsichtlich kognitiver und emotionaler Handlungssteuerung nicht abgeschlossen sind, erscheint es sinnvoll, einen jugendstrafrechtlichen Begriff des Eventualvorsatzes zu entwickeln. Dies kann man als durch § 3 JGG vorgeschrieben sehen, der die sittliche und geistige Reife als Verantwortlichkeitsvoraussetzung hervorhebt. Der Vorsatz gehört zum Verantwortlichkeitssachverhalt im weiteren Sinne und ist damit von der Bestimmung des § 3 JGG miterfasst.[81] Für die jugendadäquate Anpassung des Eventualvorsatzes gibt es nicht nur einen dogmatischen Weg. Im Rahmen dieses Beitrags wurde vorgeschlagen, höhere Anforderungen für die Bejahung des Wissenselements im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie zu verlangen. Dabei soll auf das voluntative Element nicht verzichtet werden. Auch im Kontext normativer und weniger psychologischer Auffassungen des Vorsatzes wäre es wichtig, normative Setzungen entwicklungs- und sozialpsychologisch zu sensibilisieren. Inwieweit solche Sensibilisierungen auch für die Bestimmung des Vorsatzes im allgemeinen Strafrecht relevant werden können, ist eine offene Frage, die in Anbetracht der derzeitigen grundsätzlichen Kritik[82] am Eventualvorsatz durchaus Spannung verspricht.


[1] Ostendorf/Drenkhahn, Jugendstrafrecht, 10. Aufl. 2020, Rn. 31; Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz, 20. Aufl. 2018, § 1 Rn. 24; Bausch, Die Berücksichtigung der individuellen Entwicklung bei der Auslegung strafrechtlicher Normen am Beispiel des dolus eventualis (2020); Sonnen, in: Diemer/Schatz/Sonnen (Hrsg.), Jugendgerichtsgesetz, 8. Aufl. (2020), § 2 JGG Rn. 9 f.; Märker, Vorsatz und Fahrlässigkeit bei jugendlichen Straftätern (1995), S. 259 ff., der sogar den Zurechnungsausschluss des Eventualvorsatzes im Jugendstrafrecht vertritt, wenn Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel in Betracht kommen, S. 280. Ausgeschlossen soll nach Märker auch die Zurechnung von unbewusster Fahrlässigkeit sein, S. 280.

[2] Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1, Rn. 23; Ostendorf/Drenkhahn a.a.O. (Fn. 1), Rn. 31, Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 51.

[3] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 52; Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 23b.

[4] Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 24 ff.; Ostendorf/Drenkhahn a.a.O. (Fn. 1), Rn. 31; a. A.  Rössner, in: Meier et al. (Hrsg.), JGG, 2. Aufl. (2014), § 2, Rn. 26, der vertritt, dass eine jugendspezifische Auslegung über eine methodisch angebrachte Subsumtion nicht hinausgehen darf. Dies erfordere das Prinzip der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit.

[5] Ostendorf/Drenkhahn a.a.O. (Fn. 1), Rn 31; Märker a.a.O. (Fn. 1), S. 259 ff.; Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 24a; ausführlich dazu sowie zur Gegenansicht Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 51 ff.

[6] Ostendorf/Drenkhahn a.a.O. (Fn. 1), Rn. 31; ähnlich Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 26.

[7] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 205 f.

[8] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 206.

[9] Siehe den Überblick über die uneinheitliche BGH-Rechtsprechung in Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 1 Rn. 24 d f.; vgl. auch Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 201 ff; 205 f.

[10] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 205.

[11] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17 = HRRS 2018 Nr. 392.

[12] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17 = HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 4 f.

[13] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17= HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 17 ff.

[14] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17= HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 14; allgemein zum Problem Bausch (Fn. 1), S. 206.

[15] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17, = HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 14.

[16] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17, = HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 16.

[17] Eisenberg a.a.O. (Fn. 1), § 3 Rn. 12 a f.; Middendorff, in: Sieverts/Schneider (Hrsg.), Handwörterbuch der Kriminologie, 5. Band (1998), S. 443 f.; zur sozialen Handlungskompetenz aus entwicklungspsychologischer Perspektive s. Meier/Rössner/Schöch, Jugendstrafrecht, 3. Aufl. (2012), § 1 Rn. 3.

[18] Lüderssen, Rechtsfreie Räume? (2012), S. 149.

[19] Von einer in der Rechtsprechung fehlenden "Modifikation der sog. Billigungsformel" spricht auch Bausch. a.a.O. (Fn. 1), S. 206, ihr geht es aber in erster Linie um eine "entwicklungsangemessene Auslegung des Strafrechts" anhand von Entscheidungsalgorithmen, S. 218 ff.

[20] Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil, Band I, 5. Aufl. (2020), § 20, Rn. 53.

[21] Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 19 Rn. 15.

[22] Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 19 Rn. 15.

[23] Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 20 Rn. 53.

[24] Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 19 Rn. 16.

[25] Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 19 Rn. 16.

[26] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70.

[27] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70, Rn. 3 f.

[28] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70, Rn. 4.

[29] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70, Rn. 12.

[30] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70, Rn. 12.

[31] BGH, Beschluss v. 08.09.2020 - 4 StR 295/20 = HRRS 2021 Nr. 70, Rn. 8.

[32] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17, = HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 14.

[33] BGH, Urteil v. 01.03.2018 - 4 StR 158/17, = HRRS 2018 Nr. 392, Rn. 14.

[34] Lempp, Jugendliche Mörder. Eine Darstellung an 80 vollendeten und versuchten Tötungsdelikten von Jugendlichen und Heranwachsenden (1977), S. 175.

[35] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 175; zu Lempps Beispiel und Schlussfolgerungen bereits Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 154.

[36] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 175.

[37] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 174.

[38] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 174.

[39] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 174.

[40] Vgl. Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 154 f.

[41] Für einen Überblick über Erklärungsansätze zu entwicklungs- und sozialpsychologischen Erklärungen des Risikoverhaltens bei Jugendlichen s. Groenemeyer, in: Raithel (Hrsg.), Risikoverhaltensweisen Jugendlicher. Formen, Erklärungen und Prävention (2001), S. 31, 37 ff.; generell zum Risikoverhalten im Jugendalter auch Warwitz, Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Erklärungsmodelle für grenzüberschreitendes Verhalten (2001), S. 1 ff.

[42] Ruch/Zuckermann, in: Raithel (Hrsg.), Risikoverhaltensweisen Jugendlicher. Formen, Erklärungen und Prävention (2001), S. 97 ff.: zum Messungsansatz des Sensation Seeking von Ruch und Zuckermann s. auch Raithel, in: Raithel (Hrsg.), Risikoverhaltensweisen Jugendlicher. Formen, Erklärungen und Prävention (2001), S. 11, 21.

[43] Middendorff, a.a.O. (Fn. 17), S. 443 f.

[44] Middendorff, a.a.O. (Fn. 17), S. 443 f.

[45] Wulffen , Kriminalpsychologie, 1926, S. 390 zitiert nach Middendorff, a.a.O. (Fn. 17), S. 444.

[46] Siehe dazu Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 151, die eine ausführliche Darstellung von Befunden der Neurowissenschaften bietet.

[47] Dünkel/Geng/Passow ZJJ 2017, 123 ff.; Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 137 f.; vgl. Groenemeyer, a.a.O. (Fn. 41), S. 37.

[48] Ausführlich dazu mit Hinweisen auf verschiedene Studien und die schematische Darstellung des Ungleichgewichts zwischen früher reifenden Hirnarealen und verzögert reifenden präfrontalen Kontrollarealen: Dünkel/Geng/Passow ZJJ 2017, 123, 125; dazu auch Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 138; vgl. Meier/Rössner/Schöch a.a.O. (Fn. 17), S. 3.

[49] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 150 f.

[50] Dünkel/Geng/Passow ZJJ 2017, 123, 125.

[51] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 138; Remschmidt/Rössner, in: Meier et al. (Hrsg.), JGG, 2. Aufl. (2014), § 105 Rn. 7; Dünkel/Geng/Passow ZJJ 2017, 123, 125.

[52] Vgl. Schumacher NJW 1880, 1881; Cabanis StV 1982, 315, 316 f.

[53] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 175; auch Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 154.

[54] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 175.

[55] Herkner, Sozialpsychologie, 2. Aufl. (2008), S. 17.

[56] Dazu Cabanis StV 1982, 315, 317; Schumacher NJW 1980, 1880, 1881; Stefanopoulou, Verantwortlichkeit und Schuldzumessung in Mitwirkungsfällen (2018), S. 137 ff.

[57] Zur situativen Rollenbindung Stefanopoulou a.a.O. (Fn. 56), S. 140 ff.

[58] Lempp a.a.O. (Fn. 34), S. 15, S. 26; vgl. auch Schmitz MschKrim 1962, 1, 4.

[59] Zum Phänomen im Hinblick auf seine Vorteile als Überzeugungsstrategie Freedmann/Fraser Journal of Personality and Social Psychology 1966, Vol 4, No.2, 195 f.

[60] Zur Bedeutung dieses sozialpsychologischen Vorgangs für sog. Fälle der einverständlichen Fremdgefährdung Stefanopoulou a.a.O. (Fn. 56), S. 140 ff.

[61] Vgl. Schmitz MschKrim 1962, 1, 4.

[62] Lempp a.a.O. (Fn. 36), S. 175.

[63] Groenemeyer, a.a.O. (Fn. 41), S. 44.

[64] Lempp a.a.O. (Fn. 34), S. 175.

[65] Puppe, Vorsatz und Zurechnung (1992), S. 74; Puppe ZStW 103 (1991), 1, 41; zu Puppes Ansatz auch Lüderssen, a.a.O. (Fn. 18), S. 163.

[66] So Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 164.

[67] Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 164.

[68] Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 164.

[69] Zu den Problemen beim Beweis des Vorsatzes Hruschka, in: Festschrift für Kleinknecht (1985), S. 191 ff.; Puppe ZStW (103) 1991, 1 (41); Hörnle JZ 2019, 441, 442 f.

[70] Merkel, Willensfreiheit und rechtliche Schuld. Eine strafrechtsphilosophische Untersuchung, 2. Aufl. (2014), S. 135 f.

[71] Siehe Stefanopoulou a.a.O. (Fn. 56), S. 214.

[72] Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 195.

[73] Bausch a.a.O. (Fn. 1), S. 149 ff, 209 ff; in diese Richtung auf der Basis neurowissenschaftlicher Befunde zur Gehirnentwicklungsreife bis etwa im Alter von 25 Jahren auch Dünkel/Geng/Passow ZJJ 2017, 125, 127; vgl. auch Remschmidt/Rössner, a.a.O. (Fn. 53), § 105 Rn. 9.

[74] Keller, "Emerging Adulthood" - Eine Lebensphase zwischen Instabilität und maximaler Freiheit, 2019, S. 50.

[75] Arnett, Emerging Adulthood. The winding road from the late teens through the twenties, 2. Aufl. 2015; Keller a.a.O. (Fn. 76), S. 50.

[76] Keller a.a.O. (Fn. 76), S. 51.

[77] Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 197; Remschmidt/Rössner, a.a.O. (Fn. 51), § 105 Rn. 7 ff.

[78] Lüderssen a.a.O. (Fn. 18), S. 197; Remschmidt/Rössner, a.a.O. (Fn. 51), § 105 Rn. 9.

[79] Arnett a.a.O. (Fn. 77), S. 1 f., S. 7f., 11; Keller a.a.O. (Fn. 74), S. 51; Bausch a.a.O. (Fn 1), S. 115; Stefanopoulou a.a.O. (Fn. 56), S. 155 f.

[80] LG Berlin, 26. März 2019 – (532 Ks) 251 Js 52/16 (9/18).

[81] Vgl. Roxin/Greco a.a.O. (Fn. 20), § 19 Rn. 16.

[82] Siehe Hörnle JZ 2019, 440 ff.