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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2019
20. Jahrgang
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1. Nach § 17 Abs. 2 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, d.h. der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von höchstens drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen. Sonst liegt Zahlungsunfähigkeit vor.
2. Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO) erfolgt entweder durch die betriebswirtschaftliche Methode oder durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen.
3. Dem Tatgericht obliegt es bei einer Verurteilung nach § 266a StGB nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen.
4. Dieser Angaben bedarf es allein dann nicht, wenn es sich um einen Fall des schlichten Nichtzahlens ordnungsgemäß angemeldeter Beiträge handelt, bei welchem der vom Arbeitgeber eingereichte Beitragsnachweis gemäß § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV die geschuldeten und in der Regel vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge belegt. Dann ist es ausnahmsweise ausreichend, lediglich die Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile, die geschädigten Krankenkassen und die betroffenen Beitragsmonate festzustellen.
Bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen hat das Tatgericht für das Revisionsgericht nachvollziehbar darzulegen, warum das von ihm ermittelte Schätzungsergebnis einem ordnungsgemäß durchgeführten Bestandsvergleich bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmeüberschussrechnung so gut wie möglich nahekommt.
1. Dass gehandelte Drogen zum großen Teil oder vollständig in den Verkehr geraten, gehört zu den regelmäßigen Umständen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, und das Fehlen eines besonderen Strafmilderungsgrundes – wie das Nichterreichen des Drogenmarkts – darf nicht strafschärfend berücksichtigt werden
2. Die Annahme, dass die Vorschrift des § 29a Abs. 1 BtMG in Fällen, in denen zwar ein minder schwerer Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG, jedoch kein minder schwerer Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, auch hinsichtlich der Obergrenze des Strafrahmens eine Sperrwirkung entfalte, trifft nicht zu. Vielmehr bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch in diesen Fällen die Strafrahmenobergrenze nach der – für den Schuldspruch maßgeblichen – Vorschrift des § 30a BtMG.
Scheitert der Täter dabei, sich die zum Verkauf bestimmten Betäubungsmittel zu verschaffen, liegt nur ein Versuch des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor.
1. Allein der gleichzeitige Besitz bereits abgeernteten Pflanzenmaterials mit noch im Wachstum befindlichen
Pflanzen führt nicht zu Annahme einer Bewertungseinheit, denn dies setzt voraus, dass die verschiedenen Tätigkeiten des Handeltreibens sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen. Anders läge es nur dann, wenn die verschiedenen Handelsmengen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt werden.
2. Der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittelmengen bei Vorliegen besonderer Umstände kann mehrere an sich selbständige Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit verknüpfen. Zwar hat grundsätzlich der gleichzeitige Besitz bereits abgeernteten Blütenmaterials und noch im Wachstum befindlicher Cannabispflanzen allein nicht die Kraft, getrennte Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden. Jedoch liegt Tateinheit dann vor, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und – etwa aufgrund eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs – die Wertung rechtfertigt, dass die Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt.
Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden. Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des Täters auf dieselbe Rauschgiftmenge beziehen. Eine Bewertungseinheit kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen, aber auch dann, wenn Drogen aus verschiedenen Erwerbsvorgängen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden. Demgegenüber kann allein der gleichzeitige Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Mengen aus verschiedenen Liefervorgängen eine Bewertungseinheit nicht begründen.