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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2007
8. Jahrgang
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1. Eine Verabredung eines Verbrechens im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB setzt den Entschluss von mindestens zwei Personen voraus, jeweils als Mittäter ein bestimmtes Verbrechen zu begehen.
2. Die Verabredung eines Verbrechens setzt nicht die Festlegung aller Einzelheiten der in Aussicht genommenen Tat, sondern nur voraus, dass diese in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert ist. Insoweit gilt nichts anderes als für die Absprache eines Tatplans von Mittätern nach § 25 StGB oder die Bestimmtheit der zu begehenden Tat bei der Anstiftung nach § 26 StGB. Eine strafbare Verabredung wird also nicht dadurch ausgeschlossen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der geplanten Ausführung im Einzelnen noch offen bleiben.
§ 30 Abs. 2 StGB ist erfüllt, wenn sich Angeklagte mit ernstlichem Willen verabredet haben, an der Verwirklichung der geplanten, bereits hinreichend konkretisierten Tat mittäterschaftlich mitzuwirken.
Bei einer festgestellten hohe Alkoholisierung des Angeklagten ist zu bedenken, dass äußeres Leistungsverhalten und innere Steuerungsfähigkeit bei hoher Alkoholgewöhnung durchaus weit auseinander fallen können (BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 10, 18). Gerade bei Alkoholikern zeigt sich oft eine durch „Übung“ erworbene erstaunliche Kompensationsfähigkeit im Bereich grobmotorischer Auffälligkeiten. Zudem ist zu bedenken, dass das Leistungsvermögen nach der Tatbegehung angesichts einer infolge der Tat eintretenden wesentlichen Ernüchterung gesteigert sein kann.
1. Eine Tathandlung, die sich als Werben um Mitglieder oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung darstellt, ist grundsätzlich keine Unterstützung dieser Vereinigung. (BGHSt)
2. Um Mitglieder für eine der in § 129a Abs. 1 oder 2 StGB bezeichneten terroristischen Vereinigungen wirbt, wer sich um die Gewinnung von Personen bemüht, die sich mitgliedschaftlich in die Organisation einer bestimmten derartigen Vereinigung einfügen. Um Unterstützer wirbt, wer bei anderen die Bereitschaft wecken will, die Tätigkeit oder die Bestrebungen einer solchen Vereinigung direkt oder über eines ihrer Mitglieder zu fördern, ohne sich selbst als Mitglied in die Organisation einzugliedern. (Bearbeiter)
3. Die Werbung kann sich sowohl an eine konkrete Person als auch an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten richten. Ein Erfolg der Werbung wird nicht vorausgesetzt; auch der erfolglose Versuch, andere als Mitglied oder Unterstützer einer Vereinigung zu gewinnen, wird von der Strafbarkeit erfasst. (Bearbeiter)
4. Nicht mehr ausreichend für eine Werbung um Mitglieder oder Unterstützer sind das befürwortende Eintreten für eine terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten sowie die Verherrlichung der Ideologie. Vielmehr muss sich zumindest aus den Gesamtumständen der Äußerung ergeben, dass der Werbende gezielt Mitglieder oder Unterstützer zu Gunsten einer konkreten Organisation gewinnen will. (Bearbeiter)
5. Veröffentlicht oder verbreitet ein Dritter lediglich eine um Mitglieder oder Unterstützer werbende Äußerung eines anderen, so macht er sich nur dann nach § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB strafbar, wenn zumindest aus den Umständen erkennbar wird, dass er sie sich zu eigen macht und als eigenes werbendes Eintreten für die Vereinigung verstanden wissen will. Wer die Äußerung lediglich als fremde - gleichsam zu Informationszwecken - weitergibt, handelt hingegen nicht tatbestandsmäßig. (Bearbeiter)
1. Das Merkmal der erheblichen Entstellung bei der schweren Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 StGB) steht in einer Reihe mit sehr schwerwiegenden Folgen wie Siechtum, Lähmung, geistige Krankheit oder Behinderung, Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder eines wichtigen Gliedes. Daher ist eine Verunstaltung des Gesamterscheinungsbildes des Verletzten erforderlich, die in ihrer Bedeutung für den Menschen etwa der Benachteiligung entspricht, die mit den anderen in § 226 StGB genannten Folgen verbunden sind.
2. Grundsätzlich können auch verunstaltende Narben im Gesicht eines Opfers erheblich entstellend sein. Auch dabei muss jedoch im Einzelfall ein Grad an Verunstaltung erreicht werden, der in Relation zu den anderen schweren Folgen im Sinne des § 226 Abs. 1 StGB steht. Ist eine Narbe nur in dem Sinne erheblich, dass sie deutlich sichtbar ist, reicht dies nicht. Anders kann es liegen, wenn sie eine deutliche Verzerrung der Proportionen des Gesichts zur Folge hat.
1. Die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB - gefährliche Körperverletzung durch eine das Leben gefährdende Behandlung - geht in der besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB auf, weil die jenem Delikt zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung verdrängt wird.
2. Hingegen steht die vorsätzliche Körperverletzung in Tateinheit zur besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB. Denn der Grundtatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB wird von § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht verdrängt, da dessen Tatvariante der Gesundheitsbeschädigung weder im Grundtatbestand des § 306a StGB noch in dem der konkreten Lebensgefährdung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB aufgeht.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs tritt das Vergehen der gefährlichen Körperverletzung hinter dem Verbrechen der schweren Körperverletzung jedenfalls in den Fällen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zurück (BGHSt 21, 194; BGH NJW 1967, 297). Ob dies auch für die Tatvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gilt, ist in der bisherigen Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich erörtert.
2. Es kann straferhöhend in Betracht gezogen werden, dass der schwere Erfolg des § 226 Abs. 1 StGB durch Tatmodalitäten des § 224 Abs. 1 StGB herbeigeführt wurde.
Allein das Wissen eines chronisch Alkoholabhängigen um den bei ihm regelmäßig eintretenden Kontrollverlust rechtfertigt nicht die Annahme, die Volltrunkenheit werde jeweils vorsätzlich und uneingeschränkt schuldhaft herbeigeführt (BGH NStZ 1996, 334; BGH NStZ-RR 1997, 102 und 299). Im Fall einer Alkoholsuchterkrankung besteht Veranlassung zu prüfen, ob der Angeklagte von einem derart starken Drang zum Alkohol beherrscht war, dass seine Fähigkeit, der Versuchung zu übermäßigem Genuss alkoholischer Getränke zu widerstehen, im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war (vgl. BGHR StGB § 323a Abs. 1 Sichberauschen 1).