HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2006
7. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen


Plea bargaining im Krieg gegen den Terror

Von Dr. Frank Meyer, LL.M. (Yale), Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg i. Br.

I. Einleitung

Das Vorgehen der amerikanischen Regierung im sog. war on terror hat rechtliche Fragen aufgeworfen, die seit dem 11. September 2001 Heerscharen von Juristen nicht nur in den USA, sondern weltweit beschäftigen. Im Zentrum des Interesses steht die Internierung vermeintlicher Terroristen als enemy combatants in Lagern und Gefängnissen, unter denen Guantánamo und Abu Ghraib nur die bekanntesten sind. Inhaltlich orientiert sich der Begriff des enemy combatant nicht an der historisch gewachsenen Bezeichnung als Angehöriger der Streitkräfte oder anderer bewaffneter Gruppen eines feindlichen Staates bei kriegerischer Auseinandersetzung. Er wird vielmehr spezifisch für Angehörige und Unterstützer von al Qaida und der Taliban verwendet.

Die im Juli 2004 eingerichteten Combatant Status Review Tribunals (CSRT) des Militärs, deren Aufgabe darin besteht, die faktische Grundlage der Internierung zu überprüfen, legen ihrer Tätigkeit eine sehr weite Definition zu Grunde. Danach ist ein enemy combatant eine Person die Mitglied der Taliban, al Qaida oder verbündeter Kräfte war oder diese unterstützt hat.[1] Diese Kategorie entspricht nach Ansicht der US-Regierung weder der Gruppe der lawful combatants, die als Kriegsgefangene vom Schutz der Third Geneva Convention als Kriegsgefangene profitieren, noch den unlawful combatants, die zumindest in den Schutzbereich der Fourth Geneva Convention fallen.[2]

Die rechtliche Diskussion kreist in den USA zunächst um die grundsätzliche Frage der Autorität des Präsidenten zur Anordnung dieser Maßnahme. Ein weiterer fundamentaler Streitpunkt ist, ob und, wenn ja, auf welchem Weg die Internierten die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung gerichtlich überprüfen lassen können. Dabei sind sowohl die prozessuale als auch die materiell-rechtliche Seite heftig umstritten. Die Bush-Administration bestreitet nicht nur die Zulässigkeit solcher Rechtsbehelfe generell, sondern spricht den mutmaßlichen Helfern des Terrors auch jedes subjektiv-öffentliche Recht grundsätzlich ab.

Diese Rechtsfragen haben bereits Dutzende von Gerichten beschäftigt. Insbesondere die Verfahren vor dem Supreme Court, namentlich "Rasul", "Hamdi" und "Padilla", haben große Aufmerksamkeit erfahren. Klarheit haben diese Gerichtsentscheidungen gleichwohl nicht gebracht. Nach wie vor kreist eine intensive, bisweilen leidenschaftliche Debatte um die grundsätzliche Legalität des präventiven Wegsperrens.

Dies ist aber nicht die ganze Geschichte. Eine größere Anzahl mutmaßlicher Terroristen wird fernab der großen Öffentlichkeit in normalen Strafverfahren abgeurteilt. Die Staatsanwaltschaften setzen dabei die Drohung, den Beschuldigten als enemy combatant einzustufen und in militärischen Gewahrsam zu überstellen, gezielt als Mittel zur Erzwingung von Absprachen ein. Diese Geschehnisse bilden den Gegenstand des vorliegenden Beitrags.

Um dem deutschen Leser ein besseres Bild der aktuellen Vorgänge vermitteln zu können, werden diese eingangs des Beitrags beispielhaft und lediglich beschreibend dargestellt (II.). Im Anschluss folgt eine knappe Einführung in Mechanismen, Strukturen und rechtliche Grenzen von Absprachen in amerikanischen Strafverfahren (III.). Diese grundsätzlichen Erkenntnisse gilt es dann im Kontext der Verfahren mit Terrorismusbezug zu spezifizieren, um die Legalität der Drohung beurteilen und deren besondere Eigenheiten herausarbeiten zu können (IV.). Dabei ist es erforderlich, nochmals die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu den Internierungsfällen zu erörtern, um erfassen zu können, wie schwer die Drohung, als enemy combatant eingestuft zu werden, tatsächlich wiegt. Abschließend wird dann die fatale Wechsel-

wirkung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung mit der strafverfahrensrechtlichen Situation Terrorverdächtiger an einem aktuellen Fall nochmals verdeutlicht (V.).

II. Beispielsfälle

Amerikanische Printmedien haben in den letzten Jahren wiederholt berichtet, dass die Regierung ihre behauptete Kompetenz, Terrorverdächtige einseitig und ohne richterliche Kontrolle als enemy combatant im Militärgewahrsam inhaftieren zu können, in Strafverfahren instrumentalisiert hat, um Angeklagte zur Kooperation, vor allem aber zu guilty pleas, zu zwingen.[3]

John Walker Lindh, der sog. American taliban, gilt als der erste öffentlich bekannt gewordene Fall, in dem ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen dem Status als enemy combatant und plea bargaining zu Tage trat. Das plea agreement hält explizit fest, dass die USA Lindh unverzüglich in militärischen Gewahrsam überführen werden, falls dieser erneut illegal gegen die Vereinigten Staaten aktiv wird.[4]

Im Fall des Iyman Faris, dem sog. "Brooklyn Bridge Saboteur”, beschwerte sich die Verteidigung, dass man ihrem Mandanten bei den Abspracheverhandlungen zeitlich unbegrenzte Haft in Guantánamo Bay in Aussicht gestellt hatte, was diesen schließlich nachgeben ließ und zu einem guilty plea führte. [5]

Ähnliches widerfuhr Ahmed Omar Abu Ali. [6] Der US-Bürger befand sich 20 Monate in saudischer Haft, bevor er zum Zwecke der Strafverfolgung in die USA ausgeliefert wurde. Als er sich dort auf seine verfassungsmäßigen Verfahrensrechte berief, wurde ihm von Vernehmungsbeamten verdeutlicht, dass diese Form der mangelnden Kooperation auch einen Rücktransfer zur Strafverfolgung in Saudi-Arabien oder Militärgewahrsam als enemy combatant zur Folge haben könnte.[7]

Eine etwas subtilere Strategie traf die "Lackawanna Six”. Dort erfolgten zwar keine offenen Drohungen, doch berichten die Anwälte der sechs Jemeniten, die in Buffalo im Staat New York Terroranschläge geplant haben sollen, dass die drohende Klassifizierung als enemy combatant die Entscheidung der Angeklagten, ein plea of guilty abzugeben, maßgeblich beeinflusst hat.[8] Das zuständige U.S. Attorney’s office hatte zuvor dafür Sorge getragen, dass Verfügbarkeit und Tragweite dieser Option, welche die Strafverfolger selbst freimütig als einen "hammer" bezeichneten, allen Seiten bewusst war.[9]

Die Ernsthaftigkeit des Staates, von diesem "hammer" tatsächlich Gebrauch zu machen, wird durch Verfahren wie dasjenige gegen Ali Saleh Kahlah al-Marri unterstrichen.[10] Wenige Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung in seinem Strafverfahren, wurde al-Marri von den US- Behörden als enemy combatant eingestuft und vom Militär auf unbestimmte Zeit inhaftiert.

Die Botschaft, die dieses gezielt bekannt gemachte Vorgehen an potentiell betroffene Beschuldige sendet, ist unmissverständlich: Plädiere auf schuldig oder werde auf unbestimmte Zeit im Militärgewahrsam eingesperrt! Das Druckmittel der Einstufung als enemy combatant hat sich damit zum Damoklesschwert entwickelt, das über jedem Beschuldigten in Strafverfahren mit Terrorismusbezug schwebt.

Die Strafrechtspflege wird in diesem Kriminalitätsbereich entscheidend von einem eigentlich systemfremden Faktor bestimmt. Dies wirft zum einen die Frage auf, ob die Heranziehung alternativer Sanktionen zur Erleichterung von Absprachen grundsätzlich zulässig ist. Wenn ja, wäre zum anderen zu prüfen, ob dies auch für die hier instrumentalisierte Etikettierung als enemy combatant gilt. Es ist daher notwendig, die Wirkung und Funktionsweise des plea bargaining als desjenigen Verfahrensinstruments, dessen sich die Regierung zur effektiven Umsetzung der Drohung bedient, kurz aufzuzeigen. Darauf aufbauend ist die Legalität der skizzierten Praxis zu untersuchen, um dadurch zugleich ermitteln zu können, wie schwer eine solche Drohung den Betroffenen tatsächlich trifft.

III. Mechanismen, Strukturen und rechtliche Grenzen des plea bargaining

Ein Angeklagter genießt nach amerikanischem Strafverfahrensrecht grundsätzlich das Recht auf Durchführung von zwei Prozessen zur Bestimmung von Schuld und Strafe (bifurcation). Zunächst wird in einem Parteiprozess vor einer criminal jury über die Schuldfrage gestritten, bevor das Gericht, d. h. der Berufsrichter, daran anknüpfend das Strafmaß bestimmt.[11] Im Verfahrensalltag des modernen amerikanischen Strafverfahrens ist plea bargaining zum Hauptentscheidungsmodus geworden und hat Wahrheitsfindung und Strafbemessung auf

der Grundlage eines adversatorischen Verfahrens verdrängt.[12]

Plea bargaining ist gesetzlich nicht geregelt, wurde aber durch den Supreme Court 1970 in Brady v. United States als legales Verfahrensinstrument anerkannt.[13] Die Vereinbarung von Schuld und Strafe im Wege quasi-vertraglicher Verhandlung wurde damit offiziell zulässig. Üblicherweise kommt es zu einem Ausverkauf der Verfahrensrechte gegen Strafnachlass. Die Vorteile und Schattenseiten dieser Verfahrensweise sind in der Literatur bereits eingehend erörtert worden.[14] An dieser Stelle sollen deshalb nur die wenigen rechtlichen Grenzen interessieren, die durch die Rechtsprechung in der Vergangenheit errichtet wurden.

Plea bargaining darf danach nicht dazu führen, dass die Wahrnehmung der Verfahrensrechte anstelle einer Absprache einen faktischen Strafzuschlag im späteren streitigen Verfahren zur Folge hat.[15] Zur Wirksamkeit muss ein plea freiwillig (voluntary) erfolgen. Ist sich der Angeklagte über die unmittelbaren Konsequenzen des plea bewusst, entfällt dessen Wirksamkeit nur dann, wenn es durch körperlichen Zwang, Bedrohung mit nötigendem Verhalten (threat of harassment), Täuschung oder in Aussicht stellen von unzulässigen Vorteilen (misrepresentation) veranlasst war.[16]

Allerdings sind nicht alle Drohungen per se unzulässig, die vom Angeklagten als empfindliches Übel wahrgenommen werden. Soweit eine Handlungsweise der Strafverfolgungsbehörden verfahrensrechtlich legal ist und auch die materiellen Voraussetzungen grundsätzlich vorliegen, so dürfen solche rechtmäßigen Verfahrensoptionen auch als Druckmittel genutzt werden. Praxisrelevant sind insbesondere gezieltes overcharging oder Anklage von Delikten, deren Begehung mit der Todesstrafe bedroht ist.[17]

Ferner muss ein plea intelligent und knowing sein. Dies erfordert Kenntnisse aller wesentlichen (crucial) Tatbestandsmerkmale der angeklagten Straftat. Bei anwaltlicher Vertretung wird dieses Wissen vermutet.[18] Nicht erforderlich ist es, den Angeklagten über zivil- oder verwaltungsrechtliche Nebenfolgen zu unterrichten (collateral consequences).

Formell muss ein Protokoll (record) ausweisen, dass ein plea auch wirklich willensmangelfrei erfolgte.[19] Für das Bundesstrafverfahren soll ferner Regel 11 der Federal Rules of Criminal Procedure verfahrenstechnisch sicherstellen, dass diese Mindestvoraussetzungen tatsächlich vorliegen. Der sonst passive Richter hat ein plea colloquy durchzuführen, in dessen Rahmen er im persönlichen Dialog mit dem Angeklagten Natur der Anklage und potentielle Konsequenzen einer Verurteilung erörtern soll. Die Tragweite der Entscheidung, auf ein adversatorisches Hauptverfahren zu verzichten, ist dem Angeklagten ebenfalls zu verdeutlichen. Schließlich muss sich das Gericht vergewissern, ob auch eine hinreichende faktische Grundlage für das plea agreement besteht, Regel 11(f). Große Bedeutung kommt insofern der konkreten Stellungnahme des Angeklagten zu. Beruft er sich trotz Abgabe des pleas auf seine Unschuld und ist nicht bereit die faktische Basis der Anklage inhaltlich zu bestätigen, entfällt dessen Wirksamkeit.[20]

In Terror-Verfahren ist demnach genau darauf zu achten, ob tatsächlich eine hinreichende faktische Grundlage für die spätere Verurteilung besteht; wichtiger noch ist aber die Frage, ob das angewandte Druckmittel überhaupt legal eingesetzt wurde oder die Regierung eine Sanktion in Aussicht stellte, die sie legal gar nicht anordnen durfte. Ebenso wie die Androhung von Folter könnte die Ankündigung einer Internierung als enemy combatant außerhalb des Strafverfahrens durch die Exekutive ultra vires sein. Dem gilt es auf den Grund zu gehen.

IV. Plea bargaining im Krieg gegen den Terror

1. Die Rechtsprechung des Supreme Court zur Legalität der Internierungen

Der Supreme Court hat sich in drei Fällen mit den Internierungspraktiken der Bush-Administration auseinandergesetzt. Im Fall "Padilla" ging es um einen amerikanischen Staatsbürger, der vermeintlich in einem Trainingscamp der al Qaida ausgebildet worden war und einen Anschlag mit einer schmutzigen Bombe nach seiner Rückkehr in die USA plante. Er wurde bei der Einreise in die USA festgenommen und zunächst unter dem material witness statute in New York durch zivile Behörden inhaftiert, bevor man ihn als enemy combatant in Militärgewahrsam nach South Carolina schaffte.[21] Padilla verlangte die Überprüfung der Rechtmäßigkeit seiner Internierung im Wege des habeas corpus, zu deren Nachweis von Seiten des beklagten Justizministeriums lediglich eine offizielle Stellungnahme der intern zuständigen Verwaltungsperson (affidavit) unterbreitet wurde. Ohnehin stellte man sich auf den Standpunkt, dass derartige Einstufungen und Internierungen grundsätzlich nicht gerichtlich überprüfbar seien.

Der Supreme Court vermochte sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, sondern stellte klar, dass Padilla einen Anspruch auf habeas corpus-Prüfung habe. Die materielle Seite des Antrags erörterte das Gericht indessen nicht, da der Rechtsbehelf bei einem unzuständigen Gericht eingelegt worden sei. Der Betroffene müsse daher nochmals einen neuen Antrag auf Überprüfung beim zuständigen district court stellen.[22] Padilla, der im Berufungsverfahren vor dem Court of Appeals des 2nd Circuit noch obsiegt hatte,[23] blieb daher in Haft und musste das habeas-Verfahren von vorne beginnen.

Ungeklärt blieb damit, ob eine legale Ermächtigungsgrundlage für die Internierungspraxis besteht. Zum einen macht die Regierung geltend, dass der Präsident diese Autorität kraft Amtes als commander-in-chief in Zeiten des Krieges genießt.[24] Zum anderen wird auf die Legitimierung durch den Kongress verwiesen. Dieser hatte kurz nach dem 11. September eine Authorization for Use of Military Force (AUMF) erlassen. [25] Diese ermächtigte den Präsidenten unspezifisch, alle erforderlichen und angemessenen Maßnahmen gegen Nationen, Organisationen oder Personen, die nach seiner Einschätzung für den Anschlag auf das World Trade Center verantwortlich zeichnen oder diese Subjekte unterstützt haben, zu treffen, um weitere terroristische Anschläge gegen die Vereinigten Staaten zu verhindern. Ob damit eine hinreichende Grundlage vor allem im Hinblick auf den Non-Detention-Act, 18 U.S.C. § 4001 (a), besteht, wonach amerikanische Bürger nur inhaftiert werden dürfen, wenn dies zuvor ausdrücklich vom Kongress gestattet worden ist, wird bezweifelt.[26]

Im Fall "Hamdi" sah der Supreme Court in der AUMF eine hinreichende Autorisierung des Präsidenten. Yaser Hamdi ist ebenfalls amerikanischer Staatsbürger, wurde aber - anders als Padilla - in Afghanistan zur Zeit laufender Kriegshandlungen festgenommen. Das Gericht beschränkte seine Aussage ausdrücklich auf diese spezielle Tatsachenlage und entschied nicht generell über die Legalität der Internierung von enemy combatants und ihrer rechtlichen Grenzen.

Dem Antragsteller wurde lediglich ein Recht auf Überprüfung seines Status als enemy combatant eingeräumt.[27] Unter Federführung von Justice O`Connor entwarf man ein Anhörungsverfahren, (das mittlerweile als sog. Hamdi hearing firmiert und) das die Richtigkeit dieser Einstufung sichern soll.[28] Internierte haben danach Anspruch auf Anhörung und Bestimmung ihres Status durch ein Tribunal. Dabei müsse es sich um einen neutralen Entscheidungsträger handeln und anwaltlicher Beistand gewährleistet sein. Soweit diese Anforderungen gewahrt sind, kann das Verfahren auch vor einem Militärtribunal stattfinden. Angelehnt war dieser grobe Entwurf eines Anhörungsverfahrens an Matthews v. Eldridge.[29] Durch diese Anknüpfung verankerte man die einzelnen Vorgaben in der due process clause. Die Regierung hatte zuvor wiederum den Standpunkt eingenommen, dass überhaupt keine gerichtliche Überprüfung administrativer Entscheidungen in diesem Zusammenhang zulässig ist.[30] Das Gericht trug den Belangen des Militärs - während bewaffneter Konflikte - jedoch bezüglich der technischen Ausgestaltung der Anhörung Rechnung und ließ beweisrechtliche Erleichterung zu.[31]

In der national wie international gefeierten "Rasul"-Entscheidung eröffnete das oberste Gericht der Vereinigten Staaten schließlich auch den ausländischen Guantánamo-Häftlingen den Weg vor die US-Bundesgerichte.[32] Man befand, dass auch solche feindlichen Kämpfer, die am Ort bewaffneter, kriegerischer Auseinandersetzungen (Afghanistan) gefangen genommen wurden und der aktiven Teilnahme auf Seiten der Taliban bezichtigt werden, vor Bundesgerichten antragsbefugt sind, Rechtsbehelfe gegen ihre Inhaftierung einzulegen. Sie hätten auch einen Anspruch auf Stellungnahme der Regierung zu diesem habeas corpus - Antrag.

Die Regierung hatte argumentiert, dass Guantánamo außerhalb der Gerichtsbarkeit der Bundesgerichte liegt[33] und damit Anträge auf habeas corpus-Überprüfung unzulässig sind. Ohnehin würde die amerikanische Verfassung den Häftlingen keine Rechte gewähren. Dem entgegnete der Supreme Court das 28 U.S.C.A. § 2241 Personen, die außerhalb der Gerichtsbarkeit der Bundesgerichte festgehalten werden, ermöglicht, Anträge auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams vor jedem Bundesgericht zu stellen, in dessen Gerichtsbarkeit der administrativ für den Gewahrsam Verantwortliche (custodian) fällt.

Trotz der augenscheinlichen prozessualen Erfolge, darf dies nicht davon ablenken, mit welchem Rechtsschutzbegehren sich die Kläger an das Gericht gewandt hatten. Alle beriefen sich nach zwei- bis dreijähriger Internier-

ung ohne Zugang zu ihren Familien, Freunden oder Anwälten (incommunicado) auf ihr individuelles Freiheitsrecht. Der Supreme Court nahm sich dieser fundamentalen materiell-rechtlichen Frage zu keiner Zeit an, obgleich er dazu prozessrechtlich durchaus die Möglichkeit gehabt hätte.

Die Aussagen aus "Hamdi" sind nur auf einen sehr spezifischen Fall anwendbar. In Bezug auf die Gestaltung der Status-Überprüfung wurde den substantiell freiheitsrechtlichen Fragen, die hier aufgeworfen werden, keine Beachtung geschenkt. Überhaupt keine Stellungnahme zur materiellen Rechtmäßigkeit des Gewahrsams findet sich in "Padilla" oder "Rasul". In "Padilla" änderte die Unzuständigkeit des Eingangsgerichts nichts an der grundsätzlichen Kompetenz (subject matter jurisdiction) des Supreme Court letztinstanzlich über den Rechtsbehelf des habeas corpus zu entscheiden.[34] Auch in "Rasul" hätte eine Aussage darüber getroffen werden können, welche prozessualen und materiellen Rechte die auf Kuba Internierten nach der Verfassung überhaupt besitzen und über den Rechtsbehelf des habeas corpus geltend machen können. Nicht einmal den Rechtsweg als solchen sicherte man verfassungsrechtlich ab, sondern stützte sich auf einfach-gesetzliches Bundesrecht, das habeas-Klagen z.B. in 28 U.S.C.A. § 2241 (Exekutivgewahrsam) und 28 U.S.C.A. § 2254-55 (Strafhaft) zulässt.

Diese Zurückhaltung muss enttäuschen, denn letztlich dient habeas corpus dem Schutz des fundamentalsten aller Freiheitsrechte. § 9 des Artikels I der US-Verfassung garantiert den writ of habeas corpus als das klassische, historisch überlieferte Mittel zur Überprüfung der Legalität einer staatlichen Freiheitsentziehung. [35] Das Versäumnis des Supreme Court ist umso ärgerlicher, wenn man bedenkt, dass die materiellen Streitfragen aufs ausführlichste in den briefs der Antragsteller, Antragsgegner und amici curiae behandelt wurden. Gleiches gilt im Hinblick auf die Entscheidungen der Instanzgerichte, die teilweise sehr sorgfältige Erörterungen der Materie enthielten.[36]

Die Folgen dieser Zurückhaltung sind bereits spürbar, denn nach wie vor agiert die Bush - Administration als gäbe die Verfassung dem Präsidenten einen Blankoscheck. In Bezug auf die Guantánamo-Häftlinge haben bereits mehrere Gerichte den Freiraum genutzt und der Regierung bestätigt, dass die Häftlinge überhaupt keine verfassungsmäßigen Rechte haben, die sie mit dem laut Supreme Court zulässigen Rechtsbehelf habeas corpus geltend machen könnten.[37] In "Rasul" wurde offensichtlich ignoriert, dass der Rechtsbehelf als solcher bedeutungslos ist, wenn der Gefangene sich materiell auf keine verfassungsmäßigen Rechte berufen kann.[38] Schlimmer noch: Mit dem Graham Amendment wird der in "Rasul" eröffnete Rechtsschutz faktisch zunichte gemacht.[39] Mangels verfassungsrechtlicher Verankerung ließ sich die gewährte Antragsbefugnis durch einfachgesetzliche Änderung abschneiden.

Das Fehlen einer Auseinandersetzung mit den materiellen Rechtspositionen hat freilich auch Auswirkungen für das Strafverfahren.

2. Auswirkungen auf die Strafrechtspflege

Da der Supreme Court sich nicht dazu äußern mag, ob und welche Rechte die Häftlinge über habeas corpus gegen ihre Inhaftierung erfolgreich geltend machen können, bleibt die Frage der rechtlichen Autorität zur Anordnung einer Internierung offen. Ob die derzeitige Praxis verfassungsgemäß ist, bleibt vorläufig höchstrichterlich ungeklärt.

Das aufgezeigte Defizit lässt sich über plea bargaining ins Strafverfahrensrecht verlängern. Solange die Illegalität der Androhung nicht ausdrücklich vom Supreme Court festgestellt wird, besteht kein Anlass, etwas an der Instrumentalisierung dieser alternativen Sanktion im Strafverfahren zu ändern. Zwar besitzt die Staatsanwalt selbst nicht die Kompetenz zur Anordnung der Internierung, sondern agiert als Mittelsmann des Verteidigungsministeriums, doch vermag dies angesichts der dominierenden pragmatischen Sichtweise im US-Prozessrecht keine größeren Bedenken zu wecken.

Für den Betroffenen ist die Lage indes noch schwieriger geworden. Die beschriebenen Verfahren verdeutlichen ihm, dass er möglicherweise über Jahre hinweg vor Gerichten streiten muss, um am Ende doch mit leeren Händen dazustehen und wie Rasul, Hamdi und Padilla mit wenigen prozessualen Zugeständnissen abgespeist zu werden. Die Verweigerung einer Absprache und Nutzung des habeas corpus, falls die Regierung ihre Drohung in die Tat umsetzt, würde für den Betroffenen lediglich einen kleinen Zuwachs an prozessualem Rechtsschutz

bedeuten. Eine effektive Alternative zum Schutz seiner Freiheitsrechte durch das Strafverfahren, das ihm durch den Transfer in die Obhut des Militärs genommen wurde, eröffnet sich nicht. Er wird seine Freiheit damit in jedem Fall als sicher verloren ansehen. Da auch die Fragen, was unter dem von den USA geführten war on terror genau zu verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen sich die Internierung eines enemy combatant im Zusammenhang mit diesem Konflikt erledigt, weiterhin ungeklärt sind und vorläufig wohl auch bleiben werden, kann ein Angeklagter durch eine Absprache sogar ein Mehr an Rechtssicherheit erzielen, da im plea agreement wenigstens das Ende der Haftzeit festgelegt wird.[40]

Die Drohung mit dem Status des enemy combatant lässt sich mithin hervorragend im Wege des plea bargaining nutzen, denn dessen praktische Anwendung baut in der Rechtswirklichkeit ebenfalls auf rechtlicher Unsicherheit und fehlender Prognostizierbarkeit des Verfahrensausgangs auf. Das ohnehin nahezu unbegrenzte Ermessen bei der Entscheidung über Ob und Wie einer Anklage, ermöglicht ein bewusstes Hochtreiben des Anklagevorwurfs (charge bargaining), um Absprachen zu erzwingen.[41] Diese Taktik wurde durch die Entwicklung von Strafrecht und Strafzumessungsrecht in den letzten Jahrzehnten noch befördert. Das amerikanische Strafrecht enthält eine Vielzahl expansiv konzipierter Delikte wie conspiracy sowie eine Flut von inhaltlich bisweilen völlig unscharfen, sich teils überlappenden Strafvorschriften.[42] Die konkrete Interpretation der Straftatbestände wird außerhalb der klassischen Delikte des common law weit gehend der Staatsanwaltschaft überlassen. Ohnehin dürfen diese Strafvorschriften nicht als sorgsam formulierte, mit Blick auf intra-systematische Konsistenz erlassene Tatbestände, denen ein inhärenter Durchsetzungsanspruch zukommt, verstanden werden, sondern als eine Angebotspalette, aus der die Staatsanwaltschaft je nach Bedarf auswählen kann, um ihr Prozessziel zu erreichen.[43]

Die Funktion des Strafrechts, Handlungsoptionen für die Strafverfolgung zu erzeugen, verstärkte sich noch durch die Einführung des guidelines sentencing. Durch die Entwicklung sehr komplexer Strafzumessungssysteme, die vorab exakt festgelegte Strafmaßverschiebungen bei Vorliegen bestimmter Strafzumessungsgesichtspunkte vorsehen, eröffnet sich der Staatsanwalt zusätzlich die Möglichkeit, durch das Vortragen oder Ignorieren von straferheblichen Umständen auch eine Feinsteuerung bzw. kreative Gestaltung des Strafmaßes vorzunehmen. Alle diese Verhaltensweisen unterliegen keiner effektiven Kontrolle[44], so dass vorgenannte Praktiken ohne Risiken gezielt genutzt werden können, um Verhandlungsmasse für Abspracheverhandlungen zu erzeugen.[45]

Substantiellen Schutz hat der Supreme Court in diesem Bereich nicht geschaffen. Weder wurden der Kompetenz des Gesetzgebers, ungezügelt Strafvorschriften zu erlassen, verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt noch wurde der Grundsatz schuldangemessenen Strafens durchgesetzt.[46] Gerade ein wirkkräftiges Proportionalitätsprinzip ist in der Rechtsprechung des Supreme Court im Hinblick auf Freiheitsentziehungen nicht entwickelt worden.[47]

Die unkontrollierten Entscheidungsfreiräume der Staatsanwaltschaft erzeugen für den Beschuldigten enormen Absprachendruck, der ohne adversatorischen Schutz und Transparenz auf dem Angeklagten lastet. Je weitreichender die Dispositionshoheit der Staatsanwaltschaft, desto mehr verschiebt sich das Verhandlungsgleichgewicht zu Gunsten der Strafverfolgung.[48]

Diesen grundsätzlichen Missstand übersieht auch Justice Scalia, wenn er energisch anmahnt, Terrorverdächtige der Strafjustiz zu überlassen. Die Verfassung gestattet nach seiner Ansicht keine Inhaftierung auf der Grundlage exekutiver Anordnungen. Militärgewahrsam sei nur dann legal, wenn habeas corpus durch den Kongress vorübergehend suspendiert wurde. Andernfalls seien auch mutmaßliche Terroristen in einem Strafverfahren unter Gewährung der verfassungsmäßigen Verfahrensrechte abzuurteilen.[49]

Scalias Auffassung ist freilich weltfremd und Ausdruck eines Denkens, dass Strafverfahren immer noch mit jury trials gleichsetzt.[50] Das Strafverfahrensrecht, das angeklagte Terrorverdächtige effektiv schützte, existiert in der Wirklichkeit schon lange nicht mehr. Unabhängig von der Androhung der Einstufung als enemy combatant werden vermeintliche Terroristen einen äußerst schweren Stand haben, da auf sie ebenfalls eine große Zahl breiter, unbestimmter strafrechtlicher Vorschriften Anwendung findet, insbesondere conspiracy. Auch ohne drohenden Militärgewahrsam ergibt sich eine veritable Drohkulisse, mit deren Nutzung sich die von Scalia gewünschten Verfahrensrechte und die Überprüfung der Anklagevorwürfe nach dem strengen Beweisrecht des adversary trials vor Gericht umgehen lassen. Und mit jeder Erweiterung der Handlungspalette vergrößert sich das poten-

tielle Ausmaß der negativen Konsequenzen, die dem Beschuldigten bei Ausschlagen des Deals drohen.

Die Drohung mit der Inhaftierung als enemy combatant passt sich insofern lediglich kongenial in das derzeitige Regime ein. Hier wie dort wurde kein substantieller materiell-rechtlicher Schutz verwirklicht. Hier wie dort nutzt der Staat die inhaltliche Weite der maßgeblichen rechtlichen Begriffe und die Interpretationshoheit seiner Behörden. Vertreter der Exekutive nähren gezielt die Unsicherheit, indem sie den Begriff des enemy combatant sehr breit interpretieren und bewusst vage halten, um sich unbegrenzte Flexibilität zu sichern.[51]

Prozessvertreter der Regierung verstiegen sich in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens "Rasul" sogar dahin, dass selbst eine alte amerikanische Dame, die Schecks an eine Einrichtung nach Afghanistan schickt, die sie für ein gemeinnütziges Waisenhaus hält und halten musste, welches tatsächlich aber mit den Taliban kooperiert, als enemy combatant klassifiziert werden könnte.[52] Demgegenüber wurden allein schwache prozessuale Rechte eingeräumt, deren Geltendmachung angesichts der schwerwiegenden drohenden Konsequenzen bei Verweigerung der Kooperation als wenig aussichtsreich und vernünftig erscheint. Vor diesem Hintergrund wird klar, wie schwer die Androhung einer Internierung tatsächlich wiegt und wie aussichtslos dem individuellen Angeklagten seine Lage erscheinen muss.

Gleichwohl bleibt die Legalität dieser Strategie fraglich, was erhebliche Unsicherheit in die Strafrechtspflege hineinträgt. In einem Antrag auf certiorari before judgment hatten sich die Anwälte Padillas im Frühjahr 2005 ausdrücklich auf diese neue Dimension der Fälle berufen, um eine sofortige Entscheidung des Supreme Court über die Legalität der Internierungspraxis unter Umgehung des Instanzenzuges zu erreichen.

V. Die Reaktion des U.S. Supreme Court

Die Petition führte aus, dass dem Beschuldigten durch diese Unsicherheit die Möglichkeit genommen wird, Vor- und Nachteile eines streitigen Verfahrens abzuwägen.[53] Auch die Staatsanwälte gerieten in eine unangenehme Lage, da sie das Risiko trügen, wenn sich später die Illegalität der Drohung herausstellte. Die Nutzung eines derart willkürlichen Mittels gefährde das Vertrauen in die Strafrechtspflege generell.

In vollem Bewusstsein dieser Argumente lehnte der Supreme Court eine vorgezogene Befassung mit der Sache jedoch ohne weitere Begründung ab.[54] Dies ist misslich, da die ersehnte Entscheidung damit nochmals um 8 - 10 Monate hinausgeschoben wird und der Regierung die Möglichkeit eröffnet wird, dass Verfahren vorher zur Erledigung zu bringen, um eine nachteilige Entscheidung des Supreme Court zu vereiteln. Jedenfalls dürfte die mittlerweile veränderte personelle Zusammensetzung des Gerichts[55] der Regierung stark in die Karten spielen.

Es ist zu hoffen, dass der Supreme Court wenigstens nach Durchlaufen des Instanzenzugs Klarheit schafft. Soweit sie im Ergebnis zur Legalität der gegenwärtigen Praxis gelangen, was in der neuen Besetzung sehr wahrscheinlich ist, sollte sich das Gericht zumindest auch eines Folgeproblems annehmen, nämlich dem drohenden willkürlichen "Hin und Her" - Transfer von Verdächtigen zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und Militär. Eine klare inhaltliche Abgrenzung zwischen Sicherheitsgewahrsam und Strafhaft besteht nicht. Grundsätzlich wird zwar nicht bestritten, dass die eine Maßnahme repressiv und die andere präventiv wirkt, doch ist diese Erkenntnis rein theoretischer Natur, da es in den USA keine strikt getrennten Polizeirechts- und Strafrechtssysteme gibt. Es wird zu klären sein, ob der Schutz der double jeopardy clause ausgelöst wird, ob aufeinander folgender Vollzug zulässig ist oder wechselseitige Anrechnung von Vollzugszeiten erfolgen muss. Ferner sollte das Gericht über die Einführung einer effektiven Missbrauchskontrolle nachdenken.[56] Das Willkürpotential eines gezielten, taktischen Verschiebens Inhaftierter zwischen zivilen und Militärbehörden ist ein erschütterndes Beispiel für das bestehende Defizit an Rechtsstaatlichkeit.[57]

Ob der Supreme Court den Willen zu einer solch grundlegenden Auseinandersetzung aufbringt, darf mit guten Gründen bezweifelt werden. Anlass dazu hätte er allemal, denn Padilla befindet sich auf Anordnung des Präsidenten der Vereinigten Staaten vom 20.11.2005 nicht mehr im Militärgewahrsam. Wie von seinen Anwälten befürchtet und in der oben genannten Petition ausgeführt, wurde Padilla zivilen Behörden überstellt und mittlerweile in einem Strafverfahren in Florida wegen conspiracy, 18 U.S.C. § 956, und material support for terrorists, 18 U.S.C. § 2339A(a), angeklagt.[58] Ausweislich der presidential order sei es im Interesse der Vereinigten Staaten nunmehr mit strafrechtlichen Mitteln gegen Padilla vorzugehen. Es wäre wenig überraschend, wenn dieses Strafverfahren im Wege des plea bargaining sein Ende findet.


[1]Vgl. http://www.defenselink.mil/releases/2004/nr20040707-0992.html.

[2] Vgl. Office of the White House Press Secretary, Fact Sheet, Status of Detainees at Guantanamo ( Feb. 7, 2002 ), http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/02/20020207-13.html.

[3] Adam Liptak, "Threats and Responses: The Legal Context; Tribunals Move From Theory to Reality,” N.Y. Times, 4. Juli 2003; Editorial, "Standards for Detainees,” Washington Post, 6. Juli 2003.

[4] Siehe Plea Agreement, United States v. Lindh, No. 02-37A (E.D. Va.), http:///news.findlaw.com/hdocs/docs/lindh/uslindh71502pleaag.pdf.

[5] Eric Lichtblau, "Trucker Sentenced to 20 Years in Plot Against Brooklyn Bridge ,” N.Y. Times, 29. Oktober 2003.

[6] Eric Lichtblau, "American Accused of a Plot to Assassinate Bush,” N.Y. Times, 23. Februar 2005.

[7] Transcript of Hearing, United States v. Abu Ali, (E.D. Va. Mar.1, 2005), (Cr. No. 05-53), S. 60; Mark Sherman, "Admissions of Bush Plot may not make trial,” AP, 4. März 2005.

[8] Michael Powell, "No Choice But Guilty: Lackawanna Case Highlights Legal Tilt,” Wash. Post, July 29, 2003 .

[9] Dan Herbeck, The Buffalo News, 6. April 2003.

[10] Zitiert von Eric Lichtblau, "Wide Impact from Combatant Decision Is Seen,” N.Y. Times, 25. Juni 2003.

[11] Schmid, Strafverfahren und Strafrecht in den Vereinigten Staaten: Eine Einführung, 2. Aufl., 1993, S. 79; Kamisar/LaFave/Israel/King, Modern Criminal Procedure, 11. Aufl., 2005, S. 1388f.

[12] Dubber, 49 Stan. L. Rev. 547 (1997), 552; Bibas, 110 Yale L. J. 1097 (2001), 1150.

[13] Brady v. United States, 397 U.S. 742 (1970).

[14] Alschuler , 50 U Chi. L. Rev. 931 (1983), 932; Easterbrook, 101 Yale L.J. 1969 (1992); Scott/Stuntz, 101 Yale L.J. 1909 (1992).

[15] US v. Medina-Cervantes, 690 F.2d 715 (9th Cir. 1982); in Bezug auf overcharging sind die Maßstäbe aber sehr großzügig, Bordenkircher v. Hayes, 434 U.S. 357 (1978).

[16] US v. Pollard 959, F.2d 1011, (D.C. Cir. 1992), Dillon v. United States, 307 F.2d 445 (9th Cir. 1962).

[17] Alschuler , 50 U. Chi.L.Rev. 931 (1983), 970-75; Brady v. United States, 397 U.S. 742 (1970).

[18] Henderson v. Morgan, 426 U.S. 637 (1976); Oppel v. Meachum, 851 F.2d 34 (2nd Cir. 1988).

[19] Boykin v. Alabama, 395 U.S. 238 (1969); McCarthy v. United States, 394 U.S. 459 (1969).

[20] North Carolina v. Alford, 400 U.S. 25 (1970).

[21] Rumsfeld v. Padilla, 124 S. Ct. 2711 (2004).

[22] Verklagt worden war das Verteidigungsministerium, weil dieses Befehlsgewalt über das Militär ausübt und das Letztentscheidungsrecht bei den Internierungen hat. Der Supreme Court befand demgegenüber, dass der Kommandant der Internierungseinrichtung (custodian) allein zulässiger Beklagter ist.

[23] Vgl. Strate, HRRS 2004, 239, 240f.

[24] Die Regierung stützt sich dabei auf Ex parte Quirin, 317 U.S. 1 (1942).

[25] Pub.L. 107-40, 115 Stat. 224 (2001).

[26] Padilla v. Rumsfeld, 352 F.3d 695 (2nd Cir., 2003).

[27] Strate , HRRS 2004, 239, 245.

[28] Hamdi v. Rumsfeld , 124 S. Ct. 2633 (2004) = HRRS 2004 Nr. 542.

[29] Vorliegend geht es jedoch nicht allein um die Fairness eines Verfahrens zur Zuschreibung eines bestimmten Status, sondern um die elementare Frage, welche verfassungsmäßigen Rechte Personen im amerikanischen Militärgewahrsam genießen.

[30] Justice Thomas teilt diese Auffassung,  Hamdi v. Rumsfeld, 124 S. Ct. 2633 (2004), 2674 (Thomas, J., dissenting) = HRRS 2004 Nr. 542.

[31] Hamdi v. Rumsfeld, 124 S. Ct. 2633 (2004), 2649 = HRRS 2004 Nr. 542.

[32] Rasul v. Bush, 124 S. Ct. 2686 (2004).

[33] Für Menschenrechtler ist dieses Argumentationsmuster ein Déjà-vu-Erlebnis. Bereits Anfang der neunziger Jahre hatte die erste Bush - Regierung HIV-infizierte Flüchtlinge aus Haiti auf Guantánamo festgehalten und geltend gemacht, dass sich das Recht der USA nicht bis dorthin erstreckt, zu den damaligen Geschehnissen und den gerichtlichen Auseinandersetzungen siehe Brandt Goldstein, Storming the Court, 2005.

[34] Das Gerichte hätte auch - wie vom dissent vorgeschlagen - die Zulässigkeit wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise bejahen können, da man Padilla wenige Tage vor Verhandlung seines Einspruchs gegen die Inhaftierung durch eine zivile Behörde auf der Grundlage des material witness statutes an das Militär überstellt hatte.

[35] U.S. Const . art 1 § 9, cl. 2 (‘The privilege of the writ of habeas corpus shall not be suspended, unless when in cases of rebellion or invasion the public safety may require it.’); Burnham, Introduction to the law and legal system of the United States, 3. Aufl., 2003, S. 273f.

[36] Vgl. Hamdan v. Rumsfeld, 344 F.Supp.2d 152 ( D.D.C., 2004); Padilla v. Rumsfeld, 352 F.3d 695 (2nd Cir. 2003).

[37] Vgl. Hamdan v. Rumsfeld, 415 F.3d 33 ( C.A.D.C., Jul 15, 2005 ).

[38] Dabei hätte das 5. Amendment, wonach niemand seiner Freiheit ohne due process of law beraubt werden darf, nahe gelegen. Allerdings ist der Supreme Court traditionell sehr zurückhaltend das amerikanische Verfassungsrecht über die Staatsgrenzen hinaus zu erstrecken. In United States v. Verdugo-Urquidez hatte das Gericht schon 1990 befunden, dass die Verfassung nicht auf Ermittlungen und Operationen amerikanischer Strafverfolgungsbehörden, aber auch des Militärs und der Geheimdienste, im Ausland anwendbar ist. Damit steht außerhalb der USA lebenden Personen scheinbar per se kein verfassungsmäßiger Schutz gegen Maßnahmen amerikanischer Exekutivorgane im Ausland vor amerikanischen Gericht zu.

[39] Der Detainee Treatment Act of 2005 schließt habeas corpus für Guantánamo-Insassen aus, indem § 2241 um einen einschränkenden Zusatz ergänzt wird.

[40] Allerdings möchte ich in Anbetracht des bisherigen unerbittlichen Vorgehens der US-Exekutive nicht ausschließen, dass man Terrorverdächtige nach dem Absitzen der Strafhaft direkt in Militärgewahrsam nimmt.

[41] Alschuler, 50 U. Chi.L.Rev. 931, 972-95 (1983), 970-75.

[42] Stuntz , 117 Harv. L. Rev. 2548 (2004), 2568.

[43]Stuntz , 117 Harv. L. Rev. 2548 (2004), 2558.

[44] Vgl. Wade v. United States, 504 U.S. 181 (1992); Saltzburg/Capra, American Criminal Procedure, 7. Auflage, 2004,, S. 1490

[45] Bibas, 117 Harv.L.Rev. 2463 (2004), 2518.

[46] Stuntz, 119 Harv. L. Rev. 780 (2006), 782.

[47] Van Cleave , 12 Southern California Interdisciplinary Law Journal 217 (2003) ; Karlan , 88 Minnesota Law Review 880 (2004); erstaunlicherweise besteht ein solcher Schutz nur in Bezug auf Geldstrafen oder punitive damages.

[48] Strafprozessualisten in den USA vermuten, dass diese Flexibilität sich in einer Tendenz zum "overcharging" niederschlägt. Im Zweifel wird mangels nachteiliger Konsequenzen stets das schwerere Delikt angeklagt, Frase, 78 Cal. L. Rev. 539 (1990), 621.

[49] Hamdi v. Rumsfeld, 542 U.S. 507 (2004), 554 (Scalia, J., dissenting) = HRRS 2004 Nr. 542.

[50] Siehe dazu auch Scalias ähnliche Argumentation in Blakely v. Washington, 124 S. Ct. 2531, 2538 (2004).

[51] Siehe Hearings on Military Justice & Detention Policy before the Subcomm. on Pers. of the Senate Comm. On Armed Serv., 108th Cong. 3 (2004), Statement of Principal Deputy General Counsel Daniel J. Dell’Orto.

[52] Transcript of Hearing, at 25, Rasul v. Bush (D.D.C. Dec. 1, 2004 ).

[53] Abrufbar unter www.padillawd.com , Padilla's Petition for Certiorari Before Judgment - April 7, 2005 .

[54] Padilla v. Hanft, 125 S.Ct. 2906 (Mem).

[55] Die Zusammensetzung des Supreme Court änderte sich im letzten Jahr in einer Weise, deren ganze Tragweite sich derzeit noch nicht realistisch abschätzen lässt. Das Gericht hatte mit Sandra Day O`Connor, die in den Ruhestand ging, und dem bisherigen Vorsitzenden William H. Rehnquist, der nach langer Krankheit verstarb, zwei wichtige Mitglieder verloren. O’Connor hatte in zahlreichen Entscheidungen als Zünglein an der Waage gewirkt. Mit dem neuen Vorsitzenden John G. Roberts, Jr. und Beisitzer Samuel A. Alito, Jr. wurden Richter ernannt, die nicht nur grundsätzlich das konservative Element im Gericht verstärken (neben Antonin Scalia und Clarence Thomas zählt der moderatere Anthony M. Kennedy zu diesem Lager), sondern während ihres bisherigen Wirkens eine erhebliche Zurückhaltung bei der Kontrolle administrativer Tätigkeiten und Toleranz gegenüber weiten Spielräumen der Exekutive gezeigt haben. Es ist gerade dieser Aspekt, der im Zentrum der Problematik um die Internierung von Terrorverdächtigen steht. O’Connor war gemeinsam mit den liberalen Richtern Breyer und Ginsburg sowie den moderaten Justices Stevens und Souter treibende Kraft beim Bemühen um die Gewährleistung gerichtlicher Kontrolle in diesen Fällen. Demgegenüber wächst nun die Zahl der Richter, die der Justiz keine wirksame (Kontroll-)Funktion im Kampf gegen den Terror zugestehen wollen.

[56] Im Hinblick auf die Tatsachengrundlage der Entscheidung sollte sich das Gericht auch mit den Implikationen des NSA - Abhörskandals beschäftigen, da Experten vermuten, dass es in Terrorverfahren zur Verwendung illegal erlangter Informationen kam.

[57] Dieses speist sich nicht nur aus dem Fehlen von Richtervorbehalt und Rechtsschutzgarantie, sondern auch aus dem Fehlen einer Wesentlichkeitstheorie.

[58] Anklage einsehbar unter http://www.wiggin.com/db30/cgi-bin/pubs/11-17-05%20Indictment.pdf.