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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2006
7. Jahrgang
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1. Umstände aus der landesrechtlichen Unterbringung (nach BayStrUBG) sind keine neuen Tatsachen im Sinne des § 66b StGB (Art. 1a Satz 2 EGStGB). Sie können allenfalls bei der anzustellenden Gefährlichkeitsprognose mit berücksichtigt werden.
2. Die Überweisung in die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus darf nicht zugleich mit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung ausgesprochen werden.
1. Die Nebenklage ist im Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht zulässig.
2. Im Einzelfall können auch psychiatrische Befundtatsachen "neue" Tatsachen im Sinne des § 66b StGB darstellen (BGH NStZ 2006, 155; BGH, Beschluss vom 15. Februar 2006 - 2 StR 4/06). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die zugrunde liegenden (Anknüpfungs-)Tatsachen nicht bereits zum Zeitpunkt der Anlassverurteilung vorlagen und für den früheren Tatrichter erkennbar gewesen sind. Nicht ausreichend für eine Anwendung von § 66b StGB wäre auch eine bloße Umbewertung
bereits im Ausgangsverfahren erkannter und gewürdigter Tatsachen; eine bloße Änderung der psychiatrischen Diagnose kann nicht als "neue" Tatsache gelten, wenn sie nicht auf einer neuen tatsächlichen Grundlage (Anknüpfungstatsachen) beruht (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2006 - 5 StR 585/05).
3. Einzelfall neuer Tatsachen bei halluzinatorischen Wahrnehmungen des Betroffenen, wahnhaften Äußerungen und Verwirrtheitszuständen im Vollzug, zu denen auch zählt, dass der Betroffene seine Taten nunmehr leugnet und in ein wahnhaftes Gedankengebäude einer Justizverschwörung einbezogen hat, vor der seine früheren Tatopfer bewahren zu müssen meint.
1. Nach Ansicht des Senats ist - entgegen des Ansatzes des 3. Strafsenat in BGH NStZ 2003, 680 - eine schematische Behandlung der Frage einer fakultativen Strafrahmenmilderung allein wegen Vorliegens eines selbst zu verantwortenden Alkolholrausches unangebracht. Der Tatrichter hat über die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit einer Strafrahmenmilderung vielmehr auf Grund einer Gesamtabwägung der schuldrelevanten Gesichtspunkte zu entscheiden (BGH NStZ 2004, 678, 679). Für die Beurteilung des konkreten Schuldgehalts bei alkoholbedingt erheblicher Minderung der Schuldfähigkeit ist zunächst von der Allgemeinkundigkeit des Umstands auszugehen, dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt. Deshalb meint der Senat, dass bei selbst zu verantwortender Trunkenheit in der Regel eine Strafrahmensenkung nicht geboten ist.
2. Diese kommt jedoch bei besonderen Umständen in der Person des Täters oder in der Tat in Betracht. Wenn der Täter über keine Vorerfahrungen der Art verfügt, dass er persönlich unter Alkoholeinfluss zu rechtsgutsverletzendem Verhalten neigt, oder wenn sich für ihn zum Zeitpunkt der Berauschung auch aus sonstigen Umständen kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass es unter der Wirkung der konkreten Alkoholisierung zu Straftaten kommen könnte, stellt dies einen Umstand dar, der eine Strafrahmenmilderung rechtfertigen kann.
3. Bei verminderter Schuldfähigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Schuldgehalt der Tat verringert ist, so dass eine Strafrahmenmilderung vorzunehmen ist, wenn nicht andere, Schuld erhöhende Gesichtspunkte dem entgegen stehen (BGH NStZ 2004, 619; st. Rspr.). Hat der Tatrichter die Wahl zwischen lebenslanger und zeitiger Freiheitsstrafe, müssen besonders gravierende Erschwerungsgründe vorliegen, um die Schuldminderung so auszugleichen, dass von einer Milderung des Strafrahmens abgesehen werden darf (BGH NStZ 2004, 619; NStZ-RR 2003, 136).
4. Wenn die verminderte Schuldfähigkeit allein auf einem selbstverschuldeten Alkoholrausch beruht, ist schon nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann für eine Strafrahmenmilderung kein Anlass, wenn der Täter die Begehung von Straftaten vorausgesehen hat oder hätte voraussehen können, insbesondere wenn ihm aus früheren Erfahrungen bekannt ist, dass er unter Alkoholeinfluss zu Straftaten neigt (BGHSt 43, 66, 78; vgl. dazu auch BGH NStZ 2003, 480, 481; 2004, 678, 679 f.; jeweils m.w.N.).
Zwar dürfen Ersatzansprüche von Geschädigten aus der Straftat nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie eine typische und vorhersehbare Folge der Tat sind (BGH wistra 2005, 458). Es kann aber zu Gunsten des Angeklagten gewürdigt werden, dass er durch die infolge seiner Tat eingetretene Insolvenz der Gesellschaft seine wirtschaftliche Existenz verloren hat.
Der Umstand, dass beim Opfer die durch die Tat typischerweise eintretenden seelischen Schäden ausgeblieben sind, kann eine Strafmilderung begründen (vgl. zu § 176 StGB: BGH StV 1986, 149).
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, obliegt dem Tatrichter. Er hat unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB abzuwägen; dem Revisionsgericht ist insoweit eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat die tatrichterliche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227; BGH NStZ 2005, 88).