HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1267
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 308/24, Beschluss v. 11.07.2024, HRRS 2024 Nr. 1267
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 26. Februar 2024
a) im Strafausspruch dahin ergänzt, dass der von dem Angeklagten im Zusammenhang mit dem einbezogenen Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 30. März 2021 verbüßte Beugearrest im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Jugendstrafe angerechnet wird,
b) aufgehoben, soweit die vom Amtsgericht Soltau getroffene Einziehungsentscheidung aufrechterhalten worden ist; diese Entscheidung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen. Er hat jedoch die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Soltau vom 30. März 2021 und „unter Aufrechterhaltung der dortigen Einziehungsentscheidung“ wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
Nach den Feststellungen war der Angeklagte durch die einbezogene Entscheidung des Amtsgerichts Soltau zu einer Jugendstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war. Wegen Verstoßes gegen eine Bewährungsauflage wurde sodann gemäß § 23 Abs. 1 Satz 4, § 11 Abs. 3 Satz 1 JGG ein vierwöchiger Jugendarrest („Beugearrest“) gegen ihn verhängt und vollstreckt. In Anbetracht dessen war nach § 31 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG eine Entscheidung über die Anrechnung des Beugearrests geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2023 - 3 StR 216/23, NJW 2023, 3734), die das Landgericht nicht getroffen hat.
Der Senat holt die Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nach. Um jede Benachteiligung des Angeklagten auszuschließen, ordnet er die Anrechnung der verbüßten Arrestzeit auf die erkannte Jugendstrafe an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. September 2023, aaO; vom 22. Oktober 2013 - 4 StR 409/13, Rn. 2; vom 15. März 2016 - 4 StR 15/16, Rn. 2).
2. Darüber hinaus kann die Aufrechterhaltung der Einziehungsentscheidung aus dem einbezogenen Urteil nicht bestehen bleiben. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Wird ein früheres Urteil gemäß §§ 105 Abs. 1, 31 Abs. 2 Satz 1 JGG in die nunmehrige Entscheidung einbezogen, entfallen die in dem einbezogenen Urteil verhängten Rechtsfolgen, als wäre diese Entscheidung nicht ergangen. Hierzu zählt auch die Einziehung als Nebenfolge im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 2 StR 194/19, Rn. 11). Die Voraussetzungen der festgesetzten Maßnahmen sind erneut zu prüfen und bei (fortbestehendem) Vorliegen der Voraussetzungen neuerlich anzuordnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. September 2018 - 3 StR 65/18 und vom 29. November 2022 - 3 StR 383/22). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, denn die Jugendkammer hat nicht nach eigener Prüfung neuerlich über die Einziehung entschieden, sondern deren Anordnung lediglich aufrechterhalten (s. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2024 - 5 StR 555/23).“
Dem schließt sich der Senat an.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1267
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede