hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 239

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 385/19, Urteil v. 22.01.2020, HRRS 2020 Nr. 239


BGH 5 StR 385/19 - Urteil vom 22. Januar 2020 (LG Berlin)

Unrechtsvereinbarung bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (unlautere Bevorzugung; Wettbewerb; Subjektivierung; Eignung zur Veranlassung einer Bevorzugung; Begriff des Mitbewerbers); sachlich-rechtliche Anforderungen an die Beweiswürdigung bei freisprechendem Urteil (Tatgericht; revisionsgerichtliche Überprüfung).

§ 299 StGB a.F.; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Voraussetzung einer Unrechtsvereinbarung im Sinne von § 299 Abs. 1 StGB aF ist, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen bzw. gewährt wird. Bevorzugung in diesem Sinne bedeutet dabei die sachfremde Entscheidung zwischen zumindest zwei Bewerbern, setzt also Wettbewerb und Benachteiligung eines Konkurrenten voraus. Dabei ist das Tatbestandsmerkmal der Bevorzugung im Wettbewerb subjektiviert; es genügt, wenn die zum Zwecke des Wettbewerbs vorgenommenen Handlungen nach der Vorstellung des Täters geeignet sind, eine Bevorzugung im Wettbewerb zu veranlassen. Der Vorstellung eines bestimmten verletzten Mitbewerbers bedarf es dabei nicht.

2. Mitbewerber sind nicht nur die Erwerbsgenossen, die sich im Einzelfall um den Absatz ihrer Waren oder Leistungen bemüht haben und für die Erfüllung der Aufträge in Aussicht genommen sind, sondern alle Gewerbetreibenden, die Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellen oder in den geschäftlichen Verkehr bringen. Es genügt, dass der Bestechende mit der Möglichkeit des Wettbewerbs anderer gerechnet hat. Wegen der Beschränkung auf Bevorzugungen im Wettbewerb wurden sonstige Fälle der mit „Schmiergeldzahlungen“ erkauften Verletzung von Pflichten durch Angestellte oder Beauftragte eines Unternehmens außerhalb von Wettbewerbslagen jedoch nicht von § 299 Abs. 1 StGB aF erfasst.

3. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist (§ 261 StPO). Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung nähergelegen hätte.

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. März 2019 werden verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf der Bestechlichkeit (Angeklagte G. und A.) beziehungsweise der Bestechung (Angeklagter S.) im geschäftlichen Verkehr freigesprochen. Die hiergegen gerichteten, auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützten - vom Generalbundesanwalt vertretenen - Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.

1. Mit der Anklage ist den Angeklagten Folgendes zur Last gelegt worden:

Der Angeklagte G. habe als Rechtsanwalt die Ge. (im Folgenden: Ge.) bei den Verhandlungen über die Veräußerung eines Grundstücks in Gr. (P.) beraten; Verhandlungsführer sei der Angeklagte A. als Leiter ihrer Rechtsabteilung gewesen. Zwischen dem 1. Januar und dem 10. Juni 2010 seien die Angeklagten G. und A. mit dem Angeklagten S. als Vorstand der E. Aktiengesellschaft (nachfolgend: E. AG) übereingekommen, dass sie den Vorstand und erforderlichenfalls auch den Aufsichtsrat der Ge. dahingehend beeinflussen würden, dass diese die E. AG als einzige Erwerberin der genannten Immobilie in Erwägung zögen, mit dieser den Grundstückskaufvertrag abschlössen und ihr damit gegenüber (potentiellen) Mitbewerbern ohne weitergehende Prüfung den Vorzug gäben. Im Gegenzug habe der Angeklagte S. den Angeklagten G. und A. nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt bis zu 500.000 Euro zuwenden sollen. Nach Veräußerung einer Teilfläche des Grundstücks durch die Ge. am 10. Juni 2010 an die E. AG habe der Angeklagte S. im Dezember 2010 entsprechend den mit den Angeklagten G. und A. getroffenen Vereinbarungen Überweisungen von dem Konto der E. AG in Höhe von 208.250 Euro auf das Konto des Angeklagten G. und in Höhe von 238.000 Euro auf das Konto des Angeklagten A. veranlasst, die diesen gutgeschrieben worden seien.

2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

a) Die Ge. hatte 1998 von der Bundesrepublik Deutschland ein aus mehreren Flurstücken bestehendes im Bereich der Gemarkung Gr. liegendes Areal mit einer Größe von rund 540.000 m² erworben. Der Erwerb sollte im Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung nach Berlin der Versorgung von Bundesbediensteten mit Eigenheimen dienen. Die Ge. hatte sich verpflichtet, das Areal auf eigene Kosten und eigenes Risiko zu erschließen. Zu der nach dem Bebauungsplan vorgesehenen Errichtung von 650 Wohneinheiten kam es jedoch nicht, weil die erwartete Nachfrage ausblieb. Nach der Eingemeindung des Areals in die Stadt P. erwog diese eine entschädigungslose Aufhebung des Bebauungsplans nach Ablauf von sieben Jahren, wenn innerhalb dieser Zeit das Bauvorhaben nicht umgesetzt würde.

b) Um einen bei Aufhebung des Bebauungsplans drohenden weitgehenden Wertverlust zu vermeiden, beschloss der Aufsichtsrat der Ge. im Mai 2009, das Areal entsprechend der eingegangenen Verpflichtung zu erschließen und es sodann zu einem Preis von mindestens 17 Mio. Euro zu verkaufen. Bereits im Oktober 2008, unmittelbar nach Beginn der Finanz- und Bankenkrise, hatte der Zeuge T. - einer von zwei Vorständen der Ge. und als solcher primär für kaufmännische Angelegenheiten zuständig - auf einer internationalen Fachmesse für Immobilien das Areal in Gr. als Verkaufsobjekt präsentiert. Ein Kaufinteressent hatte sich dabei jedoch nicht gefunden. Der Zeuge T. beauftragte deshalb die Angeklagten G. und A. mit der Suche nach möglichen Käufern. Der Angeklagte G. übernahm in dem hier in Rede stehenden Zeitraum als Rechtsanwalt regelmäßig die rechtliche Beratung und Vertretung der Ge. Der Angeklagte A. war Leiter deren Rechtsabteilung.

c) Anfang 2009 kam der Angeklagte G. am Rande einer Sportveranstaltung in Kontakt mit dem Zeugen He. Dieser war Mitinhaber und Geschäftsführer der He. Holding GmbH, eines in den Bereichen des Baus und der anschließenden Vermarktung von Wohnraum tätigen, im Raum W. ansässigen mittelständischen Familienunternehmens. Er zeigte grundsätzliches Interesse an dem Areal in Gr. und trat im Frühjahr 2009 in Vertragsverhandlungen mit der Ge. ein, die dabei vorrangig durch die Angeklagten G. und A. vertreten wurde. Entsprechend den internen Vorgaben seitens der Ge. boten die Angeklagten G. und A. dem Zeugen He. in einem Auftaktgespräch im März 2009, an dem auch der Zeuge T. teilnahm, einen Verkauf des gesamten Areals zu einem Preis von 17 Mio. Euro an, welches der Zeuge He. sodann teilen, bebauen und parzellenweise veräußern sollte. Dieser war hingegen vorrangig daran interessiert, das Gelände zu bebauen, nicht jedoch, es zu erwerben. Er strebte daher eine Vereinbarung an, nach der sein Unternehmen auf dem Areal Wohneinheiten errichten würde, die sodann von der Ge. an Endkunden veräußert werden sollten. Angesichts dieser gegenläufigen Interessen gestalteten sich die Verhandlungen schwierig und zogen sich über längere Zeit hin.

Es bestanden nach wie vor grundsätzliche inhaltliche Differenzen zwischen den Parteien; ein Vertragsschluss stand zu keiner Zeit konkret bevor. Am 30. März 2010 trafen sich die Angeklagten G. und A., die Zeugen T. und He. sowie weitere Beteiligte auf dem Areal in Gr. zu einem Ortstermin, bei welchem der Zeuge He. gegenüber dem Zeugen T. nochmals darlegte, dass er sich schwerlich in der Lage sehe, unter den von der Ge. geforderten Bedingungen zu einem Vertragsabschluss zu kommen. Gleichwohl einigten sich die Beteiligten, weiter auf einen solchen hinzuarbeiten. Nach einer weiteren Besprechung übersandte der für die Ge. tätige und an den Verhandlungen beteiligte Rechtsanwalt P. den Zeugen He. und T. sowie den Angeklagten A. und G. am 21. April 2010 den überarbeiteten Entwurf eines Grundstückskaufvertrages. Zu einem Abschluss des Vertrages kam es abermals nicht, weil der Zeuge He. in wesentlichen Aspekten nicht mit dem Inhalt des Vertragsentwurfs einverstanden war. Weitere Verhandlungen führten zu keinem Ergebnis. Am 17. Mai 2010 erklärte der Zeuge He. die Vertragsverhandlungen gegenüber dem Zeugen T. telefonisch für beendet. Dieser informierte die Angeklagten G. und A. sowie die weiteren Beteiligten am 18. Mai 2010 per E-Mail über die Entscheidung des Zeugen He. .

d) Im März 2010 hatte der Angeklagte G. den ihm geschäftlich bekannten Angeklagten S. getroffen; dieser ist Vorstandsvorsitzender und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der in H. ansässigen E. AG, die sich mit der Vermarktung von Anlageobjekten und der Verwaltung von Immobilien befasst. Angesichts einer von dem Angeklagten G. als hoch problematisch eingeschätzten Marktlage und stockender Verhandlungen mit dem Zeugen He., der auch Probleme bei einem künftigen Vertrieb der Wohnobjekte angedeutet hatte, fragte G. den Angeklagten S., ob er den Vertrieb übernehmen oder dabei unterstützend tätig werden wolle. Dieser war hierzu grundsätzlich bereit. Nachdem am 27. April 2010 eine Einigung mit dem Zeugen He. erneut nicht zustande gekommen war, befürchteten die Angeklagten G. und A., dass der Zeuge He. endgültig das Interesse am Kauf des Areals verloren hätte. G. trat daraufhin erneut mit dem Angeklagten S. in Kontakt und erklärte, dass möglicherweise auch ein Erwerb des Grundstücks durch die E. AG in Betracht komme, falls der einzige Interessent, der Zeuge He., absagen sollte. Am 5. Mai 2010 traf sich S. mit den Angeklagten G. und A. sowie einem Architekten zu einer Besprechung über die Rahmenbedingungen des Projekts. Man kam überein, zunächst die abschließende Entscheidung des Zeugen He. abzuwarten. Nach dessen endgültiger Absage informierte G. den Angeklagten S. hierüber und fragte ihn, ob die E. AG Interesse an einem Erwerb habe, nachdem kein weiterer Interessent mehr vorhanden sei. Auf Bitte von S. ließ er ihm den Kaufvertragsentwurf in der jüngsten, dem Zeugen He. am 21. April 2010 unterbreiteten, Fassung übersenden. In einem Termin am 27. Mai 2010 stellte der Angeklagte S. dem Zeugen T. die E. AG als Kaufinteressentin vor. Der Zeuge T. drängte gegenüber den Angeklagten G. und A. für die Verhandlungen mit dem Angeklagten S. darauf, dass man möglichst zügig zu einem Abschluss gelangen solle. Er wies sie deshalb an, von dem jüngsten dem Zeugen He. vorgelegten Vertragsentwurf auszugehen. Die auf dieser Basis geführten Verhandlungen mit dem Angeklagten S. führten rasch zu einem Ergebnis.

Am 10. Juni 2010 schloss die Ge. mit der E. AG einen Kaufvertrag über das in fünf Quartiere untergliederte Areal in Gr. zu einem Kaufpreis von 18,9 Mio. Euro. Dieser sollte nach einem dem Vertrag beigefügten Zahlungsplan quartiersweise in Raten entrichtet werden, wobei eine erste Rate in Höhe von 700.000 Euro am 31. Dezember 2010 fällig werden sollte und die Raten im Übrigen für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren zinslos gestundet wurden. Mit dem Vertrag verpflichtete sich die Ge. auf ihre Kosten außerdem zu einer quartiersweisen Erschließung des Areals auf der Grundlage einer von der E. AG zu erstellenden Parzellierungsplanung. Der mit der E. AG geschlossene Vertrag war für die Ge. unter mehreren Gesichtspunkten günstiger als der letzte dem Zeugen He. unterbreitete Vertragsentwurf und die vorangegangenen Entwürfe. Unter anderem hatten diese gegenüber der höchstens fünfjährigen Stundung der Kaufpreisraten im Vertrag mit der E. AG teilweise erheblich längere Stundungszeiträume vorgesehen. Die mit der E. AG vereinbarte Zahlung von 700.000 Euro bereits bis zum Ende des laufenden Jahres, für welche der Angeklagte S. zudem eine Sicherung durch Grundpfandrechte veranlasst hatte, war in den Entwürfen nicht vorgesehen. Ergänzend zu dem Kaufvertrag einigten sich die Parteien außerdem auf die Berufung einer Schiedskommission, welcher der Angeklagte G. und eine Rechtsanwältin angehörten, wobei ersterem die Letztentscheidungsbefugnis zustand. Der Schiedskommission wurde insbesondere die Aufgabe übertragen, die Abwicklung des Kaufvertrages zu begleiten; daneben sollte sie bei Schwierigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten angerufen werden.

Bei der Durchführung des Vertrages kam es zunächst zu Verzögerungen, weil die Ge. mit der Erschließung des ersten Quartiers erst im Mai 2011 begann. In der Folge schloss die E. AG die ersten Grundstückskaufverträge mit Endkunden erst in den Monaten November und Dezember 2011. Aus der vereinbarten Fälligkeit der Kaufpreisraten unmittelbar nach Abschluss der Erschließung des jeweiligen Quartiers und unabhängig vom Vorhandensein eines Käufers für die Wohneinheiten ergaben sich bei der E. AG Zahlungsschwierigkeiten. Mit Schreiben vom 9. Januar 2012 wandte sich der Angeklagte S. daher an die Schiedskommission und bat um die Einräumung einer „Zeitbrücke“ von fünf Monaten zwischen der Fertigstellung der Erschließung des Quartiers und der Fälligkeit der nächsten Rate. Der E. AG wurde daraufhin im März 2012 eine gegenüber dem Kaufvertrag weitergehende Stundung der Kaufpreisraten eingeräumt. In der Folgezeit wurde die Schiedskommission noch in mehreren weiteren Fällen befasst. Zwischenzeitlich ist der Kaufvertrag ohne Beanstandungen seitens der Ge. vollständig abgewickelt.

e) Im Dezember 2010 stellte der Angeklagte G. unter seinem privaten Briefkopf eine Rechnung an die E. AG für die „originäre Vermittlung Ihrer Erwerberposition zum Kaufobjekt ‚Gr. ‘ und den dadurch kausal ermöglichten und erfolgten Kauf dieses Objekts durch Ihr Unternehmen“ über 175.000 Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (insgesamt 208.250 Euro). Der Angeklagte A. berechnete der E. AG ebenfalls im Dezember 2012 unter seinem privaten Briefkopf einen Betrag von 200.000 Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (insgesamt 238.000 Euro) für „die Beratung und Unterstützung Ihrer Geschäftstätigkeit beim Vertrieb der zum Bestand der E. AG gehörenden Immobilien [...] für die Zeit 01.08.2010 bis 31.12.2010.“ Die Überweisung der Rechnungsbeträge wurde seitens der E. AG veranlasst; sie wurden den von den Angeklagten benannten Konten gutgeschrieben.

3. Beweiswürdigend ist die Wirtschaftsstrafkammer nicht zu der Überzeugung gelangt, dass diesen Zahlungen eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 299 StGB (in der maßgeblichen Fassung vom 22. August 2002) zugrunde lag.

a) Während die Angeklagten A. und S. von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht haben, hat sich der Angeklagte G. in der Hauptverhandlung umfassend zu dem Tatvorwurf eingelassen. Die Verhandlungen über den Verkauf des Areals in Gr. hat er im Wesentlichen wie festgestellt geschildert. Eine Vereinbarung mit dem Angeklagten S., wonach die E. AG bei dem Verkauf des Grundstücks bevorzugt werden sollte, habe es indes nicht gegeben. Für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Vertrages mit der E. AG habe er vielmehr zunächst der Ge. eine anwaltliche Gebührenrechnung über 175.000 Euro zuzüglich 19 % Umsatzsteuer gestellt. Daraufhin sei ihm von dem Angeklagten A. mitgeteilt worden, dass nach einer mit der E. AG getroffenen Vereinbarung diese zahlungspflichtig sei, weil sie als Käuferin die Kosten des Erwerbs zu tragen habe. Auch der Angeklagte S. habe auf Nachfrage eine entsprechende Zahlungspflicht der E. AG bejaht. Nachdem er jedoch für die E. AG nicht rechtsberatend tätig geworden sei, habe man sich entschlossen, die Leistungen ihr gegenüber als Vermittlungsprovision abzurechnen. Alles sei ordnungsgemäß verbucht und versteuert worden. Einen Anspruch gegenüber der Ge. habe er insoweit nicht mehr geltend gemacht.

b) Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Angaben des Angeklagten G. zum äußeren Geschehensablauf, namentlich zum Verlauf der Vertragsverhandlungen bezüglich des Areals in Gr., durch die Bekundungen der vernommenen Zeugen, insbesondere der Zeugen He. und T., und den Inhalt der eingeführten Urkunden bestätigt gesehen und ihren Feststellungen zugrunde gelegt. Ungeachtet des nicht aufklärbaren Hintergrundes der Zahlungen der E. AG an die Angeklagten G. und A. im Dezember 2010 liege es nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme zu den Vertragsverhandlungen jedenfalls fern, dass diese in Erfüllung einer Unrechtsvereinbarung geleistet worden seien, die auf eine unlautere Bevorzugung der E. AG gegenüber anderen Bewerbern um den Erwerb der Liegenschaft gerichtet gewesen sei.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Die angefochtenen Freisprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Landgericht bei der Prüfung, ob eine Unrechtsvereinbarung im Sinne von § 299 Abs. 1 StGB aF vorlag, von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen.

a) Voraussetzung einer solchen Unrechtsvereinbarung ist, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung angenommen bzw. gewährt wird (BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 1 StR 532/12, NStZ 2014, 42, 43 f.; Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447). Bevorzugung in diesem Sinne bedeutet dabei die sachfremde Entscheidung zwischen zumindest zwei Bewerbern, setzt also Wettbewerb und Benachteiligung eines Konkurrenten voraus (BGH, Beschluss vom 29. April 2015 - 1 StR 235/14, NStZ-RR 2015, 278). Das Tatbestandsmerkmal der Bevorzugung im Wettbewerb ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs subjektiviert; es genügt, wenn die zum Zwecke des Wettbewerbs vorgenommenen Handlungen nach der Vorstellung des Täters geeignet sind, eine Bevorzugung im Wettbewerb zu veranlassen (BGH, Beschluss vom 29. April 2015 - 1 StR 235/14, aaO; vgl. krit. Bürger NZWiSt 2016, 72 f.). Der Vorstellung eines bestimmten verletzten Mitbewerbers bedarf es dabei nicht (BGH, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, NJW 2004, 3129, 3133). Mitbewerber sind nicht nur die Erwerbsgenossen, die sich im Einzelfall um den Absatz ihrer Waren oder Leistungen bemüht haben und für die Erfüllung der Aufträge in Aussicht genommen sind, sondern alle Gewerbetreibenden, die Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellen oder in den geschäftlichen Verkehr bringen. Es genügt, dass der Bestechende mit der Möglichkeit des Wettbewerbs anderer gerechnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1990 - 1 StR 538/89, insoweit in BGHSt 37, 191 nicht abgedruckt; MüKoStGB/Krick, 3. Aufl., § 299 Rn. 76). Wegen der Beschränkung auf Bevorzugungen im Wettbewerb wurden sonstige Fälle der mit „Schmiergeldzahlungen“ erkauften Verletzung von Pflichten durch Angestellte oder Beauftragte eines Unternehmens außerhalb von Wettbewerbslagen nicht von § 299 Abs. 1 StGB aF erfasst.

b) Diese Maßstäbe hat das Landgericht seiner rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt.

Nach den Feststellungen gab es aus der (den objektiven Umständen entsprechenden) Sicht der Beteiligten keine Wettbewerbssituation, in der die E. AG gegenüber anderen möglichen Interessenten hätte bevorzugt werden können. Dem Urteil ist vielmehr zu entnehmen, dass der Zeuge He. der erste und einzige ernsthafte (Kauf-)Interessent war. Alle weiteren Bemühungen, einen solchen zu finden, waren bis dahin vor dem Hintergrund einer angespannten Situation auf dem Immobilienmarkt unmittelbar nach Beginn der Finanz- und Bankenkrise erfolglos geblieben. Wiedergegeben wird in diesem Zusammenhang die Aussage des Zeugen T. in der Hauptverhandlung, man habe das Objekt „wie Sauerbier“ angeboten und insoweit unter erheblichem Druck gestanden. Denn es bestand seitens der Ge. die Sorge vor einer Aufhebung des Bebauungsplans und dem damit einhergehenden Wertverlust des Areals (UA S. 26). Damit liegen die Voraussetzungen des § 299 Abs. 1 StGB aF nicht vor.

Für diese Frage ist auch der von der Staatsanwaltschaft vermisste Gesichtspunkt der Vertragsabwicklung unerheblich. Denn der Wettbewerb wird nicht tangiert, wenn die den Bezug von Waren oder Leistungen betreffende Entscheidung bereits abgeschlossen ist (vgl. MüKoStGB/Krick, aaO, Rn. 76 mwN; NK-StGB/Dannecker, 5. Aufl., § 299 Rn. 73; BGH, Urteil vom 27. März 1968 - I ZR 163/65, NJW 1968, 1572, 1574).

2. Die Feststellungen beruhen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.

a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist (§ 261 StPO). Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung nähergelegen hätte (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. März 2015 - 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178 mwN; LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).

b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts frei von Rechtsfehlern. Sie beruht auf einer ausreichenden Gesamtschau der maßgeblichen objektiven und subjektiven Tatumstände und ist insbesondere nicht lückenhaft oder widersprüchlich.

aa) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten waren vorliegend entbehrlich. Die Beweislage ist hier dadurch gekennzeichnet, dass bereits die - „mittels der Angaben der vernommenen Zeugen sowie der vorhandenen Unterlagen weitgehend und zuverlässig“ aufzuklärenden (UA S. 31) - Abläufe bis zum Vertragsschluss mit der E. AG keine Anhaltspunkte auf ein Herausdrängen des Zeugen He. als einzigem Mitbewerber boten. Angesichts dessen kam auch dem Umstand, dass Taten wie die vorliegende dem Angeklagten S. womöglich nicht wesensfremd sind, keine solch bestimmende Bedeutung zu, dass die Wirtschaftsstrafkammer zur Mitteilung von Vorstrafen in den Urteilsgründen verpflichtet war (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - 3 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 180). Deshalb hat auch die auf § 261 StPO gestützte Verfahrensrüge keinen Erfolg.

bb) Die Wirtschaftsstrafkammer ist nach einer rechtsfehlerfreien Gesamtwürdigung aller wesentlichen Gesichtspunkte nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte S. einerseits und die Angeklagten G. bzw. A. andererseits eine Unrechtsvereinbarung mit dem Inhalt geschlossen haben, dass die E. AG beim Erwerb des Areals in Gr. in unlauterer Weise gegenüber Mitbewerbern bevorzugt werden sollte.

(1) Sie hat insbesondere dem Umstand Aufmerksamkeit geschenkt, dass in der Wohnung des Angeklagten S. eine Liste mit der Überschrift „Grober Überschlag Einnahmen Ausgaben im Villenpark 1. Quartier“ aufgefunden wurde, in der in der Rubrik „Ausgaben 1. Quartier“ ein Betrag von 500.000 Euro mit dem Verwendungszweck „Schmiergeld Justitiar GE. und Anwalt“ ausgewiesen ist. Zwar ist sie in nachvollziehbarer Weise davon ausgegangen, dass insoweit Zahlungen seitens der E. AG an die Angeklagten A. und G. im Zusammenhang mit dem Areal in Gr. angesprochen sind. Allerdings hat sie auch aus der verwendeten Bezeichnung „Schmiergeld“ nicht den Schluss zu ziehen vermocht, dass der Angeklagte S. den so betitelten (Gesamt-)Betrag den Angeklagten G. und A. in Erfüllung einer Unrechtsvereinbarung im Sinne einer unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb zuwandte. Der Begriff „Schmiergeld“ erfasse zwar auch nach § 299 StGB strafbare Zuwendungen. Darüber hinaus fielen darunter jedoch insbesondere auch Leistungen, denen keine bereits zur Zeit ihrer Gewährung getroffene Unrechtsvereinbarung zugrunde gelegen hätte.

Hiergegen ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern. Dem Tatgericht kommt bei der Würdigung von Erklärungen ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Lässt eine Auslegung Verstöße gegen Denk- und Sprachgesetze oder gegen das Gebot umfassender Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände nicht erkennen, so muss sie vom Revisionsgericht als rechtsfehlerfrei hingenommen werden (BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 197/14, NStZ 2015, 636). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Zudem stützt das Landgericht seine Würdigung darauf, dass das aufgefundene Dokument einen den Straftatbestand des § 299 StGB erfüllenden Zusammenhang der „Schmiergeldzahlung“ auch deshalb nicht belege, weil es - was näher dargelegt wird - erst über zwei Jahre nach dem Vertragsschluss erstellt worden sei, so dass auch eine im vorgenannten Sinne nachträgliche und damit straflose Zahlung in Betracht komme.

(2) Das Landgericht hat auch die Vorgänge um die festgestellten Zahlungen der E. AG an die Angeklagten G. und A. im Dezember 2010 in den Blick genommen, aus denen sich keine für eine Verurteilung ausreichenden Anhaltspunkte für eine (anfängliche) Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten ergäben. Zwar sei davon auszugehen, dass sie in einem Zusammenhang zu dem am 10. Juni 2010 zwischen der E. AG und der Ge. geschlossenen Vertrag stünden; jedoch habe die Hauptverhandlung keinen Beleg für die Annahme erbracht, dass sie aufgrund einer bereits vor Vertragsschluss getroffenen (Unrechts-)Vereinbarung geleistet worden seien. All diese Schlussfolgerungen sind möglich; zwingend brauchen sie nicht zu sein (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20).

(3) Die Feststellungen zu den Vertragsverhandlungen mit dem Zeugen He. und dem Zustandekommen des Vertrages mit der E. AG, die nach der revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Auffassung des Landgerichts eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 299 StGB als fernliegend erscheinen lassen, beruhen ebenfalls auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Das Landgericht hat sich insoweit nicht nur auf die Einlassung des Angeklagten G., sondern auf die sie bestätigenden und ergänzenden Aussagen insbesondere der Zeugen He. und T. und auf objektive Beweismittel (Urkunden) gestützt.

(4) Schließlich fehlt es auch nicht an der erforderlichen abschließenden Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände (UA S. 31).

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 239

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2020, 111; StV 2020, 773

Bearbeiter: Christian Becker