HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 693
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 487/15, Urteil v. 12.05.2016, HRRS 2016 Nr. 693
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 28. April 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung, versuchten Betrugs und falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und - zu seinen Ungunsten - die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen. Der Angeklagte erhebt zwei Verfahrensrügen und macht mit der ausgeführten Sachrüge Rechtsfehler in der Beweiswürdigung geltend. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrem vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel, dass der Angeklagte nicht auch wegen versuchter Brandstiftung und Sachbeschädigung verurteilt worden ist. Im Hinblick auf die Sachbeschädigung hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamm das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im Revisionsrechtszug bejaht. Außerdem wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Strafbemessung und die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung. Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt erfolglos. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Am frühen Morgen des 23. Oktober 2013 brachte der Angeklagte in den Innenraum des seiner Mutter L. K. gehörenden Pkw der Marke VW, Typ Golf Kombi, den er am Vorabend im Doppelcarport auf seinem Anwesen in Ka. abgestellt hatte, mindestens einen Liter „Kraftstoff“ ein und entzündete diesen mit einer offenen Flamme. Ihm war dabei bewusst, dass das Feuer den Wagen seiner Mutter zerstören würde. Auch vermochte er nicht auszuschließen, dass der Brand von dem Fahrzeug auf seinen Carport und von dort auf die unmittelbar angebaute Garage der Familie T. und deren davor abgestellten Pkw übergreifen konnte. Er hoffte zwar, dass alles gut gehen würde, nahm aber auch diese Folgen billigend in Kauf. Nach der Tat wollte der Angeklagte den Tatverdacht gezielt auf seine frühere Ehefrau S. K. lenken, um sich auf diese Weise einen Vorteil in dem mit ihr ausgetragenen Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind zu verschaffen.
Als der Angeklagte gerade im Begriff war, die hintere rechte Tür wieder zu schließen, kam es im Innenraum des Pkw zu einer Verpuffung, durch die mehrere Scheiben herausgedrückt, drei Türen „aufgespreizt“ und die noch nicht vollständig ins Schloss gefallene hintere rechte Tür deformiert wurden. Zugleich entstand eine Stichflamme, die die Sitzflächen, Fußräume und Auskleidung des Pkw entzündete. Innerhalb weniger Minuten entwickelte sich ein Vollbrand, der sich schnell auf den Doppelcarport des Angeklagten ausbreitete. Der durch die Verpuffung und die Stichflamme überraschte Angeklagte erlitt eine flächige Versengung der Stirnhaare. Die von der Zeugin T. verständigte Feuerwehr konnte einen Übergriff des Brandes auf die angebaute Garage der Familie T. verhindern und den Brand zügig löschen. Den Pkw der Familie T. hatte der Zeuge T. bereits zuvor beiseite gefahren.
Der Pkw der L. K. brannte vollständig aus. Das Fahrzeug hatte einen Wiederbeschaffungswert von 1.600 Euro und einen Restwert von 150 Euro. Der Carport des Angeklagten wurde erheblich beschädigt. An der Garage der Familie T. kam es zu Verrußungen und hitzebedingten Betonabplatzungen an der rechten Wand. Zudem schmolzen Teile der Bitumenverkleidung im Bereich der Attika. Am Fahrzeug der Eheleute T. zerschmolz infolge der feuerbedingten Hitzeentwicklung das vordere rechte Blinklicht. An dem neben dem Doppelcarport stehenden Wohnhaus des Angeklagten wurde das im Erdgeschoss befindliche linke Fenster durch die brandbedingte Hitzeentwicklung an der Zarge und am Rahmen deformiert. Die Jalousie schmolz zu großen Teilen. Das rechts daneben liegende Fenster zeigte „geringfügige Schäden“. Die Jalousie war hier durch Rauch und Feuer braun gefärbt und leicht verbogen. Beide Fenster wiesen, ebenso wie die neben ihnen befindliche Nebeneingangstür, leichte thermische Risse in den Scheiben auf.
Bei seiner polizeilichen Einvernahme am 23. Oktober 2013 gab der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig an, in den letzten Monaten wiederholt Anrufe seiner von ihm im März 2012 geschiedenen früheren Ehefrau S. K. erhalten zu haben. Diese habe ihn dabei beleidigt und damit gedroht, dass bei ihm alles in Flammen aufgehen werde. Drei dieser Anrufe könnten von den Zeugen Kr. und N. bestätigt werden. Damit wollte der Angeklagte seine frühere Ehefrau „in den Focus der polizeilichen Ermittlungen bringen“. Tatsächlich geriet sie „in das Visier der Polizei“. Erst im Verlauf der weiteren Ermittlungen konnte der Verdacht gegen sie entkräftet werden.
Am 28. Oktober 2013 erstatte der Angeklagte gegenüber dem Landwirtschaftlichen Versicherungsverein M., bei dem er eine Wohngebäude- und Hausratversicherung unterhielt, eine Schadensanzeige. Dabei verschwieg er, dass er das Feuer selbst gelegt hatte, denn ihm war bewusst, dass er als Brandstifter keinen Anspruch auf Ersatz seiner Schäden hatte. Bei alledem ging er davon aus, dass die Versicherung aufgrund seines Verhaltens irrtümlich davon ausgehen würde, dass er berechtigte Ansprüche gegen sie habe. Gegenüber der Gebäudeversicherung machte der Angeklagte für die Wiederherstellung des Carports 27.000 Euro und die Schäden an seinem Haus weitere 3.200 Euro geltend. Von der Hausratversicherung forderte der Angeklagte für im Carport und in dem Pkw verbrannte Gegenstände Wertersatz in Höhe von 8.000 Euro. Zur Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es aufgrund des vorliegenden Strafverfahrens nicht.
2. Das Landgericht hat die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des Angeklagten als Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB gewertet. In Bezug auf die Garage und den Pkw der Familie T. hat es die Annahme einer (vollendeten) Brandstiftung mit der Erwägung verneint, dass es nach den Feststellungen nicht zu einer teilweisen Zerstörung im Sinne des § 306 Abs. 1 StGB gekommen sei. Für eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung nach § 303 StGB fehle der nach § 303c StGB erforderliche Strafantrag. Auch habe die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung insoweit nicht bejaht. Eine fahrlässige Brandstiftung am eigenen Wohnhaus gemäß § 306d i.V.m. § 306a StGB liege nicht vor, weil es nicht zu einer teilweisen Zerstörung des Wohnhauses gekommen sei. Bei seiner polizeilichen Aussage am 23. Oktober 2013 habe sich der Angeklagte der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Die Schadensmeldungen erfüllten die Voraussetzungen eines versuchten Betrugs gemäß § 263 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB, weil der Angeklagte dabei vorgetäuscht habe, dass es sich „um einen Versicherungsfall der Wohn- und Hausratversicherung handele“.
Entgegen der Auffassung des Angeklagten wird die unter II. 3 der Urteilsgründe abgeurteilte Tat (Betrug zum Nachteil der Versicherung) in der unverändert zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Detmold vom 27. November 2014 hinreichend klar umgrenzt. Denn im Anklagesatz (§ 201 Abs. 1 Satz 1 StPO) sind sowohl die am 23. Oktober 2013 erfolgte Brandlegung, als auch die spätere Geltendmachung von Schäden gegenüber dem Landwirtschaftlichen Versicherungsverein M. aufgeführt. Damit hat die Staatsanwaltschaft ohne weiteres den Willen zum Ausdruck gebracht, beide Geschehnisse zur Aburteilung zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1998 - 2 StR 76/98, NStZ 1999, 206 f.). Der Umstand, dass dabei das genaue Datum der Schadensmeldung nicht benannt wird, ist unschädlich, denn der Verfahrensgegenstand wird durch die Benennung der jeweiligen Versicherungen, der geltend gemachten Summen und des Schadensfalles in sachlicher Hinsicht zuverlässig bezeichnet (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2011 - 2 StR 459/10, Rn. 2 mwN).
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Die Rüge, das Landgericht habe es unterlassen, Akten aus Sorgerechts- und Ehestreitigkeiten sowie Akten aus früheren Ermittlungsverfahren beizuziehen und dadurch seine Aufklärungspflicht verletzt, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht zulässig erhoben.
b) Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht habe unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht aufgeklärt, warum der Brandsachverständige in der Hauptverhandlung davon ausgegangen sei, dass die Zündquelle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die linke Hintertür eingebracht wurde, während er dies in seinem vorbereitenden Gutachten nur vermutet habe, fehlt es ebenfalls an einem den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Sachvortrag. Die Entscheidung über Verfahrensrügen, die auf Unterschiede zwischen einem vorbereitenden und dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten gestützt sind, erfordert regelmäßig einen inhaltlichen Vergleich zwischen den beiden Gutachten. Nur so ist zuverlässig feststellbar, ob beide Gutachten auf identischer tatsächlicher Grundlage erstattet sind oder ob sich die Differenzen aus unterschiedlichen tatsächlichen Grundlagen ohne weiteres von selbst erklären. Während sich jedoch die Grundlagen des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens regelmäßig aus den Urteilsgründen ergeben, ist dies hinsichtlich einer durch den weiteren Verfahrensablauf überholten Grundlage eines früheren Gutachtens nicht notwendig der Fall. Der Revisionsführer hat daher regelmäßig jedenfalls den wesentlichen Kern des ursprünglichen Gutachtens vorzutragen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2012 - 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98, 99 mwN) und kann sich nicht - wie hier - darauf beschränken, die abweichende Passage zu zitieren.
2. Die von der Revision im Rahmen der Sachrüge vorgebrachten Angriffe gegen die Beweiswürdigung zeigen keinen Rechtsfehler auf (zum revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 199/15, juris Rn. 16; Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 mwN). Die Einwände der Revision erschöpfen sich darin, festgestellte Beweisanzeichen anders zu gewichten und ihre eigene Beurteilung an die Stelle der Wertung des Tatrichters zu setzen. Dem Urteil ist auch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung aller Indizien vorgenommen hat. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
a) Soweit die Revision ausführt, das Landgericht habe nicht geprüft, ob das „Entlastungsindiz“, dass der Angeklagte des Öfteren mit Brandlegungen bedroht wurde, mit der These, der Angeklagte sei unschuldig, in Übereinstimmung gebracht werden könne, vermag sie keine revisionsrechtlich relevante Lücke in der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die Revision verkennt, dass das Landgericht - gestützt auf die Angaben der früheren Ehefrau und die Auswertung der Telefonverbindungsdaten - zu der Überzeugung gelangt ist, dass es diese Anrufe nicht gab. Dass die Strafkammer dabei den Aussagen der Zeugen Kr. und N. keinen Beweiswert beigemessen hat, liegt im Rahmen tatrichterlicher Beweiswürdigung. Die an die Zurückweisung der Aussagen geknüpfte Folgerung, dass sich der Angeklagte beider Zeugen bedient habe, um die vermeintlichen Drohanrufe von ihnen bekunden zu lassen, ist ein möglicher Schluss und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN).
b) Die auf die Ausführungen des Brandsachverständigen gestützte Annahme der Strafkammer, das Haupthaar des Angeklagten sei durch die Stichflamme versengt worden, als er noch unmittelbar neben dem Fahrzeug stand und gerade im Begriff war, die Tür zu schließen, beruht ebenfalls auf möglichen Schlüssen, die das Revisionsgericht hinzunehmen hat. Gleiches gilt, soweit das Landgericht das Fehlen von weiteren Verletzungen beim Angeklagten für erklärbar hält und annimmt, dass der Täter zur Brandlegung mit dem Fahrzeugschlüssel die hintere Tür der Beifahrerseite öffnete. Davon, dass der Angeklagte zur Tatzeit die einzigen Fahrzeugschlüssel besaß, hat sich die Strafkammer rechtsfehlerfrei überzeugt.
c) Der von der Revision geltend gemachte Widerspruch zwischen der Feststellung, der Angeklagte sei im Zeitpunkt der Verpuffung gerade im Begriff gewesen, die hintere rechte Tür wieder zu verschließen und der festgestellten Druckwirkung liegt nicht vor. Der Auffassung der Revision, die Strafkammer habe mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass die Tür noch unverschlossen gewesen sei, steht die weitere Feststellung entgegen, dass die Tür im Zeitpunkt der Verpuffung lediglich „noch nicht wieder vollständig ins Schloss gefallen war“.
d) Der Umstand, dass die Strafkammer von der Revision für möglich gehaltene nachträgliche Veränderungen am ausgebrannten Fahrzeug, etwa durch Polizeibeamte oder Feuerwehrleute, nicht erwogen hat, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Hierbei handelt es sich nicht um einen naheliegenden und deshalb ohne weiteres zu erörternden Geschehensverlauf (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - 3 StR 564/09, NStZ 2010, 183). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf Aktenbestandteile Bezug nimmt, fehlt es an der erforderlichen Verfahrensrüge.
3. Die weiter gehende Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt, soweit sie zu Ungunsten des Angeklagten eingelegt worden ist, zu einer Aufhebung der Entscheidung über die Bewährung. Im Übrigen zeigt sie keinen den Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 StPO) Rechtsfehler auf.
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, den Angeklagten neben vollendeter Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB) auch wegen einer hierzu in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) stehenden versuchten Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 und 4, §§ 23 Abs. 1, 22 StGB zu verurteilen, obgleich er bei dem erfolgreichen Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch damit gerechnet und billigend in Kauf genommen hat, dass das von ihm gelegte Feuer auf die Garage der Eheleute T. und deren Pkw übergreifen konnte.
aa) § 52 Abs. 1 StGB erfasst zwar auch den Fall, dass dasselbe Strafgesetz durch eine Handlung mehrfach verletzt wird (sog. gleichartige Idealkonkurrenz). Ob eine mehrere taugliche Tatobjekte beeinträchtigende Handlung zu einer mehrmaligen oder lediglich zu einer in ihrem Gewicht gesteigerten einmaligen Gesetzesverletzung geführt hat, hängt aber von dem in Rede stehenden Tatbestand ab. Stellt dieser auf die Verletzung von Gesamtheiten ab und werden keine höchstpersönlichen Rechtsgüter geschützt, so führt eine handlungseinheitliche Beeinträchtigung mehrerer Tatobjekte selbst dann nicht zu einer mehrfachen Verwirklichung des Tatbestands, wenn verschiedene Rechtsgutsträger geschädigt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 - 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 3/09, NStZ-RR 2009, 278, 279 [nur ein Diebstahl bei Wegnahme mehrerer Sachen verschiedener Eigentümer im Zuge einer Tatausführung]; Beschluss vom 14. März 1969 - 2 StR 64/69, BGHSt 22, 350, 351; Sternberg-Lieben/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 24; von Heintschel-Heinegg in: MünchKomm-StGB, 2. Aufl., § 52 Rn. 105, Puppe in: NK-StGB, 3. Aufl., § 52 Rn. 22; Rissing-van Saan in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., 2007, § 52 Rn. 37; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 32. Abschnitt, Rn. 16 ff.; Jescheck, ZStW 67 [1955], 541, 547). So verhält es sich auch bei der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 - 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1; Wolf in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 306 Rn. 51), die als „qualifiziertes Sachbeschädigungsdelikt“, dem auch ein Element der Gemeingefährlichkeit anhaftet (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00, NStZ 2001, 196, 197 mwN; weiterführend: Radtke, Die Dogmatik der Brandstiftungsdelikte, 1998, S. 382 f.) keine höchstpersönlichen Rechtsgüter schützt.
bb) Danach hat sich der Angeklagte durch das Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch mit Rücksicht auf das gleichzeitig für möglich gehaltene Übergreifen des Feuers auf die Garage und den Pkw der Eheleute T. nur einer (vollendeten) Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Dass hierbei mit der Garage auch ein Tatobjekt betroffen war, das § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Gebäude) unterfällt, ändert daran nichts. Unter den hier gegebenen Umständen liegt jedenfalls kein Fall vor, in dem das Unrecht der Tat nur als mehrfache Gesetzesverletzung erschöpfend gekennzeichnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 - 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1). Ohne Bedeutung ist auch, dass die Brandstiftung insoweit im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Wird ein zum Schutzgut gehörendes Tatobjekt beschädigt und die Schädigung weiterer Objekte nur versucht, ist der Tatbestand ebenfalls nur einmal verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2011 - 2 StR 272/11, zitiert nach juris; Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 3/09, NStZ-RR 2009, 278, 279 [nur ein Diebstahl bei Wegnahme mehrerer Sachen und versuchter Wegnahme weiterer Sachen]; siehe auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2011 - 4 StR 659/10, BGHR StGB § 306 Abs. 1 Konkurrenzen 3 [Tateinheit bei Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB und versuchter schwerer Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB]).
b) Im Hinblick auf die brandbedingten Schäden an der Garage und dem Pkw der Eheleute T. kommt - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - auch nach der zwischenzeitlich erfolgten Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (§ 303c StGB) durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm eine tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB nicht in Betracht.
Grundsätzlich geht die vollendete Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB einer durch dieselbe Handlung verwirklichten Sachbeschädigung nach § 303 StGB als das speziellere Gesetz vor (Wolters in: SSW-StGB, 2. Aufl., § 306 Rn. 22 mwN). Das gilt auch hier, denn die in Bezug auf die Garage und den Pkw der Eheleute T. verursachten Schäden sind Bestandteile des durch die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des Angeklagten ausgelösten Rechtsgutsangriffs, der einheitlich als vollendete Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB zu bewerten ist.
Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse nach § 303c StGB noch in der Revisionsinstanz bejahen konnte, nachdem das Tatgericht seine Entscheidung, den Angeklagten nicht nach § 303 StGB zu verurteilen, auf das Fehlen eines Strafantrags und die unterbliebene Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses im ersten Rechtszug gestützt hatte, kann daher offenbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1975 - 3 StR 312/74, Rn. 2 zitiert nach juris; Urteil vom 3. Juni 1964 - 2 StR 208/64, BGHSt 19, 377, 379).
c) Schließlich ist der Angeklagte in Bezug auf die an seinem Wohnhaus entstandenen Schäden auch zu Recht nicht wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäß § 306d Abs. 1 i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt worden. Insoweit fehlt es bereits an einem „teilweisen Zerstören“ im Sinne des § 306 Abs. 1 StGB, denn die festgestellten Beschädigungen an den Fenstern und der Tür im Erdgeschoss haben ersichtlich nicht dazu geführt, dass einzelne wesentliche Teile des Hauses, die seiner tatbestandlich geschützten Zweckbestimmung (Wohnen als Mittelpunkt menschlichen Lebens) entsprechen, unbrauchbar geworden sind oder seine tatbestandlich geschützte Zweckbestimmung brandbedingt aufgehoben worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 - 1 StR 628/13, NJW 2014, 1123, Rn. 10; Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20).
2. Auch der Strafausspruch enthält keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler.
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenwahl, konkrete Strafzumessung und Bestimmung der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 540; Urteil vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07, NStZ 2008, 343, 344 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 mwN).
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab halten sowohl die Strafrahmenwahl, die konkrete Strafzumessung in Bezug auf die Einzelstrafen und die Bestimmung der Gesamtstrafe revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
Das Landgericht hat die Strafe für die Brandlegung dem durch § 306 Abs. 2 StGB (minder schwerer Fall) vorgegebenen Strafrahmen entnommen. Dabei hat es den zutreffenden Maßstab (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1975 - 2 StR 53/75, BGHSt 26, 97; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 85 mwN) angelegt und mit dem geringen wirtschaftlichen Wert des zerstörten Fahrzeugs und dem Umstand, dass der Angeklagte selbst dessen alleiniger Nutzer war, gewichtige Milderungsgründe angeführt. Da die Strafkammer ausdrücklich auf das gesamte Tatbild abgestellt und auch strafschärfende Gesichtspunkte (vollständige Zerstörung des Pkw) erwogen hat, ist auch die Vornahme der gebotenen Gesamtabwägung noch hinreichend belegt. Soweit die Staatsanwaltschaft darauf abhebt, dass das Landgericht das Tatmotiv des Angeklagten (Ermöglichung einer Falschbezichtigung seiner früheren Ehefrau) nicht ausdrücklich als erschwerenden Umstand benannt hat, zeigt sie - auch mit Rücksicht auf die Tatsache, dass eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen weder vorgeschrieben noch möglich ist - keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Angesichts der ausführlichen Darstellung des Tatmotivs bei den Feststellungen zur Sache und im Rahmen der Beweiswürdigung sowie der tatmehrheitlichen Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB ist nicht zu besorgen, dass der Tatrichter dessen Bedeutung bei der Strafrahmenwahl nicht bedacht haben könnte.
3. Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung war hingegen aufzuheben, weil die Begründung dem Revisionsgericht die Nachprüfung nicht ermöglicht, ob das Landgericht zu Recht vom Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB ausgegangen ist.
Nicht anders als die Strafzumessung ist auch die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätzlich Sache des Tatrichters (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. April 2007 - 4 StR 557/06, NStZ-RR 2007, 232, 233; Urteil vom 23. Februar 2001 - 1 StR 519/00, NStZ 2001, 366, 367). Wird eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt, müssen die Urteilsgründe in einer der revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglichen Weise die dafür maßgebenden Gründe angeben (§ 267 Abs. 3 Satz 4 StPO). Dabei reichen formelhafte Wendungen oder die Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht aus (vgl. Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 110 mwN).
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Bewährungsentscheidung lediglich ausgeführt, dass es nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten die Erwartung hegt, dass dieser sich bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dem hat es noch angefügt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Damit hat die Strafkammer im Wesentlichen nur den Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1 StPO (positive Kriminalprognose) wiedergegeben. Welche besonderen Umstände vorliegen, die nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StPO die Strafaussetzung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren rechtfertigen, hat es nicht mitgeteilt. Hierzu bestand umso mehr Anlass, als bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren diese besonderen Umstände gewichtig sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 1986 - 3 StR 265/86, NStZ 1987, 21; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 63. Aufl., § 56 Rn. 24).
Über die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung muss daher erneut tatrichterlich verhandelt werden.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 693
Externe Fundstellen: NJW 2016, 2349; NStZ 2016, 605; StV 2016, 776
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede